VwGH 81/07/0200

VwGH81/07/020014.9.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde 1) des G N in M und 2) der prot. Firma A, Inhaber R in S, beide vertreten durch Dr. R L, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministersfür Land- und Forstwirtschaft vom 5. Oktober 1981;Z1. 12.327/17-I 2/81, betreffend Erteilung einer Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt;

Normen

AVG §8 impl;
ForstG 1975 §17;
AVG §8 impl;
ForstG 1975 §17;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.580,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles bis zur neuerlichen Erteilung der von der mitbeteiligten Gemeinde beantragten Rodungsbewilligung durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2. Juli 1981 wird auf die Sachverhaltsdarstellung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1981, Zl. 81/07/0096, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (der belangten Behörde) vom 19. Mai 1981 als unbegründet abgewiesen, durch welchen die Aufhebung der von der Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 28. November 1979 erteilten Rodungsbewilligung durch den Landeshauptmann bestätigt worden war. In der Begründung dieses Erkenntnisses ging der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen davon aus, dass die Parteistellung des Erstbeschwerdeführers im Rodungsverfahren auf Grund seiner Teilwaldrechte an der Rodungsfläche benachbarten Waldteilen gemäß § 19 Abs. 4 lit. d des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 (in der Folge kurz: FG 75), zu bejahen sei und dass der Erstbeschwerdeführer daher zur Geltendmachung von Einwendungen gegen den Rodungsantrag sowohl aus dem Titel der mit seinen Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der nach § 17 Abs. 2 FG75 vorzunehmenden Interessenabwägung als auch in der Richtung einer Antragstellung zur Vornahme von Vorschreibungen zum Zwecke des Deckungsschutzes nach § 14 FG 75 legitimiert sei. Ferner führte der Verwaltungsgerichtshof im angeführten Vorerkenntnis aus, dass im damals angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Mai 1981 eine Sachentscheidung in der Frage des Deckungsschutzes nicht getroffen worden sei, und zwar einerseits deshalb, weil eine derartige Sachentscheidung aus dem Spruch des damals angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich sei, andererseits auch deshalb, weil, solange nicht einmal feststehe, ob die beantragte Rodung zulässig sei, nicht Vorschreibungen dahingehend angeordnet werden dürften, ob und auf welche Weise bei Durchführung dieser Rodung auf Rechte benachbarter Grundbesitzer oder Nutzungsberechtigter Bedacht zu nehmen sei.

Auf Grund der von der belangten Behörde mit ihrem Bescheid vom 19. Mai 1981 bestätigten Aufhebung der vorangegangenen Rodungsbewilligung und des an sie ergangenen Auftrages zur neuerlichen Entscheidung erließ die Bezirkshauptmannschaft ungeachtet des zur Zl. 81/07/0096 anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und ohne weitere Ermittlungen ihren Bescheid vom 2. Juli 1981, mit welchem sie neuerlich die von der mitbeteiligten Gemeinde beantragte Rodung einer Teilfläche von ca. 88.900 m2 der Parzelle Nr. nnnn/1, KG. X, entsprechend einem zu einem wesentlichen Spruchbestandteil erklärten Lageplan zum Zwecke der Errichtung zweier Schlepplifte sowie einer Schiabfahrt unter den durch die eingeholten Gutachten für erforderlich erachteten Auflagen bewilligte. Zu diesen Auflagen zählte u.a., dass der "N-weg" ständig für die Befahrung, Begehung und Holzbringung frei zu halten sei und in keiner Weise verstellt werden dürfe; der Weg selbst dürfe durch die Rodung keine Änderung oder Beeinträchtigung erfahren. Mit der Frage des Deckungsschutzes der an die Rodungsflächen angrenzenden Waldteile des Erstbeschwerdeführers befasste sich der Bescheidspruch nicht.

In der Begründung dieses Bescheides ging die Bezirkshauptmannschaft davon aus, dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 19. Mai 1981 zwar in der Frage des Deckungsschutzes und der Windgefährdung des Erstbeschwerdeführers, nicht aber in der Frage der Interessenabwägung nach § 17 Abs. 2 FG 75 in der Sache selbst entschieden habe. Die Bezirkshauptmannschaft als Rodungsbehörde erster Instanz habe somit neuerlich über den Rodungsantrag der Mitbeteiligten zu entscheiden gehabt, ohne auf die Einwendungen des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich Windgefährdung und Deckungsschutz eingehen zu müssen. Die Entscheidung habe auf Grund der Aktenlage getroffen werden können, da umfangreiche Ermittlungsverfahren bereits durchgeführt worden seien. Nach Wiedergabe des Befundes, der Stellungnahmen der Sachverständigen für Forsttechnik, für Wildbach- und Lawinenverbauung und für Schitechnik sowie der Parteien und nach Anführung der für die Entscheidung maßgebenden §§ 17 und 18 FG 75 führte die Bezirkshauptmannschaft ferner aus, im Beschwerdefall überwiege das öffentliche Interesse an der Verwendung für Rodungsfläche zur Errichtung zweier Schlepplifttrassen und einer Schiabfahrt gegenüber dem öffentlichen Interesse an ihrer Erhaltung als Wald. Ein näheres Eingehen auf das Vorbringen der beiden Beschwerdeführer und der B Ges.m.b.H. hinsichtlich rein forstrechtlicher Interessen dieser Parteien als Nachbarn (Deckungsschutz:) erübrige sich, da darüber im Bescheid der belangten Behörde vom 19. Mai 1981 abgesprochen, bzw. den Einwendungen durch Formulierung der Auflagen im Spruch Rechnung getragen worden sei. Zur Frage des regionalwirtschaftlichen öffentlichen Interesses am Bau der W-lifte liege ein negatives Gutachten des Institutes für Verkehr und Tourismus (IVT) vor, wonach sich ergeben habe, dass Winterfremdenverkehrszentren eine geringe Ausstrahlungskraft auf umliegende Gemeinden hätten. Im Beschwerdefall liege eine solche Ausstrahlung auf Grund des Standortes der Liftanlage nur für M, nicht aber für X vor. Zwar bestünde seitens der X-er Bevölkerung eine große latente Nachfrage nach diesem Liftprojekt, diese Nachfrage werde jedoch auch bei Stützung durch den Schulschisport und durch die Schischule nicht ausreichen, um diesen Liften einen positiven Betriebserfolg zu garantieren. Bereits vor Erstellung dieses Gutachtens sei jedoch im Regionalbeirat der Kleinregion 9 X und Umgebung die Forcierung des Fremdenverkehrs in dieser Region beschlossen worden. Diese Region besitze derzeit keine leistungsfähige Liftanlage. Die Wirtschaftsstruktur der Gemeinde X sei mit Schwerpunkt auf Textilindustrie ausgerichtet, in der 50 % der weiblichen Arbeitskräfte beschäftigt seien. Durch die seit fünfzehn Jahren stagnierende Situation in diesem Wirtschaftszweig bestehe ein Mangel an Arbeitsplätzen für Frauen. Nach Aussage des regionalen Entwicklungskonzeptes über mögliche entwicklungsfähige Räume sei in dieser Hinsicht nur der Bereich M und B ausgewiesen. Im Sinne der Schaffung einer tragfähigen Infrastruktur in diesem Raum sei deshalb im Regionalbeirat die Erstellung der W-lifte mit Beschluss befürwortet worden. Dieser Beschluss korrespondiere mit dem Interesse des Fremdenverkehrsverbandes X-M und der dortigen Schischule, die bis zu vierzig Schilehrer beschäftige, sodass die für die Erstellung dieser Lifte benötigten Flächen im Flächenwidmungsplan der Gemeinde X als Sonderflächen im Freiland ausgewiesen worden seien. Das vorgesehene Gelände eigne sich außerdem hervorragend als Schiabfahrt. Sowohl das regionale Entwicklungsprogramm der Region X als auch der Flächenwidmungsplan stellten Planungsmechanismen dar, die zukunftsorientiert seien und unter Berücksichtigung des gesamten vorhandenen und erschließbaren Naturraumes sowie unter Abwägung der widersprechenden Interessen Entwicklungen festgelegt hätten. Die Errichtung der Liftanlagen solle eine weitere Grundlage für den Ausbau der gesamten regionalen Wirtschaftsstruktur bilden. Die Lifte würden auch von der einheimischen Bevölkerung auf Grund der sicheren Schneelage stark in Anspruch genommen werden. Aus diesen Darlegungen gehe das Ausmaß und der Umfang des öffentlichen Interesses an, der Erteilung der Rodungsbewilligung eindeutig hervor. Auf Grund seiner Gewichtigkeit für die regionale Wirtschaftsstruktur habe dieses Interesse als überwiegend gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Rodungsfläche als Wald gewertet werden können.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer Berufung. Darin bestritt der Erstbeschwerdeführer, dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 19. Mai 1981 hinsichtlich Windgefährdung und Deckungsschutz meritorisch entschieden habe, und brachte zu dieser Frage ergänzend vor, dass die Annahme des Sachverständigen für Forsttechnik, wonach eine Windgefährdung für die Bestände des Erstbeschwerdeführers durch die Rodung nicht eintrete, durch die Natur widerlegt würde, weil es auf Grund der bereits durchgeführten Teilrodung bereits im Winter 1980/81 zu Windwürfen in größerem Ausmaß gekommen sei. Unrichtig sei auch die Annahme dieses Sachverständigen, das mittlere Alter des Bestandes auf den beiden Teilwaldflächen des Erstbeschwerdeführers betrage mehr als 110 Jahre, sodass es nach der Tiroler Waldordnung eines Deckungsschutzes nicht bedürfe. Die Zweitbeschwerdeführerin machte in der Berufung geltend, die Führung der Schitrasse werde entgegen der Annahme der Bezirkshauptmannschaft eine Beeinträchtigung des Nweges und der Holzbringung auf diesem mit sich bringen, und zwar sowohl wegen der ständigen Querung durch Schifahrer als auch durch die durch den Wegfall der Waldausstattung erhöhte Erosion. Ferner nahmen beide Beschwerdeführer in der Berufung gegen die von der Bezirkshauptmannschaft vorgenommene Interessenabwägung Stellung, weil dafür Entscheidungen politischer Instanzen, an deren Zustandekommen die Beschwerdeführer nicht beteiligt worden seien, nicht maßgebend seien. Außerdem gehe aus dem Gutachten des IVT hervor, dass die für die Begründung der Rodungsbewilligung herangezogenen, insbesondere wirtschaftlichen Argumente nicht zuträfen.

Diese Berufung wies der Landeshauptmann von Tirol auf Grund des Akteninhaltes mit Bescheid vom 10. August 1981 als unbegründet ab. Den Beschwerdeführern sei das Parteiengehör voll gewahrt worden. Über die Frage der Windgefährdung bzw. des Deckungsschutzes habe die belangte Behörde im Bescheid vom 19. Mai 1981 meritorisch entschieden, daran seien die Unterbehörden. im weiteren Verfahren gebunden. Die Vorschreibungen in der Rodungsbewilligung reichten auch aus, den N-weg von Schäden infolge der Rodung zu bewahren. Zur Interessenabwägung führte der Landeshauptmann begründend aus, auch Interessen des Fremdenverkehrs und der Arbeitsplatzsicherung seien als öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 FG anzusehen. Durch die Widmung der Rodungsfläche als Sonderfläche zur Errichtung einer Schipiste im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde sei klargestellt, dass diese Verwendung der Rodungsfläche jedenfalls im öffentlichen Interesse gelegen sei. Dieses Interesse überwiege auch unter Bedachtnahme auf die Stellungnahme des IVT jenes an der Walderhaltung, zumal sich das IVT vorwiegend mit betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten befasst habe, auf welche es jedoch gerade im Sektor der Verkehrs- und Versorgungsunternehmen nicht entscheidend ankomme. Die Frage, ob der Betrieb einer Wintersportanlage wirtschaftlich sinnvoll und zweckmäßig sei, müsse primär der Beurteilung durch den Unternehmer überlassen bleiben. So gesehen sei auf die Stellungnahme des IVT wohl Bedacht zu nehmen, als alleinige Beurteilungsgrundlage könne sie jedoch nicht gelten. Bei Zusammenfassung der Sachverständigengutachten unter Bedachtnahme auf jenes des IVT lasse sich nicht in Abrede stellen, dass das öffentliche Interesse an der Errichtung der geplanten Anlage bestehe, wenngleich möglicherweise die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen fraglich sei. Dieser Vielzahl von Argumenten, die für eine Rodungsbewilligung sprächen, stehe das Interesse an der Erhaltung des Waldes gegenüber. Die Abwägung dieser einander widerstreitenden Interessen führe jedoch unter Bedachtnahme auf das Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen zu dem Schluss, dass die mit einer Versagung der beantragten Rodungsbewilligung verbundenen Nachteile vergleichsweise größer seien, als die mit der Einhaltung dieser Waldfläche verbundenen Vorteile, zumal keine der im FG 75 normierten Wirkungen des Waldes auf Dauer beseitigt werde und den durch die Rodung zu erwartenden Beeinträchtigungen durch die Vorschreibungen entsprechend Rechnung getragen werde.

Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes erhoben wieder beide Beschwerdeführer Berufung. Dieses Rechtsmittel wurde im Rahmen der Aktenvorlage trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof von der Behörde nicht vorgelegt, sodass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 38 Abs. 2 VwGG 1965 hinsichtlich seines Inhaltes von den Behauptungen in der Beschwerde ausgeht. Demnach machten die Beschwerdeführer in dieser Berufung geltend, dass auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 19. Mai 1981 der aufhebende Bescheid des Landeshauptmannes vom 13. März 1981 in Rechtskraft erwachsen sei, sodass sich die Bezirkshauptmannschaft im nachfolgenden Verfahren sowohl mit den Einwendungen des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich Deckungsschutz und Windgefährdung als auch mit den Einwendungen beider Beschwerdeführer hinsichtlich Interessenabwägung zu befassen gehabt habe. Durch die meritorische Nichterledigung der Beschwerdepunkte des Erstbeschwerdeführers im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 2. Juli 1981 sei dieser Bescheid inhaltlich rechtswidrig, in gleicher Weise aber auch der Bescheid des Landeshauptmannes vom 10. August 1981, der sich ebenfalls mit dem Hinweis begnügt habe, die belangte Behörde habe im Bescheid vom 19. Mai 1981 diesbezüglich meritorisch entschieden. Hinsichtlich der Interessenabwägung sei von beiden Beschwerdeführern gerügt worden, dass der Landeshauptmann im Bescheid vom 10. August 1981 den maßgebenden Sachverhalt nicht erschöpfend festgestellt und für seine Lösung nur eine Scheinbegründung gegeben habe, die nicht überprüfbar sei. Insbesondere sei die Sachverhaltserhebung und Darstellung im Bescheid des Landeshauptmannes sowie die darauf gegründete Beweiswürdigung mangelhaft geblieben.

Die belangte Behörde hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Oktober 1981 die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit den §§ 17 ff und 170 Abs. 7 FG 75 abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde dazu aus, die Berufung enthalte kein neues Vorbringen, das geeignet wäre, die Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung in Frage zu stellen. Die von den Beschwerdeführern neuerlich erhobenen Einwände betreffend Windmantel und Deckungsschutz bestünden nicht zu Recht, weil diesbezüglich eine Trennung vom übrigen Rodungsverfahren vorgenommen und mit dem Bescheid vom 19. Mai 1981 darüber abgesprochen worden sei. Zur Interessenabwägung sei zu bemerken, dass die Beschwerdeführer lediglich Teilwaldberechtigte seien; in dieser ihrer Eigenart seien sie gemäß § 19 Abs. 4 lit. d FG 75 Parteien nach § 8 AVG 1950. Sie könnten jedoch als solche auf Grund ihrer Rechtstellung als Teilwaldberechtigte nur bestimmte Rechtsverletzungen geltend machen. Ihr Recht, Einwendungen im Rodungsverfahren zu erheben, gehe nur so weit, als der Teilwald durch die Rodung auf der unmittelbar angrenzenden Waldfläche der Gefahr einer nachteiligen Wirkung ausgesetzt werde. Berufungsverfangen sei also die Frage, ob der Bescheid des Landeshauptmannes insoweit rechtswidrig sei, als Rechte der Beschwerdeführer verletzt würden. Wenn diesen auch ein Interesse an der Erhaltung des Waldbestandes, z.B. in fremdenverkehrstechnischer, naturschützerischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht abgesprochen werden könne, so bedeute dies nicht, dass ihnen dadurch ein rechtliches Interesse "im Interesse des Forstgesetzes" eingeräumt sei. Hätte der Gesetzgeber die Mitwirkung von Parteien in dieser Hinsicht als notwendig erachtet, dann hätte er in dieser Hinsicht eine Anordnung getroffen. Einwendungen, die eine "subjektive öffentliche Natur in Bezug auf die ggst. Teilwaldflächen der Beschwerdeführer" aufwiesen, seien bisher nicht vorgebracht worden. Im übrigen werde der N-weg von der Schitrasse nicht berührt, er werde nur mit dem Seil des Liftes in ca. 8,20 m Höhe überspannt, das Geh- und Fahrrecht werde in keiner Weise beeinträchtigt. Eine ständige Querung des Weges durch Schifahrer könne nicht erfolgen, die Holzzubringung sei daher nicht gefährdet. Die belangte Behörde schließe sich der Auffassung der Unterbehörden an, dass das Rodungsbegehren im überwiegenden öffentlichen Interesse sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich - nach Richtigstellung eines Schreibfehlers durch die Beschwerdeführer in ihrer Eingabe an den Verwaltungsgerichtshof vom 26. Jänner 1982 - die vorliegende, von beiden Beschwerdeführern wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer fühlen sich in ihrem Recht verletzt, dass eine Rodung, von deren Auswirkungen sie betroffen sind, nur bewilligt wird, wenn das öffentliche Interesse an der Rodung größer ist als jenes an der Walderhaltung, sowie in dem Recht, dass diese Interessenabwägung nur auf Grund eines einwandfreien Verfahrens vorzunehmen ist. Der Erstbeschwerdeführer fühlt sich ferner in seinem Recht verletzt, dass in einem mängelfreien Verfahren und auf Grund einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung festgestellt werde, ob eine Windgefährdung für seine Teilwälder vorliege, sowie ob auf Grund des durchschnittlichen Bestandsalters ein Deckungsschutz erforderlich sei oder nicht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift eingebracht und beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 FG 75 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Nach Abs. 2 kann die zuständige Behörde jedoch unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt. Nach § 17 Abs. 3 FG 75 sind öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen. Nach Abs. 4 hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

Nach § 18 Abs. 1 FG 75 ist die Rodungsbewilligung erforderlichenfalls an Bedingungen zu binden und mit Auflagen zu versehen, durch welche gewährleistet ist, dass die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt wird. Danach sind gemäß lit. c insbesondere auch Maßnahmen vorzuschreiben, die zur Hintanhaltung nachteiliger Wirkungen. für die umliegenden Wälder geeignet sind.

Parteien des Rodungsverfahrens im Sinne des § 8 AVG 1950 sind nach § 19 Abs. 4 lit. b und d FG 75 u.a. der dinglich Berechtigte an der zur Rodung beantragten Waldfläche sowie der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass beide Beschwerdeführer im Rodungsverfahren zu Recht Parteistellung in Anspruch genommen haben, und zwar der Erstbeschwerdeführer auf Grund seiner Teilwaldrechte an der Rodungsfläche benachbarten Waldteilen (vgl. dazu das eingangs angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1981, Zl. 81/07/0096), die Zweitbeschwerdeführerin als Servitutsberechtigte an einem von der Rodungsfläche berührten Holzbringungsweg. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Annahme, auch die Zweitbeschwerdeführerin sei lediglich Teilwaldberechtigte und könne nur als solche bestimmte Rechtsverletzungen geltend machen, ist daher unrichtig.

Die Einräumung der Parteistellung an Personen, die an der Rodungsfläche bzw. an angrenzenden Waldflächen dingliche Rechte haben, soll diese Parteien in die Lage versetzen, eine Beeinträchtigung ihrer Rechte durch eine Rodung zu verhindern. Den Beschwerdeführern ist daher Recht zu geben, wenn sie ausführen, dass ihnen zum Zwecke der Abwehr durch die Rodungsbewilligung ihnen drohender Rechtsnachteile auch zusteht, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 17 Abs. 2 FG 75 das von der Forstbehörde als nicht überwiegend erkannte öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend zu machen. Die Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, den Beschwerdeführern sei ein rechtliches Interesse "im Interesse des Forstgesetzes" nicht eingeräumt, entspricht daher nicht dem Gesetz. Sowohl die Einwendung des Erstbeschwerdeführers, die Rodung bringe eine Windgefährdung hinsichtlich seiner Teilwaldfläche mit sich, als auch jene der Zweitbeschwerdeführerin, durch die Rodung werde ihr Geh- und Fahrrecht auf dem N-weg beeinträchtigt, sind vielmehr geeignet, die Berechtigung der Beschwerdeführer zur Bekämpfung der vorliegenden Rodungsbewilligung zu begründen.

Dem trägt der angefochtene Bescheid auch insofern Rechnung, als sich die belangte Behörde darin unbeschadet ihrer Auffassung, die Beschwerdeführer hätten "Einwendungen, die eine subjektive öffentliche Natur in Bezug auf die ggst. Teilwaldflächen ... aufweisen, ... bisher nicht vorgebracht", sowohl mit der Frage betreffend Windmantel und Deckungsschutz als auch mit der Frage einer Beeinträchtigung des Geh- und Fahrrechtes am N-weg, wenn auch in beiden Fragen unzulänglich, auseinander gesetzt hat.

Mit Recht wird nämlich in der Beschwerde geltend gemacht, dass sich die Forstbehörden im neuerlichen Verfahren über den Rodungsantrag der mitbeteiligten Gemeinde sachlich mit den Einwendungen des Erstbeschwerdeführers betreffend die Windgefährdung seiner Teilwaldflächen befassen hätten müssen. Dass in dieser Hinsicht eine die Unterbehörden im weiteren Verfahren bindende Entscheidung der belangten Behörde vom 19. Mai 1981 vorliege, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem schon mehrfach angeführten Erkenntnis vom 1. Dezember 1981, Zl. 81/07/0096, als unzutreffend erkannt. Es ist daher, ohne dass hier auf die Frage inzwischen eingetretener Sachverhaltsänderungen einzugehen war, der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, weil er ein sachliches Eingehen auf diese Einwendungen mit der Begründung ablehnt, dass "diesbezüglich eine Trennung der ggst. Frage vom übrigen Rodungsverfahren vorgenommen wurde und auch mit ho. Bescheid vom 19. Mai 1981 darüber abgesprochen wurde". Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im übrigen in diesem Zusammenhang zu dem Hinweis veranlasst, dass auch die Gefährdung einzelner Randstämme durch die Rodung die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Teilwaldrechte des Erstbeschwerdeführers darstellt, der im Falle der Rodungsbewilligung auf geeignete Weise zu begegnen ist.

Zu der von der Zweitbeschwerdeführerin geltend gemachten Beeinträchtigung ihres Geh- und Fahrrechtes am N-weg weist die belangte Behörde darauf hin, dass dieser Weg von der Schitrasse nicht berührt werde. Dabei übersieht sie, dass es für die Frage einer möglichen Beeinträchtigung des Servitutsrechtes der Zweitbeschwerdeführerin nicht auf den Umfang der Schitrasse, sondern vielmehr auf jenen der Rodungsfläche ankommt. Diese reicht aber nach den im Verwaltungsakt liegenden Plänen an einer Stelle über diesen Weg hinaus, der dort zwischen der Schleppliftausstiegsstelle und der Seilumkehrungsanlage verläuft. Eine Beeinträchtigung der Holzbringung über diesen Weg ist entgegen der Annahme im angefochtenen Bescheid nicht ohne weiteres auszuschließen, weil die Seilüberspannung bei entsprechender Schneelage in weit weniger als 8,20 m Höhe erfolgen würde und gerade in diesem Bereich die Schleppliftbügel möglicherweise noch nicht völlig aufgezogen sein könnten. Eine mögliche Beeinträchtigung von Rechten der Zweitbeschwerdeführerin wird daher im angefochtenen Bescheid auch abgesehen davon, dass die belangte Behörde die Zweitbeschwerdeführerin wie den Erstbeschwerdeführer als Teilwaldberechtigte angesehen hat, auf Grund unzureichender Tatsachenermittlungen verneint.

Wie bereits oben ausgeführt, kann den beiden Beschwerdeführern entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht, das Recht nicht abgesprochen werden, zur Abwehr einer Beeinträchtigung ihrer durch eine Rodungsbewilligung bedrohten Teilwald- bzw. Servitutsrechte geltend zu machen, die Forstbehörden seien zur Stattgebung des vorliegenden Rodungsantrages im bewilligten Umfang auf Grund einer nicht dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung gelangt. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides dazu nur ausgeführt, dass sie sich der von den Unterbehörden vertretenen Auffassung, dass das Rodungsbegehren der mitbeteiligten Gemeinde im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen sei, als Berufungsbehörde anschließe und sich daher nicht in der Lage sehe, die sachlich richtige Entscheidung der Vorinstanzen abzuändern. Mit Recht erblicken die Beschwerdeführer darin einen dem angefochtenen Bescheid anhaftenden wesentlichen Begründungsmangel.

Die Berufungsbehörde, die in ihrer Begründung lediglich auf jene der Unterinstanz verweist, entspricht der Begründungspflicht nämlich nur unter der Voraussetzung, dass diese Begründung auf alle in dem Rechtsmittel vorgebrachten Tatsachen und Rechtsausführungen eingegangen ist und bei der Oberinstanz keine durch die Begründung der Unterinstanz offen gelassene Frage vorgebracht worden ist (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeitz, S. 469 f, angeführte Rechtsprechung). Im Beschwerdefall haben die Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren unter Hinweis auf das im Akt liegende ausführliche Gutachten des IVT begründete Bedenken gegen die Annahme des Vorliegens von für die Rodung sprechenden öffentlichen Interessen der regionalen Wirtschaftsstruktur, des Fremdenverkehrs und der Arbeitsplatzsicherung, bzw. gegen die Annahme des Überwiegens dieser Interessen gegenüber jenem an der Walderhaltung vorgebracht. Diese Bedenken wurden in der von der belangten Behörde übernommenen Begründung des Bescheides des Landeshauptmannes vom 10. August 1981 nicht überzeugend widerlegt. Es trifft zwar zu, dass eine entsprechende Flächenwidmung das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an einer Rodung im Sinne dieser Widmung anzeigt, doch enthebt dies die Forstbehörden nicht der Pflicht, eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. dazu Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1978, Zl.2981/76, und vom 15. Juni 1978, Zl. 384/79). Bei der Prüfung der Überzeugungskraft der für die Rodung ins Treffen geführten wirtschaftlichen Interessen kann jedoch - abgesehen davon, dass im Gutachten des IVT auch zu Fragen der regionalen Wirtschaftsstruktur und des Fremdenverkehrs ausführlich Stellung genommen wird - die Wirtschaftlichkeit des geplanten Liftbetriebes selbst nicht die von den Forstbehörden angenommene untergeordnete Rolle spielen.

Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Bescheid auch insofern mit der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, als eine zureichende Begründung dafür, warum die für die Rodung herangezogenen öffentlichen Interessen trotz der im Gutachten des IVT aufgezeigten Bedenken das im FG 75 verankerte, öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegen, nicht gegeben wurde.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 4748 Abs. 1 lit. a und b, 53 Abs. 1 und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren für Stempelmarken war abzuweisen, weil die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Verzeichnung dieser Kosten nur S 450,-- an Stempelgebühren aufzuwenden hatten ( 3 x S 100,-- Eingabengebühr, 2 x S 170,-- Vollmachtstempel und 2 x S 25,-- für die Beilage).

Wien, am 14. September 1982

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