VwGH 89/07/0139

VwGH89/07/013927.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde

1.) der AN 2.) der BN 3.) des CN und 4.) der DN gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 21. April 1988, Zl. LAS-131/2-87, betreffend Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: E), zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §15;
FlVfGG §16;
FlVfGG §17;
FlVfGG §31;
FlVfLG Tir 1978 §33 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §73 lite idF 1984/018;
FlVfGG §15;
FlVfGG §16;
FlVfGG §17;
FlVfGG §31;
FlVfLG Tir 1978 §33 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §73 lite idF 1984/018;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die sogenannte "X-Alpe", an der 16 in Südtirol gelegene Höfe agrargemeinschaftlich beteiligt sind, umfaßt ca. 90 ha, wobei infolge der Grenzziehung nach dem Staatsvertrag von St. Germain im Jahre 1919 etwa 79 Prozent auf österreichischem Boden liegen und im Grundbuch des Bezirksgerichtes Y in EZ. nnn II KG. T eingetragen sind; die restlichen ca. 21 Prozent des agrargemeinschaftlichen Gebietes liegen hingegen auf italienischem Staatsgebiet und sind im Grundbuch des Bezirksgerichtes O in EZ. mmm II KG. R eingetragen. Die X-Alpe stellt ein einheitliches, nur von Südtirol her erreichbares Weidegebiet dar und wird ausschließlich von den dazu berechtigten Südtiroler Bauern bestoßen. Von diesen sind einerseits die Beschwerdeführer (Hof Z) in der KG. T mit 27/396 Anteilen und in der KG. R mit 27/792 Anteilen eingetragen und andererseits der Mitbeteiligte (MB) in der KG. T mit ebenfalls 27/396 und in der KG. R mit insgesamt 81/792 Anteilen. Dieser unterschiedliche Grundbuchstand hat folgende Vorgeschichte:

PN, der damalige Eigentümer des Hofes Z, schloß im Jahre 1950 mit seiner Schwester V einen Übergabsvertrag gegen Lebensrente. In Punkt VI dieses Vertrages war ausdrücklich erwähnt, daß mit den übergebenen Grundstücken 27/792 Anteile an dem italienischen Teil der X-Alpe (EZ. mmm II KG. R) verbunden seien, die mitübergeben würden. Der österreichische Teil der X-Alpe (EZ. nnn II KG. T) bzw. die Anteile des Hofes Z daran wurden in dem Vertrag nicht erwähnt.

Mit Kaufverträgen vom 22. März 1969 und vom 20. Juni 1970 erwarb der MB zuerst 18/792 und dann auch die restlichen 9/792 Anteile an der EZ. mmm II KG. R von V. Auch in diesen beiden Verträgen fand der österreichische Teil der X-Alpe (EZ. nnn II KG. T) keine Erwähnung.

Am 18. März 1987 erschien der MB beim Amt der Tiroler Landesregierung als der Agrarbehörde erster Instanz (AB) und stellte den Antrag auf Feststellung, daß seinem Hof Z neben den bereits bestehenden 27/396 noch weitere 27/792 Anteile an der Liegenschaft in EZ. nn II KG. T zustünden, dem Hof Z hingegen nur 27/792. Der MB begründete diesen Antrag im wesentlichen damit, daß die Berichtigung des Grundbuchs KG. T irrtümlich unterblieben sei. Daß der MB auch am österreichischen Teil der X-Alpe von V 27/792 Anteile erworben habe, ergebe sich daraus, daß er seit dem Ankauf der Anteile ungestört die entsprechende Rinderanzahl auf das österreichische wie auf das italienische Gebiet der X-Alpe aufgetrieben habe. Dieser Beanteilung entsprechend seien auch seit dem Jahre 1970 alle Lasten und Einkünfte aus dem agrargemeinschaftlichen Gebiet aufgeteilt worden.

Die AB führte hierauf ein Ermittlungsverfahren durch, in dessen Verlauf sie Einsicht in die diesen Fall betreffenden Urkunden nahm und zwei andere Mitglieder der Agrargemeinschaft befragte. Die Beschwerdeführer nahmen zum Antrag des MB ablehnend Stellung und beriefen sich dazu insbesondere darauf, daß die EZ. nnn II KG. T in den Verträgen nicht genannt worden sei. Eine darüber hinausgehende Ausnützung von Anteilsrechten durch den MB könne nur ohne Wissen und Willen der Beschwerdeführer geschehen sein.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 1987 stellte die AB gemäß § 73 lit. e des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 54/1978 idF gemäß LGBl. Nr. 18/1984 (TFLG), fest, "... daß dem jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft Y in EZ. pp I KG. R neben den bereits verbücherten 27/396 noch weitere 27/792 Anteile an der X-Alpe, Liegenschaft in EZ. nnn II KG. T zukommen. Den jeweiligen Eigentümern des Hofes Z in EZ. mn I KG. R kommen an der X-Alpe, Liegenschaft in EZ. nnn II KG. T nur 27/792 statt 27/396 Anteile zu."

Begründend ging die AB davon aus, daß es sich bei der Liegenschaft EZ. nnn II KG. T um ein agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinne des § 33 Abs. 1 TFLG handle. Die im Jahre 1950 erfolgte Teilung des Hofes Z habe rechtlich die Teilung einer Stammsitzliegenschaft dargestellt, die nach § 39 Abs. 1 TFLG agrarbehördlich genehmigungspflichtig gewesen wäre. Da der Z-Hof 1950 in nahezu zwei gleich große Teile geteilt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß auch die Teilung der Alprechte den gesetzlichen Voraussetzungen entsprochen habe und daher genehmigungsfähig gewesen wäre. In der Folge habe V bzw. deren Rechtsnachfolger den auf sie übergegangenen früheren Gutsbestand des Z-Hofes weitgehend veräußert. Auch die Alpanteile seien veräußert worden und es sei dabei sicher sinnvoll und richtig gewesen, diese Rechte an einen aktiven Landwirt weiter zu geben. Der Erwerb dieser Alprechte habe, wie sich aus den betreffenden Vertragsbestimmungen ableiten lasse, auf Seiten des MB der Stärkung und Erhaltung dieses Landwirtschaftsbetriebes gedient.

Durch den Staatsvertrag von St. Germain seien wohl die rechtlichen, nicht aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse auf der X-Alpe verändert worden. Es erscheine wirtschaftlich nicht denkbar, daß der Alpbetrieb auf ein und derselben Alpe hinsichtlich einzelner Gebietsteile durch den gleichen Auftriebsberechtigten mit einer verschiedenen Viehzahl bewirtschaftet werde. Die Ausübung des Alpbetriebes erfolge beiderseits der Staatsgrenze ohne Rücksicht auf diese, die Weidetiere seien immer einem gemeinsamen Hirten unterstellt worden, sodaß ein unterschiedlicher Auftrieb in der Viehzahl eines einzelnen Berechtigten gar nicht möglich gewesen sei. Seit dem Jahre 1950 seien von den Eigentümern des Hofes Z auch immer nur die auf 27/792 entfallenden Grasrechte ausgenutzt und nur die auf diese Anteilsrechte entfallende Viehzahl aufgetrieben worden. Die Alpabrechnung, die Lastentragung und die allfällige Verteilung von Ertragsüberschüssen sei immer so erfolgt, als ob dem Hof Z 27/792 und dem Hofe Y 81/792 Anteilsrechte zugekommen wären. Dagegen hätten die Eigentümer des Hofes Z nie Einwände erhoben. Auf die diesbezüglichen Aussagen der beiden Zeugen seien die Beschwerdeführer nicht eingegangen, sodaß sie als zutreffend hätten angenommen werden können.

Daß der MB die Rechte gemäß seiner Behauptung erworben habe, leitete die AB ferner auch noch aus Wert und Preis dieser Anteile gemäß den vorliegenden Unterlagen ab; daraus ergebe sich, daß der vom MB geleistete Kaufpreis weit überhöht gewesen wäre, wäre er nur für den (kleineren) italienischen Teil der X-Alpe entrichtet worden. Unter Berücksichtigung der umfangreichen Lebensrente und all der erwähnten Umstände könne mit Sicherheit geschlossen werden, daß eindeutiger Vertragswille beim Übergabsvertrag vom 23. Mai 1950 gewesen sei, daß V auch die Hälfte der Anteile an der gesamten X-Alpe, also auch hinsichtlich des auf österreichischem Gebiet liegenden Teiles, erhalten sollte.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie im wesentlichen geltend machten, daß die angebliche Agrargemeinschaft X-Alpe über keine Satzungen verfüge, und daß gemäß den vorliegenden Verträgen auf den MB keine Anteile am österreichischen Teil der X-Alpe übertragen worden seien. Es stelle mehr als eine Umgehung der Rechtslage dar, wenn jetzt die Agrarbehörde die bisher nicht erfolgte Übertragung der strittigen Anteilsrechte auf V bzw. in der Folge auf den MB, die nach dem TFLG nicht hätte genehmigt werden können, durch eine Feststellung gemäß § 73 lit. e TFLG einfach wettzumachen versuche. Die von der AB gewählte Vorgangsweise stelle eine glatte Enteignung der Beschwerdeführer als der nunmehrigen Inhaber des Z-Hofes dar. Der Bescheid der AB sei darüber hinaus mehrfach mit Verfassungswidrigkeiten behaftet.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. April 1988 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm den §§ 38, 39 und 73 lit. e TFLG als unbegründet ab.

Auch die belangte Behörde ging begründend davon aus, daß es sich bei der Liegenschaft EZ. nnn/II KG. T um agrargemeinschaftliche Grundstücke handle, die nach alter Übung von den Teilhabern beweidet würden. Die Gesamtheit der Anteilsberechtigten an der X-Alpe bilde ex lege eine Agrargemeinschaft, auch wenn sie noch keine Satzungen besitze (vgl. § 34 Abs. 4 TFLG). Ungeachtet der Frage, ob nun die beiden von der AB einvernommenen Zeugen als Organe der Agrargemeinschaft anzusehen seien, hätten die Beschwerdeführer auch nicht ansatzweise ausgeführt, welche ihrer der AB gegenüber abgegebenen Erklärungen nicht zuträfen. Die tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie dem Bescheid der AB zugrunde lägen, seien vielmehr unbestritten. Die Agrargemeinschaftsmitglieder hätten nie gewußt, daß ein Teil der Alpe in Nordtirol im Grundbuch eingetragen sei. Bei der jährlichen Alpabrechnung sei jeweils auch ein Vertreter des Z-Hofes anwesend gewesen; dieser habe immer der Lastentragung und der Aufteilung des Erlöses (Jagdpacht) auf der Basis von insgesamt 27/792 Anteilen des Z-Hofes zugestimmt. Jeder habe gewußt, daß der MB 27/792 dazugekauft habe und daß er dementsprechend mehr berechtigt gewesen sei. Seit dem Ankauf habe der MB und nicht die Beschwerdeführer die gekauften Gräser ausgenützt.

Die verfassungsrechtlichen Einwände der Beschwerdeführer seien unbegründet, weil sie übersähen, daß agrargemeinschaftliche Rechte ihre Regelung umfassend im öffentlichen Recht gefunden hätten. Es sei daher auch nur folgerichtig, daß gemäß § 73 lit. e TFLG eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung einzuschreiten habe. Da es sich beim agrargemeinschaftlichen Anteilsrecht um ein Institut des öffentlichen Rechtes handle, sei dafür auch eine Grundbuchseintragung nicht rechtsbegründend.

Daß auch derartige Anteilsrechte Gegenstand rechtsgeschäftlicher Verfügungen sein könnten, ergebe sich aus der Privatautonomie (vgl. §§ 38 und 39 TFLG). Gemäß § 39 Abs. 2 TFLG dürfe ohne die agrarbehördliche Bewilligung die Teilung einer Stammsitzliegenschaft im Grundbuch nicht vollzogen werden. Dies sei die einzige gesetzliche Sicherheitsvorkehrung, um aus der Sicht der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke die gesetzliche Zielsetzung durchzusetzen, daß bei Teilung einer Stammsitzliegenschaft die Anteilsrechte den Trennstücken im Verhältnis ihres wirtschaftlichen Bedarfes zustünden. Den Beschwerdeführern sei zuzustimmen, daß diese Sanktion des TFLG im Wirkungsbereich des italienischen Staates nicht durchsetzbar sei. Dies habe aber nicht zur Folge, daß über Anteilsrechte an der zum Großteil in Österreich gelegenen X-Alpe rechtsgeschäftlich nicht verfügt werden könnte. Allerdings sei in von einem Vertragspartner persönlich übernommenes Anteilsrecht durch die Agrarbehörde bescheidmäßig mit einer Stammsitzliegenschaft zu verbinden. Wäre daher aus Anlaß der Übergabsverträge vom 23. Mai 1950 auch eine grundbuchsmäßige Ersichtlichmachung betreffend das agrargemeinschaftliche Anteilsrecht in der Liegenschaft EZ. nnn II KG. T erfolgt, dann hätten die auch insoweit auf V übergegangenen 27/792 Anteile mit deren Gutsbestand in der KG. R verbunden werden müssen. Die Beschwerdeführer könnten für sich bei der Klärung der Frage, wem die 27/792 Anteile an der EZ. nnn II KG. T zustehen, keinen rechtlich relevanten Vorteil daraus ableiten, daß entsprechend der in Italien 1950 getroffenen Vertragsregelung eine grundbücherliche Richtigstellung für die X-Alpe im Bereich der KG. T unterblieben sei.

Wie die AB richtig erkannt habe, komme es auf den Vertragswillen im Übergabsvertrag vom 23. Mai 1950 und in den Kaufverträgen vom 23. März 1969 und vom 20. Juni 1970 an. Den Beschwerdeführern sei zuzustimmen, daß der Eigentümer des Y-Hofes am Vertrag 1950 nicht unmittelbar beteiligt gewesen sei. Unabhängig davon vertrete die belangte Behörde mit der AB die Auffassung, daß nach dem Vertragswillen wohl auch der Übergang der 27/792 an der EZ. nnn II KG. T mitumfaßt gewesen sei. Die belangte Behörde schließe sich insoweit den Ausführungen im Bescheid der AB vollinhaltlich an.

Es sei unbestritten und wirtschaftlich nicht denkbar, daß der Alpbetrieb auf ein und derselben Alpe hinsichtlich einzelner Gebietsteile durch den gleichen Auftriebsberechtigten mit einer verschiedenen Viehzahl bewirtschaftet werde. Die X-Alpe stelle nach wie vor ungeachtet der Grenzziehung ein einheitliches Weidegebiet dar. Seit der Teilung des Z-Hofes im Jahre 1950 sei von dessen Eigentümern am Restgutsbestand immer nur die auf die 27/792 entfallenden Grasrechte entsprechende Viehzahl aufgetrieben worden. Auch die Alpabrechnung sei so erfolgt, daß seit den Kaufverträgen aus 1969 und 1970 dem Hof Z 27/792 und dem Hof Y 81/792 zugekommen seien; nach demselben Schlüssel seien Lasten und Erträge aufgeteilt worden. Gegen all diese Feststellungen sei im gesamten Verwaltungsverfahren kein Einwand erhoben worden. Dasselbe treffe auch auf die im Bescheid der AB getroffenen Feststellungen und Schlußfolgerungen hinsichtlich der Preise zu. V sollte demnach auch die Hälfte der dem Z Hof zugestandenen Anteile an der X-Alpe einschließlich deren (erheblich größeren) auf österreichischem Gebiet gelegenen Teiles erhalten.

Auch der Kaufvertrag, mit dem PN am 23. Mai 1950 den nach Abtrennung der an Frau V verkauften Grundstücke verbliebenen Besitzstand des Z-Hofes an die Beschwerdeführer verkauft habe, enthalte keine ausdrückliche Erwähnung, daß zum Kaufgegenstand auch der auf österreichischem Gebiet liegende Teil der X-Alpe (richtig: die daran bestehenden Anteile) gehöre. Den Vertragsteilen sei selbstverständlich bewußt gewesen, daß die X-Alpe eine einheitliche Alm sei. Es seien daher nach Meinung der belangten Behörde alle Vertragsteile am 23. Mai 1950 davon ausgegangen, daß die Hälfte der Anteile an der gesamten X-Alpe übergegangen sei, ohne daß es ihnen wesentlich oder auch nur bewußt gewesen sei, daß diese Alpe teilweise in der KG. R und teilweise in der KG. T grundbuchsmäßig vorgetragen sei. Eine wirtschaftlich ohnehin nicht mögliche Teilung der Ausnutzbarkeit der X-Alpe hätte nicht dem Vertragswillen entsprochen. Es sei der AB auch darin zu folgen, daß 1950 der Z-Hof in zwei nahezu gleich große Teile geteilt worden sei, sodaß die nunmehr von den Agrarbehörden angenommene Teilung der Anteilsrechte geradezu den gesetzlichen Zielsetzungen entsprochen hätte und auf dem Boden der Geltung des TFLG genehmigungsfähig gewesen wäre.

Es sei durchaus sinnvoll und richtig gewesen, daß die Alpanteile von V an einen aktiven Landwirt weitergegeben worden seien; auch die Kaufverträge aus 1969 und 1970 hätten daher nach dem Willen der Vertragsteile die 27/792 Anteile an der gesamten X-Alpe zum Gegenstand gehabt. Dabei habe die AB diese Anteile als mit dem Hof Y verbunden festgestellt, weil die Bildung "walzender" Anteile nicht zulässig gewesen wäre. Damit sei der MB offenbar einverstanden, während die Beschwerdeführer dadurch eben so wenig beschwert sein könnten wie durch die Unterlassung der Einholung einer agrarbehördlichen Genehmigung für den Vertrag aus dem Jahre 1950. Die belangte Behörde hege überdies bei der gegebenen Sach- und Rechtslage Bedenken dahin, daß nach dem räumlichen und sachlichen Geltungsbereich des TFLG von einer agrarbehördlichen Genehmigungspflicht dann zu sprechen sei, wenn der nach diesem Gesetz genehmigungspflichtige Sachverhalt in Italien liege und auch dort verwirklicht werden könne. Selbst wenn man jedoch mit den Beschwerdeführern von einer Genehmigungspflicht ausgehen wolle, liege eine Genehmigung im nunmehrigen Bescheid der AB, weil diese zuständigerweise verfügt habe, daß die fraglichen Rechte mit einer schon bestehenden Stammsitzliegenschaft mit einem funktionierenden Landwirtschaftsbetrieb verbunden seien; damit habe die AB bescheidmäßig ihre Zustimmung zu dem auch ausdrücklich erörterten Rechtsvorgang gegeben.

Da dem Antrag des MB somit Berechtigung zukomme, sei die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abzuweisen gewesen.

Die Beschwerdeführer haben gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und darin die Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte geltend gemacht. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch die Behandlung dieser Beschwerde mit seinem Beschluß vom 13. Juni 1989, Zl. B 1193/88, abgelehnt. In der Folge wurde die Beschwerde über gesonderten Antrag der Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 3 VerfGG 1953 idF gemäß BGBl. Nr. 297/1984 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die Beschwerdeführer haben ihre Beschwerde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt und machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Sie erachten sich vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht verletzt, "daß ihnen nicht mit einer Entscheidung der Agrarbehörden der mit ihrem Eigentum am Z-Hof in EZ. mn I KG. R verbundene Anteil an der Liegenschaft EZ. nnn II KG. T von 27/396 einfach halbiert und die Hälfte davon, also 27/792 Anteile, dem Y-Hof in EZ. pp I KG. R zugeschrieben werden kann".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der MB hat sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Alle Stammsitzliegenschaften der Agrargemeinschaft X-Alpe liegen in Italien, ihre Eigentümer sind offenbar durchwegs italienische Staatsbürger. Die X-Alpe selbst ist ein einheitliches, nur von Südtirol aus erreichbares Weidegebiet, welches sich aber auf Grund der Grenzziehung territorial in einen italienischen und in einen (größeren) österreichischen Teil gliedert. Diese - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - unbestrittenen Umstände bringen es mit sich, daß die rechtlichen Vorgänge, welche die auf österreichischem Gebiet gelegenen gemeinschaftlichen Grundstücke betreffen, von den österreichischen Behörden und nach österreichischem Recht zu behandeln sind. In diesem Zusammenhang verweist der Verwaltungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom 7. Juli 1981, Zl. 2333/79 = Slg. 10516/A, welches einen das Bundesland Kärnten betreffenden Fall behandelte: Unbeschadet des Umstandes, daß es damals um eine Konfiskation ging, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgesprochen, daß die Lage eines agrargemeinschaftlichen Anteilsrechtes nicht durch die Lage der Stammsitzliegenschaft, sondern durch die Lage der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft bestimmt wird. Der Verwaltungsgerichtshof folgt daher den im Beschwerdefall eingeschrittenen Agrarbehörden darin, daß die im Beschwerdefall strittigen Vorgänge, soweit sie die Liegenschaft EZ. nnn II KG. T betreffen, nach den Vorschriften des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1978, LGBl. Nr. 54/1978 idF gemäß LGBl. Nr. 18/1984 (TFLG), bzw. nach den diesem Gesetz vorangegangenen einschlägigen Tiroler landesgesetzlichen Vorschriften zu beurteilen sind.

Unbestritten ist, daß im Jahre 1950 zahlreiche Grundstücke des sogenannten Z-Hofes an V veräußert wurden, während der restliche Z-Hof an die Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger überging. Dabei war im Übergabsvertrag zwischen PN und V hinsichtlich der agrargemeinschaftlichen Rechte des Z-Hofes ausdrücklich vorgesehen, daß mit den übergebenen Grundstücken auch 27/792 Anteile an der gemeinschaftlichen Liegenschaft EZ. mmm II KG. R (also am italienischen Teil der X-Alpe) übergehen sollten, während die Anteile des Z-Hofes am österreichischen Teil der X-Alpe in den im Jahre 1950 abgeschlossenen Verträgen keine Erwähnung fanden. Auszugehen ist ferner davon, daß V in den Jahren 1969 und 1970 ihre insgesamt 27/792 Anteile an der EZ. mmm II KG. R an den MB weiterverkauft hat, und daß auch in diesen Verträgen der österreichische Teil der X-Alpe unerwähnt geblieben ist.

Der MB vertritt nun die Auffassung, die genannten Verträge hätten jeweils (stillschweigend) auch die Anteile des Z-Hofes an der EZ. nnn II KG. T mitumfaßt; diese seien nur deshalb nicht ausdrücklich genannt worden, weil den Beteiligten damals gar nicht bewußt gewesen sei, daß Teile der X-Alpe in einem österreichischen Grundbuch aufschienen. Dem ist die belangte Behörde mit Rücksicht auf das im Verwaltungsverfahren erzielte Ermittlungsergebnis (Aussagen zweier weiterer Gemeinschaftsmitglieder, Ausnützung der Weiderechte, Abrechnung der gemeinschaftlichen Ausgaben und Einkünfte etc.) gefolgt. Ungeachtet dieses Ermittlungsergebnisses ist die belangte Behörde jedoch aus den nachstehenden Erwägungen zu einem rechtlich unzutreffenden Ergebnis gelangt.

Nach Auffassung des MB und der belangten Behörde sind die dem Z-Hof zugestandenen Anteilsrechte am österreichischen Teil der X-Alpe bereits 1950, spätestens aber mit den Verträgen aus den Jahren 1969/1970 von der Stammsitzliegenschaft Z-Hof abgesondert und (offenbar vorerst als "walzende" Anteile) letztlich dem MB übertragen worden. Die mit einer Liegenschaft verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft konnte jedoch nach den einschlägigen Vorschriften des Tiroler Flurverfassungslandesrechtes in dem gesamten in Betracht kommenden Zeitraum nur mit Bewilligung der Agrarbehörde von der Stammsitzliegenschaft abgesondert werden (siehe dazu § 38 Abs. 3 sowohl in der Fassung des Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 6. Juni 1935, LGBl. Nr. 42/1935, als auch in der Fassung des Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 16. Juli 1952, LGBl. Nr. 32/1952, und in der Fassung der Novelle zu diesem Gesetz, LGBl. Nr. 33/1969; sowie seither § 37 Abs. 3 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 15. Juli 1969, LGBl. Nr. 34/1969, sowie § 38 Abs. 3 des derzeit in Geltung stehenden

TFLG).

Ohne Vorliegen der demnach erforderlichen agrarbehördlichen Bewilligung hat aber, selbst wenn man von der von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachlage ausgeht, weder im Jahre 1950 noch in den Jahren 1969/1970 eine Absonderung von Anteilsrechten an der Agrargemeinschaft X-Alpe von der Stammsitzliegenschaft Z-Hof in einer für den österreichischen Rechtsbereich wirksamen Weise stattgefunden. Da das Vorliegen der nach österreichischem Recht erforderlichen agrarbehördlichen Genehmigungen von keinem der Beteiligten auch nur behauptet worden ist, sind somit die strittigen Anteilsrechte am österreichischen Teil der X-Alpe bei dem als Stammsitzliegenschaft zu wertenden, im Besitz der Beschwerdeführer befindlichen Z-Hof verblieben (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1986, Zl. 86/07/0214).

Das Vorliegen der agrarbehördlichen Genehmigung stellt eine unabdingbare Voraussetzung für die der von den Agrarbehörden beider Instanzen getroffene Feststellung dar, wonach nunmehr dem Hof Y (MB) weitere 27/792 Anteile an der Liegenschaft EZ. nnn II KG. T anstelle des Z-Hofes zukämen.

Diese Feststellung hat die belangte Behörde auf § 73 lit e TFLG gestützt. Nach dieser Gesetzesstelle steht der Agrarbehörde auch außerhalb eines Verfahrens (§ 72) die Entscheidung über die Frage zu, ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zustehen. Die in einem eigenen agrarbehördlichen Verfahren herbeizuführende Genehmigung gemäß dem nunmehrigen § 38 Abs. 3 TFLG konnte indes nicht durch eine Feststellung im Sinne des § 73 lit. e TFLG ersetzt werden, setzte doch eine derartige Feststellung ihrerseits das Vorliegen der agrarbehördlichen Genehmigung voraus, die bisher nach der Aktenlage nicht beantragt worden ist.

Die belangte Behörde hat daher dadurch, daß sie die erstinstanzliche Feststellung mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte, die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte