Normen
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. April 1975 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der mitbeteiligten Bauwerberin die Baubewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes auf den Grundstücken Nr. 1843 und 1737 der KG X. In der Baubeschreibung war festgehalten worden, daß im Kellergeschoß des Gebäudes ein chemisches Lager, ein chemisches Büro und chemische Laborräume untergebracht werden. Dem Beschwerdeführer wurde eine Parteistellung nicht zuerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das zu bebauende Grundstück stehe zu dem Grundstück des Beschwerdeführers (1836/2) nicht in einem solchen räumlichen Naheverhältnis, daß mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes oder dessen vorgesehener Benützung zu rechnen sei. Das geplante Objekt weise eine Größe und Zweckbestimmung auf, die keinerlei Einflüsse auf das Anwesen des Beschwerdeführers erwarten lassen. Nach dem Grundbuchsstand sei das zu bebauende Grundstück unbelastet und die vom Beschwerdeführer behaupteten Nutzungsrechte seien keinesfalls klargestellt. Überdies wären Einwendungen, die sich auf ein Privatrecht stützen, gemäß § 30 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes auf den Rechtsweg zu verweisen.
Der dagegen eingebrachten Berufung gab die Stadtvertretung der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Sitzung vom 7. November 1975 keine Folge. Der in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangene Bescheid der Stadtgemeinde vom 19. Dezember 1975 wurde vom Beschwerdeführer mittels Vorstellung an die Bezirkshauptmannschaft Bludenz bekämpft. Da über die Vorstellung nicht rechtzeitig entschieden wurde, stellte der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an die Vorarlberger Landesregierung. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 26. Jänner 1977 wurde der Bescheid der Stadtvertretung der mitbeteiligten Gemeinde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer als Nachbar anzusehen sei und mögliche Eingriffe in seine Rechte nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten. Im Zuge des neuerlich durchzuführenden Berufungsverfahrens werde daher dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben sein, sich zum Vorhaben der mitbeteiligten Bauwerberin zu äußern; über zu erhebende Einwendungen sei abzusprechen.
Mit einem Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Februar 1977 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, schriftlich zu dem Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerberin Stellung zu nehmen, wovon der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 7. März 1977 Gebrauch machte. Er behauptete insbesondere, daß ihm an den zu verbauenden Grundstücken Nutzungsrechte (Servituten) zustünden, die noch nicht erloschen seien. Auch hinsichtlich der Trinkwasserhauptleitung stünde ihm ein Eigentumsrecht zu. Zufolge Niveauerhöhungen würden Abwässer der zu bebauenden Grundstücke über die Dorfstraße auf sein Grundstück abfließen, so daß er durch die Abwasserverhältnisse beeinträchtigt sei. Nach Ausführungen betreffend Lichteinfall und Abstandsflächen machte der Beschwerdeführer insbesondere eine Verschlechterung der Luft geltend und bedauerte, daß Fragen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der Erhaltung des Ortsbildes nicht Gegenstand von Parteieneinwendungen sein könnten. Er stellte den Antrag, die mitbeteiligte Stadtgemeinde wolle den Bauantrag der Bauwerberin zurückweisen und gleichzeitig die mit Bescheid vom 7. April 1975 erteilte Baubewilligung ersatzlos aufheben.
Über den Antrag des Beschwerdeführers entschied die Stadtvertretung der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Sitzung vom 6. Juni 1977. In Ausfertigung dieses Sitzungsbeschlusses erging der Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juli 1977, in welchem dem Beschwerdeführer in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides nunmehr Parteistellung im Bauverfahren zuerkannt wurde. Seine Einwendungen wurden als nicht zutreffend abgelehnt, bezüglich der Zuerkennung eines Wasserbezugsrechtes, der fehlenden wasserrechtlichen Bewilligung für die Abwasserbeseitigung, wegen des Abfließens von Betriebswässern auf sein Grundstück sowie wegen Verschlechterung der Luft, soweit es die Fabrikation betreffe, wurden sie als unzulässig zurückgewiesen und bezüglich der Besitzverhältnisse an den zu verbauenden Grundflächen und der Trinkwasserversorgungsleitung auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Dies wurde im einzelnen näher begründet. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine Berufung und stellte den Berufungsantrag, die Berufungsinstanz wolle den Bescheid des Bürgermeisters aufheben und seinem Antrag vom 7. März 1977 an die Behörde erster Instanz stattgeben. Da über dieses Rechtsmittel zunächst nicht entschieden wurde, stellte der Beschwerdeführer erneut einen Devolutionsantrag an die Vorarlberger Landesregierung, welche mit Bescheid vom 10. März 1981 diesem Antrag auf Übergang der Zuständigkeit keine Folge gab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde vertrat die Auffassung, daß durch die Bezeichnung des Rechtsmittels als Berufung und das Begehren nach einer Berufungsentscheidung eine Zuständigkeit der Gemeindeaufsichtsbehörde nicht gegeben gewesen sei, vielmehr über diese Berufung, ungeachtet der Zulässigkeit, die Stadtvertretung zu entscheiden habe.
In ihrer Sitzung vom 29. Juli 1981 beschloß die Stadtvertretung, der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge zu geben; der in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangene Bescheid der Stadtgemeinde - unterfertigt vom Bürgermeister - vom 19. Jänner 1982 wurde vom Beschwerdeführer mittels Vorstellung bekämpft. Mit Bescheid vom 10. August 1982 wies die Bezirkshauptmannschaft Bludenz die Vorstellung ab. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 3. Jänner 1983 gab die Gemeindeaufsichtsbehörde zweiter Instanz der Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufsichtsbescheid keine Folge. Die Gemeindeaufsichtsbehörde ging davon aus, daß nach dem Grundbuchstand der mitbeteiligten Bauwerberin das Eigentum ohne Servitutsbelastungen an den zu verbauenden Grundstücken zustehe. Die Einwendungen des Beschwerdeführers, daß das Grundstück mit agrarischen Nutzungsrechten belastet sei, sei somit nach § 30 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes auf den Rechtsweg zu verweisen. Gleiches gelte auch für sonstige Einwendungen, mit denen die Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Gemeindegutes behauptet werde. Im übrigen stehe dem Beschwerdeführer kein Recht zur Vertretung des Gemeindegutes zu. Mit der Frage des Abfließens von Oberflächenwässern vom Vorplatz des Betriebsgebäudes zusammen mit den Oberflächenwässern von der Dorfstraße auf das Grundstück des Beschwerdeführers hätten sich die Behörden eingehend auseinandergesetzt, und es sei davon auszugehen, daß durch den Abfluß der Oberflächenwässer vom Baugrundstück das Grundstück des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt werde. Rechte des Beschwerdeführers seien durch die Erteilung der Baubewilligung an die mitbeteiligte Bauwerberin nicht verletzt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 26. September 1985, B 92/83 ablehnte, im übrigen aber die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Wie in seinem Schriftsatz vom 21. Jänner 1986 an den Verwaltungsgerichtshof klargestellt wurde, erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt, daß der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde am Zustandekommen der Berufungsbescheide der Stadtvertretung mitgewirkt habe und die Bauverhandlung mit dem Beschwerdeführer zu wiederholen gewesen sei. Der Sachverhalt sei auch deshalb in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben, weil Oberflächenwässer vom Grund und Gebäude der Bauwerberin auf die Dorfstraße und von dort bei Unwetter und Schneeschmelze auf sein tiefer gelegenes Grundstück Nr. 836/2 (richtig: 1836/2) abrinnen würden, manchmal sogar vermischt mit vom Betriebsgelände der Fabrik abgeschwemmten Chemikalien.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie auf ihre Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof und zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Verwaltungsakte verwies; sie beantragte, der Beschwerde kostenpflichtig keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie in der Sachverhaltsdarstellung dargetan, wurde dem Beschwerdeführer zunächst die Parteistellung als Nachbar im baubehördlichen Bewilligungsverfahren durch die Baubehörde erster Instanz, den Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde, aberkannt. Durch den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 26. Jänner 1977 wurde jedoch klargestellt, daß dem Beschwerdeführer als Nachbar Parteistellung zukommt.
In der Folge wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, gegen das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerberin Einwendungen zu erheben und sohin seine Rechte zu wahren.
Auf die Frage von Rechtsverletzungen im Baubewilligungsverfahren hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht mehr einzugehen, weil durch die Entscheidung der Berufungsbehörde vom 6. Juni 1977, ausgefertigt mit Bescheid der Gemeinde vom 25. Juli 1977, das Berufungsrecht des Beschwerdeführers konsumiert worden ist, zumal diese Entscheidung in Rechtskraft erwuchs. (Die Entscheidung der Vorarlberger Landesregierung vom 10. März 1981, mit welcher die "neuerliche" Berufung als solche - und nicht als Vorstellung - beurteilt wurde, ließ der Beschwerdeführer in Rechtskraft erwachsen.) Seine neuerliche Berufung wäre daher in Wahrheit zurückzuweisen gewesen. Da jedoch beide Berufungsentscheidungen gleichlautend sind, konnte der Beschwerdeführer durch eine neuerliche Sachentscheidung der Berufungsbehörde in seinen Rechten nicht verletzt werden, wie die Aufsichtsbehörden im Ergebnis zu Recht feststellten.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß Ausfertigungen der Beschlüsse der Stadtverwaltung als Berufungsbehörde durch den Bürgermeister unterfertigt wurden, ist er darauf hinzuweisen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Ausfertigung eines Sitzungsbeschlusses, also die Erlassung eines sogenannten Intimationsbescheides, rechtlich als unbedenklich angesehen wird (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. März 1984, Zl. 83/05/0179, BaurechtsSlg Nr. 206). Durch einen solchen Intimationsbescheid wird ja ausschließlich ein Beschluß eines anderen Verwaltungsorganes wiedergegeben, so daß auch hinsichtlich der Unterfertigung dieses Bescheides durch den Bürgermeister entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Bedenken bestehen.
Da sohin im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht festzustellen war, erweist sich die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Ein Schriftsatzaufwand war dem Bundesland Vorarlberg jedoch nicht zuzusprechen, weil sich die Gegenschrift in einem Verweis auf die Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof und auf die Verwaltungsakten erschöpft. Wien, am 3. Juli 1986
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