Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
ArbVG §113, §114, §161 Abs1
Betriebsrats-GeschäftsO 1974 §53 Abs2
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
ArbVG §113, §114, §161 Abs1
Betriebsrats-GeschäftsO 1974 §53 Abs2
Spruch:
I. Der fünfte Satz des §53 Abs2 der Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974, BGBl. Nr. 355/1974, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Jänner 2014 in Kraft.
III. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.
1. Der Oberste Gerichtshof beantragt, die Wortfolge "nur aus wichtigen Gründen, sonst" in §53 Abs2 fünfter Satz der Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974, BGBl. 355, in eventu den gesamten fünften Satz der genannten Bestimmung gemäß Art139 B-VG als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Der Antrag wird vor dem Hintergrund der folgenden Rechtslage gestellt:
2.1. Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1973
betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsverfassungsgesetz, im Folgenden: ArbVG), BGBl. 22/1974, in der Fassung
BGBl. I 111/2010, lautet auszugsweise wie folgt:
"II. TEIL
Betriebsverfassung
[...]
[...]
Abschnitt 5
Organzuständigkeit
Kompetenzabgrenzung
§113. (1) Die der Arbeitnehmerschaft zustehenden Befugnisse werden, soweit nicht anderes bestimmt ist, durch Betriebsräte ausgeübt.
(2) - (3) [...]
(4) In Unternehmen, in denen ein Zentralbetriebsrat zu errichten ist, werden folgende Befugnisse von diesem ausgeübt:
1. Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
gemäß §§110 bis 112;
2. soweit sie nicht nur die Interessen der Arbeitnehmerschaft eines Betriebes berühren
a) Recht auf Intervention (§90);
b) allgemeines Informationsrecht (§91);
c) Beratungsrecht (§92);
d) Mitwirkung in Arbeitsschutzangelegenheiten (§92a);
e) Mitwirkung an betriebs- und unternehmenseigenen Schulungs-, Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen (§§94 und 95);
f) wirtschaftliche Informations- und Interventionsrechte (§108);
g) Mitwirkung bei Betriebsänderungen gemäß §109.
3. Wahrnehmung der Rechte gemäß §89 Z3 hinsichtlich geplanter und in Bau befindlicher Betriebsstätten des Unternehmens, für die noch kein Betriebsrat zuständig ist;
4. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§§179, 180) und in den Europäischen Betriebsrat (§193);
5. Mitwirkung an den Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß den nach den §§189, 190 oder 206 abgeschlossenen Vereinbarungen;
6. Abschluss von Betriebsvereinbarungen nach §97 Abs1 Z1b;
7. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§§217, 218), in den SE-Betriebsrat (§234) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Europäischen Gesellschaft (§247);
8. Mitwirkung an den Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß den nach den §§230 oder 231 abgeschlossenen Vereinbarungen;
9. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§257 iVm §§217, 218), in den SCE-Betriebsrat (§257 iVm §234) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Europäischen Genossenschaft (§257 iVm §247);
10. Mitwirkung an den Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß den nach §257 iVm den §§230 oder 231 abgeschlossenen Vereinbarungen;
11. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§260 iVm §§217, 218) oder in das besondere Entsendungsgremium (§261 iVm §§217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft (§260 bzw. §261 iVm §247).
(5) [...]
Kompetenzübertragung
§114. (1) Der Betriebsrat und der Betriebsausschuß können dem Zentralbetriebsrat mit dessen Zustimmung die Ausübung ihrer Befugnisse für einzelne Fälle oder für bestimmte Angelegenheiten übertragen.
(2) In Angelegenheiten nach §§96, 96a und 97, die die Interessen der Arbeitnehmer mehr als eines Unternehmens betreffen und in denen eine einheitliche Vorgangsweise des Konzerns, insbesondere durch Konzernrichtlinien, erfolgt, kann der Zentralbetriebsrat der Konzernvertretung mit deren Zustimmung die Ausübung seiner eigenen und ihm übertragenen Befugnisse übertragen, soweit derartige Angelegenheiten nicht ohnedies gemäß §113 Abs5 in die Zuständigkeit der Konzernvertretung fallen. Besteht kein Zentralbetriebsrat, so kann der Betriebsrat (Betriebsausschuß) eine derartige Kompetenzübertragung vornehmen.
(3) Die Konzernvertretung kann übertragene Befugnisse nur ausüben, wenn eine Kompetenzübertragung durch zumindest zwei Zentralbetriebsräte (Betriebsausschüsse, Betriebsräte) erfolgt ist.
(4) Beschlüsse im Sinne der Abs1 und 2 sind dem Betriebsinhaber umgehend mitzuteilen und erlangen erst mit der Verständigung Rechtswirksamkeit.
[...]
IV. TEIL
Schluß- und Übergangsbestimmungen
[...]
Vorbehalt weiterer Vorschriften
§161. (1) Der Bundesminister für soziale Verwaltung hat durch Verordnung insbesondere näher zu regeln:
1. die Vorbereitung und Durchführung der Wahl zum Betriebsrat, Zentralbetriebsrat und Jugendvertrauensrat;
2. die Bestellung und Tätigkeit von Wahlkommissionen und Wahlzeugen;
3. die Geschäftsführung der Betriebs(Gruppen-, Betriebshaupt)versammlung, des Betriebsrates, des Betriebsausschusses, der Betriebsräteversammlung, des Zentralbetriebsrates, der Jugendversammlung und des Jugendvertrauensrates;
4. die Errichtung, Verschmelzung, Trennung, Auflösung und Verwaltung des Betriebsrats(Zentralbetriebsrats)fonds, die Revision seiner Gebarung sowie Rechte und Pflichten der Revisionsorgane;
5. die Wahl der Rechnungsprüfer und ihre Geschäftsführung;
6. die Geschäftsführung des Bundeseinigungsamtes;
7. im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz die Errichtung und Geschäftsführung der Schlichtungsstellen.
(2) - (4) [...]"
2.2. Die gemäß §161 Abs1 Z3 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. 22/1974, erlassene Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 24. Juni 1974 über die Geschäftsführung der Betriebs(Gruppen-, Betriebshaupt)versammlung, des Betriebsrates, des Betriebsausschusses, der Betriebsräteversammlung, des Zentralbetriebsrates, der Jugendversammlung, des Jugendvertrauensrates, der Jugendvertrauensräteversammlung und des Zentraljugendvertrauensrates (im Folgenden: Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974), BGBl. 355/1974, in der Fassung BGBl. II 142/2012, lautet auszugsweise wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
"2. HAUPTSTÜCK
BEFUGNISSE DER ARBEITNEHMERSCHAFT
Abschnitt 1
Organzuständigkeit
Betriebsrat
§53. (1) Die der Arbeitnehmerschaft zustehenden Befugnisse werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, durch Betriebsräte ausgeübt.
(2) Der Betriebsrat kann beschließen, die Ausübung seiner Befugnisse für einzelne Fälle oder für bestimmte Angelegenheiten dem Zentralbetriebsrat mit dessen Zustimmung zu übertragen. Dem Betriebsinhaber sind diese Beschlüsse umgehend schriftlich mitzuteilen. Sie erlangen erst mit der Verständigung des Betriebsinhabers Rechtswirksamkeit. Die Übertragung gilt, sofern sie nicht befristet ist oder sich aus der Natur der übertragenen Angelegenheit eine Befristung ergibt, für die Dauer der Tätigkeit des Betriebsrates. Vor Abschluß einer in Behandlung stehenden Angelegenheit kann die Übertragung nur aus wichtigen Gründen, sonst jederzeit vom Betriebsrat widerrufen werden; sie bedarf zur Rechtswirksamkeit der Verständigung des Betriebsinhabers.
(3) Besteht kein Zentralbetriebsrat, so kann der Betriebsrat beschließen, der Konzernvertretung mit deren Zustimmung die Ausübung seiner Befugnisse für Angelegenheiten nach §§96, 96a und 97 ArbVG, die die Interessen der Arbeitnehmer mehr als eines Unternehmens betreffen und in denen eine einheitliche Vorgangsweise des Konzerns, insbesondere durch Konzernrichtlinien erfolgt, zu übertragen. Im übrigen gilt Abs2."
Absatz 1 und 2 des §53 sind seit der Stammfassung
BGBl. 355/1974 unverändert; mit der Novelle BGBl. 814/1993 wurde Absatz 3 angefügt.
3. Dem Antrag liegt zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde:
In einem Feststellungsverfahren nach §54 Abs1 ASGG begehrt der klagende Betriebsrat der Gewerkschaft öffentlicher Dienst die Feststellung, dass die Betriebsvereinbarung über die Umstellung der Zusatzpensionen "von direkten Leistungszusagen auf Pensionskasse oder betriebliche Kollektivversicherung", die vom Zentralbetriebsrat unterfertigt wurde, gegenüber den vom klagenden Betriebsrat vertretenen Bediensteten der beklagten Partei (des Österreichischen Gewerkschaftsbundes) unwirksam sei. Der klagende Betriebsrat stützt sein Begehren vor allem darauf, dass die Abschlussbefugnis nicht an den Zentralbetriebsrat delegiert worden sei, aber auch darauf, dass keine Verständigung des eigenen Betriebsinhabers erfolgt sei. Jedenfalls liege aber ein gerechtfertigter Widerruf einer allfälligen Delegierung der Abschlussbefugnis vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging zusammengefasst davon aus, dass zwar kein schriftlicher Beschluss des klagenden Betriebsrats für eine Ermächtigung des Zentralbetriebsrats vorliege, dass aber von einer schlüssigen Kompetenzübertragung auszugehen sei, da der Zentralbetriebsrat mit Wissen und Willen des klagenden Betriebsrats und dessen Vorsitzenden die Verhandlungen geführt habe. Die nach der Betriebsratsvorsitzendenkonferenz vorgesehene Urabstimmung der gesamten Belegschaft sei positiv durchgeführt worden. Die dabei vorgenommene Fragestellung spreche für die Übertragung der Verhandlungs- und Abschlusskompetenz. Auch eine entsprechende Verständigung der Beklagten sei (im Ergebnis) erfolgt. Ein allfälliger "Widerruf" der Kompetenzübertragung wäre nach §53 Abs2 der Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 nur bei wichtigen Gründen möglich gewesen. Solche Gründe habe der klagende Betriebsrat aber nicht nachweisen können.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des klagenden Betriebsrats nicht Folge und schloss sich der Beurteilung des Erstgerichts an. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof erklärte die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision für zulässig.
4. Zur Präjudizialität des §53 Abs2 der Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 führt der Oberste Gerichtshof aus, dass er im Revisionsverfahren zu prüfen habe, inwieweit ein Widerruf der Kompetenzübertragung vorgenommen wurde und zulässig sei. Für die Frage der Zulässigkeit des Widerrufs sei aber jedenfalls auch die Bestimmung des §53 Abs2 fünfter Satz Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 heranzuziehen, wonach vor Abschluss einer in Behandlung stehenden Angelegenheit die Übertragung nur aus wichtigen Gründen, sonst aber jederzeit vom Betriebsrat widerrufen werden könne.
5. Seine Bedenken gegen §53 Abs2 der Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 begründet der Oberste Gerichtshof wie folgt:
"§113 ArbVG legt in seinem Abs1 fest, dass die der Arbeitnehmerschaft zustehenden Befugnisse, 'soweit nichts anderes bestimmt' ist, 'durch Betriebsräte' ausgeübt werden. In Abs4 dieser Bestimmung werden in eingeschränktem Umfang auch dem Zentralbetriebsrat Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt, allerdings nicht zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen iSd §§97 Abs1 Z18, 18a ArbVG über Betriebspensionen.
§114 Abs1 ArbVG sieht unter der Überschrift 'Kompetenzübertragung' vor, dass der Betriebsrat dem Zentralbetriebsrat mit dessen Zustimmung die Ausübung seiner Befugnisse 'für einzelne Fälle oder für bestimmte Angelegenheiten übertragen' kann. Abs4 des §114 ArbVG bestimmt, dass solche Beschlüsse dem Betriebsinhaber umgehend mitzuteilen sind und erst mit der Verständigung Rechtswirksamkeit erlangen. Eine ausdrückliche Regelung, inwieweit die Übertragung der Befugnisse 'für einzelne Fälle oder für bestimmte Angelegenheiten' vom Betriebsrat wieder widerrufen werden kann, enthält das ArbVG nicht. Sowohl die Gesetzesmaterialien (vgl AB 933 [richtig: 993] BlgNR 13. GP, 5, wiedergegebenen in Tomandl ArbVG zu §114) als auch die einhellige Lehre gehen von einer Widerrufsmöglichkeit durch den Betriebsrat aus (vgl dazu Naderhirn in Strasser/Jabornegg/Resch ArbVG §114 Rz 12 f; Winkler in Tomandl ArbVG §114 Rz 4; Preiss in Czernich/Gahleitner/Preiss/Schneller, ArbVG III 688).
Nach §161 Abs1 Z3 ArbVG, auf den sich die hier maßgebliche BR-GO 1974 stützt, hat der Bundesminister für soziale Verwaltung die Geschäftsführung der Betriebs-(Gruppen-, Betriebshaupt-)versammlung, des Betriebsrats, des Betriebsausschusses, der Betriebsräteversammlung, des Zentralbetriebsrats, der Jugendversammlung und des Jugendvertrauensrats zu regeln.
§53 Abs1 BR-GO 1974 lautet wie folgt:
[...]
In Satz 5 dieser Bestimmung wird also die Widerrufsmöglichkeit 'vor Abschluss einer in Behandlung stehenden Angelegenheit' auf 'wichtige Gründe' eingeschränkt. Eine derartige Einschränkung findet sich im Gesetz nicht.
Es bestehen nun einerseits die Bedenken, dass sich aus §161 Abs1 Z3 ArbVG über die Verordnungskompetenz zur Regelung der Geschäftsordnung eines Organs der Arbeitnehmerschaft keine Verordnungskompetenz zur Verschiebung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Belegschaftsorganen ergibt. Eine solche wäre aber wohl im Hinblick auf die Zuständigkeit der Gerichte zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit von Beschlussfassungen der Belegschaftsorgane (§50 ASGG) erforderlich. Die allgemeine Ermächtigung zur Erlassung von Durchführungsverordnungen nach Art18 Abs2 B-VG bezieht sich ja nur auf den 'Wirkungsbereich' der Verwaltungsbehörde (vgl dazu auch 10 ObS 2349/96f).
Vor allem bestehen aber Bedenken dahin, dass die Regelung auch inhaltlich von den Vorgaben des Gesetzes abweicht, da dem Gesetz eine Einschränkung des Widerrufs der Kompetenzübertragung auf 'wichtige Gründe' nicht zu entnehmen ist. Der Gesetzgeber hat in §113 Abs1 ArbVG klar den Primat der Betriebsräte bei der Vertretung der Interessen der Belegschaft ihres Betriebs geregelt. Allgemein ist davon auszugehen, dass demokratisch legitimierte Interessenvertretungen im Rahmen des ArbVG nur dort ihre Interessenvertretungsaufgabe und damit auch die gegenüber ihren Wählern bestehende Verantwortung weitergeben können, wo dies ausdrücklich vorgesehen ist (vgl etwa auch zum Verbot der dynamischen Verweisung RIS-Justiz RS0050836; RS0050859). Auch dies spricht dafür, dass nach dem Gesetz die Vertretung durch ein nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung nicht zuständiges Organ nur solange möglich sein soll, als dies vom Willen des nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung zuständigen Organs getragen ist. Damit weichen aber die darüber hinausgehenden Einschränkungen der Verordnung vom Gesetz ab (vgl in diesem Sinne auch Winkler in Tomandl ArbVG §114 Rz 4 FN 7)."
6. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz erstattete eine Äußerung, in der er den Ausführungen des Obersten Gerichtshofs zur Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen entgegentritt. §53 Abs2 Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 regle die "Geschäftsführung" der unterschiedlichen Belegschaftsorgane (vgl. §161 Abs1 Z3 ArbVG) und sei somit nur eine "interne Geschäftsordnungsbestimmung", bei der ein geringerer Determinierungsgrad ausreiche. Für den Betriebsinhaber werde diese Übertragung erst mit Zugang des schriftlichen Beschlusses wirksam; es ergebe sich kein "Nachteil oder Rechtsdefizit". Sinn der Beschränkung des Widerrufs der Übertragung der Befugnisse des Betriebsrats an den Zentralbetriebsrat auf "wichtige Gründe" sei einerseits die Erzielung einer unternehmensweit einheitlichen Lösung und andererseits Effizienzüberlegungen, da bereits geleistete Vorarbeiten bei einem Widerruf vor Abschluss einer in Behandlung stehenden Angelegenheit vergeblich gewesen wären.
7. Die klagende Partei im Anlassverfahren erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Obersten Gerichtshofs anschließt. Die Einschränkung der Widerrufbarkeit der Übertragung der Befugnisse des Betriebsrats an den Zentralbetriebsrat auf wichtige Gründe sei vom Wortlaut des §114 ArbVG nicht gedeckt. Darüber hinaus widerspreche §53 Abs2 Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 aus folgenden Gründen den tragenden Grundsätzen des Betriebsverfassungsrechts:
"§114 Abs1 ArbVG sieht vor, dass der Betriebsrat dem Zentralbetriebsrat mit dessen Zustimmung die Ausübung seiner Befugnisse für einzelne Fälle oder für bestimmte Angelegenheiten übertragen kann. Wie der Oberste Gerichtshof zutreffend ausführt, ist gesetzlich nicht explizit niedergeschrieben, ob und inwieweit die Übertragung der Befugnisse vom Betriebsrat widerrufen werden kann. Wie der Oberste Gerichtshof mit umfassenden Belegen aus der Literatur eindrucksvoll festhält, besteht nach der einhelligen herrschenden Meinung eine solche freie Widerrufsmöglichkeit (siehe hierzu den Antrag des Obersten Gerichtshofs Seite 9). Diesen prägnanten Ausführungen kann nichts mehr hinzugefügt werden. Auch der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bezweifelt in seiner Stellungnahme nicht, dass eine generelle Widerrufsmöglichkeit besteht (siehe dazu unten Punkt III.).
Wie der Oberste Gerichtshof weiters zutreffend
ausführt, beruht das gesamte Organisationsrecht des ArbVG auf dem Grundgedanken der betrieblichen Vertretung von Arbeitnehmerinteressen durch demokratisch ausgewählte und legitimierte Organe der Arbeitnehmerschaft (OGH 9 ObA 370/89). Dies äußert sich vor allem in der gesetzlichen Festlegung zentraler Wahlgrundsätze sowie eines geordneten Wahlverfahrens zur Bestellung von Vertretungsorganen. Ausdruck dieses demokratischen Grundgedankens sind aber auch der Arbeitnehmerschaft eingeräumte Kontroll- und Enthebungsrechte, falls die Mehrheit der Arbeitnehmer die Interessen der Arbeitnehmerschaft vom Vertretungsorgan nicht wahrgenommen sieht (Spitzl in ZAS 2007/14).
Der Betriebsrat ist als Entscheidungsträger
demokratisch legitimiert (OGH 8 ObA 80/00y). Der Betriebsrat kann auch als Repräsentant der Belegschaft angesehen werden, der aufgrund gesetzlicher Ermächtigung die Belegschaft derart repräsentiert, dass seine Willenserklärungen kraft Gesetzes der repräsentierten Belegschaft zugerechnet werden, ohne dass sie als (idente) Willensäußerungen derselben zu deuten sind und ohne dass die repräsentierte Belegschaft als Vertretene juristisch unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird (Löschnigg, Arbeitsrecht11 Rz 8/042).
Im ArbVG ist die Vertretung der Interessen der Belegschaft durch Betriebsräte klar geregelt. §113 Abs1 ArbVG bestimmt, dass die der Arbeitnehmerschaft zustehenden Befugnisse, soweit nicht anderes bestimmt ist, durch Betriebsräte ausgeübt werden. Betriebsräte als demokratisch legitimierte Interessensvertretungen sind nur in jenen Fällen zur Übertragung ihrer Aufgaben befugt, in denen dies ausdrücklich vorgesehen ist. Der Oberste Gerichtshof verweist in seinem Antrag zutreffend auf die Judikatur zum Verbot der dynamischen Verweisung (RIS-Justiz, RS0050836, RS0050859):
Eine dynamische Verweisung bei normativen Regelungen (Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung) ist aus dem Grund der unstatthaften Delegation der Normsetzungsbefugnis auf andere Rechtssetzungsautoritäten grundsätzlich unzulässig
(OGH 9 ObA 202/00x). Der Oberste Gerichtshof geht dabei zutreffend von der Erwägung aus, dass normative Regelungen einer gesetzlichen Ermächtigung im ArbVG bedürfen. Diese muss folgerichtig auf die ermächtigten Organe beschränkt bleiben, welche ihre Zuständigkeit, den konkreten Inhalt einer normativen Regelung zu bestimmen, grundsätzlich nicht auf andere Rechtsträger delegieren können.
Eine ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit zur Übertragung von Kompetenzen schafft die Bestimmung des §114 Abs1 ArbVG, welche dem Betriebsrat ermöglicht, seine Kompetenzen in einzelnen konkreten Fällen oder generell für eine bestimmte Materie an den Zentralbetriebsrat zu übertragen. Die Übertragung der Kompetenzen liegt dabei in seinem freien Ermessen. Wie der Obersten Gerichtshof zutreffend ausführt, soll die Vertretung durch ein nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung nicht zuständiges Organ nur dann und solange möglich sein, als dies vom Willen des nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung zuständigen und demokratisch legitimierten Organs getragen ist. Diesem Gedanken entspricht auch der freie Widerruf. Wäre ein Widerruf auf bestimmte Gründe beschränkt, könnte das übertragende Organ seinem gesetzlichen Auftrag zur Interessenvertretung nicht mehr entsprechen.
Auch eine teleologische Interpretation des Gesetzes und insbesondere des §114 Abs1 ArbVG ergibt, dass der Inhalt der auf Grundlage des §161 Abs1 ArbVG zu erlassenden Verordnung insofern determiniert wird, als der Verordnungsgeber das - unter Berücksichtigung der gesamten Bestimmungen des Betriebsverfassungsrechts - formulierte Ziel der bestmöglichen Interessenvertretung der Belegschaft durch den Betriebsrat bei der Erlassung der Verordnung zu berücksichtigen und umzusetzen hat. Dieses Ziel wird im vorliegenden Fall durch die Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit in der angefochtenen Bestimmung der BR-GO 1974 nicht berücksichtigt bzw umgesetzt, sondern ins Gegenteil verkehrt und konterkariert.
Es ist auszuschließen - auch auf Grundlage der Äußerung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (siehe dazu unten Punkt III.), dass rechtsgeschäftliche Handlungsalternativen des Betriebsrates durch den Verordnungsgeber eingeschränkt werden dürfen. Bei der in §53 Abs2 Satz 5 BR-GO 1974 vorgesehenen Einschränkung der unstrittig bestehenden Widerrufsmöglichkeit auf 'wichtige Gründe' handelt es sich daher um eine - vom Gesetz nicht gedeckte - Neuschöpfung des Verordnungsgebers. Da die bestehende Widerrufsmöglichkeit entgegen dem Wortlaut des §114 ArbVG und entgegen dem Sinn des Gesetzes auf wichtige Gründe eingeschränkt wird, ist diese Bestimmung gesetzwidrig und im angefochtenen Teil aufzuheben."
Die Ausführungen des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gehen nach Ansicht der klagenden Partei im Anlassverfahren am Problem der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmung vorbei: Satz 5 des §53 Abs2 Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 beschränke sich offenkundig nicht darauf, die im ArbVG geregelten Bestimmungen zu präzisieren, sondern enthalte eine darüber hinausgehende - und im Widerspruch zum ArbVG und tragenden Grundsätzen des Betriebsverfassungsrechts stehende - Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit. Die Bestimmungen des ArbVG, insbesondere die bereits genannten Vorschriften der §§113, 114 ArbVG vermögen daher keine gesetzliche Deckung für die in Prüfung gezogene Verordnungsregelung abzugeben. Daran vermöge der Umstand bzw. die vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz versuchte Argumentation, dass im konkreten Fall allenfalls ein geringerer Determinierungsgrad des Gesetzes erforderlich sei, nichts zu ändern. Darüber hinaus handle es sich nicht nur um eine interne Geschäftsordnungsbestimmung, die nur auf den Betriebsinhaber abstelle, sondern um eine materiell-rechtliche Determinierung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Widerrufsmöglichkeit, von der auch andere Personen, insbesondere auch der Betriebsrat und der Zentralbetriebsrat betroffen seien. Letztlich könne eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung nicht auf Grund von Effizienzüberlegungen gerechtfertigt werden.
8. Die beklagte Partei im Anlassverfahren erstattete eine Äußerung, in der sie dem Vorbringen des Obersten Gerichtshofs entgegentritt.
II.
Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit des Antrags erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Der Oberste Gerichtshof hat im Revisionsverfahren zu prüfen, ob ein Widerruf der Kompetenzübertragung an den Zentralbetriebsrat tatsächlich erfolgt ist und ob dieser zulässig gewesen ist. Für die Beurteilung der Frage der Zulässigkeit des Widerrufs hat er die Bestimmung des §53 Abs2 Satz 5 Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 anzuwenden.
2. Nach der ständigen, sowohl Normprüfungsanträge als auch amtswegig eingeleitete Normprüfungsverfahren betreffenden Judikatur zu den Verfahrensvoraussetzungen ist der Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmung derart abzugrenzen, dass einerseits der verbleibende Normteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Vorschrift in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen erfasst werden (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Es ist dabei in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (VfSlg. 7376/1974, 7786/1976, 13.701/1994). Dem folgend geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der Anfechtungsumfang im Normprüfungsverfahren bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (so etwa VfSlg. 8155/1977, 12.235/1989, 14.131/1995, 14.498/1996). Wenn bei Aufhebung bloß eines Teiles einer Norm der Sinn der verbleibenden Bestimmung nicht mehr dem erkennbaren Willen des Normsetzers entspricht, ist nur der Antrag auf Aufhebung der gesamten Regelung zulässig (zB VfSlg. 16.911/2003 mwN; VfSlg. 19.411/2011).
Zur Beseitigung der behaupteten Gesetzwidrigkeit
genügt es nicht, die im Hauptantrag des Obersten Gerichtshofs genannte Wortfolge "nur aus wichtigen Gründen, sonst" im fünften Satz des §53 Abs2 Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 aufzuheben. Gelangte der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die angefochtene Wortfolge gesetzwidrig ist, und höbe er diese auf, so verbliebe eine Bestimmung, derzufolge die "sonstige" jederzeit bestehende Möglichkeit des Widerrufs dem Wortlaut nach nur mehr in Fällen von "in Behandlung stehenden" Angelegenheiten zulässig wäre. In Fällen, in denen - noch - keine Angelegenheit in Behandlung steht, sowie nach Abschluss einer solchen Angelegenheit wäre ein Widerruf nicht mehr möglich. Dass ein Widerruf insbesondere im Fall des fünften Satzes möglich, aber auch in allen anderen Fällen nicht ausgeschlossen, sondern unmittelbar auf Grund des Gesetzes zulässig sein müsste, ist der verbleibenden Regelung nicht zu entnehmen.
3. Der Eventualantrag auf Aufhebung des fünften
Satzes des §53 Abs2 Betriebsrats-Geschäftsordnung ist hingegen - da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen - zulässig.
III.
Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf
Antrag eingeleiteten Verfahren auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg. 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist
(VfSlg. 15.644/1999, 17.222/2004).
1.2. Der Oberste Gerichtshof hegt zum Ersten das Bedenken, dass sich aus §161 Abs1 Z3 ArbVG, der eine nähere Regelung der "Geschäftsführung" u.a. des Betriebsrates und des Zentralbetriebsrates durch Verordnung vorsieht, keine Verordnungskompetenz zur Verschiebung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Belegschaftsorganen ergebe. Eine solche wäre aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs im Hinblick auf die Zuständigkeit der Gerichte zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit von Beschlussfassungen der Belegschaftsorgane (§50 ASGG) erforderlich.
Zum Zweiten macht der Oberste Gerichtshof Bedenken dahingehend geltend, dass die Regelung auch inhaltlich von den Vorgaben des Gesetzes abweiche, da dem Gesetz eine Einschränkung des Widerrufs der Kompetenzübertragung auf "wichtige Gründe" nicht zu entnehmen sei. Der Gesetzgeber habe in §113 Abs1 ArbVG klar den "Primat der Betriebsräte" bei der Vertretung der Interessen der Belegschaft ihres Betriebs geregelt. Allgemein sei davon auszugehen, dass demokratisch legitimierte Interessenvertretungen im Rahmen des ArbVG nur dort ihre Interessenvertretungsaufgabe und damit auch die gegenüber ihren Wählern bestehende Verantwortung weitergeben könnten, wo dies ausdrücklich vorgesehen sei. Auch dies spreche dafür, dass nach dem Gesetz die Vertretung durch ein nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung nicht zuständiges Organ nur solange möglich sein solle, als dies vom Willen des nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung zuständigen Organs getragen sei.
2. Das Bedenken, dass es überhaupt an einer Verordnungsermächtigung mangle, trifft nicht zu:
Der mit "Vorbehalt weiterer Vorschriften"
überschriebene §161 Abs1 ArbVG ermächtigt den zuständigen Bundesminister, "durch Verordnung insbesondere näher zu regeln: [...] 3. die Geschäftsführung [...] des Betriebsrates, [...], des Zentralbetriebsrates [...]". Die hier enthaltene Aufzählung der Angelegenheiten, bei denen zur Erlassung einer Durchführungsverordnung ermächtigt wird, ist (arg. "insbesondere") nicht abschließend und schränkt die durch Art18 Abs2 B-VG jeder Verwaltungsbehörde in ihrem Wirkungsbereich zustehende Befugnis, gesetzliche Bestimmungen durch Verordnung zu konkretisieren, nicht nur nicht ein, sondern enthält seinerseits eine über diesen Katalog hinausgehende allgemeine Ermächtigung. Schon daraus ergibt sich, dass das vom Obersten Gerichtshof geäußerte Bedenken, dass die Ermächtigung nicht die Verschiebung von Zuständigkeiten von Organen umfasse, nicht zutrifft (vgl. VfSlg. 15.370/1998).
3. Mit seinem zweiten Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Beschränkung der Widerrufsmöglichkeit ist der Oberste Gerichtshof hingegen im Recht:
3.1. Die §§113 und 114 ArbVG regeln die Zuständigkeiten der Organe der betrieblichen Interessenvertretungen.
§113 ArbVG enthält eine Generalklausel zugunsten der Zuständigkeit des Betriebsrates (Abs1) und eine taxative Aufzählung von Zuständigkeiten des Betriebsausschusses (Abs2), des gemeinsamen Betriebsrates (Abs3), des Zentralbetriebsrates (Abs4) sowie der Konzernvertretung (Abs5). Innerhalb der Zuständigkeiten des Zentralbetriebsrates ist zwischen "ausschließlichen" und "variablen" Zuständigkeiten zu unterscheiden (Preiss in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller [Hrsg.], Arbeitsverfassungsrecht Band 33, 2005, Erl. 4 und 28 zu §113). Ausschließliche Zuständigkeiten stehen dem Zentralbetriebsrat jedenfalls zu, variable nur dann, wenn es sich bei der wahrzunehmenden Zuständigkeit um eine unternehmensübergreifende Angelegenheit handelt.
§114 Abs1 ArbVG sieht vor, dass Befugnisse des Betriebsrates (und des Betriebsausschusses) dem Zentralbetriebsrat mit dessen Zustimmung entweder für einzelne Fälle oder aber auch für bestimmte Angelegenheiten übertragen werden können.
Daran anknüpfend ist zwischen eigenen und originären Kompetenzen zu unterscheiden, je nachdem, ob dem jeweiligen Organ die Zuständigkeit auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (des §113 ArbVG) zukommt oder ob sich diese (bloß) auf Grund einer Übertragung durch ein an sich zuständiges anderes Organ gemäß §114 leg. cit. ergibt (vgl. Kallab in Neumayr/Reissner [Hrsg.], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht, Band 22, 2011, §113 ArbVG Rz 6).
3.2. Eine ausdrückliche Regelung über den Widerruf einer Befugnisübertragung enthält die gesetzliche Regelung nicht. Dennoch ist mit den Gesetzesmaterialien (AB 993 BlgNR 13. GP, 5), der verordnungerlassenden Behörde und der Kommentarliteratur (Kallab in Zeller Kommentar, §114 Rz 7, Preiss in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht, Erl. 21 zu §114, Winkler in Tomandl [Hrsg.], Kommentar zum ArbVG, 2012, Rz 4 zu §114, Naderhirn in Strasser/Jabornegg/Resch [Hrsg.], Kommentar zum Arbeitsverfassungsgesetz, 2005, Rz 12 f. zu §114) davon auszugehen, dass die Übertragung einer Zuständigkeit grundsätzlich widerrufen werden kann.
3.3. Mit den dieses Regelungssystem tragenden gesetzlichen Vorschriften ist es jedoch unvereinbar, wenn der Verordnungsgeber den Widerruf der Übertragung in bestimmten Fällen an Voraussetzungen bindet, für die sich im Gesetz keine Anhaltspunkte finden. Die Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 trifft unter anderem Regelungen über die Zuständigkeiten von Organen, denen die durch Wahlen legitimierte Interessenvertretung im Rahmen der Arbeitnehmermitbestimmung, insbesondere zur Mitwirkung an der Normsetzung im kollektiven Arbeitsrecht, verbunden mit der Verantwortlichkeit dieser Organe den Wählern gegenüber zukommt. In einem solchen System bedarf es einer gesetzlichen Zuweisung von Zuständigkeiten und einer gesetzlichen Grundlage für die Zuständigkeitsübertragung, wie sie in den §§113 und 114 ArbVG vorgesehen ist. Ebenso bedürfte es aber auch einer gesetzlichen Grundlage für eine Verlängerung der Übertragung über den Zeitpunkt hinaus, in dem das übertragende Organ seine Zuständigkeit wieder "zurückholen" möchte, indem es die Übertragung widerruft. Eine solche Regelung fehlt jedoch.
3.4. Die Regelung der Übertragung der Befugnisse des Betriebsrates auf den Zentralbetriebsrat in §53 Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974 ist daher insoweit gesetzwidrig, als Absatz 2 Satz 5 leg.cit. den Widerruf der Übertragung nur bei Vorliegen "wichtiger Gründe" unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Sollte es der Gesetzgeber im Einklang mit dem Inhalt der Verordnung für geboten oder sinnvoll erachten, dass eine entsprechende Beschränkung bestehen soll (wofür es gute Gründe geben mag, etwa zur Verhinderung von Rechtsmissbrauch - siehe Preiss in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht, Erl. 21 zu §114), müsste er eine ausdrückliche Regelung treffen.
IV.
1. Der fünfte Satz des §53 Abs2 der Betriebsrats-Geschäftsordnung 1974, BGBl. 355, ist als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B-VG. Nach dieser Vorschrift ist eine Frist für das Außerkrafttreten von bis zu 18 Monaten zu bestimmen, wenn gesetzliche Vorkehrungen erforderlich sind.
3. Die Verpflichtung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des Ausspruchs über die Fristsetzung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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