Normen
ABGB §1455;
AVG §47;
FlVfGG §21;
FlVfGG §31;
FlVfLG Tir 1978 §54 Abs2 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §63;
VwRallg;
ZPO §292;
ZPO §293;
ZPO §294;
ABGB §1455;
AVG §47;
FlVfGG §21;
FlVfGG §31;
FlVfLG Tir 1978 §54 Abs2 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §63;
VwRallg;
ZPO §292;
ZPO §293;
ZPO §294;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 16. April 1984 erließ das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz im Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an der Liegenschaft EZ 414 II KG X (Interessentschaftswald A) die Liste der Parteien und das Verzeichnis der Anteilsrechte; dabei wurde als Mitglied der Agrargemeinschaft A unter anderem die nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligte Partei als Eigentümerin der Stammsitzliegenschaft EZ 13 I KG Y aufgeführt, an deren Eigentum ein Anteilsrecht (1/11) am agrargemeinschaftlichen Grundstück gebunden ist; gleichzeitig wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, daß ihm als Eigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens S Nr. 44 das Anteilsrechte zu 1/11 an der genannten Interessentschaft zustehe, nicht Folge gegeben; in letzterer Hinsicht vertrat die Agrarbehörde die Ansicht, die Entscheidung dieser Frage falle nicht in ihre, sondern in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.
Der Berufung des Beschwerdeführers gab hierauf der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Erkenntnis vom 28. Februar 1985 statt und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß an die Stelle der Liegenschaft 13 I KG Y im Eigentum der Mitbeteiligten die Liegenschaft 210 II KG X im Eigentum des Beschwerdeführers treten sollte.
Der dagegen gerichteten Berufung der Mitbeteiligten gab schließlich der Oberste Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft mit Erkenntnis vom 7. Mai 1986 gemäß § 1 AgrVG 1950, § 66 Abs. 4 AVG 1950 sowie §§ 54 und 64 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, LGBl. Nr. 54, in der Fassung LGBl. Nr. 18/1984 (TFLG), Folge, behob das vor ihm bekämpfte Erkenntnis des Landesagrarsenates und entschied, daß das verfahrensgegenständliche Anteilsrecht mit der Liegenschaft EZ 13 I KG Y verbunden sei. Begründend wurde dazu unter Bezugnahme auf das bisherige Verwaltungsgeschehen und eine ergänzende Ermittlung des Obersten Agrarsenates ausgeführt:
Die Agrarbehörde erster Instanz sei bei ihrer Entscheidung vom Grundbuchstand ausgegangen. Sie habe sodann die Ansicht vertreten, daß - im Falle dieser Stand einer mündlichen Vereinbarung widerspreche - dieser Rechtsstreit von einem ordentlichen Gericht zu entscheiden sei.
Dieser Rechtsmeinung könne nicht beigepflichtet werden; § 71 TFLG bestimme, daß Zusammenlegungen, Flurbereinigungen und die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Regulierungen oder Teilungen unter Ausschluß des Rechtsweges von der Agrarbehörde durchzuführen seien. Nach § 63 TFLG sei Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte die Feststellung der Grenzen des Gebietes, der zugehörigen Grundstücke, bei Teilwäldern der Nutzungsfläche, ihres nachhaltigen Ertrages und der wirtschaftlich zulässigen Nutzungen, weiters die Feststellung der Parteien, ihrer Anteils- oder Forderungsrechte, die Ermittlung des dem Anteilsrecht entsprechenden Anspruches der einzelnen Parteien auf die Nutzungen, die Ermittlung und Planung der gemeinsamen wirtschaftlichen Anlagen, die Schaffung der Grundlagen für einen Wirtschaftsplan und für Verwaltungssatzungen sowie für die Regulierung aller sonstigen Verhältnisse, die einer solchen bedürften.
Nach § 73 TFLG stehe der Agrarbehörde sogar auch außerhalb eines Verfahrens die Entscheidung über die Fragen zu, ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zustünden. Es habe der Landesagrarsenat also zu Recht seine Entscheidung erlassen. Im übrigen sei dies auch von der Beschwerdeführerin nicht angefochten worden.
Die funktionelle Zuständigkeit des Obersten Agrarsenates zur Entscheidung der verfahrensgegenständlichen Frage, mit welcher Liegenschaft das strittige Anteilsrecht verbunden sei, stütze sich auf § 7 Abs. 2 Z. 1 Agrarbehördengesetz 1950 in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974. Danach sei die Berufung an den Obersten Agrarsenat gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates hinsichtlich der Fragen, ob einer Liegenschaft oder einer Person ein agrargemeinschaftliches Anteilsrecht zustehe, zulässig.
Während das angefochtene Erkenntnis des Landesagrarsenates seine Entscheidung im wesentlichen auf eine Reihe von Indizien stütze und als Hauptargument die tatsächliche Rechtsausübung anführe, sehe die Mitbeteiligte ihr Hauptargument im Grundbuchstand.
Nach Ansicht des Obersten Agrarsenates sei das Erkenntnis des Landesagrarsenates im gegenständlichen Fall unrichtigerweise nicht dem Grundbuchstand gefolgt. Wenngleich der Einverleibung im Grundbuch im Hinblick darauf, daß die agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte Institutionen des öffentlichen Rechtes seien, eine konstitutive Wirkung nicht zukomme, so begründe das Grundbuch als öffentliche Urkunde gemäß § 292 Abs. 1 ZPO doch vollen Beweis dessen, was darin bezeugt werde. Allerdings sei gemäß § 292 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig.
Es sei nun eine allfällige Unrichtigkeit der grundbücherlichen Eintragung nachzuweisen gewesen. Hier sei zunächst bis zum Jahre 1922 zurückzugehen. Damals hätten die Rechtsvorgänger der heutigen Verfahrenskontrahenten gemeinsam die Bewirtschaftung ihres elterlichen Gutes übernommen. Schon in jener Zeit müsse den Brüdern Albert (Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers) und Heinrich W. (Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten) die Existenz des Anteilsrechtes bekannt gewesen sein. Nach Aussage des Zeugen Franz Sch. solle Albert W. das Anteilsrecht bereits in den Jahren 1926, 1927 und 1928 ausgeübt haben. Aus dieser Aussage könne keine rechtliche Zugehörigkeit abgeleitet werden, wohl aber die Konsequenz, daß den Brüdern W. Umfang und Bestand des Anteilsrechtes evident gewesen sein müsse.
Über das rechtliche Schicksal des Anteilsrechtes sei im Teilungsvertrag aus dem Jahre 1928 nichts weiter ausgeführt worden, sondern es sei ohne weiteren Kommentar auf Grund dieser Urkunde mit der Liegenschaft EZ 13 I KG Y verbunden geblieben. Aus den Zeugenaussagen von Franz Sch. und Johann K., aus den Forsttagsatzungslisten der Bezirksforstinspektion Landeck von 1929 - 1939, den Forsttagsatzungsprotokollen der Gemeinde Y von 1942/1943 und auch aus den Aussagen der Mitbeteiligten gehe hervor, daß Albert W. (und in der Folge Edmund W.) weit über fünf Jahrzehnte das Anteilsrecht unbeanstandet genutzt habe. Die Brüder Albert und Heinrich W. hätten dabei in bestem Einvernehmen bis zu ihrem Tod nebeneinander gelebt. Die Tochter des Heinrich W., die Mitbeteiligte, habe, wie sie selbst betone, erst durch das Regulierungsverfahren Kenntnis davon erhalten, daß ein Anteilsrecht zu ihren Gunsten bestehen könne. Bisher hätte sie nicht die geringste Ahnung davon gehabt. Es könne wohl angenommen, aber durchaus nicht bewiesen werden, daß Heinrich W. den Ertrag des verfahrensgegenständlichen Anteilsrechtes seinem Bruder Albert einst überlassen und sich dann weiter nicht mehr darum gekümmert habe. Es sei auch vorstellbar, daß Heinrich W. mit seinem Bruder alljährlich über das Anteilsrecht gesprochen und jenem die Nutzung überlassen habe. Keiner der Zeugen habe sagen können, er wisse definitiv etwas von einer Übertragung des Anteilsrechtes, es sei jedoch eindeutig und unbestritten herausgekommen, daß Albert W. und sein Rechtsnachfolger seit fast 60 Jahren dieses Recht ausgeübt hätten. Es gebe nach außen hin nicht den geringsten Anlaß zur Annahme, daß Heinrich W. das Anteilsrecht ja auch nur ansatzweise ausgeübt hätte. Allerdings könne auch eine Übertragung des Anteilsrechtes nicht belegt werden.
Wenn man dem angefochtenen Erkenntnis des Landesagrarsenates und dem gesamten Ermittlungsverfahren folge, könne man lediglich schließen, daß zwischen den Rechtsvorgängern der derzeitigen Verfahrenskontrahenten auf Grund ihres Verhaltens nach außen hin VIELLEICHT mündlich vereinbart worden sei, daß das Anteilsrecht am A Wald zukünftig dem Albert W. und nicht dem Heinrich W. als Inhaber der Liegenschaft in EZ 13 I zukommen sollte.
Es sei aber auch umgekehrt denkbar, daß Heinrich W. zu seinen Lebzeiten seinen Bruder Albert Nutznießer des Anteilsrechtes habe sein lassen wollen. Die Absichten über das von Heinrich und Albert W. geplante rechtliche Schicksal des Anteilsrechtes aus dem Verhalten der Brüder W. zu erschließen, erscheine dem Obersten Agrarsenat in diesem Fall mehr als problematisch; Schlüsse aus dem Verhalten der Brüder W. (unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen und des Ermittlungsverfahrens) ließen lediglich zu, das Anteilsrecht nach Belieben der einen oder auch der anderen Verfahrensseite zuzuschreiben. So bleibe als einziges Beweismittel der Grundbuchstand, der auch im Verlauf der letzten Jahrzehnte bezüglich des verfahrensgegenständlichen Anteilsrechtes nie angefochten worden sei. Was auch immer Absprachen zwischen Heinrich und Albert W. zum Inhalt gehabt haben mögen, gebe es doch keine Zeugenaussage oder ein sonstiges Beweismittel, welches die Annahme zulasse, daß das strittige Anteilsrecht mit der Liegenschaft 210 II habe verbunden werden sollen.
Das Erkenntnis des Obersten Agrarsenates wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes angefochten, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Anteilsberechtigung, wie im Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 28. Februar 1985 ausgesprochen, verletzt erachtet.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst wird den - vom Beschwerdeführer nicht bekämpften - Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis beigepflichtet, die die Frage der Zuständigkeit der Agrarbehörden zur vorliegenden Entscheidung überhaupt sowie jene des Obersten Agrarsenates im besonderen behandeln. Zu Recht wurde ferner die Entscheidung in der Sache auf die §§ 54 und 64 TFLG gestützt. Die Problematik stellt sich für den Verwaltungsgerichtshof nun folgendermaßen dar: Schon der Landesagrarsenat hatte darauf hingewiesen, daß die Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft - nämlich nach § 54 Abs. 2 TFLG - in Ermangelung eines Übereinkommens nach den vorhandenen Urkunden zu bestimmen sind; denn gemäß § 54 Abs. 2 TFLG ist, wenn ein Übereinkommen nicht erzielt wird, von der örtlichen Übung bzw. in weiterer Folge dem Haus- und Gutsbedarf der berechtigten Liegenschaften nur (erst) auszugehen, sofern nicht urkundliche Nachweise über Bestand und Umfang der Anteilsrechte - der einzelnen Parteien, wozu auch die Zuordnung zu bestimmten Stammsitzliegenschaften gehört - vorhanden sind. Einen davon abweichenden Standpunkt hat insofern auch die belangte Behörde nicht eingenommen; das geht daraus hervor, daß auf der Grundlage des § 54 TFLG (im Bescheidspruch) Fragen der örtlichen Übung bzw. des Haus- und Gutsbedarfes im Beschwerdefall (zu Recht) nicht zur Erörterung kamen. Nun wurden an Urkunden - schriftlichen Vergegenständlichungen von Gedanken (vgl. Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, III, 358) - zum Beleg der strittigen Frage nur das Grundbuch und der Teilungsvertrag vom 9. April 1928 angeführt. In diesem letzteren findet sich aber nicht nur unter Punkt I.) "das Miteigentumsrecht zu 1/11 Anteil an dem Grundbuchskörper in Einl.Zl. 414 II des Grundbuches der Kat.Gde. X" als zum Bestand des geschlossenen Hofes in EZ 13 I KG Y aufgezählt, sondern es erteilten auch unter Punkt VI.) die Vertragsteile die Bewilligung, daß für die von Albert W. aus EZ 13 I übernommene Gp. 3061 Wiese eine neue Einlagezahl eröffnet und das Eigentumsrecht für den Genannten, und ferner "auf den restlichen Grundbuchskörpern in Einl.Zl. 13 I Kat.Gde. Y geschlossener Hof Bp. 209 Wohn- und Wirtschaftsgebäude Haus Nr. 45 in S SAMT Grundstücken und DEM MITEIGENTUMSRECHT ZU 1/11 AN DEM GRUNDBUCHSKÖRPER IN EINL.Z. 414 II KAT. GDE. X) ... das Eigentumsrecht für Heinrich W." einverleibt werde (Unterstreichung nicht im Original). Damit gibt es im Beschwerdefall einen urkundlichen Nachweis nur in der Richtung, daß das besagte Anteilsrecht dem Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten als Eigentümer des besagten geschlossenen Hofes gehören sollte. Auf die Frage der tatsächlichen Ausübung durch längere Zeit kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, und zwar nicht nur deswegen, weil - was auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellt - agrargemeinschaftliche Anteilsrechte nicht ersessen werden können und in bezug auf sie ein Rechtsverlust durch Nichtausübung nicht stattfindet, sondern weil die tatsächliche Ausübung als denkbares Indiz für eine behauptete, aber nicht nachgewiesene, der schriftlichen Festlegung widersprechende mündliche Übertragung des Anteilsrechtes, ebenso wie eine solche selbst, keinen urkundlichen Nachweis, den das Gesetz in diesem Zusammenhang verlangt, darstellt (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1988, Zl. 83/07/0175). Die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde ist im übrigen für unbedenklich anzusehen.
Nach allem Vorgesagten erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)