VwGH 86/07/0131

VwGH86/07/01314.7.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des M und der Z H in P, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Mai 1986, Zlen. Wa- 1926/1-1986/Fo/Mül, Wa-1930/1-1986/Fo/Mül, betreffend wasserrechtliche Überprüfung und Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. M N in P; 2. und 3. F und P M in P, vertreten durch Dr. Hans Dallinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Rainerstraße 6; 4. Land Oberösterreich - Landesstraßenverwaltung in Linz, Kärntner Straße 12), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §47;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §9 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §47;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §9 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchabschnittes I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruchabschnittes II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. Februar 1986 stellte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 fest, daß die der am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof viertmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 20. Juni 1985 bewilligte und fertiggestellte Anlage zur Ableitung von Niederschlagswässern aus dem Bereich der B 309 Innviertler Ersatzstraße und Pramer Bezirksstraße in die Pram in der Ortschaft P, Gemeinde X, mit der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme.

Mit Bescheid vom 27. Februar 1986 erteilte dieselbe Behörde den am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erst-, zweit- und drittmitbeteiligten Parteien gemäß § 32 Abs. 1 und 2 lit. a in Verbindung mit §§ 9, 11-15, 33, 50, 105, 107, 111, 112 und 121 Abs. 1 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung,

a) die im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Ried i.I. unter Postzahl 2735 eingetragene Abwasserreinigungsanlage durch Herstellen eines Anschlusses an einen neuen Oberflächenwasserkanal im Bereich der Pramer Bezirksstraße zur Mitbenutzung zwecks Ableitung der gereinigten Abwässer in den Prambach zu ändern und

b) die erforderlichen Anlageänderungen gemäß den bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche bezeichneten Planunterlagen bzw. der Beschreibung des Vorhabens in der Verhandlungsschrift auf den Grundstücken Nr. 2585 und 2587 KG X, Gemeinde X, vorzunehmen.

Diese Bewilligung wurde unter folgenden Nebenstimmungen erteilt:

1) Das Maß der Wasserableitung bleibt wie folgt unverändert aufrecht:

a) Liegenschaft P 1 (Zweit- und Drittmitbeteiligte): max.

1.600 1/d b) Liegenschaft P 2 (Erstmitbeteiligte): max. 1.000

1/d

2) Im übrigen bleiben die Bedingungen und Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 28. Oktober 1982, soweit sie den Betrieb und die Instandhaltung der Anlagen regeln, weiterhin aufrecht.

Gleichzeitig wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer gemäß §§ 12, 98, 102 und 112 WRG 1959 als unbegründet abgewiesen.

Über die von den Beschwerdeführern gegen beide Bescheide der genannten Bezirksverwaltungsbehörde erhobenen Berufungen entschied der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 14. Mai 1986 dahin, daß unter Spruchabschnitt I. die Berufung gegen den Bescheid vom 11. Februar 1986 gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 AVG 1950 zurückgewiesen und unter Spruchabschnitt II. die Berufung gegen den Bescheid vom 27. Februar 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen wurde.

Begründend führte die Rechtsmittelbehörde zu Spruchabschnitt I. unter Bezugnahme auf § 42 Abs. 1 AVG 1950 aus, die Beschwerdeführer hätten ihrem eigenen Berufungsvorbringen zufolge in der erstbehördlichen Verhandlung lediglich auf die ihnen zustehenden Rechte hingewiesen. Da dieses Vorbringen jedoch in keiner Weise als auf den Gegenstand eines wasserrechtlichen Überprüfungsverfahrens gerichtet angesehen werden könne, seien die Beschwerdeführer im Sinn der zuvor angegebenen Gesetzesstelle präkludiert und sei ihre Berufung zurückzuweisen; ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen, werde auf die Begründung zu Spruchabschnitt II. verwiesen. Zu letzterem erklärte die Berufungsbehörde, es sei den Beschwerdeführern zwar zuzustimmen, daß ihr mit Bescheid der Erstbehörde vom 28. Oktober 1982 verliehenes Recht auf Speisung ihrer Fischteichanlage im Ausmaß von insgesamt 5 l/s (Löschteichüberlauf und Quellen zusammen) durch Maßnahmen der Berufungsgegner nicht beeinträchtigt bzw. daß eine wasserrechtliche Bewilligung für solche Maßnahmen gemäß § 12 WRG 1959 dann nicht erteilt werden dürfe, wenn auch nur in Trockenzeiten die Anspeisungsmenge von 5 l/s merklich unterschritten werde. Ob die Berufungsgegner nun Wasser ableiteten, welches eigentlich den Beschwerdeführern für ihre Fischteichspeisung zustehe, könne aber in diesem Verfahren zunächst dahingestellt bleiben. Denn wenn die Berufungsgegner (die erst-, zweit- und drittmitbeteiligten Parteien) Quellen zu Verbrauchszwecken ableiteten und in diesem Zusammenhang auch Quellüberlaufwasser abrinnen ließen, benutzen sie damit das (die) Gewässer "Quelle". Diese Wasserbenutzung sei unter den in § 9 Abs. 2 WRG 1959 geregelten Voraussetzungen bewilligungspflichtig. Wenn das Berufungsvorbringen, welches aber in diesem Verfahren nicht weiter überprüft werde, zutreffe, sei die Bewilligungspflicht infolge Verletzung eines fremden Rechtes jedenfalls gegeben. Dieses Recht werde daher weder durch Errichtung und Betrieb eines Straßenkanales noch durch dessen Mitbenutzung seitens der Berufungsgegner bzw. durch die der Mitbenutzung dienenden Anschlußkanäle verletzt, sondern allenfalls durch die Ableitung der Quellen für Verbrauchszwecke. Diesbezügliche Anträge an die Bezirksverwaltungsbehörde wären daher nicht in Form von Einwendungen in den die Abwasserbeseitigung betreffenden wasserrechtlichen Verfahren, sondern unabhängig davon als auf die Herstellung der wasserrechtlichen Ordnung gerichtet zu stellen. Durch den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid würden gesetzliche Bestimmungen oder Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt. Ihre Berufung sei daher abzuweisen.

Der Rechtsmittelbescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer nach ihrem ganzen Vorbringen in Hinsicht von Spruchabschnitt I. in dem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung und in bezug auf Spruchabschnitt II. in dem Recht auf Beachtung ihrer Einwendungen und dementsprechende Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides verletzt erachten.

Die belangte Behörde sowie die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten. Auch die viertmitbeteiligte Partei nahm in einer Gegenschrift zum Beschwerdevorbringen Stellung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 anberaumten Verhandlung zur Überprüfung der Ausführung des der viertmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 20. Juni 1985 bewilligten Projektes haben die anwesenden beiden Beschwerdeführer lediglich folgende - von ihnen beiden unterfertigte - Erklärung abgegeben:

Das Ergebnis der wr. Überprüfungsverhandlung betreffend die Ausführung des Kanales der Landesstraßenverwaltung zur Ableitung von Niederschlagswässern aus dem Bereich der B 309 Innviertler Ersatzstraße und der Pramer Bezirksstraße wird zur Kenntnis genommen.

Gegenstand des Überprüfungsverfahrens nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 ist die Feststellung der Übereinstimmung der hergestellten Anlage mit der erteilten Bewilligung (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1989, Zl. 88/07/0102). Auch wenn die Beschwerdeführer, wie sie in der Berufung behauptet haben, bei der Überprüfungsverhandlung "auf die (ihnen) zustehenden Rechte hingewiesen" haben sollten - was nicht protokolliert worden sei -, hätten sie damit eine konsenswidrige Abweichung der Ausführung noch nicht behauptet. In der Beschwerde wird die Meinung vertreten, daß der in der Verhandlungskundmachung genannte Gegenstand nicht mit dem Gegenstand der Verhandlung ident gewesen sei, weil jener nur die Überprüfung der Ausführung der bewilligten Einleitung von Niederschlagswässern in die Pram betroffen habe. Damit ist allerdings von den Beschwerdeführern nicht aufgezeigt worden, inwiefern die Verhandlung in ihrem Gegenstand von der Kundmachung abgewichen sein sollte. Daß die Ausführung des Vorhabens mit der Bewilligung nicht übereinstimme, wie in der Beschwerde behauptet wird, stellt nämlich, selbst wenn dies zuträfe, keine Änderung des Verhandlungsgegenstandes dar, welcher vielmehr gerade auch der Erörterung derartiger Fragen zu dienen bestimmt war. Warum jedoch im Fall eingetretener Präklusion - wie somit im Beschwerdefall - die Berufung einer präkludierten Partei nicht zurück- sondern abzuweisen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3. Dezember 1980, Slg. 10317/A, dargelegt. In dieser Entscheidung ist allerdings auch zum Ausdruck gekommen, daß durch eine Zurückweisung der Berufung dann nicht in Rechte der Partei eingegriffen wird, wenn - wie im Beschwerdefall - zu erkennen ist, aus welchen Gründen die Entscheidung gefällt und daß eine Sachentscheidung - unter Beachtung der eingetretenen Präklusion - nicht verweigert wurde.

Da die Beschwerdeführer demnach durch Spruchabschnitt I. des angefochtenen Bescheides in ihren Rechten nicht verletzt wurden, war ihre Beschwerde insofern gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid vom 27. Februar 1986 haben die Beschwerdeführer im wesentlichen beanstandet, daß durch die den Erst-, Zweit- und Drittmitbeteiligten bewilligten Änderungen von deren Abwasserreinigungsanlagen nun zum Teil Quellwässer am Fischteich der Beschwerdeführer vorbeigeleitet würden, die aufgrund des Bescheides der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 28. Oktober 1982 diesen Fischteich speisen, die also nicht (wie künftig) unmittelbar, sondern nur (wie bisher) auf dem Umweg über diesen in die Pram gelangen sollten. Die Beschwerdeführer haben in diesem Zusammenhang erklärt, daß zur Vermeidung einer Verletzung dieser ihrer bestehenden Wasserbenutzungsrechte Zwangsrechte zugunsten der mitbeteiligten Bewilligungswerber nicht begründet zu werden brauchten, sondern "den Konsenswerbern lediglich die Ableitung der von den Kläranlagen anfallenden Abwässer, nicht aber die Ableitung der Reinwässer bewilligt wird. Hinsichtlich dieser Reinwässer (Quellen) möge durch Auflagen vorgesorgt werden, daß diese weiterhin über unseren Fischteich abgeleitet werden müssen".

Die belangte Behörde hat in Spruchabschnitt II. des angefochtenen Bescheides dementgegen die Frage offengelassen, ob eine Ableitung der behaupteten Art stattfinde, weil durch die Errichtung und den Betrieb des Straßenkanales sowie dessen Mitbenutzung seitens der Berufungsgegner bzw. durch die der Mitbenutzung dienenden Anschlußkanäle ein bestehendes Wasserbenutzungsrecht nicht verletzt werde. Auf diese verengte Sichtweise durfte sich die Berufungsbehörde indessen rechtens nicht zurückziehen. Bewilligt wird nämlich eine Anlagenänderung nicht ohne Beziehung zu den zugehörigen wie den sonst bestehenden Wasserbenutzungsrechten, wenn es solche gibt. So stehen auch die mit Bescheid vom 27. Februar 1986 bewilligte Benutzung (Einbringung) und Anlage(änderung) miteinander in engem Zusammenhang. Das Beziehungsgefüge wurde in der Begründung des eben erwähnten Bescheides unter Hinweis auf das schon eingetragene Wasserbenutzungsrecht der genannten Mitbeteiligten dahin verdeutlicht, daß ausgeführt wurde, es mündeten (bisher) in den Kanal neben den Abwässern auch bestimmte andere Wässer, wobei jener vor seiner Einmündung in den Prambach den Fischteich der Beschwerdeführer durchfließe, ferner, es gelangten (auch) künftig neben dem gereinigten Abwasser bestimmte Überwässer (Wasser für spezifische Nutzzwecke bzw. Dränagewässer) in den - neuen - Kanal. Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz hat allerdings bei dieser Gelegenheit die Ansicht vertreten, daß die Beschwerdeführer aus näher angegebenen Gründen in bezug auf diese sonstigen Wässer kein Benutzungsrecht hätten. Die Anlageänderung ist also nicht indifferent in dem Sinn, daß sie jedenfalls sowohl einer rechtmäßigen wie einer möglicherweise rechtswidrigen Benützung offenstünde (bzw. offenstehen dürfte) oder daß etwa aus der unveränderten Belassung des festgelegten Maßes der Abwasserableitung geschlossen werden könnte, sie betreffe nur Abwässer im eigentlichen Sinn, lege also dadurch bereits jene von den Beschwerdeführern in der Berufung geforderte Trennung der Abwässer von Quellwässern - um deren genauere Bestimmung es im Beschwerdefall unter anderem gerade geht - fest. Denn weil schon bisher zulässigerweise andere Wässer als gereinigte Abwässer in den alten Ableitungskanal flossen, bedarf es einer Klärung, ob nun durch die bewilligte Anlageänderung auch Wässer betroffen werden, die zur Speisung des Fischteiches der Beschwerdeführer (gemäß der Bewilligung vom 28. Oktober 1982) bestimmt sind, und bejahendenfalls ob die Anlage ihrer Bauweise nach diese Wässer notwendig miterfaßt (was zumindest in Hinsicht der Erstmitbeteiligten der Fall sein könnte), so daß es, wenn die Beschwerdeführer im Recht wären, entweder (abgesehen von einer Zwangsrechtseinräumung) einer Projektsänderung oder einer genauen Festlegung bedürfte, um welche Wässer es sich konkret handelt, die allein in den neuen Anschluß- und in der Folge Straßenkanal münden dürfen.

Indem die belangte Behörde die Erörterung der damit gekennzeichneten Fragen unterließ, verkannte sie die Rechtslage und belastete deshalb den angefochtenen Bescheid im Spruchabschnitt II. mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Jener war daher insofern gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, im Rahmen des gestellten Antrages, mit welchem der Ersatzanspruch für den Schriftsatzaufwand schon zur Zeit der Antragstellung unterschritten worden war (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 687, angegebene Rechtsprechung). Wien, am 4. Juli 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte