VwGH 86/07/0026

VwGH86/07/002630.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde 1) der EG, 2) der EA, 3) der EH, 4) des AT und 5) des FA, alle vertreten durch Dr. Rudolf Gürteler, Rechtsanwalt in Wien I, Seilergasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 9. Dezember 1985, Zl. 410.856/04-I 4/85, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Wehrgenossenschaft S, 2) und 3) Josef und Herta B, alle vertreten durch Dr. Herbert Hofbauer und Dr. Peter Krömer, Rechtsanwälte in St. Pölten, Riemerplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §68 Abs3;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §15 Abs1;
WRG 1959 §30;
AVG §42 Abs1;
AVG §68 Abs3;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §15 Abs1;
WRG 1959 §30;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- und den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Februar 1984 wurden den nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zweit- und drittmitbeteiligten Parteien gemäß §§ 9, 11, 12, 13, 15, 98 und 111 WRG 1959 näher bezeichnete Abänderungen einer Wasserkraftanlage zur Erzeugung von elektrischer Energie bewilligt, die Forderungen der Beschwerdeführer, eine Restwassermenge für die P festzulegen, aber mit der Begründung, die Konsenswassermenge werde nicht erhöht, zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 14. März 1984 stellte dieselbe Behörde gemäß §§ 50 und 98 WRG 1959 fest, daß die seitens der erstmitbeteiligten Partei vorgesehene Reparatur ihres Wehres - einer Anlage, über die ein Werksbach das Wasser von der P bezieht, an dem die vorher genannte Wasserkraftanlage liegt - reine Instandhaltungsmaßnahmen zum Inhalt hat und einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht bedarf; in der Begründung wurde ausgeführt, sollte die P tatsächlich eine längere Zeit des Jahres hindurch trocken liegen, könnten nur Maßnahmen gemäß § 68 Abs. 3 WRG (richtig: AVG 1950) vorgeschrieben werden. Als der Landeshauptmann von Niederösterreich über die Berufung der Beschwerdeführer als Fischereiberechtigte nicht binnen sechs Monaten entschied, stellten diese Devolutionsanträge an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, welcher nach ergänzenden Ermittlungen mit Bescheid vom 9. Dezember 1985 dem Devolutionsbegehren gemäß § 73 AVG 1950 entsprach, der Berufung gegen beide erstinstanzlichen Bescheide jedoch gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gab. Begründend wurde zur Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 14. März 1984 unter Hinweis auf § 15 Abs. 1 WRG 1959 und § 42 Abs. 1 AVG 1950 ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten in der mündlichen Verhandlung vom 25. Jänner 1984 gegen das Sanierungsprojekt keine der im § 15 WRG 1959 normierten Einwendungen erhoben, so daß ihr erstmaliges Vorbringen in der Berufung der Verschweigungswirkung des § 42 AVG 1950 unterliege und daher nicht mehr berücksichtigt werden könne. Zur Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 29. Februar 1984 wurde dargelegt, in den diesem Bescheid zugrundeliegenden Verhandlungen vom 27. April 1983, 7. September 1983 und 25. Jänner 1984 hätten die Fischereiberechtigten keine nach § 15 WRG 1959 zulässigen Anträge gestellt, sondern "hauptsächlich nur solche Einwände" vorgebracht, welche die Wehranlage und die damit im Zusammenhang stehende Restwassermenge, nicht das Verfahren über die Erweiterung der Wasserkraftanlage der Zweit- und Drittmitbeteiligten beträfen; ihre Einwände seien daher zu Recht von der Behörde erster Instanz zurückgewiesen worden.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer in dem "durch § 15 WRG gewährleisteten Recht auf Schutz vor die Fischerei schädigenden Verunreinigungen der Gewässer und Trockenlegung des Gerinnes P, des Rechtes auf Prüfung, ob ein unverhältnismäßiges Erschwernis vorliegt, sowie allenfalls auf angemessene Entschädigung verletzt" erachten.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 WRG 1959 können Fischereiberechtigte gegen die Bewilligung von Wasserbenutzungsrechten solche Einwendungen erheben, die den Schutz gegen der Fischerei schädliche Verunreinigungen der Gewässer, die Anlegung von Fischwegen (Fischpässen, Fischstegen) und Fischrechen sowie die Regelung der Trockenlegung (Abkehr) von Gerinnen in einer der Fischerei tunlichst unschädlichen Weise bezwecken. Diesen Einwendungen ist Rechnung zu tragen, wenn hiedurch der anderweitigen Wasserbenutzung kein unverhältnismäßiges Erschwernis verursacht wird. Andernfalls gebührt dem Fischereiberechtigten bloß eine angemessene Entschädigung (§ 117) für die nach fachmännischer Voraussicht entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile.

Die von der Erstmitbeteiligten angezeigten, im Bescheidspruch als Instandsetzung gewerteten Arbeiten an der Wehranlage waren Gegenstand nur einer der schon erwähnten mündlichen Verhandlungen, nämlich jener am 25. Jänner 1984. Alle Beschwerdeführer mit Ausnahme des Fünftbeschwerdeführers - welcher, ordnungsgemäß geladen, selbst anwesend war - wurden bei dieser Verhandlung, wie die Verhandlungsschrift ausweist, durch den Vertreter eines anderen, und zwar ordnungsgemäß geladenen, Beteiligten mitvertreten; da dieses Vertretungsverhältnis weder im Verwaltungsnoch im Beschwerdeverfahren von irgendeiner Seite angezweifelt wurde, geht auch der Verwaltungsgerichtshof von dessen ordnungsgemäßem Bestand aus, obwohl sich in den zur Verfügung stehenden Verwaltungsakten schriftliche Unterlagen hierüber nicht befinden. Das im Verhandlungsabschnitt über die Wehranlage von allen Beschwerdeführern erstattete Vorbringen - es sollte gleichermaßen "hinsichtlich obiger Sanierungsmaßnahmen als auch hinsichtlich des Werksbachprojektes" gelten - betrifft lediglich die zeitgerechte Verständigung der Fischereiberechtigten für die Abfischung. Unmittelbar anschließend daran wurde der Niederschrift zufolge eine laut verlesene schriftliche Erklärung der Beschwerdeführer "bezüglich der Vertiefung bzw. Verlegung des Werksbaches" zum Akt genommen, die auch in der Beschwerde wiedergegeben wird und, wie der Inhalt dieses Vorbringens im einzelnen zeigt, das Erweiterungsprojekt der Zweit- und Drittmitbeteiligten, nicht das Instandsetzungsvorhaben der Erstmitbeteiligten betraf. Damit sind Einwendungen der Beschwerdeführer in Hinsicht dieses letzteren unterblieben - wobei sich solche Einwendungen stets nur in der Richtung hätten bewegen dürfen, daß keine bloße Instandhaltungsmaßnahme vorliege, da bei einer solchen Fischereiberechtigte im Grunde des § 15 Abs. 1 WRG 1959 (arg.: "gegen die Bewilligung von Wasserbenutzungsrechten") keine Einwendungsmöglichkeit haben -, was in Anbetracht der gemäß §§ 41 ff AVG 1950 anberaumten Verhandlung zum Eintritt der durch § 42 Abs. 1 AVG 1950 bestimmten Säumnisfolgen führen mußte. Auf die eingetretene Präklusion hat auch die Rechtsmittelbehörde Bedacht zu nehmen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A). Auf Beachtung der Präklusionsfolgen steht den mitbeteiligten Parteien ein Rechtsanspruch zu (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Mai 1959, Slg. Nr. 4966/A). Es war also nicht rechtswidrig, wenn mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 14. März 1984 aus diesem Grund der Erfolg versagt wurde. Dessenungeachtet bleibt es der Behörde unbenommen, im öffentlichen Interesse Maßnahmen in die Wege zu leiten, die eine diesem Interesse zuwiderlaufende Beeinträchtigung der Gewässergüte hintanhalten. In diesem Zusammenhang sei auf das Schreiben der belangten Behörde vom 15. Jänner 1986, Zl. 410.856/01-14/86, an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung hingewiesen.

Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 29. Februar 1984 war den Zweit- und Drittmitbeteiligten eine näher beschriebene Abänderung ihrer Wasserkraftanlage bewilligt worden, die auch eine Erhöhung des Nutzgefälles durch Eintiefung und Aufdämmung sowie die Errichtung eines neuen Kraftwerkshauses umfaßte, in welchem Zusammenhang jedoch spruchmäßig ausdrücklich festgehalten wurde, daß die Schluckfähigkeit der Turbine "gegenüber dem bisherigen Konsens mit 3 m3/sek gleich" bleibe. Das Verlangen der Beschwerdeführer aus dem Titel des Fischereirechtes ging bei diesem Verfahren stets dahin, die Vorschreibung einer Restwassermenge im Wildgerinne (Naturgerinne) durchzusetzen. Eine solche konnte indessen den zweit- und drittmitbeteiligten Bewilligungswerbern nicht auferlegt werden, weil eine erhöhte Wassernutzung - die im Rahmen einer Bewilligung hätte entsprechend eingeschränkt werden können - von den Antragstellern letztlich nicht verlangt und somit auch nicht bewilligt wurde, eine Minderung eines schon rechtswirksam bestehenden Wasserbenutzungsrechtes in bezug auf die Wassermenge im Rahmen des gegenständlichen Bewilligungsverfahrens aber nicht in Betracht kam. Einwendungen konnten sich rechtens nur gegen das verhandelte (neue) Projekt, nicht gegen bereits vorliegende Berechtigungen richten. Ebensowenig konnte mit einer Einwendung eine Auflage erwirkt werden, die nicht den Inhaber des mit dem Bescheid verliehenen Rechtes verpflichtet, sondern die Verpflichtung eines Dritten - im Beschwerdefall der Erstmitbeteiligten in Hinsicht der Wehranlage - begründen würde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1952, Slg. Nr. 2756/A). Die Beschwerdeführer konnten auch nicht, wie in der Berufung angedeutet, in einem Bewilligungsverfahren die Anordnung von Reinhaltungsmaßnahmen im öffentlichen Interesse gemäß §§ 30 ff WRG 1959 oder eine Bescheidänderung nach § 68 Abs. 3 AVG 1950 durchsetzen; ebensowenig hatten sie das Recht, wie geschehen, Fragen des Grundwasser- und Naturschutzes als Einwendungen zugunsten der Fischerei gemäß § 15 WRG 1959 geltend zu machen, weil dies den durch das Gesetz bestimmten Rahmen ihrer Mitwirkung am Verfahren überschritt. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer ist also darin nicht zu erkennen, daß ihrer Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 29. Februar 1984 von der belangten Behörde nicht Folge gegeben wurde; dies gilt auch bezüglich der im Beschwerdepunkt genannten Entschädigung, welche eine wirksame Einwendung voraussetzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens der Mitbeteiligten betrifft den den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag sowie Stempelgebühren für zwei nicht zur Rechtsdurchsetzung erforderliche Ausfertigungen und für die Bevollmächtigung von mehr als einem Rechtsanwalt seitens jeder mitbeteiligten Partei (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1982, Slg. Nr. 10.835/A).

Wien, am 30. September 1986

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