VwGH 84/08/0118

VwGH84/08/011819.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Herberth, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse in Wien (gemäß § 24 Abs. 2 VwGG unterfertigt von Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien VI, Windmühlgasse 30) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. April 1984, Zl. MA 14-STR 40/84, betreffend Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 und 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Dr. Christa Heller, Rechtsanwalt in Wien IV, Paulanergasse 9, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Dipl.-Ing. WS Ges. m. b. H. in W), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §113 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1983 schrieb die beschwerdeführende Anstalt gemäß § 113 Abs. 1 ASVG der Dipl.Ing. WS Ges.m.b.H. als Dienstgeberin im Sinne des § 35f leg. cit. einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 1.000,-- vor. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß bei einer vom 9. bis 11. November 1983 durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden sei, daß die Dienstgeberin im überprüften Zeitraum von Jänner 1981 bis September 1983 gegen die Meldevorschriften der §§ 33 Abs. 1 und 34 ASVG verstoßen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der im Konkurs über das Vermögen der genannten Ges.m.b.H. bestellte Masseverwalter Einspruch.

In ihrer Stellungnahme zu diesem Einspruch brachte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse u.a. vor, daß die Meldeverstöße des Dienstgebers darin bestünden, daß einerseits für neun Dienstnehmer unrichtige Abmeldungen erstattet worden seien und die Abmeldungen auf ein späteres Datum richtiggestellt hätten werden müssen. Andererseits seien für die Beitragszeiträume Juli 1983 bis September 1983 keine Beiträge verrechnet und keine Grundlagen der Kasse bekanntgegeben worden. In der Folge seien Beiträge und Umlagen in der Gesamthöhe von S 34.519,15 nachträglich vorgeschrieben worden.

1.2. Mit Bescheid vom 3. April 1984 gab der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde) diesem Einspruch Folge und behob den bekämpften Bescheid. In der Begründung des Bescheides heißt es, daß für unrichtige Abmeldungen im ASVG nicht ausdrücklich die Verhängung eines Beitragszuschlages vorgesehen sei. Lediglich aus dem Umstand, daß bei einer verfrühten Abmeldung für den Zeitraum bis zum tatsächlichen Ende der Versicherungspflicht kein Entgelt gemeldet werde, lasse sich die Möglichkeit einer Verhängung eines Beitragszuschlages wegen Meldung eines zu geringen Entgeltes ableiten. Da jedoch der Dienstgeber auf Grund einer Vereinbarung mit der beschwerdeführenden Kasse zur Meldung des Entgeltes bzw. der Beiträge lediglich durch die rechtzeitige Vorlage von Beitragsnachweisungen und Beitragsgrundlagennachweisen verpflichtet gewesen sei, hätte für die verspätete Vorlage dieser Versicherungs- und Abrechnungsunterlagen nur ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 2 ASVG verhängt werden dürfen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. § 113 Abs. 2 ASVG könne nur zur Anwendung kommen, wenn Fristen nicht eingehalten würden. Dabei sei von der Voraussetzung auszugehen, daß die verspätet vorgelegten Unterlagen richtig sein müssen. Andernfalls finde § 113 Abs. 2 ASVG keine Anwendung. Die mitbeteiligte Partei habe einerseits unrichtige Meldungen erstattet bzw. für die Beitragszeiträume Juli bis September 1983 überhaupt keine Beiträge verrechnet. Der vorliegende Sachverhalt sei daher nicht unter § 113 Abs. 2, sondern unter § 113 Abs. 1 ASVG zu subsumieren. Nun stelle § 113 Abs. 1 ASVG schon die Meldung eines zu niedrigen Entgeltes unter Sanktion; umsomehr müsse § 113 Abs. 1 leg. cit. dann zur Anwendung kommen, wenn überhaupt kein Entgelt gemeldet worden bzw. unrichtige Abmeldungen erstattet worden seien.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Hinsichtlich der Darstellung der anzuwendenden Rechtsquellen und des Verhältnisses der Bestimmung über den Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 ASVG zu jener nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle verweist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG und Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, auf seine Erkenntnisse vom 14. Februar 1985, Zl. 84/08/0087, und Zl. 84/08/0088 = ZfVB 1985/6/2258).

Die Ausführungen dieser Erkenntnisse betreffen Fälle der Nichtmeldung von Dienstnehmerentgelten durch die Dienstgeber; in einem solchen Fall, der zur Nachentrichtung von Beiträgen geführt habe, sei die Sanktionsmöglichkeit nicht nur auf jene nach § 113 Abs. 2 ASVG beschränkt, sondern es könne auch ein Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 leg. cit. verhängt werden. Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall hinsichtlich der Beitragszeiträume von Juli 1983 bis September 1983, für die keine Beiträge verrechnet und keine Grundlagen der Kasse bekanntgegeben wurden, zu.

Nichts anderes ergibt sich aus dem zitierten Vorerkenntnis aber auch für die verfrühten Abmeldungen, weil und insoweit mit ihnen die Meldung eines zu niedrigen Entgeltes verbunden ist. Auch hiefür gilt, daß die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 2 ASVG (als Sanktion für die Nichteinhaltung vereinbarter oder satzungsmäßig festgesetzter Fristen für die Vorlage von Versicherungs- und Abrechnungsunterlagen) keineswegs an die Stelle eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG tritt, sondern neben einem solchen Zuschlag verhängt werden kann, wenn sich der Meldeverstoß nicht bloß in der Nichteinhaltung der genannten Fristen erschöpft, sondern darüber hinaus noch eine die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG rechtfertigende Verletzung von Meldevorschriften in sich schließt.

2.2. Hätte der Verstoß hier lediglich in der Nichteinhaltung von Fristen im Sinne des § 113 Abs. 2 ASVG bestanden, dann hätte dies nicht zur Nachentrichtung von Beiträgen führen können, was jedoch im Beschwerdefall unbestritten der Fall ist. Wenn die belangte Behörde daher davon ausging, daß aus Anlaß der der mitbeteiligten Partei zur Last gelegten Meldeverstöße nur ein Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 2 ASVG vorgeschrieben hätte werden dürfen, dann belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 19. Dezember 1985

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte