VwGH 81/02/0195

VwGH81/02/019527.5.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Varga, über die Beschwerde des KW in W, vertreten durch Dr. Herbert Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien I, Schubertring 3, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 11. Mai 1981, ausgefertigt am 29. Mai 1981, Zl. MA 70-VIII/F 1/81, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89 a der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
StVO 1960 §24 Abs3 litb;
VStG §44a;
AVG §59 Abs1;
StVO 1960 §24 Abs3 litb;
VStG §44a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, vom 23. August 1979 wurden dem Beschwerdeführer Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung seines Fahrzeuges in der Höhe von insgesamt S 1.260,--vorgeschrieben. In der Begründung dieses gemäß § 57 Abs. 1 AVG 1950 erlassenen Bescheides wurde ausgeführt, das Entfernen des Fahrzeuges des Beschwerdeführers durch die Behörde sei gemäß § 89 a Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) deshalb veranlaßt worden, da dieses am 13. Februar 1979 um 9.13 Uhr in Wien 4, Johann Strauß-Gasse 20, vorschriftswidrig und den Verkehr beeinträchtigend abgestellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei der Zulassungsbesitzer.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, als Einspruch bezeichneten Vorstellung führte der Beschwerdeführer aus, es habe sich beim Abstellplatz seines Fahrzeuges um keine Hauseinfahrt gehandelt. Im Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung nach § 24 Abs. 3 lit. b StVO sei wohl eine Strafverfügung gegen den Beschwerdeführer ergangen, er habe jedoch dagegen Einspruch erhoben, bis nun sei keine Erledigung erfolgt. Daraus ergebe sich, daß keine Verwaltungsübertretung begangen worden sei.

Der erwähnte Bescheid trat gemäß § 57 Abs. 3 AVG 1950 von Gesetzes wegen außer Kraft. Nach Ablauf der in der zuletzt genannten Gesetzesstelle festgelegten Frist berichtete die Bundespolizeidirektion Wien, daß die Einstellplätze im Hause Wien 4, Johann Strauß-Gasse 20, von der zuständigen Magistratsabteilung bewilligt worden seien. Eine Abschrägung der Auffahrt dürfte deshalb nicht angebracht worden sein, weil der Niveauunterschied zwischen Gehsteigkante und Fahrbahn etwa 5 cm betrage. Der Beschwerdeführer erklärte im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs, es liege keine ordnungsgemäß gekennzeichnete Einfahrt vor; eine solche sei für ihn als Ortskundigen nicht erkennbar gewesen.

Mit Bescheid vom 11. Juni 1980 der oben erwähnten Behörde wurden dem Beschwerdeführer, wie schon im Bescheid vom 11. Dezember 1979, die Entfernungs- und Aufbewahrungskosten von S 1.260,-- vorgeschrieben. In der Begründung wurde ausgeführt, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei von Organen der Magistratsabteilung 48 am 13. Februar 1979 um 9.13 Uhr vom Hause Wien 4, Johann Strauß-Gasse 20 entfernt worden, da es vor einer Ein- und Ausfahrt abgestellt gewesen sei. Der Lenker eines anderen Fahrzeuges sei dadurch am Wegfahren aus dem Grundstück behindert worden. Es habe sich um eine behördlich bewilligte, erkennbare Ein- und Ausfahrt gehandelt. Diese liege dann vor, wenn das Einfahren in Häuser und Grundstücke ohne weitere Vorkehrungen möglich sei. Eine besondere Kennzeichnung sei nicht erforderlich, da ja die Möglichkeit, ohne weitere Vorkehrungen zuzufahren, auf Grund baulicher und örtlicher Gegebenheiten ersichtlich sei. Wie auch aus den vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegten Photographien erkennbar sei, sei diese Einfahrt - ein breites Gittertor - durch einen "wohl nicht gesetzlichen Hinweis Einfahrt freihalten" und auch durch den unterschiedlichen Asphaltbelag am Gehsteig ersichtlich gemacht. Der Einwand, es mangle an einer Abschrägung des Gehsteiges, gehe deshalb ins Leere, weil die Anbringung einer solchen Abschrägung infolge des geringen Niveauunterschiedes nicht erforderlich und die Möglichkeit des Ein- und Ausfahrens ohne besondere Vorkehrungen gegeben gewesen sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beharrte der Beschwerdeführer auf seiner Ansicht, mangels Abschrägung sei die Hauseinfahrt für ihn nicht als solche erkennbar gewesen. Man möge einen Ortsaugenschein durchführen. Er berief sich auch auf die im Verwaltungsstrafverfahren von ihm vorgelegten Lichtbilder.

Auf Vorhalt des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes und des Verwaltungsaktes beharrte der Beschwerdeführer bei seiner bisherigen Ansicht.

Der Berufungssenat der Stadt Wien entschied in seiner Sitzung vom 11. Mai 1981 über diese Berufung dahin, daß sie gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt werde. Diese Entscheidung wurde in einem Bescheid, datiert mit 29. Mai 1981, ausgefertigt. In der Begründung wurde nach Zitat des § 89 a Abs. 2 und 7 ausgeführt, aus dem Verwaltungsstrafakt und aus dem Bericht der Bundespolizeidirektion Wien gehe hervor, daß auf Grund des geringen Niveauunterschiedes zwischen Fahrbahn und Gehsteig (zirka 3 bis 5 cm) vermutlich keine Abschrägung angebracht worden sei. Der Gehsteigbereich, welcher als Einfahrt diene, sei mit Hartgußasphalt versehen. Außerdem sei am Eingangstor eine Tafel mit der Aufschrift "Einfahrt freihalten" angebracht gewesen. Die Ausfahrt sei behördlich kommissioniert. Bei den vom Beschwerdeführer beigebrachten Photographien handle es sich um solche vom gegenständlichen Ort. Es habe daher für den Beschwerdeführer die Ein- und Ausfahrt als solche erkennbar sein müssen, zumal auf einer Photographie auch die erwähnte Tafel klar zu sehen sei.

Infolge des geringen Niveauunterschiedes sei keine besondere Abschrägung des Gehsteiges angebracht worden. Diese Unterlassung habe aber nicht bewirkt, daß keine Grundstückseinfahrt vorliege. Die Hauseinfahrt sei vielmehr als solche eindeutig zu erkennen gewesen, wozu noch die erwähnte Tafel "Einfahrt freihalten" komme. Da das Verhalten des Beschwerdeführers zu einer Behinderung eines anderen Fahrzeuglenkers, nämlich am Wegfahren aus der Hauseinfahrt, geführt habe, seien die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben gewesen. Der Berufung sei daher nicht stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete zwei weitere Äußerungen zur Sache, die belangte Behörde erwiderte einmal.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde irrt zunächst insofern, als sie offenbar die in § 44 a VStG 1950 an den Spruch eines Straferkenntnisses gestellten Anforderungen auf einen Bescheid im Administrativverfahren, mit den Kosten im Sinne des § 89 a Abs. 7 StVO vorgeschrieben werden, übertragen will.

Im Administrativverfahren hat der Spruch gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage, in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Abs. 2 dieses Paragraphen ordnet an, daß beim Ausspruch der Verbindlichkeit zu einer Leistung im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung zu bestimmen ist.

Diesen Erfordernissen entspricht der Spruch des Bescheides vom 11. Juni 1980, der mit dem angefochtenen Bescheid schlechthin bestätigt wurde. Die in Verhandlung stehende Angelegenheit ist nämlich die Kostenersatzpflicht für die Entfernung und Aufbewahrung eines bestimmten, im Spruch näher bezeichneten Fahrzeuges auf Grund der angewendeten Gesetzesbestimmungen des § 89 a Abs. 7 und 7 a StVO. Die Leistungsfrist wurde im Spruch mit zwei Wochen festgesetzt. Die rechtlichen Voraussetzungen dieser Kostenvorschreibung, nämlich die Beeinträchtigung oder Behinderung im Sinne des § 89 a Abs. 2 StVO, sowie die Veranlassung der Entfernung des Gegenstandes im Sinne dieser Gesetzesstelle sind bloß in der Begründung anzuführen.

Es besteht auch, entgegen der Ansicht der Beschwerde, für die Berufungsbehörde, wenn sie den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze bestätigt, keine Verpflichtung, den Spruchinhalt des erstinstanzlichen Bescheides in ihren eigenen Bescheidspruch aufzunehmen. Keine der von der Beschwerde zitierten Entscheidungen stellt eine solche Forderung auf. Das Erkenntnis vom 14. Oktober 1970, Zl. 1214/69, hebt den angefochtenen Bescheid aus den Gründen des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 1 und 2 VwGG 1965 auf, aber keinesfalls wegen der in der Beschwerde behaupteten Spruchmängel. Vielmehr wurde in diesem Erkenntnis ausdrücklich die Fassung des Spruches als unbedenklich bezeichnet; die Aufhebung erfolgte nur wegen unterlaufener Aktenwidrigkeiten und Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes. Das Erkenntnis vom 30. Jänner 1981, Zl. 02/3014/80, betrifft einen Verstoß gegen § 44 a VStG 1950, seine Rechtsausführungen können im Administrativverfahren nicht herangezogen werden.

Aber auch die Ansicht der Beschwerde, es sei keine Haus- und Grundstückseinfahrt im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. b StVO gegeben gewesen, ist irrig.

Der von der Beschwerde behauptete Rechtssatz, es könne von einer Hauseinfahrt nur dann gesprochen werden, wenn der Gehsteig davor abgeschrägt sei, entspricht nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere nicht dem von der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 28. März 1963, Zl. 1139/62. Es heißt in diesem Erkenntnis unter anderem:

"Es ist unbestritten, daß das Haus .... ein Haustor besitzt,

das die Einfahrt von Fahrzeugen gestattet. Es ist ferner unbestritten, daß vor dem Haus kein Randstein angebracht und der Gehsteig zur Fahrbahn abgeschrägt ist. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß es sich hier um eine deutlich erkennbare Hauseinfahrt handelt."

Mit keinem Wort wird somit zum Ausdruck gebracht, daß eine Abschrägung ein unerläßliches Wesensmerkmal für die Bestimmung einer Haus- und Grundstückseinfahrt sei. Vielmehr bringen sowohl dieses als auch weitere Erkenntnisse (z.B. vom 24. April 1981, Zl. 3276/80, und vom 13. November 1981, Zl. 81/02/0080) zum Ausdruck, bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Hauseinfahrt handle, komme es nur auf äußere Merkmale (Haustor, kein Randstein, abgeschrägter Gehsteig) und nicht darauf an, ob die Einfahrt auch tatsächlich als solche benützt werde. Im zitierten Erkenntnis vom 13. November 1981 und im weiteren Erkenntnis vom 29. Oktober 1982, Zl. 82/02/0155, wurde ausgesprochen, daß ein zusätzlicher Hinweis, wie beispielsweise durch Anbringung einer Tafel mit der Aufschrift "Einfahrt bitte freihalten" nicht erforderlich sei.

Ganz verfehlt ist die Berufung des Beschwerdeführers (in seinem Schriftsatz vom 4. März 1982) auf das Erkenntnis vom 10. Februar 1982, Zl. 03/0838/80. Dort ging es darum, daß eine Bodenmarkierung, darstellend eine Sperrfläche im Sinne des § 9 Abs. 7 StVO, durch keine entsprechende Verordnung einer Behörde gedeckt war. Hier geht es aber nicht um Bodenmarkierungen, sondern um den Begriff der Haus- und Grundstückseinfahrt.

Die belangte Behörde hat diesen Begriff ohne Rechtsirrtum auf die gegenständliche Einfahrt angewendet, in dem sie sich auf die Merkmale "Eingangstor, Tafel mit der Aufschrift 'Einfahrt freihalten', besondere Ausgestaltung des Gehsteiges vor dem Tor - Hartgußasphalt - und geringer Niveauunterschied zwischen Gehsteigkante und Fahrbahn, nämlich 3 bis 5 cm" stützte, so wie die Situation sich aus der vom Beschwerdeführer beigebrachten Photographien ergab. Gerade der - zutreffende und auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Straßenverkehrsordnung 1960, 22 BlgNR IX. GP, I Seite 58 gestützte - Hinweis des Beschwerdeführers, eine Haus- und Grundstückseinfahrt sei nur dann vorhanden, wenn das Einfahren in Häuser und Grundstücke ohne weitere Vorkehrungen möglich ist, führt zum ebenso zutreffenden Schluß der belangten Behörde, bei einem Niveauunterschied zwischen Gehsteig und Fahrbahn von nur 3 bis 5 cm seien eben keine besonderen Vorkehrungen notwendig. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage fahren nämlich fort: "Wenn die Randsteine des Gehsteiges vor einem Haustor nicht abgeschrägt sind und wenn zwischen Fahrbahn und Gehsteig Bretter gelegt werden müssen, um in das Haustor einfahren zu können, so kann von einer Hauseinfahrt nicht gesprochen werden".

Daß aber im vorliegenden Fall zur Überwindung des geringen Niveauunterschiedes Bretter erforderlich seien, wurde nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet. Es kommt auch nicht, wie der Beschwerdeführer meint, auf die "Klettertüchtigkeit" eines einzelnen Fahrzeuges, sondern auf das Ausmaß jenes Niveauunterschiedes an, der von einem durchschnittlichen Fahrzeug ohne Gefahr einer Beschädigung desselben überwunden werden kann. Daß dies bei einem Niveauunterschied von 3 bis 5 cm aber der Fall ist, hat die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum angenommen.

Der zwar nicht erforderliche, aber für den äußeren Tatbestand ebenfalls konstituierende Hinweis durch die Tafel "Einfahrt freihalten" vervollständigte nur das Bild jener äußeren Merkmale, auf die es nach der oben zitierten Rechtsprechung ankommt.

Da somit die Beschwerde auch mit der zweiten Rechtsrüge nicht zu überzeugen vermochte, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. b, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 27. Mai 1983

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte