VwGH 89/05/0128

VwGH89/05/012830.1.1990

N gegen Kärntner Landesregierung vom 10. Mai 1989, Zl. 8 BauR1-75/1/1989, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) MF, 2) Gemeinde XY)

Normen

AVG §40 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Krnt 1969 §18;
BauO Krnt 1969 §9;
BauRallg;
AVG §40 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Krnt 1969 §18;
BauO Krnt 1969 §9;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 10. Mai 1988 ersuchte der mitbeteiligte Bauwerber bei der gleichfalls mitbeteiligten Gemeinde um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die auf den beigelegten Plänen dargestellten Baumaßnahmen an seinen Objekten auf den Grundstücken 14/2, 22 und .2, KG XY. Den Plänen ist zu entnehmen, daß das landwirtschaftliche Wohnhaus auf dem Grundstück 14/2 so umgebaut werden soll, daß im Erdgeschoß WC-Räumlichkeiten und eine Dusche und im Dachgeschoß zwei Zimmer, ein Arbeitsraum, ein Abstellraum sowie ein WC und ein Duschraum neu geschaffen werden sollen. Der Buschenschank-Gastraum im Erdgeschoß ist nach der Plandarstellung als Bestand gekennzeichnet, wogegen in der Baubeschreibung davon die Rede ist, daß beabsichtigt sei, das Gebäude als Buschenschank zu nutzen. Weiters soll im Hofgebäude auf dem Grundstück 22 im Keller eine Heizanlage mit Kamin errichtet werden. Das Wirtschaftsgebäude auf diesem Grundstück soll so umgebaut werden, daß im Erdgeschoß und Obergeschoß Lagerräume zur Verfügung stehen. Das Wohnhaus auf dem Grundstück .2 soll hinsichtlich der Unterkellerung, der Kellergeschoßdecke und der Erdgeschoßdecke samt Stiegenaufgängen erneuert werden; dem Erdgeschoßplan zufolge im Zusammenhang mit der Baubeschreibung werden die Innenwände abgetragen. Der so entstehende Raum soll als Lagerraum verwendet werden. In den Baubeschreibungen sind die im einzelnen vorgesehenen Baumaßnahmen näher umschrieben.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Bauanwaltes wurde für 6. Juli 1988 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Zu dieser Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin als Nachbarin nicht geladen, obwohl ihr Grundstück 14/6 von dem Grundstück des Erstmitbeteiligten 14/2 nur durch eine Verkehrsfläche getrennt ist (Lage schräg vis-a-vis). Zwischen dem Grundstück der Beschwerdeführerin und den Grundstücken 22 und .2 liegen sowohl die genannte Verkehrsfläche als auch andere Grundstücke (14/4, 14/3 und teilweise 14/2). Mit einer Eingabe vom 5. Juli 1988, bei der Gemeinde am 6. Juli 1988 eingelangt, machte der Ehemann der Beschwerdeführerin die Gemeinde darauf aufmerksam, daß seine Frau Partei des durchzuführenden Baubewilligungsverfahrens sei. Laut einem Aktenvermerk vom 6. Juli 1988 wurde er informiert, daß die Verhandlung nachmittags um 14.30 Uhr stattfinde.

Bei der Verhandlung am 6. Juli 1988 waren weder die Beschwerdeführerin noch ihr Ehemann anwesend. Nach einer Beschreibung erachtete der bautechnische Amtssachverständige die Bauvorhaben unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen als bewilligungsfähig.

Das Ermittlungsverfahren wurde noch ergänzt durch die Einholung einer gutächtlichen Stellungnahme des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft V, welcher in seiner Äußerung vom 22. August 1988 keine Bedenken vorbrachte.

Mit Bescheid vom 24. August 1988 erteilte der Bürgermeister dem Erstmitbeteiligten (ohne Ergänzung des Ermittlungsverfahrens) die angestrebte Baubewilligung. Dieser Bescheid wurde auch der Beschwerdeführerin zugestellt.

In ihrer dagegen erhobenen telegraphischen Berufung behauptete die Beschwerdeführerin, es sei weder eine Vorprüfung erfolgt noch der Bauanwalt befaßt worden, wodurch die Nichtigkeit des Bescheides nach § 19 der Kärntner Bauordnung (BO) gegeben sei. Auch sei ihr Anrainerstatus nicht berücksichtigt worden, weil sie keine Ladung zur Bauverhandlung erhalten habe.

Mit Bescheid vom 24. November 1988 wies der Gemeindevorstand die Berufung ab. Die Berufungsbehörde verwies darauf, daß ein Vorprüfungsverfahren durchgeführt worden sei. Da dem Bauansuchen ein Anrainerverzeichnis nicht beigelegt worden sei, habe die Beschwerdeführerin zur Bauverhandlung nicht geladen werden können. Noch am 6. Juli 1988 um 9.00 Uhr seien Ort, Datum und Uhrzeit der Bauverhandlung bekanntgegeben worden, die Beschwerdeführerin sei zum Lokalaugenschein nicht erschienen. Ihr Grundstück liege nicht im unmittelbaren Anrainerbereich. Einwirkungen durch das Bauvorhaben seien auf ihr Grundstück nicht zu erkennen. Auch aus der Stellungnahme des Amtsarztes gehe hervor, daß bei plan- und bescheidgemäßer Ausführung des Bauprojektes und bei Einhaltung sämtlicher Auflagen keine Einwände gegen das Bauvorhaben bestünden.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung rügte die Beschwerdeführerin zunächst, daß die den Gegenstand des Verfahrens bildenden Baulichkeiten bereits weitgehend konsenslos errichtet worden seien. Unrichtig sei die Aussage im Berufungsbescheid, wonach sie keine Parteistellung besitze. Die Baubehörde sei von Amts wegen verpflichtet, die Vollständigkeit des Antrages und auch die Anrainersituation zu überprüfen. Telefonisch sei sie viel zu spät zur Verhandlung gebeten worden. Auf Grund der verspäteten Ladung hätte sie an der Verhandlung nicht teilnehmen und auch keine Nachbarrechte geltend machen können. Sie hätte im Verfahren gehört werden müssen, und schon dadurch erweise sich die angefochtene Entscheidung von vornherein als rechtswidrig. Der Bescheid leide aber auch an einer Reihe schwerer Rechtsirrtümer, etwa in der Frage, ob das Bauvorhaben mit dem Flächenwidmungsplan im Einklang stehe. Die Nachbarrechte der Beschwerdeführerin seien mehrfach schwer verletzt worden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 10. Mai 1989 wies die Kärntner Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte die Ansicht der Beschwerdeführerin über die Verpflichtung der Baubehörde, das Anrainerverzeichnis auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Verfehlt sei daher die Auffassung der Berufungsbehörde, die Beschwerdeführerin habe zur Bauverhandlung deshalb nicht geladen werden können, weil dem Bauansuchen kein Anrainerverzeichnis angeschlossen worden sei. Die Vorstellung erweise sich dennoch als nicht zielführend, weil entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Berufungsbehörde ihre Parteistellung nicht verneint habe. Mit dem Hinweis, das Grundstück der Beschwerdeführerin liege nicht im unmittelbaren Anrainerbereich, habe die Berufungsbehörde offensichtlich zum Ausdruck bringen wollen, daß das Grundstück der Beschwerdeführerin nicht unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenze, was sich als zutreffend erweise. Der im Akt enthaltene Lageplan zeige nämlich, daß sich zwischen dem Grundstück der Beschwerdeführerin und dem Grundstück 14/2 des Erstmitbeteiligten ein öffentlicher Weg befinde. Auch aus dem Hinweis der Berufungsbehörde auf das medizinische Gutachten, demzufolge bei plan- und bescheidgemäßer Ausführung gegen die Ausführung des Bauprojektes bei Einhaltung sämtlicher Auflagen keine Einwendungen bestünden, sei zu schließen, daß die Berufungsbehörde von der Parteistellung der Beschwerdeführerin ausgegangen ist. Wenn die Beschwerdeführerin geltend mache, daß sie zur mündlichen Verhandlung verspätet und daher nicht ordnungsgemäß geladen worden sei, dann sei dem entgegenzuhalten, daß der damit unterlaufene Verfahrensmangel durch die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides saniert worden sei. So sei ihr Gelegenheit gegeben worden, ein Rechtsmittel zu ergreifen und im Rechtsmittelweg alle jene Einwendungen zu erheben, die bei ordnungsgemäßer Ladung zur Verhandlung dort hätten vorgebracht werden können. In der Berufung selbst habe die Beschwerdeführerin lediglich ausgeführt, die gesetzlich vorgeschriebene Vorprüfung sei nicht durchgeführt und der Bauanwalt mit der Angelegenheit nicht befaßt worden, weshalb der Baubewilligungsbescheid nichtig sei. Hiezu sei zu bemerken, daß den Nachbarn ein Rechtsanspruch auf Durchführung eines Vorprüfungsverfahrens im Sinne des § 9 BO nicht zukomme, weil dieses ausschließlich dem öffentlichen Interesse diene. Abgesehen davon sei im Vorprüfungsverfahren dem Bauanwalt Gelegenheit gegeben worden, zum Bauvorhaben Stellung zu nehmen. Der Einwand der Nichtigkeit des Baubewilligungsbescheides gehe schon deshalb ins Leere, weil den Nachbarn im Nichtigerklärungsverfahren keine Parteistellung eingeräumt sei. Es treffe auch nicht zu, daß die Anrainerstellung nicht berücksichtigt worden wäre, wie auch die verspätete, nicht ordnungsgemäße Ladung zur Bauverhandlung und die Zustellung des Baubewilligungsbescheides an die Beschwerdeführerin zeigten. Die Beschwerdeführerin habe im Berufungsverfahren keinen konkreten Einwand gegen das Bauvorhaben selbst und somit keine subjektive Rechtsverletzung geltend gemacht, obwohl sie die Möglichkeit besessen habe, in der Berufung derartige Rechtsverletzungen geltend zu machen. Es treffe daher auch der in der Vorstellung erhobene Vorwurf nicht zu, ihr sei die Möglichkeit genommen worden, die ihr eingeräumten Nachbarrechte geltend zu machen. In der Vorstellung werde zwar eingewendet, daß die Bauführungen mit den Gegebenheiten des Flächenwidmungsplanes nicht im Einklang stünden, die Beschwerdeführerin habe aber nicht näher präzisiert, worin ein solcher Widerspruch liege. Da in der Berufung ein solcher Mangel nicht aufgezeigt worden sei, hätte die Berufungsbehörde einen allenfalls vorliegenden Widerspruch der Bauvorhaben mit dem Flächenwidmungsplan nicht aufgreifen können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes treffe es nicht zu, daß die Berufungsbehörde von Amts wegen alle subjektiv-öffentlichen Rechte zu wahren hätte. Im Hinblick auf das Vorbringen in der Berufung erweise sich sohin die Vorstellung als nicht berechtigt.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst dadurch beschwert zu sein, weil die Gemeindeaufsichtsbehörde von Amts wegen unabhängig von ihren Anträgen zu prüfen habe, ob sie durch einen letztinstanzlichen Gemeindebescheid in ihren Rechten verletzt worden sei. Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht entgegen, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem grundlegenden Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, ausgesprochen hat, daß die Berufungsbehörde in Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei des Verwaltungsverfahrens, wie dies für Nachbarn im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens typisch ist, aus Anlaß einer Berufung des Nachbarn nicht über den Themenkreis hinausgehen darf, innerhalb dessen diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Die Beschwerdeführerin hat sich nun in ihrer Berufung damit begnügt, bestimmte Rechtsverletzungen lediglich stichwortartig zu behaupten, sodaß entgegen ihrer Meinung die Berufungsbehörde weder verpflichtet noch berechtigt war, den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid zur Gänze auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Beschwerdeführerin hat offensichtlich die Auffassung vertreten, schon der Umstand, daß sie nicht bzw. nicht ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz geladen worden ist, müsse zur Folge haben, daß der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben wird. Nun hat aber der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, daß sich ein Baubewilligungsverfahren nicht schon deshalb als rechtswidrig erweist, weil ein Nachbar übergangen worden ist. Vielmehr ist auch in einem solchen Fall die Berufung abzuweisen, wenn seine Einwendungen nicht berechtigt sind (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1983, Zl. 83/06/0114, BauSlg. Nr. 162). In ständiger Rechtsprechung vertritt der Verwaltungsgerichtshof auch die Auffassung, daß ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer neuerlichen Verhandlung überhaupt nicht besteht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. Februar 1984, Zl. 2780/80, BauSlg. Nr. 186, u.a.). So gesehen hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, in ihrer Berufung und im Rahmen des Berufungsverfahrens konkrete Einwendungen gegen die Bauvorhaben des Erstmitbeteiligten zu erheben. Damit durfte die belangte Behörde aber zu Recht davon ausgehen, daß die Beschwerdeführerin durch den Berufungsbescheid nicht in den von ihr geltend gemachten Rechten verletzt worden ist. Daß den Nachbarn kein Rechtsanspruch auf Durchführung eines Vorprüfungsverfahrens im Sinne des § 9 der Kärntner Bauordnung zusteht, hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 24. Oktober 1979, Zl. 637/79, klargestellt.

Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, ihr sei im Baubewilligungsverfahren die Parteistellung aberkannt worden, hat die belangte Behörde schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend dargetan, daß der erstinstanzliche Bescheid der Beschwerdeführerin zugestellt worden ist und sich die Berufungsbehörde inhaltlich mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt hat. Es konnte damit dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführerin tatsächlich hinsichtlich sämtlicher Bauvorhaben des Erstmitbeteiligten Parteistellung im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zugekommen wäre, sind doch die Bauvorhaben auf den Grundstücken 22 und .2 so weit von ihrem Grundstück entfernt, daß nach der Art der Bauvorhaben nicht mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück gerechnet werden müßte. Auf erstmaliges Vorbringen in der Beschwerde war schon im Hinblick auf die Vorschrift des § 41 Abs. 1 VwGG und das daraus ableitbare Neuerungsverbot nicht einzugehen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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