VwGH 83/05/0073

VwGH83/05/007310.1.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Liska, Dr. Salcher, Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Leukauf, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Gerscha, über die Beschwerde der EC in W, vertreten durch Dr. Dietrich Roessler, Rechtsanwalt in Wien I, Schwedenplatz 3 - 4 , gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 24. März 1983, Zl. MDR - B IV - 2/83, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BAO §83 Abs2 impl;
VwGG §13 Abs1 Z1;
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BAO §83 Abs2 impl;
VwGG §13 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. September 1982 erteilte der Wiener Magistrat der Restaurant "V-Gesellschaft mbH. gemäß § 71 der Bauordnung für Wien auf jederzeitigen Widerruf die Bewilligung, im Bereich des Hofes der Liegenschaft W-gasse Nr. 5 neun Logen für einen Gasthausgarten, eine überdachte Weinpresse und ein allseitig offenes überdachtes Sessellager zu errichten. Unter Punkt 2 wurde vorgeschrieben, die Holzplanke in der Front S-gasse in einer dem Stadtbild Rechnung tragenden Ausführung herzustellen und nicht für die Anbringung von Plakaten zu nutzen. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als Miteigentümerin der Liegenschaft zugestellt.

Gegen die Vorschreibung Punkt 2 dieses Bescheides erhob die X-Werbung Gesellschaft mbH. & Co. KG. namens der Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Berufung. Im wesentlichen wurde ausgeführt, die Einschreiterin habe vor vielen Jahren Plakatanschlagtafeln errichtet und bewirtschafte diese Tafeln seither völlig unbeanstandet. Sie könne sich daher nicht vorstellen, daß diese plötzlich als das Stadtbild störend empfunden werden. Es wurde ersucht, den weiteren Verbleib der Werbeanlage zu gestatten und Punkt 2 des Bescheides entsprechend abzuändern. Eine Vollmacht der Beschwerdeführerin war diesem Rechtsmittel angeschlossen.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Bauoberbehörde für Wien die Berufung als unzulässig zurück. Die Berufungsbehörde wies in der Begründung ihrer Entscheidung insbesondere darauf hin, daß die Beschwerdeführerin nicht als Bauwerberin aufgetreten sei und sie daher nur dann in einem Recht verletzt sein könnte, wenn die Baubehörde eine Bewilligung erteilt hätte, die nicht von ihrer Zustimmung getragen sei. Eine derartige Rechtsverletzung sei im vorliegenden Fall denkbar, weil die Behörde sich nicht darauf beschränkt habe, das von der Zustimmung der Beschwerdeführerin getragene Projekt auf seine Übereinstimmung mit den Bauvorschriften zu prüfen und dem Bauwerber allenfalls eine Änderung des Projektes nahezulegen, sondern sie vielmehr in unzulässiger Weise selbst gestaltend eingegriffen und durch die Auflage Punkt 2 das Projekt modifiziert habe. Im übrigen wäre es der Beschwerdeführerin freigestanden, ihre Zustimmung zu dem Bauvorhaben vor Eintritt der Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides überhaupt zu widerrufen und dies in einer Berufung geltend zu machen. An der Berechtigung der Beschwerdeführerin, im eigenen Namen eine Berufung gegen den Bescheid zu erheben, bestehe somit kein Zweifel. Allerdings hätte sie die Berufung entweder selbst oder durch eine natürliche Person einbringen müssen. Aus der Bestimmung des § 10 Abs. 1 AVG 1950, mit der die Möglichkeit einer Vertretung durch eigenberechtigte Personen geschaffen wird, leite der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, daß im Anwendungsbereich der Verwaltungsverfahrensgesetze nur natürliche Personen die Eignung besitzen, als Vertreter einzuschreiten. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin die Firma X-Werbung bevollmächtigt, gegen den Punkt 2 des Bescheides Einspruch zu erheben. Diese Firma sei eine Personengesellschaft des Handelsrechtes (KG) und daher kein geeigneter Vollmachtsträger. Die von dieser Gesellschaft namens der Beschwerdeführerin erhobene Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Die Beschwerdeführerin beantragt in ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid dadurch in ihren Rechten verletzt, daß über die von ihr erhobene Berufung in merito zu entscheiden gewesen wäre und diese nicht als unzulässig hätte zurückgewiesen werden dürfen. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG verstärkten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin meint zunächst, es sei unbestritten, daß gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur natürliche Personen die Eignung besitzen, als Vertreter einzuschreiten, und daher die Vertretung durch die X-Werbung Gesellschaft mbH. & Co. KG. unzulässig gewesen wäre. Die Behörde sei jedoch in einem solchen Fall verpflichtet, eine bezügliche Anordnung im Grunde des § 10 AVG 1950 zu treffen und gleichzeitig dem Vertretenen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 unter Mitteilung dieses Umstandes eine Frist zu setzen, innerhalb derer er - sofern er die Berufung aufrecht erhalten wolle - die Berufung selbst zu unterfertigen oder sich eines geeigneten bevollmächtigten Vertreters zu bedienen habe. Erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wäre die belangte Behörde zur Zurückweisung der Berufung berechtigt gewesen. Einen solchen Verbesserungsauftrag habe die belangte Behörde nicht erteilt.

Die Beschwerdeführerin verweist weiter darauf, daß, soweit sich aus einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht Ausnahmen ergeben, sowohl von physischen Personen als auch juristischen Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes eine "Bevollmächtigung" erteilt, aber auch angenommen werden könne. Eine Einschränkung finde sich in § 10 Abs. 1 AVG 1950, wonach nur Eigenberechtigte, daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber keine juristischen Personen etc., als Bevollmächtigte zugelassen werden. Nach § 10 Abs. 3 AVG 1950 dürften solche Personen nicht zugelassen werden, die die Vertretung anderer unbefugt zu Erwerbszwecken übernehmen. In allen diesen Fällen liege zwar eine gültige Bevollmächtigung im Sinne des ABGB, nicht aber im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechtes vor. Werde dennoch eine solche unzulässige Bevollmächtigung vorgenommen, handle es sich um einen Formfehler gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950, der behoben werden könne. Bevollmächtigungsmängel im Sinne des § 10 Abs. 1 und Abs. 3 seien daher gleichwertig und verfahrensmäßig nicht unterschiedlich zu behandeln. Hellbling führe aus, daß hinsichtlich der Zulassung einer nicht eigenberechtigten oder einer juristischen Person sinngemäß das zu § 10 Abs. 3 AVG 1950 Gesagte über die Zulassung eines Winkelschreibers gelte. Eine solche Auslegung sei verfassungskonform, weshalb ihr nach der ständigen Rechtsprechung sämtlicher Höchstgerichte der Vorzug zu geben sei, denn es würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, wenn eine nichtunterfertigte Eingabe, von der man in diesem Fall gar nicht wisse, ob sie nicht ohnedies durch einen Bevollmächtigten überreicht worden sei, der z.B. nur übersehen habe, seine Stampiglie beizufügen, zur Verbesserung des Formgebrechens (Nachbringen der Unterschrift) zurückgestellt werde, während im Falle der unzulässigen Bevollmächtigung mit einer Zurückweisung vorgegangen werde. Es dürfe nicht übersehen werden, daß die Verfahrensbestimmungen darauf abstellten, die Partei in ihrem Recht auf Verfahrensbeteiligung durch Formgebrechen nur im unbedingt notwendigen Umfang zu beeinträchtigen. Habe eine Partei eine Vollmacht erteilt, so habe sie deutlich zu erkennen gegeben, daß sie sich am Verfahren beteiligen wolle. Sei nun diese Vollmachtserteilung unwirksam oder unzulässig, so könne doch die vorgenommene Verfahrenshandlung formal nicht anders behandelt werden als etwa eine ununterschriebene Eingabe (Berufung), die auf kein Vollmachtsverhältnis hinweise. In diesem Fall könnte die Behörde gar nicht überprüfen, ob nicht die Eingabe sogar von einem Bevollmächtigten oder einem Geschäftsführer ohne Auftrag überreicht worden sei, der nur diesen Umstand nicht ausgewiesen hat.

Die belangte Behörde hält dem Beschwerdevorbringen in ihrer Gegenschrift im wesentlichen entgegen, daß nach der Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG 1950 nur dem Einschreiter die Behebung von Formgebrechen aufgetragen werden könnte. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1981, Zl. 81/03/0065, sei Einschreiter, wer das Anbringen bei der Behörde stellt, sei es für sich oder für einen anderen. Im Beschwerdefall hätte die einschreitende X-Werbung Gesellschaft mbH. & Co. KG. den ihrer Eingabe anhaftenden Fehler nicht beheben können, weil der Mangel im Fehlen der Vertretungsfähigkeit liege und daher unbehebbar sei. Mit der Vertretung durch einen Winkelschreiber, die zunächst wirksam sei und erst durch behördliche Verfügung unzulässig werde, könne die Vertretung durch eine von Anfang an nicht vertretungstaugliche juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes nicht verglichen werden. Ein Verbesserungsauftrag sei daher nicht zu erlassen gewesen und die Zurückweisung der Berufung sei zu Recht erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die Beschwerde im Ergebnis für berechtigt. Die belangte Behörde hat ihre Erledigung auf § 66 Abs. 4 AVG 1950 gestützt. Nach der genannten Gesetzesstelle hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Im Beschwerdefall erachtete die Berufungsbehörde die Berufung deshalb als unzulässig, weil die als Vertreterin einschreitende Person als eine Personengesellschaft des Handelsrechtes zur Vertretung nicht befugt sei. Für die Richtigkeit dieser Auffassung beruft sich die belangte Behörde auf § 10 Abs. 1 AVG 1950. Nach der genannten Gesetzesstelle können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Die belangte Behörde geht bei der Auslegung des Begriffes "eigenberechtigte Personen" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 9. Jänner 1958, Slg. N.F. Nr. 4515/A und andere) davon aus, daß juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes deshalb nicht als eigenberechtigte Personen anzusehen sind, weil von einer Eigenberechtigung nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes nur bei physischen (natürlichen) Personen die Rede ist. Diese bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, an welcher der verstärkte Senat festhält, zieht auch die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel, sie vertritt jedoch die Auffassung, das Einschreiten einer zur Vertretung nicht befugten Person berechtige die Berufungsbehörde nicht zur Zurückweisung der Berufung.

Die vom Verwaltungsgerichtshof zu beantwortende Frage läßt sich sohin, wie folgt, formulieren: Welche Rechtsfolgen sieht das Gesetz für den Fall vor, daß als Vertreter einer Partei eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, also eine nicht eigenberechtigte Person im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG 1950, eine Berufung erhebt? Das AVG 1950 regelt diesen Fall nicht ausdrücklich. § 10 Abs. 2 AVG 1950 normiert lediglich, daß sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht richten und hierüber auftauchende Zweifel nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen sind. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 AVG 1950 von Amts wegen zu veranlassen. § 10 Abs. 3 AVG 1950 bestimmt, daß als Bevollmächtigte solche Personen nicht zuzulassen sind, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

Aus § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergibt sich zwar, daß eine unzulässige Berufung zurückzuweisen ist; die Frage, wann eine Berufung unzulässig ist, kann jedoch unmittelbar aus dieser Gesetzesstelle nicht beantwortet werden. Nach § 63 Abs. 1 AVG 1950 richtet sich der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung, abgesehen von den im Gesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften. Nach § 63 Abs. 5 Satz 1 AVG 1950 ist die Berufung von der Partei schriftlich oder telegraphisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Weder aus diesen noch aus den weiteren Bestimmungen dieses Paragraphen vermag der Verwaltungsgerichtshof den Schluß zu ziehen, die belangte Behörde habe zu Recht die bei ihr eingebrachte Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Zweifelsfrei war die Beschwerdeführerin zur Erhebung der Berufung nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien berechtigt - diese Frage wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich bejaht - und der Bestimmung des § 63 Abs. 5, Satz 1, AVG 1950 kann nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß die Partei unmittelbar selbst die Berufung zu erheben hat. Lassen weder die Bestimmungen über die Berufung noch die Bestimmungen über die Vertretung nach § 10 AVG 1950 erkennen, daß die Berufung einer zur Vertretung nach § 10 Abs. 1 AVG 1950 nicht berechtigten Person die Zurückweisung der Berufung als unzulässig, zur Folge hat, dann ist eine solche Zurückweisung als dem Gesetz widersprechend anzusehen. Daraus ergibt sich die weitere Frage, wie eine solche Berufung zu behandeln ist.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß die im Beschwerdefall gegebene Situation sich von der eines Winkelschreibers im Sinne des § 10 Abs. 3 AVG 1950 unterscheidet. Beim Winkelschreiber handelt es sich nämlich um eine eigenberechtigte Person im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG 1950, die nur deshalb nicht als Bevollmächtigter zugelassen ist, weil sie unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreibt. Da der Gesetzgeber ausdrücklich die Eigenberechtigung als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Vertretungsverhältnisses nennt, ist die Erlassung eines eigenen Bescheides im Falle der Vertretung durch eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes nicht als erforderlich anzusehen.

Die Beschwerdeführerin hat zur Lösung des Problems auf die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG 1950 hingewiesen. Nach dieser Gesetzesstelle berechtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen wie auch das Fehlen einer Unterschrift an sich die Behörde noch nicht zur Zurückweisung; sie hat deren Behebung von Amts wegen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Formgebrechens mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird. Zu Recht führt die Beschwerdeführerin aus, daß eine Bevollmächtigung an eine juristische Person und an eine Personengesellschaft des Handelsrechtes nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zulässig ist (vgl. Entscheidung des OGH vom 5. September 1972, 4 Ob 565/72, EvBl Nr. 25/1973), so daß lediglich ein Widerspruch zu § 10 Abs. 1 AVG 1950, also einer Formvorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes, vorliegt. Ein solcher Widerspruch zu der Vorschrift des § 10 Abs. 1 AVG 1950 stellt ein Formgebrechen eines schriftlichen Anbringens im Sinne einer Ergänzungsbedürftigkeit der Eingabe selbst dar, ist doch der Begriff des Formgebrechens, da den Verwaltungsverfahrensgesetzen jeglicher Formalismus fremd ist, weit auszulegen und in diesem Sinne das Vorliegen eines Formgebrechens zu bejahen. Der Sinn der Verfahrensvorschrift ist ja darin gelegen, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, nicht aber darin, durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken. Ist aber das Fehlen einer Unterschrift oder einer Vollmacht als verbesserungsfähig anzusehen (vgl. Erkenntnis vom 29. November 1960, Slg. N.F. Nr. 5434/A), dann ist es auch zulässig, ein nach den Verfahrensvorschriften nicht zulässiges Einschreiten einer juristischen Person als Bevollmächtigter als verbesserungsfähiges Formgebrechen zu werten. In Wahrheit ist nämlich die Berufung als nicht unterschrieben zu werten, da sie weder die Unterschrift des Machtgebers noch die einer zur Vertretung legitimierten Person trägt; sie ist daher zur Verbesserung zurückzustellen. Der Gerichtshof kann seine bisherige, gegenteiliege Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten (vgl. Erkenntnis vom 6. April 1954, Slg. N.F. Nr. 3371/A, u.a.).

Der Umstand, daß Einschreiter im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 derjenige ist, der das Anbringen bei der Behörde stellt, sei es für sich oder für einen anderen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1981, Zl. 81/03/0065, auf welches die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift Bezug nimmt), vermag einem Fall der vorliegenden Art nicht gerecht zu werden. So hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof im Falle eines Winkelschreibers nicht mit einer Verfügung der Nichtzulassung im Sinne des § 10 Abs. 3 AVG 1950 begnügt, sondern eine Aufforderung im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 an die Partei des Verwaltungsverfahrens als zusätzlich erforderlich erachtet, entweder innerhalb einer festzusetzenden Frist die Berufung selbst zu unterfertigen oder sich hiezu eines geeigneten Bevollmächtigten zu bedienen (vgl. Erkenntnis vom 23. Juni 1964, Slg. Nr. 6383/A. Im Ergebnis ist daher der Auffassung von Hellbling (Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Band 1, Seite 139) und Walter-Mayer (Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 2. Auflage, Seite 46) insoweit beizupflichten, daß hinsichtlich der Vertretungsbefugnis durch eine juristische Person oder durch eine Personengesellschaft des Handelsrechtes bezüglich der Erlassung eines auf § 13 Abs. 3 AVG 1950 gestützten Verbesserungsauftrages - nicht auch, wie weiter oben ausgeführt, hinsichtlich der Notwendigkeit einer vorangehenden Verfügung der Nichtzulassung - auf gleiche Weise vorzugehen ist, wie im Falle des Einschreitens eines Winkelschreibers. Eine Eingabe, welche eine solche Person als Vertreter einbringt, ist somit nicht dieser Person, welche ja nicht vertretungslegitimiert ist, zuzurechnen, sondern vielmehr dem Machthaber selbst, der also als Einschreiter anzusehen ist.

Da auf Grund der dargelegten Erwägungen im Beschwerdefall die belangte Behörde nicht mit einer sofortigen Zurückweisung der Berufung hätte vorgehen dürfen, vielmehr die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 zur Verbesserung aufzufordern gewesen wäre, erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Zuspruch von Kostenersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 10. Jänner 1985

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