VwGH 86/09/0153

VwGH86/09/015322.10.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Griesmacher, Mag. Meinl, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge, über die Beschwerde des Dr. GD in O, vertreten durch Dr. Hans Exner, Rechtsanwalt in Judenburg, Friedhofgasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. August 1986, Zl. 12-168 D 5/4-1985, betreffend Übertretung nach dem Strahlenschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

StrSchG 1969 §2 litk idF 1986/396;
StrSchG 1969 §2 litl idF 1986/396;
StrSchG 1969 §24 Abs1 idF 1986/396;
StrSchG 1969 §31 Abs1;
StrSchG 1969 §39 Abs2 idF 1986/396;
StrSchG 1969 §7;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
StrSchG 1969 §2 litk idF 1986/396;
StrSchG 1969 §2 litl idF 1986/396;
StrSchG 1969 §24 Abs1 idF 1986/396;
StrSchG 1969 §31 Abs1;
StrSchG 1969 §39 Abs2 idF 1986/396;
StrSchG 1969 §7;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In der Ordination des Beschwerdeführers, der Zahnarzt ist, befinden sich zwei Röntgeneinrichtungen, von denen eine nur zahnmedizinischen Zwecken dient und die zweite ortsveränderliche Anlage sowohl für zahnmedizinische als auch Extremitätenaufnahmen bzw. Schädelaufnahmen verwendet wird. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19. Juli 1978 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 10 Strahlenschutzgesetz, BGBl. Nr. 277/1969 (StrSchG), hiefür die Betriebsbewilligung unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt.

Die im Beschwerdefall relevanten Auflagen 5, 6 und 11 lauten:

"5.) Die an den Röntgeneinrichtungen tätigen Personen sind einer dauernden physikalischen Überwachung mit entsprechenden Personendosimetern zu unterziehen.

6.) Die an den Röntgeneinrichtungen tätigen Personen sind einer ärztlichen Überwachung gem. der Strahlenschutzverordnung durch einen hiezu ermächtigten Arzt zu unterziehen (mind. 1 x jährlich).

11.) Der Strahlenschutzbeauftragte hat längstens bis zum 30.6.1979 seine Ausbildung gem. der Strahlenschutzverordnung der Behörde nachzuweisen, da trotz der gesetzlichen Bestimmungen die seit dem 1.1.1971 bzw. seit Februar 1972 in Geltung stehen, weder die notwendigen Strahlenschutzmittel für den Patientenschutz, noch die erforderliche Personendosimetrie und die ärztlichen Überwachungen durchgeführt wurden."

Als "Vollendungsfrist (ausgenommen Punkt 11)" wurde der 30. Oktober 1978 festgelegt. In der Begründung dieses Bescheides findet sich ein Hinweis, dass sich der Beschwerdeführer selbst als Strahlenschutzbeauftragter namhaft gemacht hat.

Nach Durchführung einer Überprüfung gemäß § 17 StrSchG sprach die Bezirkshauptmannschaft Judenburg in ihrem Bescheid vom 4. Jänner 1980 aus, dass gegen den Betrieb der Röntgeneinrichtungen des Beschwerdeführers keine Bedenken bestünden, wenn die noch offenen Auflagen bis zum 31. März 1980 erfüllt werden würden, wobei hinsichtlich der Auflage 11 des Bewilligungsbescheides die Frist bis 31. Dezember 1980 erstreckt wurde, und die Dauerbedingungen weiterhin eingehalten würden. Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass unter anderem die Auflage 5 des Bewilligungsbescheides teilweise, die Auflagen 6 und 11 zur Gänze nicht erfüllt worden seien. Die vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachte Berufung, in der er wegen Unzumutbarkeit der Erfüllung nur die Aufhebung der Auflage 11 des angefochtenen Bescheides begehrte, wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von 16. April 1982 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen, weil sich nach Auffassung der Berufungsbehörde diese Berufung ihrem Inhalt nach ausschließlich gegen Punkt 11 des bereits längst in Rechtskraft erwachsenen Betriebsbewilligungsbescheides der Behörde erster Instanz vom 19. Juli 1978 gerichtet hätte.

In der Folge wurde zwischen dem Beschwerdeführer und der Behörde erster Instanz ein Schriftverkehr geführt, der insbesondere auch die Einhaltung der Auflagen 5, 6 und 11 des Betriebsbewilligungsbescheides vom 19. Juli 1978 betraf. Soweit es aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist, geht daraus hervor, dass der Beschwerdeführer zur Auflage 5 (physikalische Kontrolle mit Personendosimetern) in seinem Schreiben vom 8. November 1982 unter Vorlage von Unterlagen, die allerdings nur seine Gattin betrafen, angab, dass dieser Punkt der Auflagen nunmehr erfüllt worden sei. Hingegen lehnte der Beschwerdeführer die ärztliche Kontrolluntersuchung seiner Person im Sinn des Punktes 6 der Auflagen stets aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil er der einzige an der Röntgeneinrichtung Tätige sei und er mit seiner Gesundheit machen könne, was er wolle. Nach Vorhalt eines Überprüfungsberichtes aus dem Jahre 1983 erklärte der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 27. Mai 1984 unter anderem auch bezüglich der Auflage 4 (richtig 5) (Dosimeterkontrolle), dass nur er von dieser Bestimmung betroffen sei. Er lehne daher aus den gleichen Gründen, wie er sie zur Auflage 6 vertreten habe, die Erfüllung dieser Auflage ab.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 5. November 1985 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, nicht alle Auflagen des (Betriebsbewilligungs)Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19. Juli 1978 erfüllt zu haben und zwar die (jeweils wörtlich wiedergegebenen) Auflagen 5, 6 und 11. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 30 und 39 Abs. 2 lit. a StrSchG begangen und es werde gemäß § 39 Abs. 2 StrSchG gegen ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von eineinhalb Tagen) verhängt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers, in der er im wesentlichen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im angefochtenen Bescheid angewendeten Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes äußerte, brachte er vor, die Kontrolle mittels Personendosimetern habe er nach November 1982 eingestellt. Er wies insbesondere darauf hin, dass nur er an den Röntgeneinrichtungen tätig und somit keine dritte Person gefährdet sei. Hinsichtlich der Auflage 11 bemerkte der Beschwerdeführer, es seien bereits 1978 näher bezeichnete Strahlenschutzmittel geliefert worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass der Spruch wie folgt lautet:

"Dr. GD, geboren am 5.2.1928, Distriktsarzt, hat es unterlassen, im Zusammenhang mit den Auflagen 5, 6, und 11 des Betriebsbewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19. Juli 1978, GZ: 12 D 21/11-1978,

a) die bei seiner Röntgeneinrichtung tätigen beruflich strahlenexponierten Personen einer dauernden physikalischen Überwachung (§ 24 Strahlenschutzverordnung) mit entsprechenden Personendosimetern zu unterziehen;

b) die beruflich strahlenexponierten Personen seiner Ordination einer jährlichen ärztlichen Untersuchung (§ 17 Strahlenschutzverordnung) zu unterziehen sowie

c) die im Punkt 11 des vorangeführten Betriebsbewilligungsbescheides verfügte zusätzliche Ausbildung zum Strahlenschutzbeauftragten gemäß § 28 Anlage 6 der Strahlenschutzverordnung nachzuweisen; da ungeachtet behördlicher Aufforderung weder die erforderlichen Strahlenschutzmittel für den Patientenschutz noch die nach der Strahlenschutzverordnung geforderte Personendosimetrie und die ärztlichen Kontrolluntersuchungen durchgeführt und veranlasst worden sind, hat der Beschuldigte dadurch eine Verwaltungsübertretung zu a) gemäß § 39 Abs. 2 a im Zusammenhang mit den §§ 30 und 31 des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, in Verbindung mit den §§ 16 und 17 der Strahlenschutzverordnung;

zu b) gemäß § 39 Abs. 2 lit. b im Zusammenhang mit dem § 36f des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, in Verbindung mit dem § 24 der Strahlenschutzverordnung und

zu c) gemäß § 39 Abs. 2 lit. c des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, im Zusammenhang mit der Verfügung im Punkt 11 des Betriebsbewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19. Juli 1978 begangen."

In der Begründung dieses Bescheides wurde nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Spruches, der Berufungsausführungen und der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen ausgeführt, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Verpflichtung der physikalischen Kontrolle und ebenso der ärztlichen Kontrolle für alle beruflich strahlenexponierten Personen gelte, ganz gleichgültig, ob sie sich (wie der Beschwerdeführer) in freiberuflicher Stellung oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses befänden. Der Beschwerdeführer verkenne somit die Sachlage des Zweckes des Strahlenschutzes, nämlich Maßnahmen zum Zwecke des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen zu setzen. Beim Betrieb einer Röntgendiagnostikeinrichtung könnten auch in der Zahnmedizin ionisierende Strahlen auf beruflich strahlenexponierte Personen einwirken. Wenn der Beschwerdeführer die Durchführung der Personendosimetrie bzw. der ärztlichen Kontrolluntersuchungen in seiner Ordination grundsätzlich ablehne, stehe er damit im krassen Widerspruch zu der im Strahlenschutzgesetz festgelegten Verpflichtung für beruflich strahlenexponierte Personen und begehe durch die Nichteinhaltung dieser Bestimmung fortlaufend die im angefochtenen Straferkenntnis festgestellten Verwaltungsübertretungen. Bezüglich der Nichterbringung des zusätzlichen Nachweises einer entsprechenden Strahlenschutzausbildung nach § 28 Anlage 6 der Strahlenschutzverordnung müsse im Zusammenhang mit der Übergangsbestimmung des § 124 der Strahlenschutzverordnung festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer gegen eine derartige Vorschreibung im Betriebsbewilligungsverfahren nach dem Strahlenschutzgesetz die Möglichkeit gehabt hätte, das entsprechende Rechtsmittel dagegen zu ergreifen. Zweifelsohne falle der Beschwerdeführer unter die im § 124 der Strahlenschutzverordnung im ersten Satz fixierten Übergangsbestimmung, weil er bereits vor dem 1. Jänner 1971 beim Betrieb von Strahleneinrichtungen den Strahlenschutz wahrgenommen habe und diesbezüglich im bisher ausgeübten Umfang vom Nachweis einer Strahlenschutzausbildung befreit wäre. Im gegenständlichen Fall aber habe die Behörde allein schon wegen der Nichteinhaltung der Schutzbestimmungen des Strahlenschutzgesetzes in Bezug auf die Durchführung einer Personendosimetrie und einer ärztlichen Kontrolle zu dem Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführer nicht die entsprechende Einstellung zu den Gesetzeskriterien des Strahlenschutzgesetzes besitze und nicht bereit und in der Lage sei, die im Strahlenschutzgesetz geforderten Maßnahmen zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen zu erfüllen. Es werde daher durch die Nichterfüllung der im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19. Juli 1978 verfügten zusätzlichen Strahlenschutzausbildung ebenfalls der Tatbestand des § 39 Abs. 2 lit. c des Strahlenschutzgesetzes erfüllt, weshalb sich der Beschwerdeführer dadurch der festgestellten Verwaltungsübertretung schuldig mache.

Weiters wird in der Begründung ausgeführt, der Beschwerdeführer übersehe in der in seiner Berufungsschrift dargelegten Auffassung vollkommen den Zweck dieser im Strahlenschutzgesetz fixierten Schutzmaßnahmen in Form der Durchführung einer physikalischen und ärztlichen Kontrolle; denn es komme beim Betrieb einer Röntgendiagnostikeinrichtung nach dem Strahlenschutzgesetz nicht darauf an, ob die beruflich strahlenexponierte Person, die damit arbeite, eine Strahlenbelastung tatsächlich erhalte, sondern ob auf Grund der strahlenexponierten Tätigkeit allein die Möglichkeit bestehe, eine derartige Strahlenbelastung durch ionisierende Strahlen zu erhalten. Die Nichteinhaltung der im Strahlenschutzgesetz festgesetzten Schutzerfordernissse sowie der sich darauf gründenden behördlichen Verfügungen bedeute daher eine Verwaltungsübertretung, wodurch der im Spruch festgestellte strafbare Tatbestand begangen worden sei. Bezüglich des abgeänderten Spruches des Straferkenntnisses werde darauf hingewiesen, dass die Aufnahme der im Strahlenschutzgesetz fixierten bzw. in der Strahlenschutzverordnung ausgeführten Maßnahmen für die physikalische und ärztliche Kontrolle zusätzlich in Form einer behördlichen Vorschreibung im jeweiligen Bewilligungsbescheid lediglich hinweisenden Charakter besitze und nicht von einer generellen Norm in eine individuelle in Bescheidform geändert werden könne. Es sei daher die jeweilige Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmung und nicht die bezughabende Auflage des Betriebsbewilligungsbescheides übertreten worden, zumal dadurch das Prinzip der generellen Gültigkeit dieser Norm durchbrochen würde. Es sei daher der gesetzlich strafbare Tatbestand direkt der bezughabenden Bestimmung des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung zu unterwerfen gewesen.

Hinsichtlich der Strafbemessung wurde ausgeführt, die von der Behörde berücksichtigten Kriterien nach § 19 Abs. 1 und 2 VStG 1950 würden die im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Strafhöhe rechtfertigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriftengeltend gemacht wurde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden, als verletzt. Er bringt hiezu unter den Gesichtspunkten einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde sei nicht berechtigt gewesen, im Zuge des Berufungsverfahrens den offensichtlich unrichtigen Text des Straferkenntnisses erster Instanz abzuändern oder zu berichtigen. Weiters sei die Verhängung einer pauschalen Geldstrafe von 1000,-- S für drei Verwaltungsübertretungen unzulässig. Hinsichtlich der ihm im Spruch des angefochtenen Bescheides unter lit. a und lit. b zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen vermeint der Beschwerdeführer, er könne im Hinblick darauf, dass im Strahlenschutzgesetz im wesentlichen bei den zu schützenden Personen immer nur von Dienstnehmern und nicht Dienstgebern gesprochen werde und feststehe, dass ausschließlich er die Röntgenanlage bediene, nicht bestraft werden. Seiner Meinung nach sei jedermann, der durch seine berufliche Tätigkeit einer Strahlenbelastung ausgesetzt sei, auf Grund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes der persönlichen Freiheit berechtigt, zu entscheiden, die im Gesetz vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen zu treffen oder nicht. Abschließend führte der Beschwerdeführer aus, er sei auch zu Unrecht wegen der Unterlassung des Nachweises der zusätzlichen Ausbildung zum Strahlenschutzbeauftragten bestraft worden, weil er auf Grund der Übergangsbestimmung des § 124 der Strahlenschutzverordnung ausdrücklich vom Nachweis einer Strahlenschutzausbildung befreit sei. Wenn die Strafbestimmungen des § 39 Abs. 2 lit. c des Strahlenschutzgesetzes auch den Verstoß gegen Verfügungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes oder der darauf beruhenden Verordnung erlassen worden seien, pönalisierten, könne unter solchen "Verfügungen" wohl nicht eine mit dem Gesetz in Widerspruch stehende Auflage des Betriebsbewilligungsbescheides, die unbekämpft geblieben sei, verstanden werden.

Gemäß § 39 Abs. 2 des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969 in der Fassung BGBl. Nr. 396/1986, (StrSchG) machen sich Inhaber einer Bewilligung gemäß den §§ 5, 6, 7 oder 10, die nach lit. a) unter anderem der Bestimmung des § 31 Abs. 1, nach lit. b) den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder nach lit. c) den Verfügungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes oder der darauf beruhenden Verordnungen erlassen worden sind, zuwiderhandeln, einer Verwaltungsübertretung schuldig und sind mit Geldstrafen bis zu S 20.000,-- oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 31 Abs. 1 StrSchG ist der Gesundheitszustand beruflich strahlenexponierter Personen periodisch wiederkehrend durch ärztliche Untersuchungen zu kontrollieren. Nach § 17 Abs. 1 der Strahlenschutzverordnung BGBl. Nr. 47/1972, (StrSchVO) haben diese Untersuchungen eine a) Zwischenanamnese, b) allgemeine klinische Untersuchung, c) Beurteilung der Ergebnisse der physikalischen Kontrolle, d) Laboratoriumsuntersuchungen, wie kompletter Blut- und Harnbefund zu umfassen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind die periodisch wiederkehrenden Untersuchungen in Abständen von einem Jahr durchzuführen.

§ 36 StrSchG verpflichtet die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Verordnung unter anderem nähere Vorschriften darüber zu erlassen, in welchen zeitlichen Abständen sowie in welcher Art und Weise die ärztliche und physikalische Kontrolle durchzuführen ist (lit. f, erster Halbsatz).

Gemäß § 24 Abs. 1 StrSchVO sind die von beruflich strahlenexponierten Personen durch Einstrahlung von außen erhaltenen Dosen zu kontrollieren. Zu diesem Zweck ist während der Tätigkeit im Strahlenbereich stets ein Dosimeter am Rumpf zu tragen.

"Beruflich strahlenexponierte Personen" sind gemäß § 2 lit. k Personen, die sich in Kontrollbereichen aufhalten oder Personen, die mit offenen radioaktiven Stoffen, deren Aktivität und Halbwertszeit bestimmte Werte übersteigt, unter besonderen Bedingungen arbeiten, sowie Strahlenschutzbeauftragte. Der Kontrollbereich ist im § 2 lit. h näher umschrieben; auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 3 StrSchG sind im § 2 StrSchVO in Verbindung mit § 12 Abs. 3 und 6 leg. cit. nähere Bestimmungen getroffen.

"Strahlenschutzbeauftragter" ist eine Person, die für die in Betracht kommende Tätigkeit körperlich und geistig geeignet ist, für diese nachweislich hinreichende Kenntnisse im Strahlenschutz besitzt und mit dessen Wahrnehmung vom Bewilligungsinhaber oder dessen Geschäftsführer betraut ist (§ 2 lit. l StrSchG). Im Sinne der Verordnungsermächtigung des § 36 lit. b StrSchG treffen die Bestimmungen der §§ 28 bis 30 und die Anlage 6 StrSchVO nähere Bestimmungen über die Anforderungen an die Kenntnisse von Strahlenschutzbeauftragten. Die Übergangsbestimmung des § 124 StrSchVO befreit denjenigen der am 1. Jänner 1971 beim Umgang mit radioaktiven Stoffen oder beim Betrieb von Strahleneinrichtungen den Strahlenschutz wahrzunehmen hatte, hinsichtlich dieser Tätigkeit im bisher ausgeübten Umfang vom Nachweis einer Strahlenschutzausbildung im Sinne der §§ 28 bis 30 dieser Verordnung; wenn es zum Schutze des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen erforderlich ist, hat jedoch die Behörde zu verlangen, dass innerhalb einer angemessenen Frist der Nachweis einer solchen Strahlenschutzausbildung erbracht wird.

Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, er komme als Dienstgeber hinsichtlich der ihm unter lit. a und lit. b des angefochtenen Bescheides zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht als Täter in Betracht, ist ihm entgegenzuhalten, dass das Strahlenschutzgesetz bei der Umschreibung des Personenkreises der beruflich strahlenexponierten Personen nicht zwischen den Inhabern von Bewilligungen nach dem Strahlenschutzgesetz, Dienstgebern oder Dienstnehmern differenziert. Vielmehr ist nach § 2 lit. k und l in Verbindung mit § 3 StrSchG und den oben genannten Bestimmungen der Strahlenschutzverordnung abzuleiten, dass jedermann (arg.: eine Person), der eine der dort geregelten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt (Aufenthalt im Kontrollbereich; Arbeit mit bestimmten Stoffen unter bestimmten Bedingungen; Betrauung mit der Funktion eines Strahlenschutzbeauftragten) zum Kreis der beruflich strahlenexponierten Personen gehört. Das Strahlenschutzgesetz schließt auch nicht aus, dass der Inhaber einer Bewilligung gemäß § 7 selbst die Funktion eines Strahlenschutzbeauftragten übernimmt und damit die im § 7 Abs. 4 lit. b notwendige Voraussetzung (Bestellung eines Strahlenschutzbeauftragten) für die Erteilung der Betriebsbewilligung auf diese Weise erfüllt. In einem solchen Fall gehört der Inhaber einer Bewilligung nach § 7 StrSchG gemäß § 2 lit. k leg. cit. ex lege zum Kreis der beruflich strahlenexponierten Personen. Das Strahlenschutzgesetz und die darauf beruhende Strahlenschutzverordnung enthalten eine Vielzahl von Bestimmungen, die sich auf die beruflich strahlenexponierten Personen beziehen, die - generell gesehen - der Zielsetzung des Strahlenschutzgesetzes entsprechen, wie sie etwa auch in seinem § 1 zum Ausdruck kommt, Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen vorzusehen. Mangels einer Differenzierung in der anknüpfenden Strafnorm begeht daher der Inhaber einer Bewilligung nach dem Strahlenschutzgesetz, der auf Grund seiner Tätigkeit oder Funktion selbst zum Kreis der beruflich strahlenexponierten Personen gehört, eine Verwaltungsübertretung, wenn er es unterlässt, die jeweils zum Schutze dieses Personenkreises getroffenen Maßnahmen bezüglich seiner Person durchzuführen.

An dieser aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen des Strahlenschutzgesetzes gewonnenen Auslegung ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die unterschiedliche sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung von Dienstnehmern und Dienstgebern nichts. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes findet sich nämlich kein Anhaltspunkt dafür, dass zur Lösung der hier behandelten Frage des Strahlenschutzgesetzes auf Normen aus anderen Regelungsbereichen zurückgegriffen werden muss.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Bedenken geltend macht und anregt, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zwecks Überprüfung der (im Beschwerdefall) maßgebenden Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung auf ihre Verfassungsmäßigkeit weiterzuleiten, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1986, B 356/85-8, verwiesen. Aus der Sicht des Beschwerdefalles sind beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsgesetzlichen Bedenken gegen die anzuwendenden Rechtsvorschriften entstanden.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer für die beiden in seiner Ordination untergebrachten zahnmedizinischen Röntgenanlagen Inhaber einer Betriebsbewilligung gemäß § 7 StrSchG ist, er die Funktion eines Strahlenschutzbeauftragten ausübt und er die genannten Anlagen bedient. Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer als Täter der ihm unter lit. a und lit. b des angefochtenen Bescheides zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in Betracht kommt.

Die Beschwerde erweist sich dennoch im Ergebnis als berechtigt.

Bereits das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Verhängung einer pauschalen Geldstrafe von S 1.000,-- für drei Verwaltungsübertretungen sei unzulässig gewesen, trifft zu.

Aus der Verschiedenartigkeit des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Fehlverhaltens im Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt sich nämlich, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Begehung dreier selbstständiger Taten zur Last gelegt hat. Diese rechtliche Bewertung erfolgte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdefall zu Recht, weil jeweils das Zuwiderhandeln gegen eine der unter lit. a, b und c des Spruchs des angefochtenen Bescheides genannten Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes den Tatbestand einer eigenen Verwaltungsübertretung darstellt, für deren Verwirklichung ein jeweils gesonderter Willensentschluss des Beschwerdeführers erforderlich war und darüber hinaus die angewendeten Strafbestimmungen zueinander erkennbar weder im Verhältnis der Subsidiarität, der Spezialität oder der Konsumtion stehen. Hat jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, so sind gemäß § 22 Abs. 1 VStG 1950 die Strafen nebeneinander zu verhängen. Mangels Formulierung eines eigenen Strafausspruches hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid durch die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers und die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz deren Strafausspruch, wonach gemäß § 39 Abs. 2 StrSchG über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von eineinhalb Tagen) verhängt wurde, übernommen. Die Verhängung einer "Pauschal" Strafe für mehrere (selbstständige) Verwaltungsübertretungen, bei der nicht erkennbar ist, welches Strafausmaß welcher Verwaltungsübertretung zuzurechnen ist, verstößt aber gegen die im § 19 VStG 1950 festgelegten Grundsätze der Strafbemessung.

Allerdings würde diese Rechtswidrigkeit nur zur Aufhebung des Strafausspruches führen. Darüber hinaus erweist sich aber auch der Schuldausspruch aus folgenden Überlegungen als rechtswidrig:

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Bestimmung wird nur dann entsprochen, wenn im Spruch alle jene Tatmerkmale enthalten sind, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, durch die also die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, dass einerseits kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist, und anderseits die Möglichkeit ausgeschlossen wird, dass er etwa wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen werden könnte. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Anführung der Tatzeit im Spruch des Bescheides in der Regel zur Individualisierung und Konkretisierung der Tat erforderlich. Wurde die Tat während eines längeren Zeitraumes begangen, muss dessen Anfang und Ende eindeutig umschrieben werden (vgl. dazu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1983, Zl. 82/04/0156 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Diesem Erfordernis wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Die belangte Behörde geht bezüglich der dem Beschwerdeführer unter lit. a und b des angefochtenen Bescheides zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in der Begründung ausdrücklich davon aus, dass der Beschwerdeführer durch die Nichteinhaltung der ihn treffenden Verpflichtung zur Durchführung ärztlicher Kontrolluntersuchungen bzw. von physikalischen Kontrollen fortlaufend die festgestellten Verwaltungsübertretungen begangen habe. Ausgehend von dieser Rechtsansicht wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, im Spruch des angefochtenen Bescheides anzuführen, in welchem Zeitraum das vorschriftswidrige Verhalten gesetzt und aufrechterhalten wurde. Dazu wäre die belangte Behörde umsomehr verpflichtet gewesen, als sich aus der Aktenlage bezüglich der unter Punkt a zur Last gelegten Verwaltungsübertretung Unklarheiten ergeben, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung zuwidergehandelt hat.

Bezüglich der dem Beschwerdeführer gemäß lit. c des angefochtenen Bescheides zur Last gelegten Verwaltungsübertretung (Nichterbringung des Nachweises einer Strahlenschutzausbildung) weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der in Rechtskraft erwachsene Überprüfungsbescheid der Behörde erster Instanz vom 4. Jänner 1980 ausdrücklich die Erfüllungsfrist der Auflage 11 des Betriebsbewilligungsbescheides vom 19. Juli 1978 bis 31. Dezember 1980 "erstreckt" hat. Dies bedeutet nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung wegen Nichterfüllung der Auflage 11 des Bewilligungsbescheides vom 19. Juli 1978 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 4. Jänner 1980 frühestens ab 1. Jänner 1981 begehen konnte. Das in der Nichterfüllung der Auflage 11 des Betriebsbewilligungsbescheides vom 19. Juli 1978 in seiner Stammfassung liegende Verhalten, das frühestens ab 1. Juli 1979 strafbar war, hat spätestens mit Rechtskraft des Überprüfungsbescheides vom 4. Jänner 1980 - diese trat im Hinblick auf die Zurückweisung der Berufung mit Ablauf der Berufungsfrist am 7. März 1980 ein - aufgehört und ist im Hinblick auf § 31 VStG mangels einer rechtzeitigen dem Gesetz entsprechenden Verfolgungshandlung als verjährt anzusehen. Dessen ungeachtet hat die Behörde erster Instanz in ihrem Straferkenntnis dem Beschwerdeführer die Nichterfüllung der Auflage 11 des Betriebsbewilligungsbescheides vom 19. Juli 1978 (in der Stammfassung) zur Last gelegt. Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie die Verjährung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht von Amts wegen wahrgenommen hat, sondern - wenn auch mit anderer Formulierung aber inhaltlich identisch - diesen Strafvorwurf aufrecht erhalten hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesen Gründen im gesamten Umfang als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war entbehrlich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Unter dem Titel "Barauslagen (Eing. Geb., Beilagengebühr)" angesprochener Ersatz konnte nur im Ausmaß der Stempelgebühren zuerkannt werden, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu entrichten waren.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 22. Oktober 1987

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