VwGH 87/08/0152

VwGH87/08/015219.11.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde der 1. EW in F und der 2. HM in S, beide vertreten durch Dr. Lothar Giesinger, Rechtsanwalt in Feldkirch, Hirschgraben 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 29. Mai 1987, Zl. IVb-69- 49/86, betreffend Feststellung der Beitragsgrundlagen (mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Dornbirn, Jahngasse 4), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §410;
ASVG §413;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §410;
ASVG §413;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von je S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Gegenschrift der AB Gesellschaft m.b.H. & Co KG in S, vertreten durch Dr. Hubert Fitz, Rechtsanwalt in Feldkirch, Bahnstraße 14, wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. Oktober 1986 stellte die mitbeteiligte Vorarlberger Gebietskrankenkasse die monatliche Beitragsgrundlage für die Erstbeschwerdeführerin für die sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zur "Firma B" für die Zeit vom 1. Februar 1984 bis 16. Juni 1984 und für die Zeit vom 1. September 1986 "bis laufend" mit S 12.000,-- (Pkt. I des Spruches) und für die Zweitbeschwerdeführerin für die sozialversicherungspflichtige Tätigkeit beim selben Dienstgeber für die Zeit vom 1. Februar 1986 bis 28. April 1986 mit S 10.000,--

fest (Pkt. II des Spruches). Nach der Begründung sei anläßlich der am 25. September 1986 durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden, daß für die Erstbeschwerdeführerin "Tochter des Dienstgebers" in den nachfolgenden Zeiträumen folgende monatliche Beitragsgrundlagen vom Dienstgeber gemeldet worden seien:

 

"Beitragsmonate

Beitragsgrundlagen

 

(Anm.)

01.11.77 - 30.11.81

S

9.500,--

 

 

 

01.12.81 - 31.12.82

"

10.100,--

 

 

01.01.83 - 31.07.83

"

11.100,--

 

 

01.08.83 - 31.01.84

"

11.600,--

 

 

01.02.84 - 29.02.84

"

13.600,--

 

 

01.03.84 - 31.05.84

"

14.600,--

 

 

01.06.84 - 16.06.84 (Abm.)

"

7.647,--________

(Monatslohn S 14.338,--)

ab 17.6.84 Wochengeld/Karenzbezug(Anm.) 01.09.86 - laufend

S

17.500,--"

 

 

 

Die Erstbeschwerdeführerin erledige vom 1. November 1977 bis 16. Juni 1984 bzw. seit 1. September 1986 die Buchhaltung, die Lohnverrechnung, das Kassabuch, schreibe Rechnungen, Zollpapiere und besorge den allgemeinen Schriftverkehr der Firma. Die Aufstellung der gemeldeten Entgelte zeige, daß für die Erstbeschwerdeführerin, obwohl sich im Betrachtungszeitraum weder ihr Aufgabenbereich noch ihr Aufgabenumfang geändert habe, ab 1. Februar 1984 überproportional erhöhte Beitragsgrundlagen gemeldet worden seien. In der Zeit vom 1. November 1977 bis 31. Jänner 1984 (innerhalb von sechs Jahren) sei die Grundlage insgesamt von S 9.500,-- auf S 11.600,--, d.i. um S 2.100,--, erhöht worden, während in der Zeit vom 31. Jänner 1984 bis 1. Juni 1984 (innerhalb von fünf Monaten) eine Erhöhung um S 3.000,-- (S 11.600,-- auf S 14.600,--) erfolgt sei. Eine solche Vorgangsweise werde von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht zur Kenntnis genommen. Es könne lediglich eine Grundlage von S 12.000,-- ab 1. Februar 1984 anerkannt werden. Diese Grundlage stehe einerseits mit den bis 31. Jänner 1984 für die Erstbeschwerdeführerin ausgewiesenen Lohnerhöhungen und andererseits zur Grundlage ihrer im gleichen Betrieb beschäftigten Mutter, die ähnliche Arbeiten (Botengänge, Kassa, allgemeine Mithilfe) erledige, in einem realistischen Verhältnis. Die allgemeine Grundlage der Mutter betrage vom 1. Juni 1985 bis 30. April 1986 S 10.000,-- und seit 1. Mai 1986 S 10.500,--. Das gleiche gelte für die Feststellung der allgemeinen Grundlage ab 1. September 1986.

Für die Zweitbeschwerdeführerin ("Tochter des Dienstgebers") seien in den nachfolgenden Zeiträumen folgende monatliche Beitragsgrundlagen vom Dienstgeber gemeldet worden:

 

"Beitragsmonate

Beitragsgrundlagen

(Anm.)

12.08.85 - 31.08.85

S

S 5.362,--

(Monatslohn S 8.043,--)

 

01.09.85 - 31.12.85

"

7.150,--

 

 

01.01.86 - 31.01.86

"

10.000,--

 

 

01.02.86 - 28.02.86

"

12.000,--

 

 

01.03.86 - 28.04.86 Abm.

"

18.000,--"

 

 

Die Zweitbeschwerdeführerin habe bis 28. April 1986 den Schriftverkehr der Firma erledigt, Zollpapiere und Rechnungen geschrieben. Auch hier zeige die Aufstellung der gemeldeten Entgelte, daß für die Zweitbeschwerdeführerin - obwohl sich im Betrachtungszeitraum weder ihr Aufgabenbereich noch ihr Aufgabenumfang geändert habe - ab 1. Jänner 1986 überproportional erhöhte Beitragsgrundlagen gemeldet worden seien. Diese Vorgangsweise werde von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht zur Kenntnis genommen. Es könne lediglich eine allgemeine Beitragsgrundlage von S 10.000,-- ab 1. Jänner 1986 anerkannt werden. Diese Grundlage stehe einerseits zu der Beschäftigungsdauer (vier Monate Anlernzeit mit S 7.150,--) unter Berücksichtigung der theoretischen Vorbildung (Frauenfachschule) und andererseits zur Grundlage der im gleichen Betrieb beschäftigten Mutter, die ähnliche Arbeiten (Botengänge, Kassa, allgemeine Mithilfe) erledige, in einem realistischen Verhältnis.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem von der Erstbeschwerdeführerin gegen Pkt. 1 dieses Bescheides erhobenen Einspruch teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, daß für die Erstbeschwerdeführerin die monatliche Beitragsgrundlage gemäß § 44 Abs. 1 ASVG für die sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zur "Firma B" für die Zeit vom 1. Februar 1984 bis 16. Juni 1984 mit S 12.000,-- und für die Zeit vom 1. September 1986 "bis laufend" mit S 13.000,-- festgestellt werde (Spruchpunkt I). Dem Einspruch der Zweitbeschwerdeführerin gegen Pkt. II des genannten Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wurde keine Folge gegeben (Spruchpunkt II).

In der Begründung heißt es:

"Zu I:

EW wurde in der Zeit vom 1.11.1977 bis 30.11.1981 mit einer Beitragsgrundlage von S 9.500,-- zur Sozialversicherung gemeldet. Ab 1.12.1981 erfolgte eine Erhöhung derselben um S 600,--, das sind 6,32 %, ab 1.1.1983 bis 31.7.1983 um S 1.000,--, das sind 9,9 %, ab 1.8.1983 bis 31.1.1984 um S 500,--, das sind 4,5 %. Ab 1.2.1984 erfolgte eine Erhöhung um S 2.000,--, das sind 17,24 %. Bereits einen Monat später, also ab 1.3.1984 bis 31.5.1984, erfolgte eine weitere Erhöhung um S 1.000,--, das sind 7,35 %. Der Aufgabenbereich hat sich in der Zeit vom 1.11.1977 bis 16.6.1984 bzw. ab. 1.9.1986 nicht geändert, dennoch wurde in der Zeit ab 1.2.1984 gegenüber den ersten sechs Jahren ab 1.1.1977 überproportional erhöht, zumal innerhalb von fünf Monaten vor dem Wochengeldbezug (17.6.1984) eine Erhöhung um S 3.000,-- von S 11.600,-- auf S 14.600,-- bzw. 14.338,-- erfolgte, was rund 25 % bedeutet. Dagegen erfolgte nämlich für die Zeit vom 1.11.1977 bis 31.1.1984 (6 1/4 Jahre) eine Erhöhung um S 2.100,--. Auch die von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse angeführten Vergleiche mit anderen Dienstnehmern im Betrieb der Firma B Ges.m.b.H. & Co KG. in S, und zwar der Mutter MB sowie der Brüder E und S B ergaben, daß die Lohnerhöhungen ab 1.2.1984 in keinem Verhältnis zu diesen Dienstnehmern stehen, sondern den begründeten Verdacht aufkommen lassen, daß die vorgenommenen Überzahlungen ungeachtet der vorliegenden Bestätigungen über die tatsächliche Auszahlung ausschließlich im Hinblick auf den bevorstehenden Wochengeldbezug getätigt wurden. Die von der Einspruchsgegnerin festgestellte Beitragsgrundlage berücksichtigt eine Erhöhung um S 400,-- gegenüber dem Zeitraum 1.8.83 bis 31.1.84 und entspricht durchaus den bisherigen Steigerungen. Der anzuwendende kollektivvertragliche Mindestgrundgehalt betrug per 1.12.1983 in der Anwendungsgruppe III nach sechs Verwendungsgruppenjahren S 10.970,--. Unter Bedachtnahme auf die gegenüber dem anzuwendenden Kollektivvertrag per 1.12.1983 bestehende Überzahlung von S 630,-- (gemeldete Beitragsgrundlage 1.12.1983 bis 31.1.1984 von S 11.600,-- gegenüber 10.970,--) war jedoch die Beitragsgrundlage für die Zeit vom 1.9.1986 bis laufend in Anlehnung an eine ähnliche Überzahlung gegenüber dem anzuwendenden Kollektivvertrag per 1.12.1985 (S 12.220,--) mit S 13.000,-- festzustellen.

Zu II:

HM wurde am 12.8.1985 mit einer Beitragsgrundlage von S 5.362,-- zur Sozialversicherung angemeldet. Mit 1.9.1985 wurde die Beitragsgrundlage auf S 7.150,--, ab 1.1.1986 auf S 10.000,--, ab 1.2.1986 auf S 12.000,-- und ab 1.3.1986 bis zur Abmeldung am 28.4.1986 auf S 18.000,-- erhöht. In der Zeit vom 1.1.1986 bis 1.3.1986, einem Zeitraum von zwei Monaten, betrug die Erhöhung sohin 80 %. Andererseits wurde von der Einspruchswerberin eine Änderung des Aufgabenbereiches ab 1.1.1986 nicht geltend gemacht. Wie die Vorarlberger Gebietskrankenkasse bereits zutreffend ausführte, steht die ab 1.1.1986 gemeldete Beitragsgrundlage von S 10.000,-- einerseits in einem realistischen Verhältnis zur Beschäftigungsdauer (vier Monate Anlernzeit mit S 7.150,--) unter Berücksichtigung der theoretischen Ausbildung (Frauenfachschule) und andererseits in einem realistischen Verhältnis zur Grundlage ihrer im gleichen Betrieb beschäftigten Mutter, Frau MB, die ähnliche Arbeiten (Botengänge, Kassa, allgemeine Mithilfe) erledigt.

Den Ausführungen von Frau HM, der Betrag von S 18.000,-- müßte auch einer fremden Dienstnehmerin bezahlt werden, ist entgegenzuhalten, daß ihre Mutter, die durchaus ähnliche Arbeiten durchführt, zuletzt mit einer Beitragsgrundlage von S 10.500,-- gemeldet wurde. Auch ihre Brüder E und S B, die beide schon mehrere Jahre im Betrieb beschäftigt sind, wurden zuletzt ebenfalls mit einer Beitragsgrundlage von S 10.500,-- gemeldet. Eine Überzahlung von S 7.500,-- gegenüber diesen Dienstnehmern erscheint ebenfalls nicht gerechtfertigt und glaubwürdig und läßt auch hier zurecht den Verdacht aufkommen, daß diese Überzahlung ausschließlich im Hinblick auf den bevorstehenden Beginn des Wochengeldbezuges gewährt wurde. In diesem Zusammenhang wird auch auf die von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse ausführlich dargestellte Aufzählung hinsichtlich der Beitragsmonate, der Beitragsgrundlagen und der kollektivvertraglichen Mindestgrundgehälter (Verwendungsgruppe II, in die Frau M einzureihen war) verwiesen. Daraus ergibt sich, daß in der Zeit vom 1.9.1985 bis 30.11.1985 eine Unterzahlung gegenüber dem anzuwendenden Kollektivvertrag von rund S 500,-- und im Dezember 1985 eine solche von sogar S 900,-- vorlag. Im Jänner 1986 liegt hingegen eine Überzahlung gegenüber dem Kollektivvertrag von rund S 2.000,--, im Februar von rund S 4.000,-- und im März 1986 von rund S 10.000,-- vor. Aufgrund dieser Ausführungen kommt auch die Einspruchsbehörde zur Auffassung, daß die gemeldeten Gehälter in keinem Verhältnis zur Arbeitsleistung standen, sondern vielmehr im Zusammenhang mit den zu erwartenden Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft zu sehen sind, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war."

Gegen Pkt. I dieses Bescheides richtet sich die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin, gegen Pkt. II die der Zweitbeschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Vorarlberger Gebietskrankenkasse stellte in ihrer Gegenschrift einen gleichartigen Antrag.

Auch die Firma AB Gesellschaft m.b.H. & Co KG erstattete eine Gegenschrift, in der beantragt wurde, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die Beschwerdeführerinnen die Zulässigkeit der Erlassung eines die Höhe von Beitragsgrundlagen betreffenden Feststellungsbescheides im Hinblick auf die Möglichkeit der Erlassung eines "Leistungsbescheides" in Zweifel ziehen, genügt es, auf die die Zulässigkeit einer solchen Feststellung bejahende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 19. März 1987, Zl. 86/08/0239) hinzuweisen.

Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist für Pflichtversicherte, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, der im Beitragszeitraum gebührende, auf volle Schillingbeträge gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 (§ 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG).

Nach § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Zuwendungen des Dienstgebers an einen Dienstnehmer, die nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Dienstnehmers anzusehen sind, sondern Motiven entspringen, die mit der Arbeitsleistung nicht zusammenhängen, können nicht als beitragspflichtiges Entgelt gewertet werden (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1962, Zl. 426/62). Ob durch eine Zuwendung die erbrachte oder noch zu erbringende Dienstleistung vergolten werden soll, hängt alleine vom Willen der Parteien des Dienstverhältnisses ab (vgl. Schrammel, Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung 85). Soll daher eine Zuwendung des Dienstgebers an den Dienstnehmer nach dem Parteiwillen nicht der Abgeltung der Arbeitsleistung des Dienstnehmers, sondern anderen Zwecken dienen, so fällt sie nicht unter den Begriff des Entgeltes nach § 49 Abs. 1 ASVG und ist somit auch bei der Feststellung der Beitragsgrundlagen gemäß § 44 Abs. 1 ASVG nicht zu berücksichtigen.

Für die Beurteilung, ob eine Zuwendung des Dienstgebers an den Dienstnehmer nach dem Parteiwillen als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Dienstnehmers geleistet wurde, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Die nach außen hin abgegebene Erklärung der Parteien, daß eine Leistung als Entgelt im oben verstandenen Sinne zu gelten habe, ist für die rechtliche Einordnung dieser Leistung unbeachtlich, wenn andere Umstände keinen Zweifel daran lassen, daß mit der Zuwendung in Wahrheit nicht die Arbeitsleistung des Dienstnehmers abgegolten werden soll. Der belangten Behörde ist durchaus beizustimmen, daß ein solcher Fall dann angenommen werden könnte, wenn einer in einem familiären Naheverhältnis zum Dienstgeber stehenden Dienstnehmerin nach Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft (§ 157 ASVG) eine Erhöhung des bisherigen Entgeltes gewährt wird, die das nach Art und Umfang der Tätigkeit und unter Berücksichtigung der Ausbildung, der Kenntnisse und der Fähigkeiten der Dienstnehmerin angemessene Ausmaß bei weitem übersteigt. Bei einem solchen Vorgehen ist der Schluß gerechtfertigt, daß damit die Absicht auf Erwirkung insbesondere einer höheren Bemessungsgrundlage für das Wochengeld (§ 162 Abs. 3 und 4 ASVG) für die Dienstnehmerin verfolgt wird und daß der das angemessene Ausmaß übersteigende Erhöhungsbetrag nicht als Abgeltung der Arbeitsleistung der Dienstnehmerin, sondern etwa als familienhafte Zuwendung zur Erreichung des genannten Zweckes geleistet wird.

In den Fällen der Beschwerdeführerinnen reicht der in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellte Sachverhalt jedoch nicht hin, um davon ausgehen zu können, daß es sich auch bei den den Beschwerdeführerinnen gewährten Bezugserhöhungen um derartige, nicht als Entgelt anzusehende Zuwendungen handle.

Bei der Erstbeschwerdeführerin erscheint das von ihr in der Zeit vom 1. Februar 1984 bis 16. Juni 1984 bezogene erhöhte Monatsentgelt von S 13.600,-- bzw. S 14.600,-- gegenüber der von der belangten Behörde festgestellten Beitragsgrundlage von S 12.000,-- als noch nicht so hoch, um schon allein daraus in Verbindung mit dem bevorstehenden Beginn des Wochengeldbezuges (ab 17. Juni 1984) verläßlich auf ein Scheingeschäft im Sinne der obigen Ausführungen schließen zu können. Andere für eine derartige Annahme sprechende Umstände hat die belangte Behörde zumindest bisher noch nicht festgestellt. Für die Zeit ab 1. September 1986 fehlt es - jedenfalls nach dem bisher festgestellten Sachverhalt - am Anknüpfungspunkt des Versicherungsfalles der Mutterschaft. Wollte man den - allenfalls objektiv das angemessene Ausmaß übersteigenden - Bezug nicht zur Gänze als Entgelt werten, dann bliebe es offen, aus welchem anderen Grunde als zur Abgeltung der Arbeitsleistung der Erstbeschwerdeführerin diese Zahlungen geleistet und entgegengenommen wurden. Ein Rechtssatz, daß ein das angemessene Ausmaß übersteigender Entgeltsteil jedenfalls nicht in die Beitragsgrundlage einzubeziehen sei, läßt sich aus dem Gesetz nicht ableiten.

Im Falle der Zweitbeschwerdeführerin ist der Anknüpfungspunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles der Mutterschaft wohl gegeben; auch die ihr geleisteten erhöhten Bezüge von S 18.000,-- ab 1. März 1986 sind im Vergleich zu dem bis 31. Jänner 1986 bezogenen Entgelt von S 10.000,-- überproportional hoch. Diese Umstände allein genügen jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht, um die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gezogenen Schlußfolgerungen zu rechtfertigen:

Die Zweitbeschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren unter anderem behauptet, daß die von ihr verrichteten Arbeiten, wenn sie durch eine betriebsfremde Person ausgeführt würden, sehr wohl mit einem Bruttogehalt von S 18.000,-- bezahlt werden müßten. Dem begegnete die belangte Behörde damit, daß ihre - der Zweitbeschwerdeführerin - Mutter, die durchaus ähnliche Arbeiten durchführe, zuletzt mit einer Beitragsgrundlage von S 10.500,-- gemeldet worden sei und daß auch ihre Brüder, die beide schon mehrere Jahre im Betrieb beschäftigt seien, zuletzt ebenfalls mit einer Beitragsgrundlage von S 10.500,-- gemeldet worden seien. Diese Begründung ist jedoch nicht stichhältig. Zur Beurteilung der Angemessenheit der Bezüge der Zweitbeschwerdeführerin ist nämlich ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es darauf an, welches Entgelt nach den am Arbeitsmarkt gegebenen Verhältnissen einem familienfremden Dienstnehmer mit gleicher Ausbildung und Erfahrung wie die Zweitbeschwerdeführerin für die von dieser verrichteten Tätigkeiten zu leisten gewesen wäre. Die den anderen im Betrieb tätigen Familienmitgliedern gezahlten Entgelte sind für diese Frage, zu deren Beantwortung sich die Beiziehung eines berufskundlichen Sachverständigen empfehlen dürfte, nicht entscheidend. Auch der Hinweis auf das im Kollektivvertrag vorgesehene Entgelt ist für sich allein nicht aussagekräftig, weil es sich dabei um Mindestsätze handelt, die von den tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt gezahlten Entlohnungen erfahrungsgemäß häufig überschritten werden. Solange aber nicht feststeht, welches Entgelt nach objektiven Kriterien für die von der Zweitbeschwerdeführerin geleisteten Tätigkeiten angemessen erscheint, kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob allfälligen das angemessene Entgelt übersteigenden Zuwendungen des Dienstgebers noch der Entgeltscharakter im obigen Sinne zuerkannt werden kann oder nicht.

Wegen der aus diesen Gründen gegebenen Begründungsmängel ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.

Die von der Firma AB Gesellschaft m.b.H. & Co KG eingebrachte Gegenschrift war zurückzuweisen. In diesem Schriftsatz wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt; wer jedoch einen solchen Antrag stellt, kann nicht Mitbeteiligter im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sein (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 1980, Zlen. 36, 1274/79 = Slg. Nr. 10.057/A).

Wien, am 19. November 1987

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