VfGH B834/2013

VfGHB834/201313.9.2013

Verletzung des Zweitbeschwerdeführers im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen unternehmerischer Zugänglichmachung verbotener Ausspielungen nach dem GlücksspielG; Zurückweisung der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gegen einen dem Berufungsbegehren voll Rechnung tragenden Ausspruch; ebenso Zurückweisung der Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft mangels Legitimation

Normen

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
GlücksspielG §2 Abs4, §52 Abs1, Abs2
StGB §168
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
GlücksspielG §2 Abs4, §52 Abs1, Abs2
StGB §168

 

Spruch:

I. Zu Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides:

1. Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft wird zurückgewiesen.

2. Der Zweitbeschwerdeführer ist durch Spruchpunkt A – außer dem Ausspruch des letzten Absatzes, mit dem der Berufung hinsichtlich des im erstinstanzlichen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Reutte angeführten Gerätes mit der Gehäusebezeichnung "Tipomat Y-Line" mit der Seriennummer 30488 Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt wird – des angefochtenen Bescheides im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird insoweit aufgehoben.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers zurückgewiesen.

II. Zu Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides:

1. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

2. Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

III. Der Bund (Bundesministerin für Finanzen) ist schuldig, dem Zweitbeschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.640,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen, Vorverfahren

1. Im Zuge einer Kontrolle am 22. März 2012 fanden Organe des Finanzamts Innsbruck in einem näher bezeichneten Lokal in Höfen vier betriebsbereite und eingeschaltete Glücksspielgeräte mit den Gehäusebezeichnungen "ACT", Seriennummern 30010266 (im Folgenden: Glücksspielgerät 1), 30010193 (im Folgenden: Glücksspielgerät 2), 30010557 (im Folgenden: Glücksspielgerät 3) und 30010051 (im Folgenden: Glücksspielgerät 4). Alle vier Glücksspielgeräte waren virtuelle Walzenspielautomaten, wobei auf jedem Gerät das Walzenspiel "Multijoker" mit einem festgestellten Mindesteinsatz von € 0,10 und einem festgestellten Höchsteinsatz von € 15,– pro Spiel probegespielt werden konnte.

Mit Straferkenntnis vom 5. Juli 2012 erkannte der Bezirkshauptmann von Reutte den Zweitbeschwerdeführer für schuldig, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Kuisl/Zoeld Gastro- und Vermietungs Limited mit einer näher bezeichneten Zweigniederlassung in Österreich zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 des Bundesgesetzes zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), BGBl 620/1989, in der Fassung BGBl I 111/2010, unternehmerisch zugänglich gemacht zu haben. Aus diesem Grund verhängte der Bezirkshauptmann von Reutte über den Zweitbeschwerdeführer eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe in jeweils näher bestimmter Höhe. Darüber hinaus erkannte der Bezirkshauptmann von Reutte den Zweitbeschwerdeführer im selben Straferkenntnis gemäß §52 Abs1 Z1 dritter Tatbestand GSpG iVm §2 Abs4 GSpG auch hinsichtlich eines ebenfalls bei der Kontrolle am 22. März 2012 vorgefundenen "Hundewettterminals" mit der Gehäusebezeichnung "Tipomat Y-Line" mit der Seriennummer 30488 für schuldig, welcher zum Zeitpunkt dieser Kontrolle jedoch nicht betriebsbereit war, und verhängte über den Zweitbeschwerdeführer auch diesbezüglich eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe in jeweils näher bestimmter Höhe.

Mit Bescheid vom 20. September 2012 verfügte der Bezirkshauptmann von Reutte gegenüber der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft als Eigentümerin der Glücksspielgeräte 1 bis 4 gemäß §54 GSpG die Einziehung dieser gemäß §53 Abs1 Z1 lita GSpG beschlagnahmten Glücksspielgeräte.

2. Gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Reutte erhob der Zweitbeschwerdeführer Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (im Folgenden: UVS Tirol) und führte im Wesentlichen aus, mit den gegenständlichen Automaten würde nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen, weil es sich weder um Glücksspielautomaten noch um elektronische Lotterien handelte, das österreichische Glücksspielrecht gegen unionsrechtliche Vorschriften verstoße und die Bestimmungen des österreichischen Glücksspielgesetzes aus diesem Grund nicht anwendbar wären. Die österreichische Monopolregelung im Glücksspielbereich könne daher zu keinen strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Die erstbeschwerdeführende Gesellschaft erhob gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Reutte, mit dem gemäß §54 GSpG die Einziehung der Glücksspielgeräte 1 bis 4 verfügt wurde, ebenfalls Berufung an den UVS Tirol.

3. Der UVS Tirol gab der Berufung des Zweitbeschwerdeführers mit Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides insoweit Folge, als der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geändert bzw. berichtigt wurde, hielt aber den Tatvorwurf des §52 Abs1 Z1 dritter Tatbestand GSpG weiterhin hinsichtlich der Glücksspielgeräte 1 bis 4 aufrecht. Hinsichtlich des im erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführten "Hundewettterminals" mit der Gehäusebezeichnung "Tipomat Y-Line" mit der Seriennummer 30488 gab der UVS Tirol der Berufung des Zweitbeschwerdeführers Folge, behob das diesbezügliche Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG ein.

Die Berufung der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft gegen die gemäß §54 GSpG verfügte Einziehung der Glücksspielgeräte 1 bis 4 wies der UVS Tirol mit Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides ab.

4. In der vorliegenden, auf Art144 B‑VG gestützten Beschwerde bringen die erstbeschwerdeführende Gesellschaft und der Zweitbeschwerdeführer im Wesentlichen – sowohl hinsichtlich des Spruchpunktes A, als auch hinsichtlich des Spruchpunktes B – vor, der angefochtene Bescheid, verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B‑VG, weil die Verwaltungsstrafbehörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen habe.

5. Der UVS Tirol legte die bezughabenden Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), BGBl 620/1989, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 111/2010, lauten:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des §2 Abs2 daran beteiligt;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer gegen eine Bestimmung der in §2 Abs3 oder §4 Abs2 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß §4 Abs6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach §50 Abs4 verstößt;

6. wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7. wer technische Hilfsmittel (z.B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8. wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß §25 Abs6 und 7 oder §25a verletzt;

9. wer verbotene Ausspielungen (§2 Abs4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß §56 Abs2 vor;

10. wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach §168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß §50 Abs2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

(3) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des §2 Abs4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß §54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(4) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet.

(5) Die Verjährungsfrist (§31 Abs2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs1 beträgt ein Jahr.

[…]

Einziehung

§54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des §52 Abs1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des §52 Abs1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

(2) Die Einziehung ist mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Berufung angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.

(3) Eingezogene Gegenstände sind nach Rechtskraft des Einziehungsbescheides binnen Jahresfrist von der Behörde nachweislich zu vernichten.

(4) §54 Abs1 gilt auch für vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beschlagnahmte Gegenstände."

2. Der seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl 60/1974, unveränderte §168 StGB lautet:

"Glücksspiel

§168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

III. Erwägungen

1. Zu Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides:

1.1. Soweit sich die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gegen Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides – außer dem Ausspruch des letzten Absatzes, mit dem der Berufung hinsichtlich des im erstinstanzlichen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Reutte angeführten Gerätes mit der Gehäusebezeichnung "Tipomat Y-Line" mit der Seriennummer 30488 Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt wird – richtet, ist die Beschwerde zulässig und auch begründet:

1.1.1. Gemäß dem Verwaltungsstraftatbestand des §52 Abs1 Z1 GSpG ist zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 [GSpG] veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des §2 Abs2 [GSpG] daran beteiligt". Daran knüpfend grenzt §52 Abs2 GSpG die Strafbarkeit nach §52 Abs1 (Z1) GSpG und jener nach §168 StGB sowie damit auch die Zuständigkeit der Verwaltungs-(§52 Abs1 GSpG) und Strafgerichtsbarkeit (§168 StGB) voneinander ab: "Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach §168 StGB zurück."

1.1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 13. Juni 2013, B422/2013, sowie vom 26. Juni 2013, B396/2013, erkannt hat, erfasst der Verwaltungsstraftatbestand des §52 Abs1 Z1 GSpG das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des §2 Abs4 GSpG. Die Strafbarkeit stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ("wer … veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht …" – §52 Abs1 Z1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach §52 Abs1 (Z1) GSpG und nach §168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit – bei einer verfassungskonformen Auslegung – darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten organisiert, Einsätze von höchstens € 10,– oder mehr als € 10,– ermöglicht.

1.1.3. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des §52 Abs2 GSpG ergibt sich die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß §168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß §52 Abs1 GSpG besteht (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, B422/2013, sowie vom 26. Juni 2013, B396/2013).

1.1.4. Der UVS Tirol als belangte Behörde hat den Zweitbeschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG verletzt.

1.1.5. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

1.1.6. Die belangte Behörde hat §52 Abs2 (iVm §52 Abs1 Z1 GSpG) einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten 1 bis 4 abstellte. Da der Zweitbeschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten 1 bis 4, welche einen Höchsteinsatz von € 15,– pro Spiel ermöglichten, unternehmerisch zugänglich machte, ist das Verhalten des Zweitbeschwerdeführers die Glücksspielgeräte 1 bis 4 betreffend von vornherein nicht unter §52 Abs1 Z1 iVm §52 Abs2 GSpG subsumierbar, sondern nach §168 StGB zu beurteilen und somit die strafgerichtliche Zuständigkeit begründet. Eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach §52 Abs1 Z1 (iVm §52 Abs2) GSpG und §168 StGB scheidet aus (vgl. dazu neuerlich die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem Erkenntnis vom 13. Juni 2013, B422/2013, zur bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes [VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156]).

1.2. Soweit sich die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gegen den Ausspruch des letzten Absatzes des Spruchpunktes A des angefochtenen Bescheides richtet, ist die Beschwerde unzulässig:

1.2.1. Mit dem Ausspruch des letzten Absatzes des Spruchpunktes A des angefochtenen Bescheides wird den in der Berufung vorgebrachten Bedenken gegen den erstinstanzlichen Bescheid im Ergebnis voll Rechnung getragen. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt aussprach, ist die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, das heißt, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (vgl. etwa VfSlg 17.840/2006, 18.442/2008).

1.2.2. Die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen Bescheid setzt daher ein Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn der Beschwerdeführer durch den Bescheid beschwert ist. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Beurteilung durch den Beschwerdeführer, sondern darauf an, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes gesagt werden kann, dass der angefochtene Bescheid die Rechtsposition des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil verändert (vgl. VfSlg 12.452/1990, 13.433/1993 und 14.413/1996).

1.2.3. Da dem Berufungsbegehren des Zweitbeschwerdeführers durch den letzten Absatz des Spruchpunktes A des angefochtenen Bescheides im Ergebnis voll Rechnung getragen und jene Aussprüche beseitigt wurden, durch deren Inhalt sich der Zweitbeschwerdeführer für beschwert erachtete, fehlt dem Zweitbeschwerdeführer die insofern für eine Beschwerdeführung an den Verfassungsgerichtshof vorausgesetzte Beschwer (vgl. VfSlg 9686/1983 und 10.015/1984).

1.3. Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft ist unzulässig:

1.3.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, sofern der Beschwerdeführer behauptet, durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein. Voraussetzung der Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist zumindest die Möglichkeit der Verletzung der beschwerdeführenden Partei in subjektiven Rechten, was immer dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen und Feststellungen die subjektive Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt (vgl. VfSlg 17.920/2006 mwN).

1.3.2. Die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen Bescheid setzt sohin auch ein Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn nach Aufhebung des Bescheides ein durch diesen bewirkter Rechtsnachteil der beschwerdeführenden Partei vermieden wird. Dabei kommt es nicht auf eine subjektive Beurteilung durch die beschwerdeführende Partei an, sondern darauf, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes angenommen werden kann, dass der angefochtene Bescheid im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung die Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei zu deren Nachteil verändert (vgl. VfSlg 11.764/1988, 16.516/2002, 18.171/2007).

1.3.3. Mit Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides wurde über den Zweitbeschwerdeführer gemäß §52 Abs1 Z1 dritter Tatbestand GSpG eine Verwaltungsstrafe verhängt. Da die erstbeschwerdeführende Gesellschaft weder Adressat des Spruchpunkts A des angefochtenen Bescheides ist noch der Zweitbeschwerdeführer ein nach außen vertretungsbefugtes Organ der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft war (und somit eine Haftung der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §9 Abs7 VStG nicht in Betracht kommt) scheidet schon deswegen aus, dass Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides die subjektive Rechtssphäre der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft berührt.

Mangels subjektiven Rechts kommt der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft die Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG nicht zu.

2. Zu Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides:

2. Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes B des angefochtenen Bescheides abgelehnt:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungs­rechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B‑VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2.2. Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen, zumal die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gemäß §54 GSpG verfügten Einziehung der Glücksspielgeräte 1 bis 4, welche auch Einsätze über € 10,- ermöglichten, Fragen der Auslegung eines einfachen Gesetzes betrifft. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungs­gerichtshofes ausgeschlossen.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1.1. Der Zweitbeschwerdeführer ist somit durch Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides – außer dem Ausspruch des letzten Absatzes, mit dem der Berufung hinsichtlich des im erstinstanzlichen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Reutte angeführten Gerätes mit der Gehäusebezeichnung "Tipomat Y-Line" mit der Seriennummer 30488 Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt wird – im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

1.2. Der angefochtene Bescheid ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere (diesen Spruchpunkt betreffende) Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

1.3. Dem Zweitbeschwerdeführer fehlt in Bezug auf den letzten Absatz des Spruchpunktes A des angefochtenen Bescheides die Beschwer, um diesen mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof anfechten zu können. Die Beschwerde ist daher insoweit mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

1.4. Der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft kommt die Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG in Bezug auf Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides mangels subjektiven Rechts nicht zu und die Beschwerde ist daher insoweit als unzulässig zurückzuweisen.

2. Hinsichtlich des Spruchpunktes B des angefochtenen Bescheides wird von der Behandlung der – nicht auf das Vorliegen aller Prozessvoraussetzung (Beschwerdelegitimation des Zweitbeschwerdeführers) hin geprüften – Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B‑VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

2.1. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG bzw. §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

2.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den entsprechend dem Kostenverzeichnis zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

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