VwGH 87/07/0105

VwGH87/07/010519.6.1990

A-AG gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Juni 1987, Zl. 512.027/01-I5/87, betreffend wasserrechtliche Überprüfung (mitbeteiligte Partei: B-Ges.m.b.H.).

Normen

WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §34;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §34;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Juni 1967 war der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei unter einer Reihe von Nebenbestimmungen die wasserrechtliche Bewilligung für eine Grundwasserversorgungsanlage (mit vier Tiefbrunnenanlagen) in deren Werk S erteilt worden. Die Vorschreibungen I/6 bis I/10 lauteten:

6.) Zur exakten Bestimmung von Schutzmaßnahmen und ihrer räumlichen Begrenzung sind zur Bestimmung der Grundwassererrichtung und -Geschwindigkeit mindestens 3 Sonden (dauerverrohrt) in der Anordnung etwa eines gleichseitigen Dreieckes (Abstand möglichst 100 m) zu errichten. Die Grundwasserstandsmessungen und daraus errechnete Grundwasserschichtenlinien sind jeweils mindestens einmal monatlich durchzuführen bzw. anzulegen und die Ergebnisse der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.

7.) Bis zum Vorliegen obgenannter Unterlagen für ein Schutzgebiet ist die Jauchedüngung bis 150 m grundwasserstromaufwärts (Richtung Südwest) von jedem Brunnen dauernd zu verhindern. Die animalische Trockendüngung und der Weidegang sind außerhalb der werkseigenen Gründe zulässig.

8.) Die Verletzung der Bodennarbe im Umkreis von 5 m um die Brunnenschächte ist in geeigneter Weise hintanzuhalten (Umzäunung der Brunnenschächte).

9.) Bauvorhaben im Abstand bis zu 500 m nach Südwesten, von den Brunnen gerechnet, bedürfen einer eigenen wasserrechtlichen Bewilligung. Die durch diese Vorschreibung berührten Grundeigentümer sind der Wasserrechtsbehörde unverzüglich bekanntzugeben.

10.) In einem Abstand von 500 m grundwasserstromaufwärts der Tiefbrunnen ist jede neue Öllagerung sowie Müll- und Kadaver-Ablagerung bzw. -Vergrabung verboten.

Mit an den Landeshauptmann von Tirol gerichtetem Schriftsatz vom 17. Februar 1986 erklärte die Beschwerdeführerin, Eigentümerin näher bezeichneter, innerhalb des Bereiches von 500 m südwestlich und grundwasserstromaufwärts der Tiefbrunnen liegender Grundstücke zu sein; sie wies darauf hin, daß zur seinerzeitigen Bewilligungsverhandlung nur die Antragstellerin und die Gemeinde L, jedoch keine Nachbarn geladen gewesen seien und diesen auch der Bescheid nicht zugestellt worden sei. Die Beschwerdeführerin beantragte und regte an, die Behörde möge den Bescheid vom 8. Juni 1967 zumindest in den Punkten 9. und 10. beheben bzw. insoweit abändern, daß diese Punkte entfallen; für den Fall, daß die Behörde den besagten Bescheid nicht als gegebenüber den Nachbarn unwirksam betrachten sollte, beantragte die Beschwerdeführerin, das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren mit der Beschwerdeführerin fortzusetzen; in eventu erhob die Beschwerdeführerin gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung - die Vorschreibungen 9. und 10. betreffende - Einwendungen; die Beschwerdeführerin beantragte schließlich in eventu auch die Bescheidzustellung sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Verhandlung am 26. Mai 1967.

Nachdem die Mitbeteiligte zu diesem Anbringen Stellung genommen hatte, wurde vom Landeshauptmann "gemäß §§ 34, 99 Abs. 1 lit. c und 107 WRG 1959" für 26. Juni 1986 zur "Erörterung des bisherigen Verfahrensergebnisses, insbesondere auch, ob und wann mit der Vorlage des nötigen hygienischen Gutachtens zu rechnen" sei, eine mündliche Verhandlung im Werk S der Mitbeteiligten anberaumt, zu der auch die Beschwerdeführerin geladen wurde. Bei dieser Verhandlung wurde nach Darlegung und Erörterung des Akteninhaltes und des Sachverhaltes vom Verhandlungsleiter angeregt, aufgrund der Überprüfungsverhandlungen vom 8. Jänner 1969 bzw. vom 31. Jänner 1984 den Überprüfungsbescheid zu erlassen, wobei am Konsens keine Änderung eintrete; in diesem Bescheid werde "auch festgestellt, daß die provisorischen Brunnenschutzmaßnahmen zufolge Erfüllung der seinerzeitigen Bedingungen gegenstandslos" seien; dem Wasserberechtigten stehe es jederzeit frei, unter Vorlage entsprechender Unterlagen um Maßnahmen im Sinne des § 34 Abs. 1 und 2 WRG 1959 anzusuchen. Seitens der Beschwerdeführerin wurde bei dieser Gelegenheit die Erklärung abgegeben, gegen diese Vorgangsweise bestehe kein Einwand, wenn insbesondere die Punkte 9. und 10. des Bewilligungsbescheides als gegenstandslos festgestellt würden.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30. Juni 1986 wurde sodann gemäß §§ 99 Abs. 1 lit. c und 121 WRG 1959 unter Spruchabschnitt I die ausgeführte Grundwasserversorgungsanlage mit den im (eingangs dieses Bescheides wiedergegebenen) Befund angeführten Abänderungen wasserrechtlich für überprüft erklärt sowie in Spruchabschnitt II festgestellt, daß die mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid als Vorschreibungen I/7, 8, 9 und 10 angeordneten vorläufigen Brunnenschutzmaßnahmen zufolge Erfüllung der Vorschreibung I/6 als gegenstandslos gälten.

Diesen Bescheid bekämpfte die Mitbeteiligte mit Berufung und beantragte, die Vorschreibungen I/8, 9 und 10 weiter aufrecht zu belassen.

Mit Bescheid vom 5. Juni 1987 änderte hierauf der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 den erstinstanzlichen Bescheid vom 30. Juni 1986 dahin ab, daß der Spruchabschnitt II zu lauten habe, es werde festgestellt, daß die mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid als Vorschreibung I/7 angeordnete vorläufige Brunnenschutzmaßnahme zufolge Erfüllung der Vorschreibung I/6 als gegenstandslos gelte. Begründend wurde dazu ausgeführt, nach dem Wortlaut des Bescheidspruches vom 8. Juni 1967 beziehe sich die Bedingung Punkt 6 lediglich auf Punkt 7; dies gehe daraus hervor, daß jene Bedingung zwar in diesem Punkt, nicht aber bei den Auflagen 8 bis 10 festgehalten worden sei; im übrigen sei die Auflage Punkt 7 vom Berufungsantrag nicht umfaßt. Von der Beschwerdeführerin sei im Antrag vom 17. Februar 1986 die Unterlassung einer Ladung von Nachbarn zur Verhandlung im Jahr 1967 gerügt worden. Durch eine Übergehung Dritter könne aber die Beschwerdeführerin nicht beeinträchtigt sein und durch den Erwerb der betroffenen Liegenschaften (sechs Jahre nach dem Bewilligungsbescheid) keine Parteistellung erlangen; darüber hinaus sei der Beschwerdeführerin das Vorhandensein des Schutzgebietes bei dem Grunderwerb im Jahr 1973 bekannt gewesen. Mangels eines Rechtsanspruches sei es bei der Wasserrechtsbehörde erster Instanz gelegen gewesen, die Anregungen aufzugreifen oder zu verwerfen. Zu den einzelnen Auflagen wurde sodann folgendes ausgeführt:

Punkt 8 und 10: Diese Auflagen seien ohne Bedingung in den Spruch des Bescheides aus 1967 aufgenommen worden und daher von dessen Rechtskraftwirkung umfaßt; da aus jenem Bescheid der Mitbeteiligten ein Recht (auf Schutz ihrer Brunnenanlagen) erwachsen sei, könnten diese Auflagen nur gemäß § 68 Abs. 3 AVG 1950 aufgehoben werden; die Voraussetzungen hiefür seien nicht geprüft worden und lägen offensichtlich auch nicht vor.

Punkt 9: Diese Auflage entfalte insofern keine Rechtswirkungen, weil die Vorschreibung einer eigenen wasserrechtlichen Bewilligung für bestimmte Maßnahmen im Nahebereich einer Brunnenanlage nur durch Verordnung gemäß § 34 Abs. 2 WRG 1959, nicht aber durch Bescheid erfolgen könne. Im übrigen werde in der Sache selbst insbesondere festgehalten, daß dem Schutz des Grundwassers gemäß § 34 WRG 1959 gegenüber Aufbereitungsanlagen Vorrang einzuräumen sei. Da die bisher vorgeschriebenen Maßnahmen geeignet gewesen seien, Verunreinigungen des Grundwassers hintanzuhalten, bestehe auch aus wasserbautechnischer Sicht keine Veranlassung, die Vorschreibungen zu ändern. Inwieweit die Brunnenanlage durch ein eigenes Schutz- bzw. Schongebiet abzusichern wäre, sei von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz gesondert zu prüfen, wobei eine Initiative der Mitbeteiligten nach jahrelanger Untätigkeit dringend geboten wäre.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Entscheidung über ihre Anträge durch die "zuständige Instanz", auf "Beteiligung am wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren", auf "Ausübung des Ermessens nach § 68 Abs. 2 AVG" und auf Entfall von "unnötigen, unzweckmäßigen und wassertechnisch unwirksamen Anordnungen und Beschränkungen im Sinne des § 34 WRG" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie beantragten, der Beschwerde nicht Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid ist nicht über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 17. Februar 1986 entschieden worden. Die Entscheidung wurde durch das Ansuchen der Mitbeteiligten um wasserrechtliche Überprüfung veranlaßt und auf § 121 WRG 1959 gestützt; die Feststellung unter Spruchabschnitt II wurde im selben Rahmen getroffen. Die Änderung dieser Feststellung im angefochtenen Bescheid ist aufgrund der Berufung der Mitbeteiligten vorgenommen worden. Im angefochtenen Bescheid ist von der Beschwerdeführerin nur in der Begründung die Rede; die Bezugnahme auf deren "Antrag vom 17. Februar 1986" war insofern fehl am Platz, als mit dem erstinstanzlichen Bescheid über diesen nicht abgesprochen und die in Spruchabschnitt II enthaltene Feststellung - mag es auch zutreffen, daß sie ohne Vorliegen des Anbringens der Beschwerdeführerin (welches im übrigen nicht auf Durchführung der Überprüfung gerichtet war) nicht aufgegriffen worden wäre - von Amts wegen getroffen worden ist, wie überhaupt die Überprüfung nach § 121 WRG 1959 - von den Fällen des § 121 Abs. 2 abgesehen - stets von Amts wegen erfolgt. Da Gegenstand des Überprüfungsverfahrens die Feststellung der Übereinstimmung der ausgeführten Anlage mit der Bewilligung ist und in einem solchen Verfahren daher von Rechts wegen nur die Nichtübereinstimmung der ausgeführten Arbeiten mit dem bewilligten Projekt geltend gemacht, nicht aber das Projekt selbst bekämpft oder Einwendungen, die sich gegen den Bewilligungsbescheid richten, vorgebracht werden können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1987, Zl. 83/07/0131), hatte die Beschwerdeführerin auch kein Recht, in diesem Verfahren den Entfall von Auflagen des Bewilligungsbescheides oder die Feststellung der eingetretenen Gegenstandslosigkeit von solchen zu verlangen; aus demselben Grund besaß sie auch keinen Anspruch darauf, daß eine derartige Feststellung, wenn sie getroffen wurde, im Instanzenzug bestehenbleibt. Auch dann, wenn die von der Beschwerdeführerin bekämpften Bescheidauflagen aus 1967 als (provisorische) Schutzbestimmungen im Sinne des § 34 WRG 1959 zu gelten hätten, ist in einem Überprüfungsverfahren kein Raum für das Verlangen betroffener Dritter nach deren Außerkraftsetzung (in welcher Form immer). Soweit mit dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis dem Begehren der Beschwerdeführerin mangels Berechtigung dem Grunde nach nicht entsprochen wurde, ist nach allem Vorgesagten eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin daher nicht eingetreten. Soweit in der Begründung über den unmittelbaren Anlaß hinaus Aussagen in bezug auf das Bewilligungsverfahren - im besonderen die Bewilligungsverhandlung und insoweit die Frage der Stellung der Beschwerdeführerin als übergangene Partei betreffend - enthalten sind, haben diese - den Spruch nicht tragenden - Ausführungen keine Rechtskraftwirkung. Die Beschwerdeführerin kann somit auch hiedurch nicht in Rechten verletzt worden sein.

Unter diesen Voraussetzungen erübrigte sich jedes weitere Eingehen auf das den Bewilligungsbescheid und die Auflagen als solche sowie die Parteistellung der Beschwerdeführerin im Bewilligungsverfahren betreffende Beschwerdevorbringen. Die Beschwerde war vielmehr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Abschließend sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu dem Hinweis veranlaßt, daß das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 17. Februar 1986 nach wie vor unerledigt ist und daß bei dessen Behandlung unter anderem darauf Bedacht zu nehmen sein wird, daß in dem Bescheid von 1967 über die eigentlichen Bewilligungsbestimmungen hinaus auch Auflagen enthalten sind, die richtigerweise der Inhalt von Bestimmungen zum Schutz einer Wasserversorgungsanlage zu sein hätten.

Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

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