VwGH 85/07/0305

VwGH85/07/030518.2.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter über die Beschwerde des JM in A, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. September 1985, Zl. IIIa2-1051/3, betreffend Wiederbewaldungsauftrag zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
ForstG 1975 §16 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
AVG §45 Abs3;
ForstG 1975 §16 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) stellte in ihrem Bescheid vom 21. Jänner 1985 auf Grund eines unter Beiziehung eines forsttechnischen Amtssachverständigen durchgeführten Lokalaugenscheines fest, dass der Beschwerdeführer zur Verlegung einer Druckrohrleitung für ein privates E-Werk Teile von in der KG. A gelegenen, verschieden stark mit Erlen bestockten Grundstücken ohne Rodungsgenehmigung zweckentfremdet habe. Die BH ordnete daher im Spruch ihres Bescheides zur umgehenden Wiederherstellung des den forstgesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zustandes gemäß § 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975 (FG) an, der Beschwerdeführer habe "bis spätestens 31. Juli 1985 den alten Zustand wiederherzustellen, d. h. alle Bodenverwundungen in einer Stärke von mindestens 10 cm zu humisieren, die Fläche zu begrünen und mit Erlen nach den Weisungen der Forstinspektion Kitzbühel aufzuforsten". Weiters habe der Beschwerdeführer zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung dieser Arbeiten eine Kaution in der Höhe von S 70.000,-- zu hinterlegen. Begründend verwies die BH darauf, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner Akteneinsicht am 29. November 1984 nicht bestritten habe, die festgestellte Rodung konsenslos durchgeführt zu haben.

In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, zu forstrechtlichen Veranlassungen sei kein Grund vorgelegen, solche hätten sich im übrigen nicht an ihn, sondern an die Grundeigentümer zu richten gehabt. Auch sei das Ausmaß der angeblich berührten Flächen weit überhöht mit 2160 m2 angenommen worden, es habe höchstens 702 m2 ausgemacht. Die BH habe auch nicht festgestellt, um welche Art von Erlen es sich gehandelt habe. Eine Rodung liege in keinem Fall vor, weil die Verlegung einer Druckrohrleitung berührte Waldparzellen nicht zweckentfremde; überhaupt liege nur die Entfernung einzelner Bäume in einem forstrechtlichen Vorschriften gar nicht unterliegenden Umfang vor. Auch für die Auferlegung einer Kaution fehle jede gesetzliche Grundlage. Schließlich sei der angeordnete Auftrag so unbestimmt, dass er einer Vollstreckung nicht zugänglich wäre.

Die belangte Behörde führte im Berufungsverfahren Erhebungen über die Berechnung der dem Beschwerdeführer auferlegten Kaution durch und hielt deren Ergebnis dem Beschwerdeführer vor, der dazu auch Stellung nahm.

Mit ihrem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. September 1985 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen, gleichzeitig aber den Spruch des Bescheides der BH wie folgt ergänzt:

"Gemäß S 172 Abs. 6 FG wird zur umgehenden Herstellung des den forstgesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zustandes angeordnet wie folgt:

JM, (das ist der Beschwerdeführer) wohnhaft in A nn, hat bis spätestens 31. Juli 1986 auf den Gpn. nnnn/1 in einer Länge von 100 m und einer Breite von 4 m, nnnn/2 in einer Länge von 200 m und einer Breite von 4 m, nnnn in einer Länge von 200 m und einer Breite von 4 m und nnnn/3 in einer Länge von 40 m und einer Breite von 4 m, alle KG. A, den alten Zustand wiederherzustellen, d.h. alle Bodenverwundungen in einer Stärke von mindestens 10 cm zu humisieren, die Flächen zu begrünen und mit 800 Stück Erlen a S 4,50 nach den Weisungen der Bezirksforstinspektion Kitzbühel aufzuforsten.

Weiters ist zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung dieser Arbeiten eine Kaution in der Höhe von S 70.000,-- zu hinterlegen."

Begründend ging die belangte Behörde von dem als erwiesen festgestellten Sachverhalt aus, wonach der Beschwerdeführer im November 1984 auf den Waldparzellen nnnn/1, nnnn/2, nnnn und auf der Wiesenparzelle nnnn/3, die auf Grund der Bestockung als Wald anzusehen sei, zur Verlegung einer Wasserleitung insgesamt 2160 m2 unbefugt gerodet habe. Die Aufträge der BH einschließlich der Auferlegung einer Kaution fänden in § 172 Abs. 6 FG Deckung. Der Beschwerdeführer, dem vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Akteneinsicht gewährt worden sei, sei auch als derjenige, der die Rodungsarbeiten vorgenommen habe, der richtige Adressat dieser Aufträge. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellten seine Arbeiten Rodungsmaßnahmen im Sinne des FG dar. Der Wiederbewaldungsauftrag sei durch die Ergänzungen im angefochtenen Bescheid ausreichend verdeutlicht worden. Schließlich ging die belangte Behörde noch auf die Gründe für die Höhe der auferlegten Kaution ein, die im Berufungsverfahren schlüssig detailliert worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, er sei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht ausreichend gehört und dadurch an einer entsprechenden Beweisführung gehindert worden. Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht bestritten, dass ihm bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Akteneinsicht gewährt wurde, sodass er Gelegenheit hatte, schon damals die beim Lokalaugenschein der BH gewonnenen Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen. Im übrigen wäre ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs durch die mit der Berufung gegebenen Möglichkeiten der Stellungnahme in jedem Falle als saniert anzusehen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1958, Zl. 338/56, und vom 16. November 1965, Zl. 56/65).

Das Beschwerdevorbringen, wonach die durch die Arbeiten des Beschwerdeführers betroffenen Grundstücke nicht Wald im Sinne des FG wären, ist - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend verweist - neu und aus diesem Grund im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich (§ 41 Abs. 1 VwGG). Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang den Vorwurf erhebt, die belangte Behörde habe ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht Genüge getan, ist ihm entgegenzuhalten, dass die BH zur Feststellung der Waldeigenschaft der betroffenen Parzellen auf Grund der Ergebnisse eines im Beisein eines forsttechnischen Amtssachverständigen abgehaltenen Lokalaugenscheines gelangt ist, und dass der Beschwerdeführer dieses Ermittlungsergebnis in seiner Berufung nicht bekämpft hat.

Der Beschwerdeführer behauptet ferner, durch seine Baumaßnahmen sei eine Änderung der Kulturgattung und damit eine Rodung überhaupt nicht herbeigeführt worden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht und hat sie auch nicht in seinem vom Beschwerdeführer zu Unrecht zur Stützung seiner Auffassung angeführten Erkenntnis vom 9. Februar 1967, Slg. 7078/A, vertreten. Es ist vielmehr hier wie auch in dem aus demselben Anlass gegen den Beschwerdeführer abgeführten Verwaltungsstrafverfahren (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1985, Zl. 85/07/0252) der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht zuzustimmen, wonach (gemäß § 17 Abs. 1 FG die Verwendung von Waldboden zu (allen) anderen Zwecken als für solche der Waldkultur als Rodung verboten ist, demnach auch die Verwendung von Waldboden für die Verlegung einer Wasserleitung. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass auch eine Qualifikation der Arbeiten des Beschwerdeführers als Waldverwüstung an der Berechtigung eines gegen ihn ergangenen Wiederherstellungsauftrages nach § 172 Abs. 6 FG nichts geändert hätte.

Bei der Behauptung, die vom angefochtenen Bescheid umfasste Fläche müsse aus Gründen der Wildbachverbauung ohnehin "baumfrei" gemacht werden, weshalb die im angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen sinnlos seien, handelt es sich wiederum um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, als sie sich gegen den auf § 172 Abs. 6 FG gestützten Auftrag dem Grunde nach richtet. Nach dieser Gesetzesstelle hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen -

also etwa auch bloße Servitutsberechtigte wie der Beschwerdeführer - bei Behandlung des Waldes die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen zu veranlassen. Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid aus den nachfolgenden Erwägungen als inhaltlich rechtswidrig, weil die dem Beschwerdeführer im einzelnen erteilten Aufträge nicht zur Gänze dem Gesetz entsprechen.

Dies nicht etwa deshalb, weil es im Spruch des angefochtenen Bescheides heißt, der Beschwerdeführer habe auf den betroffenen Grundstücksteilen "den alten Zustand, wiederherzustellen", zumal die dem Beschwerdeführer im einzelnen auferlegten Arbeiten in dem diesen Worten nachfolgenden Spruchteil konkretisiert wurden und jedenfalls nur in dieser konkretisierten Form vollstreckt werden könnten. Dabei entsprechen auch die Aufträge zur Humisierung, Begrünung und Aufforstung mit 800 Stück Erlen (die Anzahl wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft) sowohl den gesetzlichen Möglichkeiten im Rahmen des § 172 Abs. 6 FG als auch dem für eine allfällige Vollstreckung notwendigen Konkretisierungsgebot (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1981, Zl. 07/3648/80, und vom 18. September 1984, Zl. 07/0007/78). Dass dabei dem Beschwerdeführer als Verpflichteten die Auswahl der genauen Spezies der für die Aufforstung zu verwendenden "Erlen" überlassen bleibt, belastet den Beschwerdeführer nicht und stellt daher auch keinen rechtswidrigen Eingriff in seine Sphäre dar.

Anders verhält es sich jedoch mit dem Auftrag, mit Erlen "a S 4,50" nach den Weisungen der Bezirksforstinspektion aufzuforsten. Der Beschwerdeführer durfte weder daran gehindert werden, allenfalls die erforderlichen Erlen billiger einzukaufen oder nach eigenem Gutdünken auch teurere Erlen zu verwenden. Als ein allfälliger - zulässiger - Hinweis auf ein bestimmtes Alter, eine bestimmte Qualität oder Beschaffenheit dieser Erlen kann die Aufnahme des Preises von S 4,50 in den Spruch des angefochtenen Bescheides, sollte sie auch von der belangten Behörde so gemeint gewesen sein, nicht verstanden werden. Wohl aber wird durch die Spruchfassung der Beschwerdeführer in seinen Möglichkeiten, gemäß § 172 Abs. 6 FG den vorschriftsgemäßen Zustand des Waldes wiederherzustellen, in einer gesetzwidrigen Weise eingeschränkt.

Es liefert den Beschwerdeführer aber auch die spruchmäßige Verpflichtung, die Aufforstung "nach den Weisungen der Bezirksforstinspektion" vorzunehmen, in unzumutbarer Weise einer Einflussnahme von dritter Seite aus. Die erforderliche Klarheit, ob und wann dem Auftrag der Forstbehörde entsprochen wurde und inwieweit eine zwangsweise Durchsetzung des Bescheidspruches bzw. eine allfällige Ersatzvornahme erforderlich ist, muss durch eine möglichst konkrete Umschreibung des Leistungsauftrages im Bescheidspruch selbst herbeigeführt werden und darf nicht an Dritte delegiert werden, wenn dies auch wegen deren Sachverstand zweckmäßig erscheinen mag.

Schließlich ist der Beschwerdeführer auch mit seinem Vorbringen im Recht, dass die ihm auferlegte Kaution im Gesetz keine Deckung findet. Eine Kaution sieht das FG in seinem § 18 Abs. 6 mit dem Zweck vor, dass vor ihrem Erlag mit der Durchführung einer Rodung nicht begonnen werden darf. Im Gegensatz dazu befasst sich § 172 Abs. 6 FG mit der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach einer bereits erfolgten vorschriftswidrigen Behandlung des Waldes. Die in § 172 Abs. 6 FG enthaltene demonstrative Aufzählung der zu dieser Wiederherstellung möglichen Vorkehrungen enthält daher auch vorwiegend zur Beseitigung bereits erfolgter Schädigungen geeignete Aufträge. Durch die Auferlegung einer Kaution kann auch im Beschwerdefall eine Behebung der bereits eingetretenen Waldschäden nicht bewirkt werden, es handelt sich dabei vielmehr um eine vom Gesetz nicht gedeckte Vorwegnahme eines Auftrages zur Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 2 VVG 1950, zu der es jedoch erst im Vollstreckungsverfahren, und zwar erst dann kommen kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 WG 1950 gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesen Gründen als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z.- 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, dass der Beschwerdeführer für Stempelgebühren S 870,-- verzeichnet hat, obwohl nur insgesamt S 660,-- (S 360,-- Eingabengebühr, S 180,-- für Beilagen und S 120,-- für die Vollmacht) beizubringen waren.

Wien, am 18. Februar 1986

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