Normen
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs3 idF 1984/502;
ApG 1907 §48 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §53 idF 1984/502;
ApG 1907 §6 idF 1984/502;
ÄrzteG 1984 §11 Abs8 Z1 idF 1987/314;
ÄrzteG 1984 §11 Abs8 Z2 idF 1987/314;
ÄrzteG 1984 §19 Abs2 idF 1987/314;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8 idF 1998/I/158;
JN §66 Abs1;
VwRallg;
ApG 1907 §10 Abs2 Z1 lita idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs3 idF 1984/502;
ApG 1907 §48 Abs2 idF 1984/502;
ApG 1907 §53 idF 1984/502;
ApG 1907 §6 idF 1984/502;
ÄrzteG 1984 §11 Abs8 Z1 idF 1987/314;
ÄrzteG 1984 §11 Abs8 Z2 idF 1987/314;
ÄrzteG 1984 §19 Abs2 idF 1987/314;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8 idF 1998/I/158;
JN §66 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Der Mitbeteiligte ist praktischer Arzt in R. Aus den amtlichen NÖ Nachrichten vom 15. Jänner 1977 ergab sich nach Darstellung in der Beschwerde, daß der Mitbeteiligte um die Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke mit der Anschrift "R Nr. 46" angesucht hatte, in welchem Haus er zum Zeitpunkt der Antragstellung keine ärztliche Ordination betrieb. Der Mitbeteiligte zog daraufhin sein Ansuchen zurück.
In der Folge verlegte der Mitbeteiligte seine ärztliche Ordination vom Hauptplatz in R (Entfernung zur öffentlichen Apotheke des Beschwerdeführers in H ca. 5,5 km) in sein Wohnhaus, R Nr. 46. Von dort beträgt die Entfernung zur öffentlichen Apotheke 6,148 km. Der Mitbeteiligte beantragte neuerlich die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke.
1.2. Mit Bescheid vom 14. September 1987 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Mitbeteiligten gemäß § 29 Abs. 1 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in R Nr. 46.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.3. Mit Bescheid vom 5. Jänner 1988 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufung bezüglich der Bedarfsfrage als unbegründet ab, betreffend die Existenzgefährdung zurück und bestätigte den angefochtenen Bescheid.
Hinsichtlich der Existenzgefährdung stützte sich der Bundesminister auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1985, Zl. 85/08/0048, und des Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 1985, B 461, 462/85. Auch hinsichtlich der Bedarfsfrage gründet sich die Auffassung der belangten Behörde auf das zitierte hg. Erkenntnis vom 25. April 1985.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen :
2.1.1. Der Beschwerde zufolge sei der Fall dadurch gekennzeichnet, daß der Mitbeteiligte (bei einer Entfernungsmessung von Haus zu Haus) seine Ordination in R zunächst in einer Entfernung von 5,5 km von der öffentlichen Apotheke betrieben habe, dieses Ansuchen dann zurückgezogen und schließlich die Ordination in ein anderes Haus verlegt habe, wodurch die Entfernung auf 6,148 km "verlängert" worden sei. Während bei einer Entfernung von 5,5 km ein Bedarf nach einer ärztlichen Hausapotheke gesetzlich nicht vermutet worden sei, sei dies durch die Berufssitzverlegung, also durch eine zielbewußte Verschiebung der Tatbestandsmerkmale, nunmehr der Fall, ohne daß sich an den sachlichen Kriterien für den tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung mit Heilmitteln überhaupt etwas geändert hätte.
2.1.2. Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung ist bei Bewilligungen zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke auf die Sachlage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abzustellen. In diesem Zeitpunkt ist davon auszugehen, daß die Entfernung zwischen Ordinationsstätte und Betriebsstätte mehr als 6 km betrug.
2.2.1. Um nun den Erfolg derartiger Dispositionen zu vereiteln, vertritt der Beschwerdeführer die Rechtsauffassung, daß die Entfernung zwischen der öffentlichen Apotheke und dem Berufssitz des Arztes nicht bis zur Ordinationsstätte, sondern nur bis zu der der öffentlichen Apotheke nächstgelegenen Grenze jener Ortschaft gemessen werden dürfe, in der der Arzt ordiniere. Insbesondere ergebe sich aus § 19 Abs. 2 des Ärztegesetzes, daß der Gesetzgeber unter "Ort" nicht die Räumlichkeiten der Ordinationsstätte verstehe, sondern die Ortschaft, das Gebiet, in welchem jenes Haus liege, in dem die Ordination etabliert sei. Aus § 19 Abs. 4 des Ärztegesetzes ergebe sich, daß nicht eine Betriebsstätte ein Einzugsgebiet haben könne, sondern nur ein Ort im Sinne einer Ortschaft. Verlege ein Arzt seine Ordinationsstätte von einem Haus in jener Ortschaft, welche seinen Berufssitz bilde, in ein anderes Haus, so liege eine bloße Adressenänderung vor, nicht jedoch eine Änderung des Berufssitzes. Eine derartige Adressenänderung falle im Gegensatz zu der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1985 vertretenen Auffassung nicht unter die Meldepflicht nach § 11 Abs. 8 des Ärztegesetzes. Jede andere Auslegung, welche am Wort klebe, würde zu einem überspitzten Ergebnis führen, welche mit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, den Bedarf der Bevölkerung nach Arzneimitteln zu befriedigen, nicht in Einklang zu bringen wäre.
Ausgehend von der Ortschaft R als Berufssitz des Arztes werde eine Entfernung von 6 km (weder vom Ortskern noch vom Beginn der Ortschaft gemessen) zum Standort der öffentlichen Apotheke überschritten.
2.2.2. § 29 Abs. 1 ApG lautet:
"Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist einem praktischen Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Auslegung des Begriffes "Berufssitz" des Arztes im Sinne des § 29 Abs. 1 ApG im Erkenntnis vom 25. April 1985, Zl. 85/08/0048, Slg. N.F. Nr. 11756 A/1985 = ZfVB 1985/6/2110, eingehend auseinandergesetzt und ist zunächst schon in einer am Wortlaut dieser Bestimmung orientierten Auslegung zum Ergebnis gelangt, daß der Berufssitz des Arztes nicht mit der Ortschaft, "in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat", gleichgesetzt werden kann.
Auch § 29 Abs. 3 ApG geht davon aus, daß es eine Verlegung des Berufssitzes innerhalb der Ortschaft und eine Verlegung in eine andere Ortschaft gibt, sodaß auch hieraus die begriffliche Verschiedenheit deutlich wird.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von seiner Rechtsauffassung, daß der Berufssitz des Arztes seine Ordinationsstätte ist, abzugehen.
Im genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof dieses Auslegungsergebnis darüber hinaus auch als im Einklang stehend mit dem Begriff des Berufssitzes, wie er vom Ärztegesetz gebraucht wird, gesehen. Auch diesbezüglich hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner Auffassung fest, daß sich der Begriff "Ort" im § 19 Abs. 2 des Ärztegesetzes (Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 373/1984) zwanglos als "Örtlichkeit" (Haus, Wohnung) verstehen läßt ("Ort, an dem sich die Ordinationsstätte befindet"). Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis darauf hingewiesen, daß bei Auffassung der damaligen Beschwerdeführer ein Wertungswiderspruch darin gelegen wäre, daß diesfalls eine Verlegung der Ordinationsstätte innerhalb der Ortschaft, die die Beschwerdeführer als "Berufssitz" verstanden, vor der Ärztekammer nicht meldungspflichtig, jeder Wechsel des ordentlichen Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Arztes, auch innerhalb der Ortschaft, hingegen meldepflichtig wäre; auf § 11 Abs. 8 Z. 1 und 2 ÄrzteG wurde hingewiesen. Die Argumente, mit denen der Beschwerdeführer diese Auffassung bekämpft, sind nicht stichhaltig. Die Rechtsansicht, daß die Verlegung der Ordinationsstätte eines Arztes von einem Haus in jener Ortschaft, welche seinen Berufssitz bilde, in ein anderes Haus eine bloße Adressenänderung darstelle, nicht jedoch eine Änderung des Berufssitzes, ist ebenso unrichtig, wie die Meinung, daß der ordentliche Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthaltsort nicht durch die Wohnung in einem bestimmten Haus, sondern durch das Ortsgebiet gebildet werde, sodaß Veränderungen der Unterkunft innerhalb eines bestimmten Ortsgebietes, wie z.B. die Übersiedlung von Wien 1. nach Wien 5., sich nicht als Änderungen hinsichtlich des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes darstellten. Unter "Wohnsitz" ist demgegenüber nicht eine Ortschaft oder ein örtliches Gebiet zu verstehen, sondern eine bestimmte Örtlichkeit (z.B. Wohnung, Unterkunft), denn der Wohnsitz ist - etwa gemäß § 66 Abs. 1 JN - an dem Ort begründet, an welchem sich eine Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenhalt zu nehmen (vgl. auch § 26 Abs. 1 BAO, der auf die Innehabung einer Wohnung abstellt). Wechselt ein Arzt die seinen Wohnsitz bildende Wohnung, so liegt ein meldepflichtiger Wohnsitzwechsel vor. Der Gesetzgeber hat dieses, schon auf Grund der bisherigen Rechtslage zwingende Auslegungsergebnis im § 11 Abs. 8 Z. 2 ÄrzteG in der Fassung BGBl. Nr. 314/1987 ausdrücklich auch im Gesetzestext verdeutlicht, wenn es dort über die Meldepflicht nunmehr heißt:
"2. jeder Wechsel des ordentlichen Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes (Adresse)".
Nichts anderes gilt nach der Bestimmung des § 11 Abs. 8 Z. 1 ÄrzteG in der genannten Fassung, für die Berufssitzverlegung, die nunmehr ausdrücklich lautet:
"1. jede Verlegung des Berufssitzes oder des Dienstortes, jeweils unter Angabe der Adresse ……".
Diese Rechtslage nach dem ärztlichen Berufsrecht übersieht der Beschwerdeführer.
2.3.1. Der Beschwerdeführer vermeint weiters, daß der Begriff der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke nicht "punktuell orientiert" sei, sondern das Gebiet des Standortes meine. Die Entfernung von 6 km wäre vom östlichen Ende des Standortgebietes der öffentlichen Apotheke des Beschwerdeführers zu messen gewesen.
2.3.2. Dem ist entgegenzuhalten, daß unter dem Begriff der Betriebsstätte nicht der Standort (§ 9) oder ein anderes Gebiet zu verstehen ist, sondern die Örtlichkeit der Betriebsanlage im Sinn des § 6 ApG. Für dieses Verständnis spricht insbesondere auch § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a ApG, demzufolge ein Bedarf jedenfalls nicht anzunehmen ist, wenn in Orten, in denen keine öffentliche Apotheke besteht, die Zahl der in einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5500 beträgt.
2.4. Soweit der Beschwerdeführer die Verläßlichkeit des mitbeteiligten Arztes in Zweifel zieht, ist ihm zu entgegnen, daß die behauptete Rechtsverletzung, wie sich aus § 53 ApG ergibt, keinesfalls eine solche wäre, die vom beschwerdeführenden Inhaber einer öffentlichen Apotheke geltend gemacht werden könnte (vgl. dazu, daß ein solches Recht auch nicht bezüglich der persönlichen Verhältnisse eines Konzessionswerbers um eine öffentliche Apotheke besteht, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1911, Budw. Nr. 8387/A). Dabei kann der Umfang der behördlichen Prüfungsbefugnis hinsichtlich der persönlichen Bewilligungsvoraussetzung der Eigenschaft als praktischer Arzt dahingestellt bleiben.
2.5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
2.6. Bei diesem Ergebnis war ein Auftrag zur Behebung formeller Mängel der Beschwerde entbehrlich.
Wien, am 30. Juni 1988
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