Normen
AVG §68 Abs1;
BauO Wr §79 Abs6;
BauO Wr §86 Abs2;
BauRallg;
AVG §68 Abs1;
BauO Wr §79 Abs6;
BauO Wr §86 Abs2;
BauRallg;
Spruch:
I) Die zu Zl. 88/05/0109 protokollierte Beschwerde wird als
unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II) Der zu Zl. 86/05/0033 angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Am 3. Oktober bzw. 23. November 1984 ersuchte der Beschwerdeführer um die nachträgliche Genehmigung bereits durchgeführter Baumeisterarbeiten, und zwar der Herstellung eines gartenseitigen Sitzplatzes, eines Kellerabganges sowie der Instandsetzung der Fassade. Zum Gartensitzplatz führte er aus, er habe ihn deswegen anlegen lassen, weil nur an dieser Stelle der Liegenschaft das Verweilen an der Sonnenseite im Freien und in der Nähe der erdgeschoßigen Wohnräume möglich sei. Um einen nahezu ebenen Ausgang vom Wohnzimmer zum Gartensitzplatz zu ermöglichen, sei dieser etwa 1 m über dem ursprünglichen Gartengelände angelegt worden. Dadurch trete auch die Feuermauer der Garage auf dem rechten Nachbargrundstück (der mitbeteiligten Partei) nicht mehr so störend in Erscheinung. Auf dem Gartensitzplatz sollten zur Gasse und zum rechten Nachbarn hin Pflanzentröge aufgestellt werden, die eine wirksame gärtnerische Gestaltung durch Pflanzensträucher und Bodendecker sicherstellen sollen. An der Gartenseite sei der Sitzplatz stufenförmig abgetreppt worden. Auch diese Abtreppung solle gärtnerisch gestaltet werden. In der mündlichen Verhandlung führte der Amtssachverständige - ohne Vorwegnahme der baurechtlichen Beurteilung - aus, daß zum jetzigen Zeitpunkt die Terrasse nicht der gärtnerischen Ausgestaltung entspreche; diese könnte jedoch durch eine entsprechende Aufstellung von Pflanzentrögen, die das Wachsen mehrjähriger Pflanzen ermöglichen, oder durch die Anlage eines Grünstreifens an der Grundgrenze erfolgen. Die mitbeteiligte Partei als Nachbarin, die bereits mehrfach Eingaben an die Baubehörde gerichtet hatte, erhob Einspruch wegen Nichteinhaltung des Seitenabstandes, drohenden Eindringens von Regenwasser mangels Möglichkeit der Versickerung, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, Verletzung des Ortsbildes, mangelnder gärtnerischer Ausgestaltung wegen Erhöhung des Geländes an ihrer Grundgrenze und wegen des Gefälles der Terrasse zu ihrer Grundgrenze hin. Weiters sei die innere Baufluchtlinie überschritten. Der Beschwerdeführer brachte dagegen vor, daß es sich um einen Sitzplatz handle, der niveaugleich ausgeführt werde. Die von der mitbeteiligten Partei befürchteten Immissionen könnten auf Grund der baulichen Gegebenheiten nicht erfolgen. Nach der Größe des Objektes könne dieses das Landschaftsbild nicht stören. Auch handle es sich hier um ein Villenviertel, sodaß eine entsprechende Ausgestaltung dem Bauwerber vorbehalten bleiben solle.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37 Außenstelle für den 19. Bezirk, vom 5. Juli 1985 wurde gemäß § 70 und 71 der Bauordnung für Wien (BO) die nachträgliche Bewilligung versagt. Begründend führte die Baubehörde aus, daß die Bauführung unzulässig sei, da gemäß § 79 Abs. 6 BO Stützmauern in der Abstandsfläche nur im unbedingt notwendigen Ausmaß zulässig seien. Da die ca. 1,10 m hohe Terrasse an der rechten Liegenschaftsgrenze von einer Stützmauer begrenzt werde, und die Terrasse kein unbedingt notwendiges Bauwerk in der gärtnerisch auszugestaltenden Abstandsfläche darstelle, sei die Baubewilligung zu versagen gewesen. Da die betroffene Anrainerin der Terrasse nicht zustimme, sei auch eine Bewilligung gemäß § 71 BO auf jederzeitigen Widerruf nicht in Erwägung zu ziehen gewesen.
In seiner Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß der Sitzplatz inzwischen (Sommermonate) ohnehin gärtnerisch ausgestaltet worden sei und er die Bewilligung für die Errichtung einer Terrasse gar nicht beantragt habe. Die gärtnerische Ausgestaltung des Sitzplatzes sei nur in dieser Form möglich gewesen, da eine tiefere Anordnung nur mehr im Schatten der bis an die Grundgrenze reichenden Garage der rechten Nachbarliegenschaft (Mitbeteiligte) hätte erfolgen können. Die im Bescheid versagte Errichtung der Stützmauer sei in Wahrheit die Begrenzungswand des Sitzplatzes, die zur gärtnerischen Ausgestaltung erforderlich gewesen sei. Aber auch bei einer Wertung der Mauer als Stützmauer stehe § 79 Abs. 6 BO dem nicht entgegen, da ja Stützmauern im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig seien.
Mit Berufungsbescheid vom 14. Oktober 1985 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 85/05/0186, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, nachdem der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Oktober 1987, V 75/87, ausgesprochen hatte, daß der zweite Satz im Punkt II Z. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 26. Juni 1985, Plandokument Nr. 5779, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1986 gesetzwidrig war.
Da die (inzwischen als saniert anzusehenden) Bebauungsbestimmungen nicht geändert wurden, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr zu Zl. 88/05/0109 angefochtenen Bescheid vom 3. März 1988 die Berufung neuerlich ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, aus den Projektsplänen ergebe sich, daß im Seitenabstand gegen die Liegenschaft der Mitbeteiligten unter Errichtung von Stützmauern, die bis zur Grundgrenze dieser Nachbarliegenschaft reichten, eine Geländeveränderung durchgeführt worden sei, durch die eine von den erwähnten Stützmauern und einer Treppenanlage begrenzte ebene Fläche entstanden sei. Wenn die Behörde erster Instanz diese bauliche Anlage als Terrasse bezeichnet habe, so sei dies nicht rechtswidrig. § 79 Abs. 6 BO bestimme nun, daß Vorgärten und Abstandsflächen, soweit auf diesen Flächen zulässige Baulichkeiten, Gebäudeteile oder bauliche Anlagen nicht errichtet worden seien, gärtnerisch auszugestalten seien. Befestigte Wege und Zufahrten, Stützmauern, Stufenanlagen, Rampen und dgl. seien nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig. Der in Rede stehende gärtnerisch gestaltete Sitzplatz, mit dem eine Niveauveränderung verbunden sei, bilde mit den an der Grundgrenze, also im Seitenabstand gelegenen Stützmauern eine bauliche Einheit. Daß diese Stützmauern zur gärtnerischen Ausgestaltung der Gartenfläche unbedingt erforderlich gewesen seien, treffe nach Auffassung der belangten Behörde nicht zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 88/05/0109 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer nachträglichen Bewilligung verletzt, an der rechten Abstandsfläche seiner Liegenschaft einen abgetreppten Sitzplatz im Ausmaß von ca. 34 m2 in der Höhe von ca. 1,10 m und fünf Stufen zum Garten sowie entlang der Terrasse einen Maschengitterzaun zu errichten.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
II.
Bereits am 24. Juni 1985 hatte der Beschwerdeführer um eine neuerliche Baubewilligung zu dem schon beschriebenen Projekt angesucht, jedoch diesmal an Stelle der gegenüber der Nachbarin vorhandenen Stützmauer eine 2,5 m hohe Einfriedungsmauer, ebenfalls gärtnerisch gestaltet.
Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37 Außenstelle für den 19. Bezirk, vom 19. November 1985, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend verwies die Behörde auf den Bescheid vom 5. Juli 1985; die vorliegende Einreichung entspreche hinsichtlich des Gartensitzplatzes den der Versagung zugrunde gelegenen Plänen. Bei diesem Gartensitzplatz solle nun eine Einfriedungsmauer an Stelle des Maschendrahtzaunes hergestellt werden. Da der gesamte Sitzplatz bereits versagt worden sei, könne durch die nunmehr vorgesehene Einfriedungsmauer keine anders lautende Entscheidung herbeigeführt werden. Überdies widerspreche die Einfriedungsmauer dem am 26. Juni 1985 beschlossenen Plandokument Nr. 5779, da Einfriedungen ab einer Höhe von 1,5 m den freien Durchblick nicht hindern sollten.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde vor allem darauf hingewiesen, daß die Errichtung einer Einfriedung etwas völlig anderes als die Errichtung einer Terrasse bzw. eines abgetreppten Sitzplatzes im Garten sei.
Mit dem in der zu Zl. 86/05/0033 protokollierten Beschwerde angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1986 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das Projekt, über das seinerzeit rechtskräftig entschieden worden sei, und das nunmehr vorliegende Projekt seien im wesentlichen gleichartig. Der Unterschied, daß im früheren Projekt an der Grundgrenze lediglich Stützmauern vorgesehen seien, die nun zu einer Einfriedungsmauer hochgeführt werden sollten, bewirke keinen Unterschied in der rechtlichen Beurteilung des Projektes. Der Begriff "Identität der Sache" müsse in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Das Projekt sei im Verhältnis zum Vorprojekt lediglich in einem für die rechtliche Beurteilung der Sache unwesentlichen Umstand modifiziert worden, dies deshalb, weil Terrasse, Stützmauern und Einfriedung nach dem vorliegenden Projekt eine nicht trennbare bauliche Anlage darstellten. Daran ändere der Umstand nichts, daß an sich nach § 86 Abs. 2 BO Einfriedungen gegen den Seitenabstand in einer Höhe von 2,5 m zulässig seien; allerdings werde darauf hingewiesen, daß in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt werde, die Einfriedungsmauer sei nach dem am 26. Juni 1985 beschlossenen Plandokument deshalb unzulässig, weil danach Einfriedungen ab einer Höhe von 1,5 m den freien Durchblick nicht hindern dürften. Sollte diese Ausführung des erstinstanzlichen Bescheides den Inhalt des Plandokumentes richtig wiedergeben, so wäre für den Beschwerdeführer eine positive Entscheidung auch bei Beantragung nur der Genehmigung für eine Einfriedung der vorgesehenen Art und Höhe als selbständige Bauanlage nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 86/05/0033 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, wegen der persönlichen und sachlichen Zusammengehörigkeit der Beschwerdesachen diese zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden und hat hierüber erwogen:
I.
Nach § 79 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) sind Vorgärten und Abstandsflächen, soweit auf diesen Flächen zulässige Baulichkeiten, Gebäudeteile oder bauliche Anlagen nicht errichtet werden, gärtnerisch auszugestalten und in gutem Zustand zu erhalten. Befestigte Wege und Zufahrten, Stützmauern, Stufenanlagen, Rampen und ähnliches sind nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässig.
Diese Bestimmung darf nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1981, Zl. 05/1285/80) nicht so ausgelegt werden, daß befestigte Wege und Zufahrten, Stützmauern, Stufenanlagen, Rampen und ähnliches im Seitenabstand nur dann errichtet werden dürfen, wenn ihre Errichtung an anderer Stelle des Bauplatzes unmöglich, weil technisch undurchführbar, ist, da die Errichtung derartiger Anlagen außerhalb der Abstandsflächen bei entsprechendem finanziellen Aufwand fast immer möglich sein wird. Dies bedeutet letztlich, daß eine vernünftige wirtschaftliche Wertung, letztlich auch unter Einbeziehung der Interessen der Nachbarn, die Anspruch auf Einhaltung der gärtnerischen Ausgestaltung haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1969, Slg. Nr. 7615/A), vorzunehmen sein wird.
Der Verwaltungsgerichtshof kann der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegentreten, daß jedenfalls die Stützmauer gegenüber der Nachbarliegenschaft der Mitbeteiligten nicht in diesem Sinn als "unbedingt erforderlich" anzusehen ist, auch wenn die Geländeerhöhung an sich mit der vorgesehenen gärtnerischen Ausgestaltung einer Bewilligungspflicht gar nicht unterläge.
Damit ist die Baubewilligung für das ursprünglich beantragte Projekt im Ergebnis zu Recht versagt worden; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
II.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 sind Anbringen von Beteiligten (abgesehen von Wiedereinsetzungs- und Wiederaufnahmsanträgen), die die Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Von einer die Zurückweisung wegen entschiedener Sache ermöglichenden Identität der Sache kann nur gesprochen werden, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, und sich das neuerliche Parteibegehren im wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1985, Zl. 83/06/0023, und vom 16. April 1985, Zl. 84/05/0191).
Der Verwaltungsgerichtshof kann der Ansicht der Verwaltungsbehörden nicht folgen, daß das neuerliche Bauansuchen mit dem vorangegangenen insoweit identisch ist, als es zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung der Sache kommen kann. Das Ansuchen unterscheidet sich, wie auch die belangte Behörde erkannt hat, vor allem dadurch, daß an Stelle der Stützmauer und des Maschengitterzaunes gegenüber der Nachbarliegenschaft eine Einfriedungsmauer im Sinn des § 86 Abs. 2 BO vorgesehen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist § 86 Abs. 2 BO gegenüber § 79 Abs. 6 BO als lex specialis anzusehen, sodaß grundsätzlich derartige Einfriedungen zulässig sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1986, Zl. 86/05/0040, BauSlg. Nr. 715). Damit liegt aber keinesfalls Identität der Sache vor.
Soweit sich jedoch die Behörde erster Instanz - die belangte Behörde nahm zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplan nicht Stellung - auf die Bestimmung der Z. 3.4. des Plandokuments 5779 beruft, wonach Einfriedungen an den seitlichen Grundgrenzen von Liegenschaften, die im Bauland liegen und für die die gärtnerische Gestaltung zwingend vorgeschrieben ist, eine Höhe von 2 m nicht überragen und ab einer Höhe von 1,5 m den freien Durchblick nicht hindern dürfen, so handelt es sich dabei nicht nur um einen anders gearteten Versagungsgrund, der daher nicht Identität der Sache bewirken kann, sondern es ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Sache der Baubehörde, darauf hinzuwirken, daß ein an sich bewilligungsfähiges Projekt durch geringfügige Änderungen bewilligungsfähig gemacht werden kann, im vorliegenden Fall also dadurch, daß die eigentliche Mauer nur bis zu einer Höhe von 1,5 m geführt werde.
Da die belangte Behörde die Frage der Identität der Sache unrichtig gelöst hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
III.
Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)