VwGH 89/14/0150

VwGH89/14/01506.2.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte

Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des N gegen die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht,

1. zu Recht erkannt und 2. den Beschluß gefaßt:

Normen

BAO §246 Abs1;
BAO §273 Abs1 lita;
BAO §278;
BAO §80;
B-VG Art132;
KO idF vor 1. 7. 2010 §1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §80;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
BAO §246 Abs1;
BAO §273 Abs1 lita;
BAO §278;
BAO §80;
B-VG Art132;
KO idF vor 1. 7. 2010 §1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §80;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

1. Die Berufung des Beschwerdeführers vom 12. März 1988 gegen die Bescheide des Finanzamtes G zu Steuernummer nn/nnn1 jeweils vom 29. Februar 1988, betreffend Einkommensteuer für 1984 und 1985, und die Berufung des Beschwerdeführers vom 20. März 1988 gegen den Bescheid desselben Finanzamtes vom 29. Februar 1988 zur selben Steuernummer, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für 1986 (DVR 0009431), werden zurückgewiesen;

2. Die Beschwerde wird, soweit sie bezüglich des im Berufungsschriftsatz vom 12. März 1988 gestellten Wiederaufnahmeantrages eine Verletzung der Entscheidungspflicht geltend macht, zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters zur Verfahrenshilfe Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer brachte durch seinen Verfahrenshelfer den unter den Zlen. 89/14/0150, 0168 und 0169 protokollierten Beschwerdeschriftsatz ein. Soweit sich die Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 14. Juni 1989, Zl. 307/85-10/Scho-1989, und vom 16. Juni 1989, Zl. 307/86-10/Scho-1989, richtet, und soweit sie die Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich der Berufung vom 30. Dezember 1987 zu StNr nn/nnn2 in der Steuerangelegenheit der AB-KG geltend macht, wies sie der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Beschluß vom 12. September 1989, Zl. 89/14/0168, 0169, zurück. Näheres zum Sachverhalt ist diesem Beschluß zu entnehmen.

Im Beschluß Zlen. 89/14/0168, 0169 zeigte der Verwaltungsgerichtshof auch auf, daß dem Vorwurf in der Beschwerde, die belangte Behörde habe hinsichtlich der Berufungen des Beschwerdeführers zu Steuernummer nn/nnn1 vom 12. März 1988 gegen die Einkommensteuerbescheide für 1984 und 1985 und vom 20. März 1988 gegen den Bescheid "BVR" - richtig "DVR" - 0009431 (die Berufung hat nur die Einkommensteuer für 1986 zum Inhalt) ihre Entscheidungspflicht verletzt, Berechtigung nicht abgesprochen werden könne. Nach der (zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei gemäß Art. 132 B-VG auch ein Antragsteller beschwerdeberechtigt, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, selbst wenn nach der Rechtslage als Entscheidung nur die Zurückweisung des Begehrens in Betracht kommen sollte. Der Verwaltungsgerichtshof leitete daher über die Beschwerde, soweit sie, wie eben aufgezeigt, die Verletzung der Entscheidungspflicht zum Gegenstand hatte, gemäß § 35 Abs. 3 VwGG unter der Zl. 89/14/0150 das Vorverfahren ein.

Die belangte Behörde legte hierauf die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Es lägen nämlich auf Grund von Berufungen des Masseverwalters - die Konkurseröffnung über das Vermögen des Beschwerdeführers im Jahre 1985 ist im Beschluß Zlen. 89/14/0168, 0169 festgehalten - (rechtskräftige) Berufungsvorentscheidungen vor, und hinsichtlich der Einkommensteuer für 1984 sei es (überdies) zu einer unangefochtenen Wiederaufnahme des Verfahrens gekommen. Zudem beträfen die gegenständlichen Abgabenforderungen die Masse, womit diesbezüglich nicht der Beschwerdeführer, sondern nur der bestellte Masseverwalter aufzutreten berechtigt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bereits dem Beschluß Zlen. 89/14/0168, 0169 ist zu entnehmen, daß eine Verwaltungsbehörde ihre Entscheidungspflicht nicht nur dann verletzt, wenn sie über ein Rechtsmittel rechtzeitig keine Sachentscheidung trifft, sondern auch dann, wenn sie eine gebotene Zurückweisung des Rechtsmittels verabsäumt. Die von der belangten Behörde begehrte Abweisung der Säumnisbeschwerde kommt daher nicht in Betracht. Vielmehr obliegt dem Verwaltungsgerichtshof jene Entscheidung, welche die belangte Behörde zu treffen gehabt hätte.

Diese Entscheidung hat in Rechnung zu stellen, daß die gegenständlichen Abgabenansprüche das zur Konkursmasse gehörige Vermögen betreffen; anderes hat der Beschwerdeführer auch nie vorgebracht. Damit war aber nur der Masseverwalter und nicht der Beschwerdeführer als Gemeinschuldner berechtigt, Berufung zu erheben (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 445 Abs. 1 und 3, Stoll, BAO-Handbuch Seite 181, ReegerStoll, BAO-Kommentar, Seite 284 f und den denselben Beschwerdeführer betreffenden Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1987, Zl. 87/14/0141). Bei dieser Sach- und Rechtslage hatten die in Rede stehenden Berufungen DES BESCHWERDEFÜHRERS unbeschadet der Tatsache, daß die mit Berufung bekämpften Bescheide an den Masseverwalter gerichtet waren, auch von diesem mit Berufung angefochten wurden und daß über dessen Berufungen abgesprochen wurde, eine Erledigung zu erfahren: Sie waren mangels Berechtigung des Beschwerdeführers zur Erhebung der Berufungen gemäß § 273 Abs. 1 lit. a und § 278 BAO im Zusammenhalt mit § 62 Abs. 2 VwGG als unzulässig zurückzuweisen (siehe auch Stoll, aaO, Seite 656, und Reeger-Stoll, aaO, Seite 859).

2. Bezüglich des im Berufungsschriftsatz vom 12. März 1988 gestellten Wiederaufnahmeantrages erweist sich die Säumnisbeschwerde als unzulässig, weil nicht i.S. des § 27 VwGG die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von der Partei (Beschwerdeführer) angerufen worden ist. Es hätte zunächst die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend gemacht werden müssen (§ 311 BAO, siehe auch Stoll, aaO, Seite 722). Abgesehen davon setzt die Wiederaufnahme des Verfahrens Rechtskraft des Bescheides voraus (siehe nochmals Stoll, aaO, Seite 722). Die Einkommensteuerbescheide für 1984 und 1985 vom 29. Februar 1988 waren aber im Zeitpunkt der Antragstellung (spätestens 14. März 1988) noch nicht rechtskräftig. Mangels Erfüllung der aufgezeigten Voraussetzung des § 27 VwGG war die Säumnisbeschwerde, soweit sie den im Berufungsschriftsatz vom 12. März 1988 gestellten Wiederaufnahmeantrag betrifft, jedenfalls gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 59 Abs. 1 dieses Gesetzes, und auf die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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