VwGH 85/07/0289

VwGH85/07/028930.5.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde 1) des JR und 2) des JW, beide in P, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien I, Universitätsstraße 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 17. September 1985, Zl. 410.560/02-I 4/83, betreffend Anträge auf Verpflichtung einer Wassergenossenschaft zu verschiedenen Leistungen (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaften "NN" in P, vertreten durch den Obmann RS in P,), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1431;
AVG §1;
JN §1;
WRG 1959 §73 Abs1 litc;
WRG 1959 §75;
WRG 1959 §77 Abs3 litd;
WRG 1959 §80;
WRG 1959 §85 Abs1;
ABGB §1431;
AVG §1;
JN §1;
WRG 1959 §73 Abs1 litc;
WRG 1959 §75;
WRG 1959 §77 Abs3 litd;
WRG 1959 §80;
WRG 1959 §85 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Aufgrund der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm dem Antrag vom 19. November 1980 auf Rückersatz von Beitragszahlungen in der Höhe von S 75.907,16 nicht Folge gegeben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,--, und der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,--, dies alles jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen.

Die Mehrbegehren des Erstbeschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei werden abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. September 1985 gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft als Devolutionsbehörde den Anträgen der Beschwerdeführer

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 obliegt die Aufsicht über die Wassergenossenschaften der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden.

Nach der zuletzt angeführten Gesetzesstelle haben die die Tätigkeit der Wassergenossenschaft regelnden Satzungen Bestimmungen über die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten zu enthalten.

Unter dem Gesichtspunkt des § 85 Abs. 1 WRG 1959 ist die Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung somit nur zuständig, wenn einer der dort näher gekennzeichneten Streitfälle gegeben ist und das in der Satzung vorgesehene Schlichtungsverfahren nicht zur Beilegung des Streites geführt hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1983, Zl. 82/07/0198, und die dort angegebene Rechtsprechung).

Der Antrag vom 10. Juni 1980 handelt von einer Entschädigung, welche die Beschwerdeführer von der Mitbeteiligten als "Ablösebetrag" für die Inanspruchnahme näher bezeichneter Grundstücke zum Zweck von Drainagierungsarbeiten verlangen, sowie von dem Begehren, die Mitbeteiligte gleichzeitig zur Vermessung der betroffenen Flächen - die zu diesen in die mitbeteiligte Genossenschaft einbezogenen Grundstücken der Beschwerdeführer gehören - auf deren Kosten zu verpflichten. Eine derartige Ablöse, welche seitens einer Genossenschaft für einbezogene Grundflächen an deren Eigentümer gezahlt würde, entspringt aber keiner Verpflichtung, welche die Genossenschaft nach wasserrechtlichen Vorschriften einschließlich der Satzung zu erfüllen hätte. Die gegenteilige Annahme würde dazu führen, eine - weder im WRG 1959 noch in der Satzung begründete - Verpflichtung der Genossenschaft vorauszusetzen, über die Bestimmung des § 78 Abs. 4 WRG 1959 hinaus Leistungen an bestimmte Mitglieder zur Abgeltung dafür zu erbringen, daß deren in die Genossenschaft einbezogenen Grundstücke im Zusammenhang mit der Verfolgung des Genossenschaftszweckes - dieser ist im Beschwerdefall die Entwässerung der sogenannten D-Äcker - in Anspruch genommen werden. Umso weniger hat die Wasserrechtsbehörde einen Streitfall zu entscheiden, der auf einen etwa in einer Besitzstörung bestehenden Übergriff der mitbeteiligten Genossenschaft zurückginge.

Der in dem Begehren bezeichnete Streit entspringt auch nicht dem Genossenschaftsverhältnis als solchem, das durch die besonderen rechtlichen Beziehungen gekennzeichnet ist, welche die Genossenschaft und ihre Mitglieder miteinander verbinden; dem kann jedoch ein Ablöseersuchen der erwähnten Art (samt dem Verlangen nach Vermessung) nicht subsumiert werden. Das Begehren der Beschwerdeführer unterscheidet sich auch wesentlich etwa von dem in § 4 Abs. 1 lit. d der Satzung der Mitbeteiligten zu den Rechten der Mitglieder gezählten Anspruch auf eine von der Genossenschaftsversammlung festzusetzende angemessene Entschädigung für jede "im Auftrag des Ausschusses im Interesse der Genossenschaft getätigte Leistung" (des Mitgliedes).

Soweit der Antrag vom 10. Juni 1980 inhaltlich im Antrag vom 19. November 1980 wiederholt wurde, erübrigt sich dessen weitere Erörterung. Gleiches gilt von dem Begehren, für eine behauptete Wertminderung zweier Grundstücke infolge Drainagierung eine Entschädigung seitens der Mitbeteiligten zu erhalten.

Der Antrag vom 19. November 1980 betrifft ferner die Rückzahlung behauptetermaßen zu Unrecht geleisteter Beiträge und enthält in diesem Zusammenhang das Verlangen, die Vorteilsflächen anders zu berechnen und bestimmte Lasten bzw. Aufwendungen im Weg einer Beitragsminderung zu berücksichtigen. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid diesen "Rückforderungsanspruch" in der Höhe von S 75.907,16 als in Wahrheit zivilrechtlichen Anspruch, und zwar eine Kompensationseinwendung, bezeichnet, für deren Behandlung die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Das trifft jedoch nicht zu, da besagter Rückforderungsanspruch öffentlich-rechtliche Leistungen zum Gegenstand hat (siehe in diesem Zusammenhang Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 28-30 vor § 1431). Zum selben Ergebnis gelangt man unter Bedachtnahme darauf, daß die Beitragsleistung stets zu den spezifischen Mitgliedschaftspflichten gehört, wobei auch näher bestimmte Einzelverpflichtungen, Vorteile und Lasten entsprechend zu berücksichtigen sind (§ 78 WRG 1959). Damit handelt es sich insoweit um einen aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringenden Streitfall. Der Erstbeschwerdeführer blieb zur Geltendmachung eines solchen Anspruches aus der Zeit seiner Mitgliedschaft auch nach seinem Ausscheiden als Beteiligter aus der Genossenschaft legitimiert. Die Streitigkeit ist nicht mit der Beendigung seiner Teilnahme an der Genossenschaft (durch Eigentumswechsel an den einbezogenen Grundstücken) beigelegt oder ohne ausdrückliche Vereinbarung auf seinen Einzelrechtsnachfolger im Grundeigentum übergegangen oder etwa auf diesen ausgedehnt worden. Die Regelung des § 80 WRG 1959 über genossenschaftliche Verpflichtungen als Grundlast umfaßt jedenfalls nicht Fragen der Rückerstattung. Im übrigen hat auch in derartigen Streitfällen, die aus den angegebenen Gründen ein insofern inzwischen nicht mehr bestehendes Genossenschaftsverhältnis betreffen - dem sie nichtsdestoweniger entsprungen sind - gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 der satzungsgemäße Schlichtungsversuch stattzufinden.

Da in der zuletzt bezeichneten Hinsicht der Zweitbeschwerdeführer weder den Antrag gestellt hat noch es sich in Anbetracht der begehrten Rückzahlung von bereits geleisteten Beiträgen um Leistungen handelt, für die er als Rechtsnachfolger im Grundstückseigentum zu haften hätte, vermag er eine Berührung seiner Rechtsspähre nicht darzutun. Er wird durch die nicht stattgebende Erledigung, die sich nach der sie tragenden Begründung als Zurückweisung aller Anträge der Beschwerdeführer darstellt, in seinen Rechten daher nicht verletzt.

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde schließlich als hilfsweise Alternative zu ihrer - wie gezeigt unzutreffenden - Meinung, alle Streitigkeiten seien im (ordentlichen) Rechtsweg auszutragen, die Ansicht vertreten, es habe, wenn Streitfälle vorlägen, über welche die Behörde gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 zu entscheiden hätte, in jedem einzelnen Fall an dem erforderlichen statutengemäßen Schlichtungsversuch gefehlt. Insoweit die betreffenden Ausführungen die Frage der Rückerstattung der angegebenen Beitragsleistungen in der Höhe von S 75.907,16 umfassen, ist hierauf einzugehen, weil sich in Ermangelung eines Schlichtungsversuches die Erledigung des Begehrens der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde unter diesem Gesichtspunkt im Ergebnis als richtig erwiese. Nun handelt der unter 1.) der abschließenden Zusammenfassung im Schriftsatz vom 19. November 1980 umschriebene Antrag von den in dieser Eingabe unter den Punkten 1.) bis 5.) dargelegten Streitfragen. Aus diesen ergibt sich, daß es dabei weitgehend - mit Ausnahme etwa unter 5.) erwähnter "weitere(r) Rückstandsausweise", darunter eines solchen vom 16. Jänner 1978 - um inzwischen berichtigte ältere Beitragsrückstände (Rückstandsausweis aus 1974, "Berufung" an die Mitbeteiligte aus 1976, Einwendungen gegen die Beitragsvorschreibungen aus 1974) ging, die Gegenstand der im angefochtenen Bescheid erwähnten Schlichtungsverhandlung vom 10. Oktober 1977 waren, wobei es nicht zu einer gütlichen Beilegung der Streitigkeit kam (vgl. dazu die Ausführungen im Vorerkenntnis des Verwaltunsgerichtshofes vom 26. Mai 1981). Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß in der Frage der vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Beitragsüberzahlung überhaupt kein vergeblicher Schlichtungsversuch stattgefunden hätte. Die belangte Behörde hätte daher das diesbezügliche Begehren des Erstbeschwerdeführers nicht - jedenfalls nicht zur Gänze - im Ergebnis einer Zurückweisung unterziehen dürfen. Ob es sich in Hinsicht der angeführten späteren, mit einer Ausnahme nicht datierten Rückstandsausweise um Fragen handelte, die eines zusätzlichen Schlichtungsversuches bedurft hätten, läßt sich vorweg nicht entscheiden; insoweit wird noch eine behördliche Klärung erforderlich sein.

Das Anbringen vom 21. März 1983, mit dem bei der Wasserrechtsbehörde die Veranlassung verlangt wurde, daß seitens der Mitbeteiligten gelagerter Unrat von einigen Grundstücken des Zweitbeschwerdeführers entfernt werde, ist entgegen der Feststellung der belangten Behörde vom Zweitbeschwerdeführer eingebracht worden. Bei diesem Begehren handelt es sich seinem ganzen (knappen) Inhalt nach nicht um einen Streitfall gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959; der Erstbeschwerdeführer ist hievon nicht betroffen.

Zusammenfassend ergibt sich, daß die spruchmäßige Nichtstattgebung der Anträge der Beschwerdeführer im Sinne von deren Zurückweisung, mit Ausnahme jenes die Rückzahlung von Beitragsleistungen in der Höhe von S 75.907,16 betreffenden Antrages des Erstbeschwerdeführers, unter dem Gesichtspunkt des § 85 (Abs. 1) WRG 1959 dem Gesetz entsprach. Dementsprechend war einerseits der angefochtene Bescheid in der bezeichneten Hinsicht aufgrund der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; anderseits war die Beschwerde - soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde, im darüber hinausgehenden Umfang, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, zur Gänze - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die inhaltliche Berechtigung des (soweit zulässigen) Rückzahlungsverlangens des Erstbeschwerdeführers zu beurteilen sein.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2; die Abweisung des Mehrbegehrens des Erstbeschwerdeführers betrifft die Umsatzsteuer, die wegen der gesetzlichen Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes nicht gesondert vergütet werden kann, die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei die den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag sowie die - nicht im Sinne des Gesetzes (§ 48 Abs. 3 Z. 1 VwGG) entstandenen "Bauauslagen".

Wien, am 30. Mai 1989

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