VwGH 89/12/0154

VwGH89/12/015421.5.1990

N gegen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung vom 15. Juni 1989, Zl. 56.040/39-17/89, betreffend Erlöschen des Anspruchs auf Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz

Normen

AHStG §20 Abs4;
AHStG §21 Abs4;
AHStG §33;
AVG §38;
AVG §56;
StudFG 1983 §2 Abs3 letzter Satz;
StudFG 1983 §2 Abs3 litb;
StudFG 1983 §24 Abs2 lita;
UOG 1975 §7 Abs2;
UOG 1975 §7 Abs3;
AHStG §20 Abs4;
AHStG §21 Abs4;
AHStG §33;
AVG §38;
AVG §56;
StudFG 1983 §2 Abs3 letzter Satz;
StudFG 1983 §2 Abs3 litb;
StudFG 1983 §24 Abs2 lita;
UOG 1975 §7 Abs2;
UOG 1975 §7 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studierte zunächst als ordentlicher Hörer ab dem Sommersemester 1986 an der Universität Salzburg Psychologie; ab dem Wintersemester 1987/88 setzte er dieses Studium an der Universität Wien fort.

Nach den im Verwaltungsakt aufliegenden Unterlagen erwarb der Beschwerdeführer im Wintersemester 1987/88 Prüfungszeugnisse über folgende Lehrveranstaltungen an der Universität Wien:

"Seminar: Physiologie des Alterns I" (einstündig); "PS:

Grundlagen der Medienpsychologie I" (zweistündig).

Der Beschwerdeführer bezog vom Beginn seines Studiums an Studienbeihilfe; zuletzt gewährte ihm die Studienbeihilfenbehörde Wien mit Bescheid vom 16. Juni 1988 - beginnend mit März 1988 - für das Sommersemester 1988 und das Wintersemester 1988/89 Studienbeihilfe in der Höhe von S 45.500,--, zahlbar in zehn Raten.

Gegen Ende des 5. Semesters des Beschwerdeführers im ersten Studienabschnitt (Gesamtstudiendauer) erkannte der Vorsitzende der Studienkommission für die Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien mit Bescheid vom 13. Juni 1988 von den Studien des Beschwerdeführers an der Universität Salzburg insgesamt fünf Teilprüfungen für den 1. Abschnitt, das Wahlfach Physiologie (im Ausmaß von 11 Stunden) und folgende Einzelprüfungen an:

"Allgemeine Psychologie I, II

Demonstrationen hiezu II

2 Proseminare aus Teilgeb. d. Allgem. Psychologie"

Nach Absolvierung der letzten dem Beschwerdeführer nach dem Studienplan der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien noch fehlenden Prüfung, der Übung "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie I", schloß er am 1. Februar 1989, (also am Ende des 6. Semesters Gesamtstudienzeit) die erste Diplomprüfung ab.

Zuvor hatte die Studienbeihilfenbehörde Wien mit Bescheid vom 3. August 1988 festgestellt, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe gemäß § 24 Abs. 2 lit. a des Studienförderungsgesetzes 1983 (im folgenden StudFG) mit Ende des Sommersemesters 1988 erloschen sei. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe sich im Sommersemester 1988 im 5. Semester des 1. Studienabschnittes der Studienrichtung Psychologie befunden. Da in den einschlägigen studienrechtlichen Vorschriften für dieses Studium für den 1. Studienabschnitt eine Studiendauer von 4 Semestern vorgesehen sei, betrage die Anspruchsdauer nach dem StudFG 5 Semester. Der Beschwerdeführer habe keine Gründe geltend gemacht, die eine Überschreitung der Studienzeit im Sinne des § 2 Abs. 3 StudFG rechtfertigen würden, weshalb das (nach § 24 Abs. 2 leg. cit. eintretende) Erlöschen der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 16. Juni 1988 zuerkannten Studienbeihilfe mit Ende des Sommersemesters 1988 festzustellen gewesen sei.

In seiner rechtzeitig erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer vorerst als Grund für die Studienzeitüberschreitung die verspätete Ausstellung des Diplomprüfungszeugnisses geltend; er ergänzte später seine Vorstellung dahingehend, daß er auf Grund einer Fehlinformation durch den Präses der Prüfungskommission für den

1. Studienabschnitt, den er zu Beginn seines Studiums in Wien mit seinen Zeugnissen aus Salzburg aufgesucht habe, ein Proseminar zur Allgemeinen Psychologie an Stelle der (nach der später erfolgten bescheidförmigen Anrechnung der Vorstudien aus Salzburg durch den Vorsitzenden der zuständigen Studienkommission der Universität Wien) benötigten zweistündigen Übung "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie I" absolviert habe.

Der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Universität Wien bestätigte mit Bescheid vom 25. Jänner 1989 den angefochtenen Bescheid mit der Begründung, es sei kein Nachweis erbracht worden, daß dies die einzig fehlende Prüfung gewesen sei. Da bei einem Studium in Salzburg ebenfalls Demonstrationsübungen vorgeschrieben seien, sei die Begründung für die Studienüberschreitung nicht stichhaltig.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er habe alle Prüfungen - mit Ausnahme der nach dem Studienplan an der Universität Wien vorgesehenen zweistündigen Lehrveranstaltung "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie I" - in der vorgeschriebenen Studiendauer abgelegt. Für diese Lehrveranstaltung gebe es nach dem Studienplan der Universität Salzburg keine entsprechende Lehrveranstaltung; die in Salzburg lediglich vorgesehene "Übung zur Allgemeinen Psychologie", die er auch absolviert habe, sei ihm für sein Studium in Wien als "Demo II" (zweistündige Lehrveranstaltung "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie II") angerechnet worden, woraus sich auch die Fehlinformation des Präses der 1. Diplomprüfungskommission der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien ergeben habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 1989 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 2 Abs. 3 lit. b StudFG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge. In der Begründung führte sie im wesentlichen - nach Wiedergabe der Rechtslage und des bisherigen Verfahrensganges - aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß eine unrichtige studienrechtliche Auskunft als Ursache für die Überschreitung der Anspruchsdauer im Beschwerdefall ausgeschlossen werden könne. Aus dem Bescheid des ausschließlich zuständigen Vorsitzenden der Studienkommission für die Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien vom 13. Juni 1988 ergebe sich, welche Lehrveranstaltungen und Prüfungen an der Universität Salzburg den jeweiligen Prüfungen und Lehrveranstaltungen an der Universität Wien entsprächen. Die noch fehlenden Lehrveranstaltungen und Prüfungen laut dem Studienplan der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien seien demnach die Voraussetzungen für die Absolvierung der

1. Diplomprüfung gewesen. Es sei unerheblich, ob der Beschwerdeführer die von ihm erst im Wintersemester 1988/89 besuchte Lehrveranstaltung "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie I" in Salzburg bereits habe absolvieren können oder ob dies unmöglich gewesen wäre. Entscheidend sei lediglich, ob diese Lehrveranstaltung an der Universität Wien für das Prüfungsfach "Allgemeine Psychologie" vorgeschrieben sei. Da sich die noch zu absolvierenden Lehrveranstaltungen und Prüfungen aus dem Bescheid des Vorsitzenden der Studienkommission der Studienrichtung Psychologie ergeben hätten, erscheine die Berufung auf mündliche Auskünfte nicht zuständiger Universitätsprofessoren nicht maßgeblich. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Grund für die Überschreitung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe stelle kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis dar, das bei der gebotenen und dem Beschwerdeführer zumutbaren Umsicht bei einem Wechsel der Universität hätte vermieden werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß der Beschwerdeführer ab dem 4. Semester (Gesamtstudienzeit) sein in Salzburg im Sommersemester 1986 begonnenes Studium der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien fortgesetzt hat, in dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Vorsitzenden der zuständigen Studienkommission an der Universität Wien vom 13. Juni 1988 gemäß § 21 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG) bestimmte Teilprüfungen der

1. Diplomprüfung, Lehrveranstaltungen aus dem Wahlfach Physiologie sowie mehrere Einzelprüfungen aus dem Teilprüfungsfach "Allgemeine Psychologie" angerechnet wurden und ihm (ausgehend von diesem Anrechnungsbescheid) am Ende des 5. Semesters seines Studiums (SS 1988) für den Abschluß der

1. Diplomprüfung nach dem Studienplan der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien die Übung "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie I" fehlte. Der Beschwerdeführer hat diese fehlende Übung, die laut Vorlesungsverzeichnis jeweils im Wintersemester 1987/88 und im Wintersemester 1988/89 (nicht jedoch im Sommersemester 1988) angeboten wurde, im Wintersemester 1988/89 erfolgreich abgelegt und damit die erste Diplomprüfung am Ende des sechsten Semesters (Gesamtstudienzeit) abgeschlossen.

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen durfte, daß der Beschwerdeführer mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes die Anspruchsdauer gemäß § 2 Abs. 3 lit. b StudFG überschritten hat und dementsprechend sein Anspruch auf Studienbeihilfe gemäß § 24 Abs. 2 lit. a StudFG mit Ablauf des Sommersemesters 1988 erloschen ist.

Der von der belangten Behörde im Beschwerdefall herangezogene Erlöschensgrund (§ 24 Abs. 2 lit. a leg. cit.) tritt kraft Gesetzes bei Verwirklichung des Tatbestandes ein (so schon zur früheren - vergleichbaren - Rechtslage nach § 20 Abs. 2 StudFG 1969 das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1973, Zl. 1280/73). Deshalb ist im Beschwerdefall das StudFG 1983 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 361/1985 (Art. I Z. 4 und Z. 13) als das im Zeitpunkt des Eintritts dieser Rechtsfolge geltende Recht anzuwenden.

Gemäß § 24 Abs. 2 lit. a StudFG (in dieser Fassung) erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Semesters, in welchem der Studierende die Anspruchsdauer gemäß § 2 Abs. 3 lit. b bis d überschritten hat.

Gemäß § 2 Abs. 3 lit. b Satz 1 StudFG besteht u.a. ein Anspruch auf Studienbeihilfe nicht, wenn ein Studierender an einer im § 1 Abs. 1 lit. a genannten Anstalt (das sind österreichische Universitäten) die zur Ablegung einer Diplomprüfung vorgesehene Studienzeit ohne wichtigen Grund um mehr als ein Semester überschritten hat, bis zur erfolgreichen Ablegung dieser Prüfung.

Nach dem letzten Satz des § 2 Abs. 3 StudFG gelten als wichtige Gründe im Sinn der lit. b bis d Krankheit, Schwangerschaft sowie jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, das der Studierende nicht selbst verschuldet hat, sofern dadurch der Studienerfolg nachweislich beeinträchtigt wurde.

Der Beschwerdeführer bestreitet unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, er könne sich nicht zu Recht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinn des § 2 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit dem letzten Satz StudFG (hier: auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das der Studierende nicht selbst verschuldet hat) berufen. Da wegen der beträchtlichen Verschiedenheit der Studienpläne der Universität Salzburg und der Universität Wien die Anrechnung bereits absolvierter Lehrveranstaltungen (an der Universität Salzburg) und die notwendigen Ergänzungen durch Lehrveranstaltungen (an der Universität Wien) nicht einfach zu beantworten gewesen seien, habe er sich zu Beginn seines Studiums in Wien um Auskunft an den Präses der Prüfungskommission der ersten Diplomprüfung für die Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien, Universitätsprofessor Dr. F, gewandt. Es bedürfe keiner Erörterung, daß der Genannte für die Erteilung dieser Auskunft kraft seiner Stellung als Präses der ersten Diplomprüfungskommission zuständig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe weder Ursache gehabt, an dessen Kompetenz noch an der Richtigkeit seiner Auskunft zu zweifeln und sei selbstverständlich von deren Richtigkeit ausgegangen. Weder aus dem Wechsel der Universität während des Studiums noch aus der Einholung einer Auskunft vom Präses der Diplomprüfungskommission lasse sich ein Verschulden des Beschwerdeführers ableiten. Der Bescheid des Vorsitzenden der Studienkommission, aus dem sich die dem Beschwerdeführer für die erste Diplomprüfung noch fehlende Lehrveranstaltung ergeben habe, sei erst im Juni 1988, also zu einem Zeitpunkt (Ende des fünften Semesters seines Studiums insgesamt, des zweiten Semesters seines Studiums in Wien) ergangen, zu dem er die fehlende Lehrveranstaltung bereits hätte nachgeholt haben müssen, hätte er nicht eine Studienverzögerung über die in § 2 Abs. 3 lit. b StudFG genannte Frist hinaus riskieren wollen. Gerade um dieses Risiko auszuschalten habe der Beschwerdeführer nicht auf die Zustellung dieses Bescheides gewartet, sondern sich bereits im ersten Semester seines Studiums in Wien bemüht, die einzige (wie er auf Grund der Auskunft des Präses der Diplomprüfungskommission vermeint habe) ihm noch fehlende Lehrveranstaltung zu belegen. Abgesehen von der nachträglich als unrichtig festgestellten Auskunft übersehe die belangte Behörde, daß die Ursache der Studienverzögerung vor allem auf den (weiteren) Umstand zurückzuführen gewesen sei, daß die dem Beschwerdeführer fehlende Lehrveranstaltung (nämlich "Demonstrationen zur Allgemeinen Psychologie I") jeweils nur im Wintersemester an der Universität Wien angeboten werde. Sie hätte daher im Sommersemester 1988 (dem letzten ihm noch innerhalb der Frist zur Verfügung stehenden Semester) von ihm gar nicht absolviert werden können. In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften weiters vor, aus den Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens könne ausgeschlossen werden, daß eine unrichtige studienrechtliche Auskunft die Ursache für die Überschreitung der Anspruchsdauer gewesen sei, sei zu schließen, daß die belangte Behörde darüber ein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Es sei ihm nicht bekannt, auf welche Weise die belangte Behörde dazu Beweis aufgenommen habe. Der Präses der Diplomprüfungskommission habe ihm gegenüber niemals bestritten, die in Rede stehende Auskunft erteilt zu haben. Der Studienplan mit seinen handschriftlichen Notizen befinde sich noch in Händen des Beschwerdeführers.

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift zugestanden, daß sie dem Beschwerdeführer nach Abschluß ihres Ermittlungsverfahrens keine Sachverhaltsdarstellung zum Zweck der Stellungnahme übermittelt habe. Bezüglich der von ihr vom Vorsitzenden der Diplomprüfungskommission der ersten Diplomprüfung der Studienrichtung Psychologie, Universitätsprofessor Dr. F, telefonisch eingeholten Stellungnahme, er könne eine falsche Auskunftserteilung an den Beschwerdeführer ausschließen, sei dies mangels Erheblichkeit für die im angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung nicht erforderlich gewesen. Selbst wenn nämlich der Präses der Diplomprüfungskommission dem Beschwerdeführer tatsächlich eine unrichtige Auskunft erteilt hätte, könnte sich der Beschwerdeführer nicht im Sinn des § 2 Abs. 3 letzter Satz StudFG darauf mit Erfolg berufen: Die Einrechnung von Semestern und die Anrechnung von Studien (einschließlich der Anerkennung von Prüfungen) falle nämlich als Studienangelegenheit gemäß § 7 Abs. 2 und Abs. 3 UOG in die Zuständigkeit des Vorsitzenden der Studienkommission. Für derartige studienrechtliche Fragen sei der Präses einer Diplomprüfungskommission, dessen Aufgaben vor allem in den §§ 26, 27, 29 bis 32 und 43 AHStG geregelt seien, nicht zuständig. Werde wie im Beschwerdefall ein an sich nicht zuständiges Organ um eine Auskunft gebeten und handle der Studierende nach dieser Auskunft, so könne er sich nicht auf die Richtigkeit dieser Auskunft verlassen; ihn treffe (im Sinne des § 2 Abs. 3 letzter Satz StudFG) ein Verschulden, die Auskunft nicht beim zuständigen Organ eingeholt zu haben. Von einem Studierenden sei nämlich unter Berücksichtigung der ihn treffenden Sorgfaltspflicht in Studienangelegenheiten zu erwarten, daß er sich über die Kompetenzen der akademischen Behörden informiere und sich rechtzeitig an die zuständigen Organe wende, die über die erforderliche Sachkenntnis in dieser hochschulrechtlichen Materie verfügten. Im übrigen wäre es dem Beschwerdeführer oblegen, die Fortsetzung seines Studiums an der Universität Wien rechtzeitig und nicht erst am Ende des 4. Semesters (des 1. Semesters seines Studiums an der Universität Wien) zu planen.

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Der im Beschwerdefall bedeutsame Tatbestand nach § 2 Abs. 3 letzter Satz StudFG ist unter folgenden Voraussetzungen erfüllt:

1. Es muß ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliegen,

2. die Beeinträchtigung des Studienerfolges muß dadurch (nachweislich) verursacht worden sein und

3. der Studierende darf dieses Ereignis nicht selbst verschuldet haben.

Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß eine zeitgerecht eingebrachte, nicht offenkundig unrichtige studienrechtliche Auskunft (eine solche liegt bei Zutreffen der Angaben des Beschwerdeführers im Beschwerdefall vor) einer zuständigen akademischen Behörde, deren Befolgung durch den Studierenden zur Überschreitung der im § 2 Abs. 3 lit. b StudFG normierten Anspruchsdauer führt, diese Voraussetzungen erfüllen kann.

Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß zur Beantwortung der im Beschwerdefall vom Beschwerdeführer (angeblich) vom Präses der 1. Diplomprüfungskommission der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien eingeholten Auskunft, nämlich, welche Lehrveranstaltungen/Prüfungen der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner in Salzburg absolvierten Studien für den Abschluß der 1. Diplomprüfung nach dem Studienplan der Studienrichtung Psychologie an der Universität Wien benötige, die Lösung studienrechtlicher Fragen (Einrechnung von Semestern eines ordentlichen Studiums bei Fortsetzung des Studiums derselben Studienrichtung an einer inländischen Hochschule gemäß § 20 Abs. 4 AHStG; Anerkennung der an einer inländischen Hochschule abgelegten Prüfungen für das weitere Studium derselben Studienrichtung an einer anderen inländischen Hochschule gemäß § 21 Abs. 4 AHStG) notwendig ist, deren verbindliche Entscheidung als Studienangelegenheit gemäß § 7 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 lit. b und c UOG in die Zuständigkeit des Vorsitzenden der Studienkommission (der Studienkommission als Behörde zweiter Instanz) fällt.

Diese Entscheidungszuständigkeit des Vorsitzenden der Studienkommission (der Studienkommission als zweiter Instanz) schließt es aber nicht aus, daß der Präses der Diplomprüfungskommission im Rahmen der ihm zukommenden Zuständigkeiten z.B. der Entscheidung nach § 27 Abs. 3 AHStG (Nachsicht von der Inskription versäumter einzelner Lehrveranstaltungen aus wichtigen Gründen bei Absolvierung des sogenannten "Frequenzmangelkolloquiums"), aber vor allem bei der Ausstellung eines Prüfungszeugnisses über die positive Ablegung der Diplomprüfung (§ 33 AHStG) oder der Verweigerung seiner Ausstellung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1976, Zl. 1981/75, wonach derjenige, der eine Diplomprüfung noch nicht zur Gänze abgelegt hat, keinen Anspruch auf Ausstellung eines Diplomprüfungszeugnisses hat) regelmäßig studienrechtliche Fragen (und zwar auch solche, wie sie im Beschwerdefall von Bedeutung sind) als Vorfragen im Sinn des § 38 AVG 1950 zu beurteilen hat (bzw. bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 AVG 1950 zweiter Satz zumindestens beurteilen kann).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage betrifft jedoch das vom Beschwerdeführer (angeblich) an den Präses der Diplomprüfungskommission gerichtete Auskunftsbegehren seinem Gegenstand nach (nämlich der Erforschung der vom Beschwerdeführer noch zu erfüllenden Erfordernisse zur Erlangung des Diplomprüfungszeugnisses über die

1. Diplomprüfung) jedenfalls auch Aufgaben, die in die Zuständigkeit des Präses der Diplomprüfungskommission fallen, und die jedenfalls von der Lösung studienrechtlicher Fragen abhängig sind, deren Beurteilung als Vorfrage dem Präses (in rechtlicher Hinsicht) in einem behördlichen Verfahren (hier: betreffend Ausstellung der Diplomprüfungszeugnisse) auch zugestanden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher im Beschwerdefall der Auffassung der belangten Behörde, die Klärung der Frage, ob der Präses der 1. Diplomprüfungskommission dem Beschwerdeführer tatsächlich eine unrichtige Auskunft gegeben habe oder nicht, könne auf sich beruhen, weil in der Einholung der Auskunft eines unzuständigen Organs jedenfalls ein die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 letzter Satz StudFG ausschließendes Verschulden des Beschwerdeführers gelegen sei, nicht folgen. Das (behauptete) Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers bezweckte nämlich nach seinem Inhalt die unmittelbare Klärung von für die Studiendauer maßgeblichen Fragen, die sich aus dem Wechsel des Studienortes für die Fortsetzung des vom Beschwerdeführer betriebenen Studiums ergaben. Auf dessen (angebliche) (nicht offenkundig unrichtige) Beantwortung durch den Präses der Diplomprüfungskommission konnte der Beschwerdeführer aber wegen des oben dargestellten Zusammenhanges des Auskunftsbegehrens mit den diesem zukommenden Aufgaben vertrauen (falls sich die Vorgänge so abgespielt haben, wie dies der Beschwerdeführer behauptet, was nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens letztlich von der belangten Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen sein wird); es traf den Beschwerdeführer im Beschwerdefall deshalb auch kein die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 letzter Satz StudFG ausschließendes Verschulden, sodaß die Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Der Frage, ob und bejahendenfalls welche Auskunft der Präses der

1. Diplomprüfungskommission dem Beschwerdeführer tatsächlich erteilt hat, kommt daher für den Ausgang des Verfahrens entscheidende Bedeutung zu. Die von Universitätsprofessor Dr. F. eingeholte Stellungnahme (auf die sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid durch den Verweis auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens offenbar indirekt bezieht) wurde unbestritten dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht; er hat in seiner Beschwerde hinreichend ausgeführt, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre.

Soweit die belangte Behörde (erstmals) in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, der Beschwerdeführer hätte erst am Ende des 4. Semesters (des 1. Semesters seines Studiums in Wien) die erforderlichen Schritte zur Klärung seiner Situation unternommen, ist dem entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (und - wenn auch zum Teil widersprüchlich - auch in seiner Beschwerde) ausdrücklich betont hat, er habe zu Beginn des 4. Semesters (was zweifellos zeitgerecht gewesen wäre) eine Auskunft vom Präses eingeholt. Ungeklärt ist auch die Frage geblieben, wann der Beschwerdeführer beim Vorsitzenden der Studienkommission um Anrechnung seiner in Salzburg absolvierten Studien angesucht hat.

Da im Beschwerdefall nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Erhebungsmängel bzw. Verfahrensmängel (Verletzung des Parteiengehörs) zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des geltend gemachten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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