VwGH 85/07/0083

VwGH85/07/008312.9.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert über die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. Max Villgrattner in Wien I, Schellinggasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. Februar 1985, Zl. 511.540/01-I 5/85, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Firma L-KG, P), zu Recht erkannt:

Normen

GdwasserversorgungsG OÖ 1956 §2 Abs1;
GdwasserversorgungsG OÖ 1956 §2 Abs3;
WRG 1959 §12 Abs2;
GdwasserversorgungsG OÖ 1956 §2 Abs1;
GdwasserversorgungsG OÖ 1956 §2 Abs3;
WRG 1959 §12 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. April 1968 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser aus zwei Brunnen auf den Grundstücken Nr. 800/2 und 809/1 KG. X zwecks Versorgung der Maschinenfabrik mit dem erforderlichen Nutzwasser erteilt. Infolge innerbetrieblicher Umbauarbeiten wurden die beiden Nutzwasserbrunnen in der Zwischenzeit aufgelassen. Ferner wurde in den vergangenen Jahren das Trinkwasserversorgungsnetz des gesamten Werksareals an die zentrale Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde X angeschlossen.

Mit Eingabe vom 4. August 1981 hat die mitbeteiligte Partei unter Vorlage eines Projektes um die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer neuen Nutzwasserversorgungsanlage zwecks Versorgung des Betriebes mit ausreichendem Kühl- und Feuerlöschwasser sowie zur Ableitung unverschmutzter Kühlwässer in die Aist angesucht. In dem von der Behörde erster Instanz durchgeführten Verfahren hat der Beschwerdeführer gegen das Vorhaben Einwendungen erhoben, da die Schüttung seines auf dem Grundstück 767/1 der KG. X befindlichen Hausbrunnens beeinträchtigt werden könnte.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Dezember 1983 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme aus drei Brunnen zum Zwecke der Nutzwasserversorgung des Betriebes in X sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiezu dienenden Anlagen bei Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt. Das Maß der Wasserbenutzung wurde für die Grundwasserbrunnen 1 und 2 mit je 13,9 l/sec bei einer maximalen Tagesentnahmemenge von 300 m3 festgesetzt. Das Maß der Wasserbenutzung für die Wasserentnahme aus dem Brunnen 3 Sprinkleranlage wurde mit 63 1/sec bei einer maximalen Entnahmedauer von 90 min pro Feuerlöschfall festgesetzt -

wobei die Wasserentnahme aus diesem Brunnen nur bei Auftreten des Feuerlöschfalles und für kurzzeitigen Pumpbetrieb für den Probelauf zulässig erklärt worden ist. Unter einem wurden u.a. die Einwände des Beschwerdeführers abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde hinsichtlich der Abweisung der Einwände des Beschwerdeführers zunächst festgestellt, daß die Wasserentnahme aus dem Brunnen des Beschwerdeführers aufgrund der §§ 5 Abs. 2 und 10 Abs. 1 WRG 1959 erfolgt. Diese Brunnenanlage liege im Versorgungsbereich der gemeindeeigenen Ortswasserversorgungsanlage; alle in diesem Bereich liegenden Objekte einschließlich der Liegenschaft des Beschwerdeführers seien an die Gemeindewasserleitung angeschlossen. Daraus folge, daß die Liegenschaft des Beschwerdeführers dem in § 36 WRG 1959 im Grundsatz geregelten und im Oberösterreichischen Gemeindewasserversorgungsgesetz konkret ausgesprochenen Anschlußzwang unterliege. Insbesondere gebe der § 2 Abs. 1 leg. cit. dem Anschlußzwang die Wirkung, daß der Bedarf an Trink- und Nutzwasser in den dem Anschlußzwang unterliegenden Objekten ausschließlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage gedeckt werden müsse; für industrielle, gewerbliche und landwirtschaftliche Objekte sehe § 3 leg. cit. hinsichtlich des Bezuges von Nutzwasser eine Ausnahmeregelung vor. Diese aus dem Anschlußzwang erfließende Verpflichtung stelle sich sohin im Sinne des § 5 Abs. 2 WRG 1959 als eine durch Gesetz begründete Beschränkung der Nutzung des Grundwassers dar. Da diese Beschränkung im Wasserrechtsverfahren zu berücksichtigen sei (vgl. Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis Slg. Nr. 4883/1964), sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, im Zuge eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens seine Nutzwasserbefugnis als bestehendes Recht einzuwenden. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen hätten daher aus dem Titel der Wahrung bestehender Rechte nicht berücksichtigt werden können und seien daher abzuweisen gewesen. Vollständigkeitshalber werde noch angeführt, daß auch eine Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nutzungsbefugnis zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. Denn laut Gutachten des Amtssachverständigen für Hydrologie könne nämlich der Brunnen des Beschwerdeführers durch die Wasserentnahme aus den drei Werksbrunnen weder quantitativ noch qualitativ beeinträchtigt werden, da sich die Brunnenanlage des Beschwerdeführers grundwasserstromaufwärts und weit außerhalb des möglichen Einflußbereiches der Brunnenanlage der mitbeteiligten Partei befinde. Abschließend werde festgestellt, daß der mitbeteiligten Partei eine Ausnahmegenehmigung vom OÖ Gemeindewasserversorgungsgesetz hinsichtlich des Bezuges von Nutzwasser von der Marktgemeinde X mit Bescheid vom 5. Dezember 1983 erteilt worden sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung berufen, das Verfahren sei mangelhaft geblieben, da keine Feststellungen über die Mächtigkeit des Grundwassers getroffen worden seien. Die eingeholten gutächtlichen Äußerungen seien keineswegs hinreichend, um beurteilen zu können, ob der Brunnen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werde oder nicht. Der Anschlußzwang habe mit dem Recht des Beschwerdeführers aus den §§ 3 Abs. 1 lit. a, 5 Abs. 2, 10 und 12 WRG 1959 nichts zu tun. Selbst wenn ihn der Anschlußzwang treffen würde - dies wurde auch vom Beschwerdeführer in der Berufung bestritten blieben seine Rechte, sein Grundwasser als sein Privatgewässer zu nutzen, davon unberührt.

Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens ihres Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ergänzt, der in diesem im wesentlichen ausführte, daß es aufgrund der verfügbaren Unterlagen derzeit nicht möglich sei, die Einwände des Beschwerdeführers mit Sicherheit zu entkräften. Hiezu bedürfe es länger andauernder systematischer Untersuchungen, die nur nach gewissenhafter Vorbereitung und Durchführung die gewünschten Aussagen bringen könnten. Hiezu wurde das Parteiengehör gewahrt.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. Februar 1985 wurde der Berufung gemäß § 66 AVG 1950 keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten, daß sich das Anwesen des Beschwerdeführers in dem dem Anschlußzwang unterworfenen Versorgungsbereich im Sinne des OÖ Gemeindewasserversorgungsgesetzes, LGBl. Nr. 38/1956, in der Fassung des LGBl. Nr. 25/1971 befinde und sogar auch tatsächlich schon an das öffentliche Wasserleitungsnetz angeschlossen sei. Unterschiedliche Auffassungen herrschten lediglich darüber, ob "unbekümmert darum" eine Ausnahme vom Anschlußzwang vorliege oder nicht, was vom Beschwerdeführer mit Nachdruck bejaht, von der Marktgemeinde X hingegen in Abrede gestellt werde. Die belangte Behörde erachte diesbezüglich eine Ausnahme vom Anschlußzwang beim Beschwerdeführer - mangels eines einschlägigen Bescheides darüber -

als nicht gegeben. Eine etwaige seinerzeitige bloße mündliche Zusage des Bürgermeisters in jener Richtung, wie sie der Beschwerdeführer ins Treffen führe, reiche dazu jedenfalls nicht aus. Dem Beschwerdeführer sei indes mit Bescheid der Marktgemeinde X vom 22. Jänner 1974 sogar die Wasseranschlußgebühr vorgeschrieben und diese von ihm auch beglichen worden. Mit all dem allein schon erweise sich die Berufung als unbegründet. Aber auch selbst dann, wenn eine derartige Ausnahme vom Anschlußzwang, wie sie der Beschwerdeführer jetzt in förmlicher Weise (also bescheidmäßig) anzustreben scheine, vorhanden wäre, würde sich an der Situation insgesamt nichts Wesentliches ändern. Es lasse sich nämlich zwar eine Beeinträchtigung des Brunnens des Beschwerdeführers nicht mit Sicherheit ausschließen, doch sei eine solche hier eher als unwahrscheinlich einzustufen. Ist aber eine nachteilige Beeinflussung wasserrechtlich geschützter Rechte nicht mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit dargetan, so könne nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Eingriff in sie nicht gesprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem Beschwerdevorbringen in seinen Rechten insbesondere nach den §§ 3, 5, 10 und 12 WRG 1959 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß das Haus (Objekt) des Beschwerdeführers im Versorgungsbereich der gemeindeeigenen öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde X liegt und für dieses Objekt gemäß § 1 des OÖ Gemeindewasserversorgungsgesetzes, LGBl. Nr. 38/1956 in der Fassung des LGBl. Nr. 25/1971 Anschlußzwang besteht. Diese Liegenschaft des Beschwerdeführers ist jedenfalls vor 1974 an diese Gemeindewasserleitung angeschlossen worden. Der Anschlußzwang hat zufolge § 2 leg. cit. die Wirkung, daß der Bedarf an Trink- und Nutzwasser in den Objekten ausschließlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage gedeckt werden muß. Eine von der Gemeinde bescheidmäßig ausgesprochene Ausnahme vom Anschlußzwang (§ 3 Abs. 2 leg. cit.) liegt nicht vor. Dem Beschwerdeführer kommt demnach kein Recht zu, aus seinem Brunnen - offenbar eine Anlage nach § 10 Abs. 1 WRG 1950 - den Bedarf an Trink- und Nutzwasser zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer bezog nach der Aktenlage seit dem hergestellten Anschluß seines Objektes an die Gemeindewasserleitung für dieses de facto das Trink- und Nutzwasser aus seinem Brunnen - abgesehen von zwei Ausnahmefällen, in denen er kurzfristig insgesamt 2 m3 Wasser aus der Gemeindewasserleitung zuleitete - und zwar, wie der Beschwerdeführer behauptet, aufgrund einer Vereinbarung mit dem Bürgermeister. Eine solche Regelung stellt keine nach § 3 OÖ Gemeindewasserversorgungsgesetz rechtsgültige Ausnahme vom Anschlußzwang dar. Ferner kommt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dem Begriff "Objekte" (§ 1 Abs. 1 und 3 und § 2 Abs. 1 bis 3 leg. cit.) eine inhaltlich umfassende Bedeutung zu, die nicht nur auf Baulichkeiten beschränkt ist. Demnach ist auch der Bedarf an Wasser in einem Garten vom Anschlußzwang im Sinne des vorgenannten Gemeindewasserversorgungsgesetzes umfaßt. Dem Beschwerdeführer stand jedenfalls kein Recht zu, im Verfahren Einwendungen gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 gegen die Beeinträchtigung seiner vermeintlichen Nutzungsbefugnis zu erheben (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 22. Dezember 1977, Zl. 2018 /75). Der Beschwerdeführer vermag für seinen Standpunkt auch nichts daraus zu gewinnen, daß seine eigene Wasserversorgungsanlage offenbar nicht im Sinne des § 2 Abs. 3 OÖ Gemeindewasserversorgungsgesetz wegen Gesundheitsgefährdung aufgelassen worden ist, wird doch durch diesen Umstand die nach § 2 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Wirkung des Anschlußzwanges nicht beseitigt.

Da die Beschwerde sich somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 12. September 1985

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