VwGH 83/04/0078

VwGH83/04/00784.11.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgarnter, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Unfried, über die Beschwerde 1) des Egon K in T und 2) der Erika K, ebendort, beide vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 10. Februar 1983, Zl. 306.692/1-III-3/83, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: KK, Kfz-Mechaniker, in T), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §23 Abs1;
AVG §8;
AVG Teil1 Abschn4;
GewO 1973 §356;
GewO 1973 §359 Abs4;
ZustG §16 impl;
AVG §23 Abs1;
AVG §8;
AVG Teil1 Abschn4;
GewO 1973 §356;
GewO 1973 §359 Abs4;
ZustG §16 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. Oktober 1981 wurde auf Antrag der mitbeteiligten Partei KK gemäß den §§ 74 ff, 333 und 353 ff GewO 1973 nach Maßgabe der bei der Verhandlung vorgelegenen Pläne bzw. der Beschreibungen in der Verhandlungsschrift, die einen ergänzenden Bestandteil dieses Bescheides bildeten, die Genehmigung zur Errichtung einer Kraftfahrzeugwerkstätte auf der Parzelle 101/1 der KG T in T unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Zur Begründung wurde in Ansehung der Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, in verfahrensrechtlicher Hinsicht habe der Erstbeschwerdeführer anläßlich einer Vorsprache bei der Behörde am 28. Jänner 1981,sowie danach mit Eingabe vom 6. Februar 1981 gerügt, daß er und seine Ehegattin - die Zweitbeschwerdeführerin - als gemeinsame Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft nur gemeinsam mittels einer Kundmachung von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung für den 26. Jänner 1981 verständigt worden seien. Eine derartige Vorgangsweise sei zwar nach Auffassung der Behörde ausreichend, es sei aber gleichwohl der Zweitbeschwerdeführerin die Möglichkeit eingeräumt worden, ihren Standpunkt im behördlichen Verfahren darzulegen. Mit ihren schriftlichen Eingaben vom 6. Februar 1981 und vom 30. Jänner 1981 hätten allerdings die Beschwerdeführer im wesentlichen nur nachträglich Kritik an der Durchführung des Verfahrens, betreffend die Abänderung des in Betracht kommenden Flächenwidmungsplanes geübt, die - wenn überhaupt angebracht - schon im Verfahren der Gemeinde vorzubringen gewesen wäre. Dem Erstbeschwerdeführer sei auch anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 26. Jänner 1981 ausreichend Zeit gelassen worden, sein Vorbringen zu Protokoll zu geben. Gemäß § 43 Abs. 2 AVG 1950 sei jedoch die Verhandlung von der Behörde unter Bedachtnahme auf den Verhandlungszweck ohne Zulassung von Abschweifungen oder Weitläufigkeiten so zu führen, daß den Parteien das Recht auf Gehör gewahrt und ihnen Gelegenheit geboten werde, bei Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Es sei richtig, daß bei der mündlichen Verhandlung der Erstbeschwerdeführer in diesem Sinn auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen aufmerksam gemacht worden sei, weil sein Vorbringen unter Abschnitt B Post. Nr. 2 der Verhandlungsschrift am Gegenstand der gewerbe- und auch der baurechtlichen Verhandlung vorbeigegangen sei. Es sei ihm jedoch ausreichend Gelegenheit gegeben worden, seinen Standpunkt darzulegen und auch die nachträglichen schriftlichen Stellungnahmen bezögen sich nur auf das Verfahren zur Umwidmung des Flächenwidmungsplanes.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der die Zweitbeschwerdeführerin die mangelnde ordnungsgemäße Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 26. Jänner 1981 geltend machte, wogegen der Erstbeschwerdeführer vorbrachte, obwohl er bei der mündlichen Verhandlung zugegen gewesen sei, sei ihm keine Gelegenheit im Sinne der Verfahrensgesetze geboten worden, seine Einwendungen zu artikulieren. Der Verhandlungsleiter habe ihn insbesondere auch nicht rechtlich angeleitet, um seinen Standpunkt auszudrücken. Er berief sich hiezu auf seine Einvernahme sowie die zeugenschaftliche Vernehmung der EM.

Mit Bescheid vom 22. November 1982 wies der Landeshauptmann von Oberösterreich die Berufungen der Beschwerdeführer im Grunde des § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unbegründet ab und sprach aus, daß der Spruchteil I des erstbehördlichen Bescheides durch folgenden Satz ergänzt werde: "Die Einwendungen von EK werden im Grunde des § 74 Abs. 2 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen." Des weiteren wurde der erstbehördliche Bescheid - wie aus dem Spruch näher ersichtlich - hinsichtlich erteilter Auflagen abgeändert. In Ansehung der Beschwerdeführer wurde dieser Ausspruch damit begründet, gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 seien im Verfahren betreffend die Genehmigung einer Betriebsanlage nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 3 oder 5 GewO 1973 erhoben hätten. Der Erstbeschwerdeführer sei auf Grund der Ladung zur Verhandlung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 26. Jänner 1981 erschienen. Er habe in seinem Vorbringen gegen die beantragte Genehmigung Stellung genommen, jedoch nur baurechtliche Einwendungen betreffend die Rechtswirksamkeit des Flächenwidmungsplanes erhoben. Er habe jedoch keine Verletzung der ihm als Nachbar eingeräumten subjektiven öffentlichen Rechte im Sinne der vorangeführten Gesetzesstelle behauptet. Auch in der nachträglichen schriftlichen Eingabe der Zweitbeschwerdeführerin vom 30. Jänner 1981 werde keine Verletzung eines im § 74 Abs. 2 GewO 1973 begründeten subjektiv-öffentlichen Rechtes geltend gemacht. Die Beschwerdeführer hätten daher im Verfahren der Erstbehörde keine Parteistellung erlangt und somit auch kein Berufungsrecht erworben. Erst in der Berufungsschrift behaupteten nunmehr die Beschwerdeführer, unzumutbaren Belästigungen durch die geplante Betriebsanlage ausgesetzt zu werden. Die in der Berufung dargelegte Rechtsansicht, die Zweitbeschwerdeführerin sei dadurch in ihren Rechten verletzt worden, daß sie nicht gesondert zur mündlichen Verhandlung der Erstbehörde geladen worden sei, werde als unzutreffend erachtet. Zur angeführten mündlichen Verhandlung seien beide Beschwerdeführer geladen worden. Die Ladung sei an Egon und Erika K ergangen. Die Übernahme des Rückscheins sei von "HJ (Vater)" am 16. Jänner 1981 mit dessen eigenhändiger Unterschrift bestätigt worden. Zur Verhandlung am 26. Jänner 1981 sei der Erstbeschwerdeführer allein erschienen. Die Verhandlungsschrift enthalte keinen Hinweis, daß er die Zweitbeschwerdeführerin vertrete bzw. nicht vertrete. Am Tage nach der Verhandlung seien die Beschwerdeführer gemeinsam bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erschienen und hätten vorgebracht, daß die Ladung nicht rechtmäßig erfolgt sei. Nach ihrer Ansicht hätten sie beide gesondert mit RSa-Brief geladen werden müssen. Sie hätten angekündigt, eine nachträgliche Stellungnahme abgeben zu wollen. Dieser Sachverhalt sei in einem Aktenvermerk festgehalten. Von der Zweitbeschwerdeführerin sei eine nachträgliche Stellungnahme abgegeben worden, die jedoch lediglich baurechtliche Einwendungen enthalten habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe in dieser Stellungnahme weder behauptet, übergangen worden zu sein, noch, daß der Erstbeschwerdeführer nicht befugt gewesen sei, sie bei der Verhandlung zu vertreten. Die Erstbehörde habe daher zu Recht davon ausgehen können, daß die bei der Verhandlung erfolgte Stellungnahme auch namenas der Zweitbeschwerdeführerin abgegeben worden sei. Auch aus der im § 39 AVG 1950 begründeten Verpflichtung der Parteien, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, ergebe sich, daß die Zweitbeschwerdeführerin zumindest in ihrer schriftlichen Stellungnahme die Behauptung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte hätte aufstellen müssen. Die Berufungen seien aus diesen Gründen als unbegründet abzuweisen gewesen, ohne daß auf das weitere Vorbringen einzugehen gewesen wäre. Der Spruch sei durch den Abspruch über die im erstbehördlichen Verfahren vorgebrachten Einwendungen zu ergänzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid beriefen die Beschwerdeführer im wesentlichen mit dem Vorbringen, die Annahme der zweitinstanzlichen Behörde, daß sie keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes behauptet hätten, widerspreche der Äußerung des Erstbeschwerdeführers in der Verhandlungsschrift vom 26. Jänner 1981. Der Gegenstand dieser Verhandlung sei das Ansuchen der mitbeteiligten Partei um gewerbebehördliche Genehmigung gewesen, wobei unter einem auch die baurechtliche Verhandlung über dieses Vorhaben durchgeführt worden sei. Der Erstbeschwerdeführer sei in keiner Weise darüber aufgeklärt worden, daß er im gewerberechtlichen Verfahren die Verletzung der ihm als Nachbar eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte behaupten müsse. Dessen ungeachtet habe der Erstbeschwerdeführer gegen das geplante Projekt Einwendungen erhoben. Die Feststellung, wonach die Verhandlungsschrift vom 26. Jänner 1981 keinen Hinweis enthalte, daß der Erstbeschwerdeführer die Zweitbeschwerdeführerin vertrete bzw. nicht vertrete, unterstreiche sein Vorbringen, daß hier ein Zustellmangel vorliege. Die Feststellung, daß die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer nachträglichen Stellungnahme nur baurechtliche Einwendungen erhöben hätte und nicht behauptet hätte, übergangen worden zu sein, widerspreche dem Inhalt ihrer Eingabe vom 27. Februar 1981, in der sie auf Seite 3 eindeutig ausgeführt habe, daß sie gegen die Errichtung dieses lärmstörenden und gesundheitsschädlichen Betriebes sei.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1983 gab der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie den Berufungen der Beschwerdeführer im Grunde des § 356 Abs. 3 GewO 1973 keine Folge und änderte gleichzeitig den Spruch des zweitbehördlichen Bescheides wie folgt ab:

"Die Berufung des Egon und der Erika K, vertreten durch Rechtsanwalt DDr. Manfred Nordmeyer, wird gemäß § 359 Abs. 4 in Verbindung mit § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen."

Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der Spruchteil I. des erstbehördlichen Bescheides vom 27. Oktober 1981 wie folgt ergänzt werde:

"Die Einwendungen des Egon und der Erika K werden gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen."

Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. Jänner 1981 seien unter anderem der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin als Nachbarn gemeinsam mit Rückschein (RSb) zur mündlichen Augenscheinsverhandlung vom 26. Jänner 1981 auf Ansuchen der mitbeteiligten Partei betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung einer Kraftfahrzeugwerkstätte in T, GB. 101/1 KG T, geladen worden. Diese Kundmachung habe eine Rechtsbelehrung dahingehend enthalten, daß Einwendungen gegen das Vorhaben des Genehmigungswerbers, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung oder während der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung fänden und die Beteiligten den Parteienantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilde, als zustimmend angesehen würden. Weiters befinde sich auf dieser Kundmachung ein Vermerk, daß die Pläne des Projektes beim Gemeindeamt T während der Amtsstunden zur Einsichtnahme für die Beteiligten auflägen. Zufolge der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. Jänner 1981 habe an der mündlichen Augenscheinsverhandlung unter anderem der Erstbeschwerdeführer teilgenommen. Seine in dieser Verhandlung zu Protokoll gegebene Stellungnahme habe Fragen der Flächenwidmung zum Gegenstand gehabt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe mit Schriftsatz vom 30. Jänner 1981 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Einwendungen zum vorliegenden Projekt erhoben, wonach die Errichtung eines lärmstörenden, gesundheitsschädigenden Betriebes abgelehnt werde. Den Berufungsausführungen des Erstbeschwerdeführers, er sei nicht darüber aufgeklärt worden, daß im gewerberechtlichen Verfahren die Verletzung der ihm als Nachbarn eingeräumten subjektivöffentlichen Rechte zu behaupten seien, stehe der Wortlaut der Kundmachung der Gewerbebehörde erster Instanz vom 12. Jänner 1981 entgegen, wonach auf Grund des Ansuchens der mitbeteiligten Partei gemäß den Bestimmungen der §§ 74 ff und 353 ff GewO 1973 eine mündliche Verhandlung mit einem Lokalaugenschein durchgeführt werde. Darüberhinaus habe die Kundmachung den Vermerk enthalten, daß zum vorliegenden Projekt Einwendungen spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung oder während der Verhandlung selbst vorgebracht werden müßten. Weiters sei der Erstbeschwerdeführer in Kenntnis gesetzt gewesen, daß vor der Verhandlung die dem Projekt zugrundeliegenden Pläne beim Gemeindeamt zur Einsicht auflägen. Auch die von der Gewerbebehörde erster Instanz vom 26. Jänner 1981 aufgenommene Verhandlungsschrift enthalte den Hinweis, daß diese Verhandlung die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung einer Kraftfahrzeugwerkstätte zum Gegenstand habe. Daß dies unmißverständlich gewesen sei, gehe auch aus der Stellungnahme der Nachbarn J und E M hervor, die Einwendungen subjektiv-öffentlicher Natur (wegen Lärm usw.) erhoben hätten. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ihre Einwendungen erst mit Schriftsatz vom 30. Jänner 1981 erhoben, also nach der angeführten Augenscheinsverhandlung. Somit seien aber die Einwendungen des Erstbeschwerdeführers mangels Übereinstimmung mit dem Verfahrensgegenstand und die Einwendungen der Zweitbeschwerdeführerin wegen Präklusion als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Da aber mangels zulässiger bzw. rechtzeitiger Einwendungen Parteistellung seitens der Beschwerdeführer nicht erlangt worden sei, habe von ihnen auch das Recht zur Berufung nicht erworben werden können. Die Ausführungen in der Berufung, die Verständigung der Beschwerdeführer durch Zustellung der Kundmachung der Gewerbebehörde erster Instanz vom 12. Jänner 1981 mit RSb zu gemeinsamen Handen sei rechtswidrig, finde im Gesetz keine Deckung. Danach seien die der Behörde bekanntgewordenen Nachbarn persönlich zu laden. Dieses Erfordernis sei aber auch bei einer Ladung mit RSb-Brief zu gemeinsamen Handen erfüllt. Weiters sei den Akten zufolge festzustellen, daß ein Vollmachtsverhältnis zwischen den Beschwerdeführern nie behauptet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Vorbringen in der Beschwerde zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Entscheidung, über ihre gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobene Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund als verletzt. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringen die Beschwerdeführer - unter teilweiser Wiederholung ihres bereits dargestellten Vorbringens im Verwaltungsverfahren - im wesentlichen vor, die Zweitbeschwerdeführerin sei im Hinblick auf den gemeinsam. an die Beschwerdeführer gerichteten RSb-Brief nicht ordnungsgemäß zur Augenscheinsverhandlung vom 26. Jänner 1981 geladen worden. Obgleich der Erstbeschwerdeführer zwar bei der angeführten mündlichen Verhandlung zugegen gewesen sei, sei ihm keine Gelegenheit im Sinne der Verfahrensgesetze geboten worden, um seine Einwendungen zu artikulieren. Der Verhandlungsleiter habe ihn auch nicht rechtlich angeleitet, um seinen Standpunkt auszudrücken. Die für dieses Vorbringen angebotenen Beweismittel seien von der belangten Behörde nicht einmal erörtert worden.

Zum Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. September 1977, Slg. N. F. Nr. 9383/A, dargetan hat, kann eine Zustellung, die an beide Ehegatten adressiert ist und von einem Ehegatten unterfertigt wurde, für den anderen Ehegatten nicht als Ersatzzustellung rechtswirksam sein. Im vorliegenden Fall erfolgte die Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 26. Jänner 1981 nach der Aktenlage - ohne Zusatz für wen die Ladung übernommen wurde durch Ersatzzustellung an eine dritte Person. Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage erweist sich aber die Annahme der belangten Behörde als rechtswidrig - das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juni 1969, Zl. 75/68, betrifft einen anderen Sachverhalt -, daß ungeachtet des seitens der Zweitbeschwerdeführerin eingewendeten Zustellmangels eine ordnungsgemäße Ladung allein schon im Hinblick auf den Umstand der Ausfertigung eines an die Beschwerdeführer gemeinsam gerichteten RSb-Briefes erfolgt sei. Im Hinblick auf den der Verwaltungsbehörde erster Instanz unterlaufenen Zustellmangel konnte aber die belangte Behörde auch nicht zu Recht von einer zufolge verspäteter Einwendungserhebung nicht erlangten Parteistellung der Zweitbeschwerdeführerin im Genehmigungsverfahren nach § 356 GewO 1973 und somit auch nicht von ihrer danach mangelnden Berufungslegitimation im Sinne des § 359 Abs. 4 GewO 1973 ausgehen. Dies deshalb, da - anders als im Falle des hg. Erkenntnisses vom 30. September 1983, Zl. 82/04/0231 die Zweitbeschwerdeführerin ihre auch nach Annahme im angefochtenen Bescheid dem § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 entsprechenden Einwendungen noch im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens und somit jedenfalls vor Eintritt der - formellen - Rechtskraft des Genehmigungsbescheides erhoben hatte. Aus diesen Überlegungen folgt im Ergebnis, daß vor - formell - rechtskräftigem Abschluß eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens der sogenannte "übergangene" Nachbar ohne einen Antrag im Sinne des vorzitierten Erkenntnisses stellen zu müssen, sich am Verfahren beteiligen kann, was gleichermaßen den gebotenen Erfordernissen des Rechtsschutzes wie auch der Verfahrenskonzentration Rechnung trägt. Auch mit der Zweitbeschwerdeführerin wäre daher ein Verfahren gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1973 durchzuführen gewesen (vgl. hiezu sinngemäß die entsprechenden Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1979, Zl. 2805/77).

Zum Vorbringen des Erstbeschwerdeführers:

Die belangte Behörde ging in Ansehung des gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 zu beurteilenden Einwendungsvorbringens sowie des Verlaufes der von der Gewerbebehörde erster Instanz vom 26. Jänner 1981 durchgeführten mündlichen Verhandlung vom Inhalt der darüber aus den Akten ersichtlichen Niederschrift aus und erachtete schon im Hinblick darauf die dargestellten Verfahrensrügen des Beschwerdeführers als nicht stichhältig.

Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 ist über jede mündliche Verhandlung eine Verhandlungsschrift nach den Bestimmungen der §§ 14 und 15 aufzunehmen.

Nach § 15 AVG 1950 liefert, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, eine gemäß den Bestimmungen des § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig.

Gemäß § 14 Abs. 3 AVG 1950 ist jede Niederschrift den vernommenen oder sonst beigezogenen Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, vorzulesen und von ihnen durch Beisetzung ihrer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen. Kann eine Person nicht oder nur mittels Handzeichens fertigen, hat sie die Fertigung verweigert oder sich vor Abschluß der Niederschrift oder des ihre Aussage enthaltenen Teiles der Niederschrift entfernt, so ist unter Angabe des Grundes, aus dem die Fertigung nicht erfolgte, die Richtigkeit der schriftlichen Wiedergabe von dem die Amtshandlung leitenden Organ ausdrücklich zu bestätigen.

Daß der dargestellten Bestimmung des § 14 Abs. 3 AVG 1950 voll entsprochen wurde, ist aus der in den Verwaltungsakten befindlichen Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Jänner 1981 selbst nicht ersichtlich, zumal sich insbesondere die Unterschrift des Erstbeschwerdeführers ohne weiteren Vermerk ausschließlich unmittelbar im Anschluß an die niederschriftliche Darstellung seines Vorbringens befindet. Im Hinblick darauf hätte sich aber die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers über den - von ihm bemängelten - Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 26. Jänner 1981 (siehe insbesondere auch die Aktenvermerke vom 27. und 28. Jänner 1981) unter Bedachtnahme auf das von ihm im Verwaltungsverfahren im Zusammenhang damit angebotene Beweisvorbringen auseinandersetzen und die erforderlichen Feststellungen treffen müssen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid in vollem Umfang mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zu seiner Aufhebung führte.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des geltend gemachten Aufwandersatzanspruches auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 4. November 1983

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