Normen
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
GlücksspielG §14
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
GlücksspielG §14
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I.
1. Die Bundesministerin für Finanzen (in der Folge: Bundesministerin) führte gemäß §14 des Bundesgesetzes zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz - GSpG), BGBl. 620/1989, idF BGBl. I 111/2010, ein Verfahren zur Erteilung der Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§6 bis 12b GSpG für den Zeitraum von 1. Oktober 2012 bis 30. September 2027 durch.
2. Das Verfahren wurde durch Veröffentlichung auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen (in der Folge: Bundesministerium) am 6. Juni 2011 eröffnet. Am selben Tag wurde auf der Homepage des Bundesministeriums unter der Adresse https://www.bmf.gv.at/gluecksspiel/_start.htm eine "Unterlage zur Teilnahme an der öffentlichen Interessentensuche 'Lotteriekonzession' " veröffentlicht, in die nach erfolgter Registrierung Einsicht genommen werden konnte. Am darauffolgenden Tag erging eine Presseaussendung des Bundesministeriums und wurden im Amtsblatt der Wiener Zeitung, im "Lottery Insider" (einem internationalen Branchenmagazin) sowie in der "Financial Times Europe" Hinweise auf die Veröffentlichung des Bundesministeriums vom 6. Juni 2011 in deutscher bzw. englischer Sprache abgedruckt.
3. Insgesamt brachten vier Unternehmen - darunter die beschwerdeführende Gesellschaft - fristgerecht Anträge auf Erteilung einer Konzession ein.
II.
1. Mit Bescheid der Bundesministerin vom 10. Oktober 2011, Z BMF-180000/0168-VI/5/2011, wurde der Österreichischen Lotterien Gesellschaft m.b.H. gemäß §14 GSpG die Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§6 bis 12b GSpG für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2027 erteilt.
1.1. Die Bundesministerin führt in der Begründung des Bescheides zunächst aus, dass bei der zeitlichen Planung des Verfahrens zur Neuerteilung der Lotterienkonzession einerseits zu beachten gewesen sei, dass die zuletzt erteilte Konzession mit 30. September 2012 enden würde und dass andererseits ein neuer Konzessionär nach Erteilung der Konzession noch ausreichend Zeit haben müsse, sämtliche in §14 Abs1 GSpG genannten Spiele zu implementieren, was bedeute, dass die notwendige Infrastruktur zu schaffen und die Betriebswege zu installieren seien. Nach den Wertungen des Glücksspielgesetzes sei für diesen Prozess von der Entscheidung, die Konzession an einen neuen Konzessionär zu vergeben bis zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser spielbereit sei, eine Frist von einem Jahr erforderlich.
1.2. Nach Darstellung des Verfahrensganges weist die Bundesministerin darauf hin, dass für die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach §14 Abs2 Z1 bis 6 GSpG der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich sei. Auf nach Fristablauf vorgelegte Unterlagen, die inhaltlich eine Änderung der Anträge darstellen würden, sei daher bei der Entscheidungsfindung nicht Bedacht zu nehmen. Nach der Konzeption des §14 Abs2 und 6 GSpG sei zunächst hinsichtlich jedes Antragstellers gesondert zu prüfen, ob dieser die Voraussetzungen nach §14 Abs2 Z1 bis 6 GSpG erfülle. Da die Erteilung einer Konzession an einen Antragsteller, der diese Voraussetzungen nicht erfülle, jedenfalls unzulässig sei, könnten dessen subjektive Rechte durch die Erteilung der Konzession an einen anderen Antragsteller schon abstrakt nicht berührt werden. Die Österreichische Lotterien Gesellschaft m.b.H. habe als einzige der bewerbenden Gesellschaften die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession nach §14 Abs2 Z1 bis 6 GSpG erfüllt, sodass keine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft anzunehmen gewesen sei. Mangels weiterer, die Voraussetzungen der Z1 bis 6 des §14 Abs2 GSpG erfüllenden Bewerber liege daher kein Anwendungsfall des §14 Abs6 GSpG vor und sei eine vergleichende Prüfung und Entscheidung durch die Bundesministerin gemäß Z7 leg.cit. nicht erforderlich gewesen.
2. Mit Bescheiden der Bundesministerin vom 10. Oktober 2011, Zlen. BMF-180000/0123-VI/5/2011,
BMF 180000/0122-VI/5/2011 und BMF-180000/0120-VI/5/2011, wurden die Anträge der übrigen Gesellschaften, die sich um Erteilung der Konzession beworben hatten, abgewiesen. Mit hg. Erkenntnis vom selben Tag wurden die dagegen erhobenen Beschwerden abgewiesen (VfGH 6.12.2012, B1337/11 ua.).
3. Gegen den Bescheid, mit dem der Österreichischen Lotterien Gesellschaft m.b.H. gemäß §14 GSpG die Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§6 bis 12b GSpG erteilt wurde (oben Pkt. 1.), richtet sich die zu B1339/11 protokollierte Beschwerde einer Gesellschaft, die sich ebenfalls um die Konzession beworben hatte und die eine weitere, zu B1338/11 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem ihr Antrag auf Erteilung der Konzession abgewiesen wurde (oben Pkt. 2.), eingebracht hat. In der Beschwerde wird eingangs darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht zugestellt worden sei, die Beschwerde jedoch analog zu §26 Abs2 VwGG erhoben werde. Die Beschwerde rügt eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, da die belangte Behörde ihre Verpflichtung zur Bildung einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft missachtet habe. Die beschwerdeführende Gesellschaft führt dazu wörtlich aus:
"5. BESCHWERDEPUNKTE
Der angefochtene Bescheid ist in mehrfacher Hinsicht qualifiziert rechtswidrig: Dadurch, dass die belangte Behörde ihre Verpflichtung zur Bildung einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft missachtet und die Konzessionsverfahren betreffend den Antrag der ÖLG und unseren Konzessionsantrag nicht zusammengezogen und in einem Verwaltungsverfahren entschieden hat, hat sie gehäuft die Rechtslage verkannt. Dies indiziert Willkür. Die belangte Behörde hat uns damit in unserem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG) verletzt. Sie nimmt uns durch diese Vorgangsweise auch den unionsrechtlich verbürgten Rechtsschutz; dies deshalb, weil uns keine Möglichkeit offen steht, die mangelnde Eignung der ÖLG unter Beweis zu stellen und mithin eine 'Neuausschreibung' der Lotterienkonzession zu erzwingen.
6. PFLICHT ZUR BILDUNG EINER
VERWALTUNGSVERFAHRENSGEMEINSCHAFT
6.1. Rechtslage
[...]
6.2. Auslegung der BMF
Die BMF legt diese Bestimmung so aus, dass sie sie zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft nur hinsichtlich jener Konzessionsantragsteller verpflichte, die alle Eignungsvoraussetzungen erfüllen:
[...]
Dies ist unrichtig: Weder das GSpG, noch die höchstgerichtliche Judikatur, noch die unionsrechtlichen Vorgaben erlauben es der BMF, hinsichtlich des Rechtsschutzes willkürlich zwischen den Konzessionsanträgen zu unterscheiden.
Im Einzelnen:
6.3. Vorgaben des GSpG
Den Bestimmungen des GSpG lässt sich entnehmen, dass über 'alle fristgerecht eingebrachten Anträge ...
bescheidmäßig zu entscheiden ist'. Dies ist insofern erstaunlich, als - bedenkt man die Bestimmung des §73 Abs1 AVG (für deren Derogation nichts spricht) - wohl auch über nicht fristgerecht eingebrachte Anträge mit Bescheid abzusprechen ist.
Diese Bestimmung muss daher einen anderen normativen Gehalt haben, wenn man dem Glücksspielgesetzgeber nicht unterstellen will, etwas Sinnloses normiert zu haben. Unseres Erachtens ist diese Festlegung so zu verstehen, dass sie die BMF dazu verpflichtet, alle fristgerecht eingebrachten Konzessionsanträge zu einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft zusammenzuziehen und über sie gemeinsam in einem Verfahren abzusprechen (arg '[ü]ber alle fristgerecht eingebrachten
Anträge ... bescheidmäßig zu entscheiden'): Über alle
fristgerechten Anträge ist mit einem Bescheid zu entscheiden. Diese - essentielle - Vorgabe des GSpG verkennt die belangte Behörde.
[...]
6.5. Ergebnis
Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die BMF unseren Konzessionsantrag mit jenem der ÖLG hätte verbinden und uns Parteistellung in diesem gemeinsamen Verfahren einräumen hätte müssen. Dies ist sowohl durch das GSpG als auch durch die Judikatur der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts als auch durch das Unionsrecht geboten. Dass die BMF dies verkennt, bedeutet ein gehäuftes qualifiziertes Verkennen der Rechtslage - und also: Willkür. Die Vorgangsweise der BMF verletzt uns in unserem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG, Art2 StGG).
[...]"
4. Die Bundesministerin erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurück- bzw. als unbegründet abzuweisen. Die Bundesministerin vermeint, es sei kein Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Gesellschaft ersichtlich, da die Rechtsposition der beschwerdeführenden Gesellschaft auch für den Fall, dass ihre Beschwerde erfolgreich wäre und der angefochtene Bescheid aufgehoben würde, nicht verändert bzw. günstiger wäre: Nach einer allfälligen Aufhebung des Bescheides, mit dem die Konzession an die Österreichischen Lotterien Gesellschaft m.b.H. erteilt wurde, stünde einer Konzessionserteilung an die beschwerdeführende Gesellschaft weiterhin die rechtskräftige Abweisung ihres eigenen Antrages auf Erteilung der Konzession entgegen. Nachdem die beschwerdeführende Gesellschaft die zwingenden Voraussetzungen des §14 Abs2 Z1 bis 6 GSpG nicht erfüllt habe, wäre die Erteilung der Konzession an sie jedenfalls unzulässig gewesen, aus diesem Grund könne die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt sein.
5. Die beschwerdeführende Gesellschaft und die mitbeteiligte Partei erstatteten weitere Schriftsätze.
III.
1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, sofern der Beschwerdeführer behauptet, durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein. Voraussetzung der Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist zumindest die Möglichkeit der Verletzung der beschwerdeführenden Partei in subjektiven Rechten, was immer dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen und Feststellungen die subjektive Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt (vgl. VfSlg. 17.920/2006 mwN).
Die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen Bescheid setzt sohin auch ein Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn nach Aufhebung des Bescheides ein durch diesen bewirkter Rechtsnachteil der beschwerdeführenden Partei vermieden wird. Dabei kommt es nicht auf eine subjektive Beurteilung durch die beschwerdeführende Partei an, sondern darauf, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes angenommen werden kann, dass der angefochtene Bescheid im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung die Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei zu deren Nachteil verändert (vgl. VfSlg. 11.764/1988, 16.516/2002, 18.171/2007).
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Österreichischen Lotterien Gesellschaft m.b.H. gemäß §14 GSpG die Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§6 bis 12b GSpG für den Zeitraum von 1. Oktober 2012 bis 30. September 2027 erteilt. Der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Erteilung der Konzession wurde mit Bescheid der Bundesministerin vom selben Tag abgewiesen, da die beschwerdeführende Gesellschaft die Voraussetzungen des §14 Abs2 Z1 bis 6 GSpG nicht erfülle und daher gemäß §14 Abs6 GSpG keine vergleichende Prüfung nach Z7 leg.cit. vorzunehmen gewesen sei.
2.1. Gemäß §14 Abs6 GSpG hat die Bundesministerin
über alle fristgerecht eingebrachten Anträge auf Erteilung einer Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§6 bis 12b GSpG im Zuge der Prüfung der Interessensbekundung bescheidmäßig zu entscheiden. Treten mehrere Konzessionswerber gleichzeitig auf, die die in Abs2 Z1 bis 6 leg.cit. genannten Voraussetzungen erfüllen, hat die Bundesministerin auf Grund des Abs2 Z7 leg.cit. zu entscheiden.
2.2. Dieser Regelungstechnik zufolge ist das Verfahren zur Erteilung einer Konzession so gestaltet, dass zwei unterschiedliche Kategorien von Voraussetzungen bestehen, sodass eine Auswahlentscheidung der Behörde nach §14 Abs2 Z7 GSpG nur noch Konzessionswerber zum Gegenstand haben kann, für welche zuvor feststeht, dass sie die Voraussetzungen des Abs2 Z1 bis 6 leg.cit. erfüllen. Jene Konzessionswerber aber, die wenigstens eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllen und deren Anträge daher aus diesem Grund abgewiesen werden, sind nicht Gegenstand der Auswahlentscheidung (arg.
"Konzessionswerber [...], die die Voraussetzungen des Abs2 Z1 bis 6 erfüllen"). Eine Auswahlentscheidung auf Grund von §14 Abs2 Z7 GSpG berührt demgemäß Konzessionswerber, die nicht einmal die Voraussetzungen der Z1 bis 6 leg.cit. erfüllt haben, nicht in ihrer Rechtssphäre. Ebenso wenig sind die Bewerber in ihrer Rechtssphäre berührt, wenn - wie hier - nur einer ihrer Konkurrenten die genannten Voraussetzungen erfüllt (vgl. in diese Richtung VfGH 27.9.2012, B705/12 mwN, wonach Parteistellung auch in Verfahren zur Verleihung einer Schulleiterstelle erst ab Aufnahme in den verbindlichen Besetzungsvorschlag anzunehmen ist).
2.3. Der Bescheid, mit dem die Konzession an die Österreichischen Lotterien Gesellschaft m.b.H. erteilt wird, berührt daher nicht die subjektive Rechtssphäre der beschwerdeführenden Gesellschaft. Mangels subjektiven Rechts auf eine rechtmäßige Entscheidung durch die für die Erteilung der Konzession zuständige Behörde kommt der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht die Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG zu.
IV.
1. Der beschwerdeführenden Gesellschaft fehlt
demzufolge die Beschwer, um den Bescheid, mit dem die Konzession an eine andere Gesellschaft erteilt wurde, mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof anfechten zu können.
Die Beschwerde ist daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite
VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
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