Normen
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die zweitmitbeteiligte Partei (in der Folge: Bauwerberin) stellte mit Eingabe vom 18. Mai 1987 unter Ausschluß der erforderlichen Pläne und Unterlagen ein Ansuchen betreffend die baubehördliche Bewilligung einer Dachstuhlerneuerung für das an das Hauptgebäude angebaute Nebengebäude auf dem Grundstück Nr. 456/42, KG. R. Nach dem Ergebnis der am 7. Juli 1987 durchgeführten Ortsverhandlung war beabsichtigt, den bestehenden flachen Satteldachstuhl über dem nordwestlichen Trakt abzutragen und durch einen neuen Dachstuhl mit einer Dachneigung von ca. 50 Grad zu ersetzen. Der neue Dachstuhl solle eine Länge von rund 16 m haben. Ein Teil der Gebäudefront weise einen Abstand von 1,10 m, die weitere Front durch einen Gebäuderücksprung einen Abstand von 2,20 m von der Grundgrenze auf. Da die Dachtraufe jedoch einheitlich verlaufend geplant ist, soll der Gebäuderücksprung einen größeren Dachvorsprung erhalten. In einem Teilbereich des rückspringenden Gebäudeteiles werde die Rücksprungtiefe mit einer waagrechten Kragkonstruktion auf Geschoßdeckenhöhe versehen. Die Traufenhöhe solle statt bisher 3,90 bzw. 4,08 m nun 3,80 m betragen. Weiters sei die Neuerrichtung der außenliegenden Hauseingangsstufen vor dem Windfang vorgesehen, der eine hölzerne, flugdachartige Überdachung erhalten sollte.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. August 1987 wurde der Bauwerberin die Baubewilligung für die Errichtung eines neuen Dachstuhles auf dem Nebengebäude auf dem Gst.Nr. 456/42, KG. R, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und die Einwendung der Beschwerdeführerin, vom Dach falle Schnee auf ihre Liegenschaft, auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, daß durch das bewilligte Bauvorhaben auf einer Front von mehreren Metern das Gebäude in einer Höhe von ca. 4 m um 1,1 m in Richtung Grundgrenze der Berufungswerberin vorgezogen werde. Auch die Überdachung der Eingangsstufen stelle eine Verkürzung des Abstandes zu ihrer Grundgrenze dar, welcher nicht zugestimmt werde. Die Einwendung des befürchteten Schneefalles hätte nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden dürfen, da Einwirkungen auf das Nachbargrundstück von der Baubehörde selbst wahrzunehmen und zu verhindern seien. Der Ausbau des Dachbodens stelle einen Holzbau dar und es wären daher die Abstandsvorschriften für Holzbauten darauf anzuwenden.
Dieser Berufung gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 27. Oktober 1987 keine Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, die Abstände seien grundsätzlich vom aufgehenden Mauerwerk aus zu messen. Die Herstellung einer Kragplatte könne nicht als Ausführung eines außergewöhnlichen Konstruktionsmerkmales gesehen werden, welches die Berechnung der Abstände von diesem zur Folge habe. Der Abstand des aufgehenden Mauerwerkes von der Grundgrenze sei durch eine alte Baubewilligung gedeckt und durch die gegenständliche Bewilligung nicht abgeändert worden. Die Eingangsstufenüberdachung sei nicht Gegenstand der Bewilligung gewesen; es sei lediglich die Errichtung eines neuen Dachstuhles auf dem Nebengebäude bewilligt worden. Den nachbarlichen Interessen hinsichtlich des befürchteten Abrutschens von Schnee sei durch die Vorschreibung von Schneefängen hinlänglich entsprochen worden. Der Bau sei nicht als Holzbau anzusehen, da lediglich die Dachkonstruktion aus Holz sei. Überdies seien nur Einwendungen zu berücksichtigen, die in diesem und nicht in einem anderen Verfahren erhoben worden seien.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung erachtete sich die Beschwerdeführerin durch die Errichtung der Dachkonstruktion über einem im Abstand von 1,1 bzw. 2,2 m von ihrer Grundgrenze entfernt bestehenden Gebäude und die Verbreitung und Überdachung von Eingangsstufen in ihren Rechten verletzt, da das Vorhaben ihrer Ansicht nach den Abstandsbestimmungen der Bauordnung widerspreche.
Mit Bescheid vom 26. Mai 1988 wies die Steiermärkische Landesregierung (belangte Behörde) diese Vorstellung mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin ab und führte in der Begründung ihres Bescheides nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Vorstellung dazu im wesentlichen aus, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof die Abstände von den Nachbargrundgrenzen grundsätzlich nicht von vorspringenden Bauteilen, sondern vom aufgehenden Mauerwerk aus zu messen sind. Als Maßstab habe ferner zu gelten, daß solche in den Abstand hineinragende Bauteile bei der Bemessung nicht zu berücksichtigen seien, die den Sinn, d.h. die Funktion des Grenzabstandes als Freifläche nicht beeinträchtigen. Im Zweifel sei die für den Eigentümer und die Baufreiheit günstigere Lösung zu wählen. In seinem Erkenntnis vom 26. April 1977, Zl. 770/76-5, habe der Verwaltungsgerichtshof entschieden, daß ein etwa 1,60 m über das aufgehende Mauerwerk hinaus und damit in den Grenzabstand hineinragender Dachvorsprung zu jenen Bauteilen gehöre, die bei der Bemessung des Abstandes außer Betracht zu bleiben haben und daher innerhalb des Grenzabstandes durch den Nachbarn hinzunehmen seien. Daran ändere auch nichts, daß im gegenständlichen Fall schon das Gebäude, über welchem das Dach errichtet werden soll, in den Grenzabstand reiche, da an der Situierung des Hauses bzw. des aufgehenden Mauerwerkes durch die Dachkonstruktion nichts geändert werde.
Um das Abstürzen von Schnee auf das Grundstück der Beschwerdeführerin hintanzuhalten, habe die Baubehörde die Anbringung von Schneefängern vorgeschrieben. Im übrigen handle es sich dabei um eine privatrechtliche Einwendung, sodaß die Verweisung auf den Zivilrechtsweg zu Recht erfolgt sei.
Hinsichtlich der Neuerrichtung und Überdachung der Hauseingangsstufen sei festzustellen, daß diese Baumaßnahmen im Spruch des Bewilligungsbescheides der Baubehörde erster Instanz nicht angeführt und daher nicht bewilligt seien. Dies unabhängig davon, daß diese Änderung in den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauplänen aufscheine. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid sei lediglich die Baubewilligung für die Errichtung eines neuen Dachstuhles erteilt worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei im Falle des Widerspruches zwischen Bescheidspruch und Plan dem Bescheid als dem unmittelbaren Ausdruck des behördlichen Willens der Vorrang gegenüber einer Ausweisung in den Plänen einzuräumen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die Bauwerberin - eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie schon die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides dargestellt hat, wurde mit dem Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 6. August 1987 lediglich die Errichtung eines neuen Dachstuhles auf dem Nebengebäude bewilligt: Dies ergibt sich eindeutig aus dem Spruch dieses Bescheides, sodaß Punkt 5) der "Auflagen" hinsichtlich der "Eingangsstufenüberdachung" ohne rechtliche Bedeutung ist. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.
Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung der Abstandbestimmung des § 4 der Bauordnung geltend macht, übersieht sie, daß es sich - auch von ihr unbestritten - abgesehen vom Dach um einen bewilligten Altbestand handelt, der einer neuerlichen Prüfung entzogen ist. Abstände sind aber vom aufgehenden Mauerwerk und nicht von vorspringenden Bauteilen zu berechnen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1987, Zl. 84/06/0181 = BauSlg. Nr. 849, und vom 16. Juni 1989, Zl. 87/06/0051). Damit kann auch dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg helfen.
Soweit in der Beschwerde eine Gefährdung von Rechten der Beschwerdeführerin darin erblickt wird, daß deren Liegenschaft durch abrutschenden Schnee gefährdet werden könne, ist darauf zu erwidern, daß dieser Gefährdung schon von der Baubehörde erster Instanz durch die Vorschreibung der Anbringung von Schneegittern Rechnung getragen und im übrigen diese Einwendung zutreffend auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde.
Die belangte Behörde hat daher ihren Bescheid nicht mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, wenn sie die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Vorstellung mit der von ihr gegebenen Begründung mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen hat.
Die dagegen erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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