VwGH 87/07/0115

VwGH87/07/01153.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kemla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. HM in N, vertreten durch Dr. Ernst Biel, Rechtsanwalt in Wien I, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 5. November 1986, Zl. III/1-26.683/1-86, betreffend Zurückweisung eines Antrages um wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
WRG 1959 §103 Abs1;
AVG §13 Abs3;
WRG 1959 §103 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. September 1986 wies die Bezirkshauptmannschaft Melk gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 in Verbindung mit § 103 Abs. 3 WRG 1959 das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 24. Jänner 1986 "zur Errichtung einer Wasserkraftanlage auf Parzelle Nr. 1186/2, KG K, (ehemalige "Xmühle")" zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 2. Juni 1986 über verschiedene Mängel seines Projektes informiert und aufgefordert worden, bis 30. Juni 1986 entsprechende Ergänzungen vorzunehmen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin mit Eingabe vom 30. Juni 1986 um Verlängerung der Frist zur Vorlage der ergänzenden Projektsunterlagen bis 31. Oktober 1986 angesucht. Dem habe die Behörde erster Instanz insofern entsprochen, als eine Fristerstreckung bis 30. August 1986 gewährt worden sei. Am 29. August 1986 sei bei der Behörde erster Instanz ein neuerliches Ansuchen des Beschwerdeführers um Erstreckung der Frist bis 15. Oktober 1986 eingelangt. Nach Ansicht der Behörde erster Instanz sei dem Beschwerdeführer ausreichend Zeit zur Ergänzung seines Ansuchens eingeräumt worden. Die dem Ansuchen anhaftenden Formgebrechen bestünden im wesentlichen darin, daß wichtige Planunterlagen, wie ein Lageplan mit eingetragenen Grundstücksparzellen, ein Längenschnitt, eine Staulinie, die Zustimmung der betroffenen Grundstückseigentümer, insbesondere der Wassergenossenschaft O und der Republik Österreich (öffentliches Wassergut) fehlten. Der Beschwerdeführer sei nicht legitimiert, für die Wassergenossenschaft O bzw. als deren Obmann aufzutreten. Da die dem Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung anhaftenden wesentlichen Mängel nicht innerhalb der von der Behörde erster Instanz gesetzten Fristen behoben worden seien, sei das Ansuchen zurückzuweisen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, urlaubsbedingt seien durch das Vorhaben berührte Nachbarn und Anrainer innerhalb der für die Verbesserung des Bewilligungsansuchens eingeräumten bzw. verlängerten Frist nicht erreichbar gewesen. Hinsichtlich des Projektanten entstandene "Ungereimtheiten" hätten zu einer zusätzlichen Verzögerung geführt. In dieser Hinsicht beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme mehrerer von ihm namhaft gemachter Personen als Zeugen. Die Ansicht der Behörde erster Instanz, die Frage der Eigenschaft des Beschwerdeführers als Obmann der Wassergenossenschaft O sei bereits durch ein Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis entschieden worden, entspreche nicht den Tatsachen. Im übrigen stehe der erstinstanzliche Bescheid auch deshalb nicht mit dem Gesetz im Einklang, weil bisher noch nicht über das Fristerstreckungsansuchen des Beschwerdeführers vom 29. August 1986 entschieden worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. November 1986 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 eingeräumte Frist zur Verbesserung seines Bewilligungsansuchens sei als durchaus angemessen anzusehen. Ein Anspruch der Partei auf Erstreckung einer derartigen Frist bestehe nicht. Da der Beschwerdeführer die ihm mitgeteilten Mängel nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist behoben habe, sei sein Ansuchen zurückzuweisen gewesen. Die Nachreichung der fehlenden Unterlagen durch den Beschwerdeführer sei erst nach Ablauf der Frist und nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgt und könne daher für das zurückgewiesene Ansuchen keine Wirkung mehr entfalten. Darüber hinaus seien aber die nachgereichten Unterlagen unabhängig von einer technischen Beurteilung durch einen Amtssachverständigen im Sinne des § 103 WRG 1959 fehlerhaft. So fehlten einerseits noch immer Erklärungen der betroffenen Grundstückseigentümer im Sinne des § 103 lit. e WRG 1959, andererseits seien Erklärungen von Personen beigebracht worden, die im Grundstücksverzeichnis nicht angeführt worden seien. Eine Zustimmungserklärung der Wassergenossenschaft am Oberen Ybbser Mühlbach zur Inanspruchnahme ihres Grundeigentums sei nicht beigebracht worden. Die Behauptung, der Beschwerdeführer sei Wasserberechtigter der Postzahl n1 des Wasserbuches für den politischen Bezirk Melk, sei auf Grund der Versteigerung der X-mühle, mit der dieses Wasserbenutzungsrecht verbunden sei, unrichtig. Eine Erklärung der außerbücherlichen Eigentümerin liege nicht vor. Der Beschwerdeführer sei auf Grund eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1985 nicht legitimiert, Eingaben namens der Wassergenossenschaft O einzubringen. Bei den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnissen handle es sich um teilweise Behebungen von Berufungsentscheidungen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft aus formalen Gründen. Aussagen zur "Obmannfrage" seien daraus nicht ableitbar. Die Einvernahme von Zeugen habe sich im Hinblick darauf erübrigt, daß es sich lediglich um die Ergänzung von Projektsunterlagen, die vom Beschwerdeführer beizubringen gewesen seien, gehandelt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der angefochtene Bescheid als "rechtswidrig und gegen die Verfahrensvorschriften" erachtet wird. Es sei nicht möglich gewesen, umfassende und rechtsverbindliche Erklärungen von den durch das Vorhaben berührten Personen zu erlangen, weil diese einer Wasserrechtsverhandlung und der Möglichkeit der Besprechung mit den Amtssachverständigen nicht hätten vorgreifen wollen. Ein Beschluß der Wassergenossenschaft sei vorgelegt worden. Es sei rechtswidrig, genossenschaftsinterne Vorgänge, welche die belangte Behörde "nicht wahrhaben" wolle, als nicht existent zu behandeln. Hinsichtlich der X-mühle sei zwar ein Versteigerungsverfahren anhängig, doch sei ein rechtskräftiger Zuschlag bis dato nicht erfolgt. Aus diesem Grund sei es rechtswidrig, den Beschwerdeführer nicht als Wasserberechtigten der Postzahl 62 des Wasserbuches Melk zu bezeichnen und von der Nochnichteigentümerin der X-mühle eine "wasserrechtliche Erklärung" zu verlangen. Aus dem Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis Zlen. 81/07/0165, 0166 sowie aus einer eidesstattlichen Erklärung des "behördlich derzeit anerkannten Obmannes" Ing. E.S. ergebe sich, daß der Beschwerdeführer der rechtmäßig gewählte Obmann der Wassergenossenschaft sei. Es sei wohl richtig, daß dem Beschwerdeführer kein Rechtsanspruch auf eine Fristerstreckung zustehe, doch habe die Behörde über einen derartigen Antrag zu entscheiden. Einen Antrag nur zu erwähnen und auf das Fehlen eines Rechtsanspruches hinzuweisen, sei zu wenig. In dieser Hinsicht sei auf das Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 24. Februar 1959, Zl. 2306/58, zu verweisen. Die Ablehnung der Anträge des Beschwerdeführers (gemeint wohl auf Zeugeneinvernahmen) ohne nähere Begründung und lediglich mit dem "lapidaren Hinweis" auf den Verfahrensgegenstand - nämlich Ergänzung von Projektsunterlagen - entspreche nicht den Verfahrensvorschriften. Dies gelte insbesondere auch für die beantragte Einvernahme des Projektanten des Vorhabens, der als Ziviltechniker zur Vertretung und Beratung in technischen Angelegenheiten berechtigt sei. Der angefochtene Bescheid sei nicht nur rechtswidrig, sondern auch unfair, weil mit ihm ein "gutes, von der breiten Öffentlichkeit nicht unfreundlich aufgenommenes wasserrechtliches Projekt" ohne öffentliches Verfahren "abzuwimmeln oder abzuwürgen" versucht werde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 1 WRG 1959 müssen Gesuche um Verleihung von wasserrechtlichen Bewilligungen, insofern sich nicht das eine oder das andere Erfordernis nach der Natur des Unternehmens als entbehrlich darstellt, neben den von einem Fachkundigen entworfenen Plänen, Zeichnungen und erläuternden Bemerkungen enthalten:

........

d) die Darstellung der davon zu erwartenden Vorteile oder der

im Falle der Unterlassung zu besorgenden Nachteile; bei

Wasserkraftanlagen die Angabe, ob sie für den eigenen Bedarf oder

für den Betrieb einer Stromlieferungsunternehmung dienen sollen,

in welchem Falle die Bewilligung zum Betriebe einer

Stromlieferungsunternehmung im Sinne des Elektrizitätsgesetzes

nachzuweisen ist; e) die Angabe aller Wasserberechtigten und

sonstigen Personen, deren Rechte durch das beabsichtigte

Unternehmen berührt werden, mit ihren allfälligen Erklärungen;

f) die Angabe der Grundstücke und Wasserwerke, die abzutreten

oder mit Dienstbarkeiten zu belasten wären, unter Namhaftmachung

der Eigentümer und der Wasserberechtigten;

.......

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 berechtigen Formgebrechen schriftlicher Eingaben wie auch das Fehlen einer Unterschrift an sich die Behörde noch nicht zur Zurückweisung; sie hat deren Behebung von Amts wegen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen oder die schriftliche Bestätigung telegrafischer oder mündlicher Anbringen mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Im Beschwerdefall ist unbestritten und steht im Einklang mit der Aktenlage fest, daß das vom Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Melk als Wasserrechtsbehörde erster Instanz eingebrachte Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung für die gegenständlich geplante Wasserkraftanlage zumindest keine Angaben über die durch das Vorhaben betroffenen Grundstücke bzw. deren Eigentümer sowie keinen Längenschnitt und auch keine Darstellung der Staulinie enthielt. Ebenso unbestritten ist, daß die in dieser Hinsicht dem Beschwerdeführer aufgetragene Nachreichung von Projektsunterlagen innerhalb der ihm hiefür gesetzten und in der Folge erstreckten Frist nicht erfolgt ist. Da gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlen von Beilagen, deren Beschaffung der Partei aus eigener Initiative möglich ist, zu den nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 zu behebenden Formgebrechen gehört (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 1. März 1960, Slg. 5224/A, und vom 28. März 1977, Slg. 9284/A), steht der dem Beschwerdeführer erteilte fristgebundene Auftrag zur Behebung der seinem Ansuchen anhaftenden Mängel in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage.

Wohl hat der Beschwerdeführer nach Ablauf der ihm in teilweiser Stattgebung seines Ansuchens um Fristerstreckung eingeräumten Frist Unterlagen nachgereicht, doch kann diese Nachreichung in bezug auf das ursprüngliche Ansuchen keinerlei Wirkung mehr entfalten, weil dieses Ansuchen von der Behörde erster Instanz bereits vor der Nachreichung der Unterlagen zurückgewiesen worden war (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Wien 1987, Rdz 161). Eine Berücksichtigung dieser verspäteten Nachreichung durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde konnte schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil im Fall der Zurückweisung eines Parteienantrages die Berufungsbehörde nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über den zurückgewiesenen Antrag entscheiden darf (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 25. April 1951, Slg. 2066/A, und vom 25. November 1980, Slg. 10.305/A).

Aber auch aus der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Unterlassung einer Entscheidung über seinen weiteren am 29. August 1986 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Fristerstreckungsantrag ist für ihn nichts zu gewinnen. Denn die Möglichkeit der Verlängerung einer für die Verbesserung eines Antrages gesetzten Frist hat nicht zur Folge, daß der Ablauf der Verbesserungsfrist durch den Antrag auf Verlängerung gehemmt würde (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 20. Jänner 1961, Slg. 2369/F).

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Beibringung der von ihm nachzureichenden Unterlagen und hier vor allem die der Erklärungen der vom beabsichtigten Vorhaben berührten Parteien sei ihm wegen der Urlaubszeit innerhalb der ihm eingeräumten bzw. verlängerten Frist nicht möglich gewesen, ist festzuhalten, daß das Erfordernis der Belegung eines Ansuchens um wasserrechtliche Bewilligung für eine Wasserkraftanlage mit derartigen Unterlagen bereits dem Text des § 103 Abs. 1 WRG 1959 zu entnehmen ist. Es wäre sohin zumutbare Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, sein Ansuchen bereits für die Einreichung bei der Behörde erster Instanz dieser Verpflichtung entsprechend mit den gesetzlich geforderten Beilagen auszustatten. Angesichts dieser Rechtslage kann der Behörde erster Instanz und sohin auch der belangten Behörde nicht der Vorwurf rechtswidrigen Handelns gemacht werden, wenn sie, gerechnet ab der Zustellung des Verbesserungsauftrages an den Beschwerdeführer am 4. Juni 1986, eine Frist von nahezu drei Monaten als für die Nachreichung der noch erforderlichen Unterlagen ausreichend angesehen und dementsprechend festgesetzt hat.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte ungeprüft bleiben, ob und inwieweit die dem ursprünglichen Ansuchen beigelegte, als Beschluß bezeichnete und vom Beschwerdeführer als Obmann unterfertigte Erklärung der Wassergenossenschaft O hinsichtlich der Berechtigung des Beschwerdeführers als Obmann dieser Wassergenossenschaft anzusehen ist.

Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Wien, am 3. Dezember 1987

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