VwGH 89/05/0197

VwGH89/05/019715.5.1990

N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 6. Juli 1989, Zl. BauR-010009/7-1989 Stö/Ja, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) Engelbert L,

2) Gemeinde X).

Normen

BauRallg;
ROG OÖ 1972 §16 Abs8;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §16 Abs8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Mai 1987 wurde dem Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Montagehalle auf dem Grundstück Nr. 32/4 des Grundbuches über die Kat. Gem. M erteilt. Über die bei der vorangegangenen Bauverhandlung auch von der Beschwerdeführerin vor allem wegen der befürchteten unzumutbaren Lärmbelästigung erhobenen Einwendungen wurde in diesem Bescheid nicht gesondert abgesprochen. Die Baubehörde erster Instanz vertrat allerdings in der Begründung ihres Bescheides unter Berufung auf eine Äußerung des Amtssachverständigen zusammenfassend die Ansicht, daß die zu erwartenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub, Geruch oder Erschütterungen nicht erheblich störend sein würden.

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. März 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben.

Mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 25. Oktober 1988 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen, wobei diese Aufhebung mit der in der Folge im Detail wiedergegebenen Begründung erfolgte, daß auf Grund des bisherigen Ermittlungsergebnisses nicht beurteilt werden könne, ob die Betriebstype, welcher das Bauvorhaben des Mitbeteiligten zuzurechnen sei, mit der Flächenwidmung "Betriebsbaugebiet" im Sinne des § 16 Abs. 8 des OÖ Raumordnungsgesetzes vereinbart werden könne.

Nach Einholung von Stellungnahmen eines immissionstechnischen sowie eines medizinischen Sachverständigen gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde dem Rechtsmittel der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 14. April 1989 erneut keine Folge. Die Berufungsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen davon aus, daß das Bauvorhaben des Erstmitbeteiligten mit der gegebenen Flächenwidmung vereinbar sei.

Der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 6. Juli 1989 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 1989, Zl. B 846/89-4, wurde die Behandlung der gegen diesen aufsichtsbehördlichen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die erstmitbeteiligte Partei erwogen:

Wie schon ausgeführt worden ist, hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. März 1988 auf Grund der Vorstellung u. a. der Beschwerdeführerin aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat verwiesen, wobei der die Aufhebung tragende Teil der Begründung dieses Bescheides vom 25. Oktober 1988 nachstehenden Wortlaut hat:

"Das der angefochtenen Berufungsentscheidung zugrundegelegte immissionsschutztechnische Gutachten vom 2. 12. 1987 enthält hinsichtlich der von der Judikatur geforderten Beurteilung der abstrakten Betriebstype lediglich die Feststellung, daß bei '...metallbearbeitenden Betrieben ein Halleninnenpegel von 80 - 85 dB ...' auftrete. Im übrigen bezieht sich das Gutachten jedoch nicht auf eine abstrakte Betriebstype, sondern auf die konkrete Situation im gegenständlichen Verfahren. Entscheidend für die Zulässigkeit eines Betriebes in einer bestimmten Flächenwidmungskategorie ist das Maß der im Falle einer vergleichbaren abstrakten Betriebstype an der Nachbargrundgrenze üblicherweise auftretenden Emissionen. Technische oder lagemäßige Besonderheiten des konkreten Betriebes sind dabei nicht zu berücksichtigen. Wenngleich die Feststellung, daß bei metallbearbeitenden Betrieben ein Halleninnenpegel von 80 - 85 dB auftrete, durchaus auf eine abstrakte Betriebstype gemünzt sein mag, ist diese Aussage zu generell und entspricht nicht den an ein Gutachten im Sinne des AVG 1950 zu stellenden Anforderungen. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach, so in seinem Erkenntnis vom 11. 7. 1950, Slg. 1616/A, aber auch vom 16. 2. 1952, Slg. Nr. 2453/A, im Zusammenhang mit Gutachten ausgesagt, daß ein Gutachten, das sich mit einer Feststellung begnüge, ohne den Befund und eine Begründung mitzuteilen, nicht als Grundlage für einen Bescheid genüge (siehe Verwaltungsgerichtshof vom 26. 1. 1970, Slg. Nr. 7714/A). In diesem Sinne hätte das Gutachten den zur Beurteilung herangezogenen Vergleichsbetrieb zunächst hinsichtlich der Art und der dort ÜBLICHERWEISE und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutz der Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen sowie nach der Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit ZU BESCHREIBEN und dann das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Immissionen beurteilen. Da das der Entscheidung zugrundegelegte Gutachten derartige Erörterungen nicht enthält, blieb das Ermittlungsverfahren mangelhaft."

Dieser Bescheid ist nach der Aktenlage unangefochten geblieben, weshalb der eben wiedergegebene, die Aufhebung des Gemeinderatsbescheides tragende Teil für das fortgesetzte Verfahren für die Gemeindebehörde, die Aufsichtsbehörde und den Verwaltungsgerichtshof bindend ist (vgl. dazu die Ausführungen über die bindende Wirkung aufsichtsbehördlicher Bescheide bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, Prugg-Verlag Eisenstadt,

2. Aufl., S. 111 ff).

Die Gemeindebehörde hatte also im weiteren Verlauf des Verfahrens ergänzende Ermittlungen durchzuführen und Erwägungen zu der Frage anzustellen, ob das den Gegenstand des Bauansuchens des Mitbeteiligten bildende Bauvorhaben (im Bauansuchen vom 5. Dezember 1986 als "Werkstättenneubau-Landmaschinenreparaturwerkstätte", im Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Mai 1987, wie schon erwähnt, als "Errichtung einer Montagehalle" bezeichnet) seiner Betriebstype nach mit der Flächenwidmung "Betriebsbaugebiet" im Sinne des § 16 Abs. 8 des OÖ Raumordnungsgesetzes vereinbar ist.

Gemäß dieser Bestimmung sind als Betriebsbaugebiete solche Flächen vorzusehen, die zur Aufnahme von Betrieben dienen, die die Umgebung nicht erheblich, und zwar insbesondere durch Lärm, Ruß, Staub, Geruch oder Erschütterungen, stören und nicht, insbesondere durch Dämpfe, Gase, Explosivstoffe oder durch Strahlung, gefährden.

Die Gemeindebehörde hat in Entsprechung der wiedergegebenen aufsichtsbehördlichen Auffassung die Äußerung eines immissionstechnischen Sachverständigen vom 7. Dezember 1988 eingeholt, welcher die Ansicht vertreten hat, daß "bei der Erzeugung von landwirtschaftlichen Maschinen, einschließlich Montage, davon auszugehen ist, daß im wesentlichen Metallbearbeitungsvorgänge stattfinden. Diese werden typischerweise in Produktionshallen und nicht im Freien vorgenommen. Dabei entstehen vor allem Geräusche durch Hämmern, Bohren, Schleifen, Metallsägen, Stanzen u. dgl. und treten Halleninnenpegel (betrachtet als Dauerschallpegel) bis 80 dB auf, wobei der Frequenzinhalt (Tonhöhe) je nach Bearbeitungsvorgang verschieden ist. Auf Grund der Tätigkeiten im Gebäudeinneren und bei der üblichen baulichen Ausführung der Hallen mit feststehender Profilitverglasung sowie Wänden und Dächern aus zumindest Trapezblechprofilen mit Mineralstoffdämmung, was ein Schalldämmaß von mindestens 20 dB bringt, ist üblicherweise direkt an der Außenwand mit Schallpegeln um 60 dB zu rechnen und werden derartige Betriebe typischerweise im Betriebsbaugebiet situiert ... Darüber hinaus wird bemerkt, daß im Gemeindegebiet X ein Betrieb besteht, der sich mit der Erzeugung von Straßenbaumaschinen beschäftigt, somit in den typischen Arbeitsvorgängen der Metallbearbeitung und den Emissionen vergleichbar ist und der ebenfalls im Betriebsbaugebiet situiert ist".

Ferner wurde ein medizinischer Sachverständiger befaßt, welcher in seiner Äußerung vom 13. Dezember 1988 zusammenfassend festgestellt hat, es sei "mit einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens oder einer Gesundheitsgefährdung für die Nachbarschaft nicht zu rechnen".

In ihrer Stellungnahme vom 26. Jänner 1989 hat die Beschwerdeführerin dazu bemerkt, daß diese Äußerungen der Sachverständigen den in der Begründung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 25. Oktober 1988 umschriebenen Anforderungen nicht entsprächen, und u. a. gemeint, der Sachverständige hätte insbesondere berücksichtigen müssen, daß die Montagehalle bis zu 20 m an den Pensionsbetrieb der Beschwerdeführerin heranrücke und daher schon auf Grund der räumlichen Nähe zweifelsfrei und zwangsläufig zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen für ihre Pensionsgäste führe. Ihr Betrieb und nicht das gewidmete Betriebsbaugebiet sei Kriterium für die Frage der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen.

Diesem Vorbringen hat die belangte Behörde mit Recht entgegengehalten, daß es für die Frage der Widmungsmäßigkeit eines Bauvorhabens im baubehördlichen Bewilligungsverfahren auf die Lage des Baugrundstückes ankommt (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1985, Zl. 85/05/0095, BauSlg. Nr. 564), und es ist ihr auch darin beizupflichten, daß es in diesem Zusammenhang, also bei der Prüfung der Übereinstimmung einer bestimmten Betriebstype mit der bestehenden Flächenwidmung (hier: Betriebsbaugebiet) darauf ankommt, ob eine bestimmte Betriebstype und nicht der konkrete Betrieb geeignet ist, die Umgebung erheblich zu stören und zu gefährden. Daher kommt auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, in ihrer Pension, an welche die geplante Montagehalle bis zu 20 m heranrücke, seien überwiegend kranke bzw. rekonvaleszente Personen untergebracht, die auf besondere Ruhe angewiesen seien, und es gebe eine Unterschriftenliste von Stammgästen, die sich ausdrücklich gegen die Errichtung der geplanten Halle ausgesprochen hätten und im Falle der Errichtung derselben die Pension der Beschwerdeführerin nicht mehr frequentieren würden, in diesem Zusammenhang keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Derartige Umstände wären allenfalls zum Gegenstand von Einwendungen gegen den konkreten Betrieb im gewerbebehördlichen Verfahren zur Genehmigung der Betriebsanlage zu machen.

Der Kritik der Beschwerdeführerin an der Äußerung des immissionstechnischen Sachverständigen ist insbesondere zu entgegnen, daß der bereits wiedergegebene, das Bauvorhaben des Erstmitbeteiligten betreffende und damit im Beschwerdefall allein wesentliche Teil dieser Stellungnahme des Sachverständigen nach Ansicht des Gerichtshofes im Sinne der in der Begründung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 25. Oktober 1988 dargelegten Forderung ausreicht, um beurteilen zu können, ob die in Rede stehende Montagehalle des Mitbeteiligten mit der im § 16 Abs. 8 des OÖ Raumordnungsgesetzes umschriebenen Flächenwidmung "Betriebsbaugebiet" vereinbar ist. Der Beschwerdeführerin ist zwar einzuräumen, daß der immissionstechnische Sachverständige den in der mitbeteiligten Gemeinde bestehenden Betrieb zur Erzeugung von Straßenbaumaschinen "in den typischen Arbeitsvorgängen der Metallbearbeitung und den Emissionen vergleichbar" angesehen hat, ohne diesen Betrieb entsprechend der erwähnten Forderung der Aufsichtsbehörde näher zu beschreiben, doch ändert dies nichts daran, daß der Sachverständige mit der schon wiedergegebenen Begründung in seiner Äußerung vom 7. Dezember 1988 zu dem Ergebnis gelangt ist, daß "üblicherweise direkt an der Außenwand mit Schallpegeln um 60 dB zu rechnen" sei und "derartige Betriebe typischerweise im Betriebsbaugebiet situiert" seien. Im Hinblick auf die Kriterien des § 16 Abs. 8 des OÖ Raumordnungsgesetzes kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter diesen Umständen der Auffassung der Berufungsbehörde über die Vereinbarkeit des Bauvorhabens des Mitbeteiligten mit der Flächenwidmung gefolgt ist, zumal die Beschwerdeführerin der geschilderten Äußerung des Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist und auf Grund der von ihr während des Verwaltungsverfahrens dagegen vorgetragenen Bedenken keine Veranlassung bestanden hat, zusätzliche Ermittlungen anzustellen, um eine der Forderung der Aufsichtsbehörde entsprechende Beurteilung der Betriebstype zu ermöglichen.

Da sohin auch dem Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe ergänzende Beweisaufnahmen unterlassen, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zukommt und der belangten Behörde im übrigen auch kein wesentlicher Begründungsmangel angelastet werden kann, ist der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid vom 14. April 1989 mit Recht keine Folge gegeben worden, weshalb auch die vorliegende Beschwerde unbegründet ist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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