VfGH G12/11 ua

VfGHG12/11 ua30.11.2011

Individualanträge von Anbietern von (Sport)Wetten auf Aufhebung von Bestimmungen betreffend Wettgebühren und Glücksspielabgaben unzulässig; Erwirkung einer bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung zumutbar

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
BAO §201, §239, §311
GebührenG 1957 §28 Abs3, §33 TP17
GlücksspielG §57, §59 Abs5
FinStrG §2 Abs2, §49 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
BAO §201, §239, §311
GebührenG 1957 §28 Abs3, §33 TP17
GlücksspielG §57, §59 Abs5
FinStrG §2 Abs2, §49 Abs1

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu G12-14/11, G21-23/11, G39-41/11 und G70/11, G99,100/11 auf Art140 Abs1 B-VG gestützte, gleichlautende (Individual)Anträge verschiedener Gesellschaften - allesamt Anbieter von (Sport)Wetten im Internet - protokolliert, welche begehren, folgende in Zusammenhang mit Wetten und Glücksspiel stehende Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957 (in der Folge: GebG), des Glücksspielgesetzes (in der Folge: GSpG) und des Finanzstrafgesetzes (in der Folge: FinStrG) als verfassungswidrig aufzuheben:

* in §28 Abs3 GebG idF GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010, den letzten Teilsatz mit der Wortfolge "sowie die Mitwirkung am Zustandekommen der Wette auf andere Art und Weise", und

* in §33 TP17 Abs2 GebG idF GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010, den letzten Teilsatz mit der Wortfolge "oder wenn die Teilnahme an dem Rechtsgeschäft Wette vom Inland aus erfolgt",

* den gesamten §57 GSpG idF GSpG-Novelle 2010, BGBl. I 73/2010, in eventu

* die gesamten Absätze 1 und 2 des §57 GSpG idF GSpG-Novelle 2010, BGBl. I 73/2010, in eventu

* den gesamten §57 Abs2 GSpG idF GSpG-Novelle 2010, BGBl. I 73/2010, in eventu

* in §57 Abs1 und §57 Abs2 GSpG idF

GSpG-Novelle 2010, BGBl. I 73/2010, jeweils den Teilsatz mit der Wortfolgte "an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt", in eventu

* in §57 Abs2 GSpG idF GSpG-Novelle 2010, BGBl. I 73/2010, den Teilsatz mit der Wortfolge "an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt" und

* in §59 Abs5 GSpG idF GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010, den letzten Teilsatz mit der Wortfolge "sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise" sowie

* die Wortfolge in §2 Abs2 FinStrG idF

GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010 "- mit Ausnahme der Wettgebühren nach §33 TP17 Abs1 Z1 GebG 1957 -".

2. Zur Antragslegitimation bringen die

antragstellenden Gesellschaften zusammengefasst vor, es bestehe ein nach Art und Umfang eindeutig bestimmter Eingriff in ihre Rechtssphäre. Auf Grund der angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen müssten sie Abgaben selbst bemessen und entrichten, wobei ihnen bei Unterlassung (finanz)strafrechtliche Konsequenzen drohten.

2.1. Die rechtlich geschützten Interessen der antragstellenden Gesellschaften würden durch die angefochtenen Bestimmungen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt, weil die Pflicht zur Selbstberechnung und Entrichtung der Glücksspielabgaben und Wettgebühren bereits seit dem 1. Jänner 2011 bestehe.

Seit diesem Zeitpunkt würden die Abgaben und Gebühren auch ordnungsgemäß abgeführt (so die zu G70/11, G99,100/11 protokollierten antragstellenden Gesellschaften in Pkt. 3.1. ihres Antrags) bzw. sei es aus technischen Gründen nicht möglich, die Glücksspielabgaben und Wettgebühren zu bemessen und abzuführen (so die zu G12-14/11, G21-23/11 und G39-41/11 protokollierten Anträge).

2.2. Die antragstellenden Gesellschaften bringen

weiters vor, dass ihnen ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeiten nicht zur Verfügung stehe. Insbesondere sei es nicht zumutbar, ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Strafverfahren zu provozieren, um in diesem die Verfassungswidrigkeit der übertretenen Norm geltend machen zu können (Hinweis auf VfSlg. 16.202/2001).

2.3. Alle antragstellenden Gesellschaften behaupten die Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesstellen, deren Verstoß gegen Art18 B-VG sowie die Verletzung weiterer, näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Es sei technisch nicht möglich, verlässlich festzustellen, ob ein registrierter User an einer Wette oder einem Glücksspiel im Internet vom Inland oder vom Ausland aus teilnehme und ob damit die Tatbestandsvoraussetzungen des §33 TP17 GebG bzw. des §57 Abs2 GSpG erfüllt seien.

Die Bundesregierung erstattete zu den Anträgen eine Äußerung, in der sie primär die Zurückweisung der Anträge begehrt. Hierzu führt sie vor allem aus, den antragstellenden Gesellschaften stünde ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeiten der angefochtenen Gesetzesbestimmungen zur Verfügung, der die Antragslegitimation ausschließe. In der Sache verteidigt die Bundesregierung die angefochtenen Gesetzesbestimmungen.

3. In den Verfahren zu G12-14/11, G21-23/11 und G39-41/11 erstatteten die antragstellenden Gesellschaften Repliken, in denen sie das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen bekräftigen und auch in der Sache der Bundesregierung entgegentreten.

In der Replik zu G21-23/11 wird darauf hingewiesen, dass drei der in diesem Verfahren antragstellenden Gesellschaften Anträge auf Festsetzung der Wettgebühren und Glücksspielabgaben beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel eingebracht haben, bisher auf Grund von Ergänzungsersuchen allerdings noch keine Festsetzungsbescheide erlassen worden seien.

II. Rechtslage

1. Mit der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 54/2010 (kundgemacht am 19. Juli 2010), wurde in den §§57 bis 58 GSpG eine Regelung über Glücksspielabgaben eingeführt. Damit kam es im GebG zu einer entsprechenden Anpassung des §33 TP17 leg.cit. und damit zusammenhängend des §28 Abs3 leg.cit. betreffend Gebühren für Glücksverträge. Gebühren nach §33 TP17 Abs1 Z1 GebG wurden durch diese Novelle erstmalig auch dem Abgabenbegriff des §2 FinStrG unterstellt.

Die GSpG-Novelle 2010, BGBl. I 73/2010 (kundgemacht am 18. August 2010), brachte weitere Änderungen. So wurde u.a. der Wortlaut des §57 GSpG neu formuliert. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I 111/2010, wurden §33 TP17 Abs3 GebG und §59 Abs3 GSpG neuerlich angepasst.

Sämtliche (die antragstellenden Gesellschaften betreffende) Änderungen traten mit 1. Jänner 2011 in Kraft.

2. Die angefochtenen Bestimmungen des GebG, BGBl. 267/1957 idF BGBl. I 54/2010, lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"§28. (1) Zur Entrichtung der Gebühren sind verpflichtet:

1. Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften,

a) wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, die Unterzeichner der Urkunde;

b) wenn die Urkunde nur von einem Vertragsteil unterfertigt ist und dem anderen Vertragsteil oder einem Dritten ausgehändigt wird, beide Vertragsteile und der Dritte;

2. bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften derjenige, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt ist;

3. bei Gedenkprotokollen jene Personen, von denen in dem Protokolle bekundet wird, daß sie das Rechtsgeschäft abgeschlossen oder von dem Abschlusse des Rechtsgeschäftes Mitteilung gemacht haben.

(2) Zur Entrichtung der Gebühr bei Wechseln sind der Aussteller, der Akzeptant und jeder Inhaber eines Wechsels zur ungeteilten Hand verpflichtet.

(3) Zur Entrichtung der Gebühr bei Wetten im Sinne des §33 TP17 Abs1 Z1 sind die Personen, die gewerbsmäßig Wetten abschließen oder vermitteln, zur ungeteilten Hand verpflichtet. Die Gebühr ist von diesen Personen unmittelbar zu entrichten (§31 Abs3). Als Vermittlung im Sinne dieser Bestimmung gilt jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Wetteinsätzen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen der Wette auf andere Art und Weise.

(4) Personen, die gewerbsmäßig Wetten abschließen

oder vermitteln, sowie die übrigen zur unmittelbaren Gebührenentrichtung verpflichteten Personen haben besondere Aufzeichnungen zu führen, aus denen die für die Berechnung der Gebühr erforderlichen Grundlagen zu entnehmen sind.

(5) Bei Geschäften, die von zwei Teilen geschlossen werden, von denen der eine Teil von der Gebührenentrichtung befreit ist, dem anderen Teil aber diese Befreiung nicht zukommt, sind die Gebühren von dem nicht befreiten Teile zur Gänze zu entrichten.

(6) Trifft die Verpflichtung zur Gebührenentrichtung zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.

[...]

§33. Tarif der Gebühren für Rechtsgeschäfte.

Tarifpost

[...]

17 Glücksverträge

(1) Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird:

1. Im Inland abgeschlossene Wetten, die nicht dem GSpG unterliegen, wenn zumindest eine der am Rechtsgeschäft mitwirkenden Personen Unternehmer im Sinne des §2 Abs2 GSpG ist, vom Wetteinsatz und, wenn die Wetteinsätze verschieden sind, vom höheren Wetteinsatz 2 vH;

2. Hoffnungskäufe beweglicher Sachen, vom

Kaufpreise 2 vH;

3. Leibrentenverträge, die nicht von Versicherungsanstalten abgeschlossen werden, wenn gegen die Leibrente bewegliche Sachen überlassen werden, vom Werte der Leibrente, mindestens aber vom Werte der Sachen 2 vH;

(2) Eine Wette gilt auch dann als im Inland abgeschlossen, wenn sie vom Inland in das Ausland vermittelt (§28 Abs3) wird oder wenn die Teilnahme an dem Rechtsgeschäft Wette vom Inland aus erfolgt.

(3) Die Wettgebühr nach Abs1 Z1 ist, auch wenn eine Urkunde nicht errichtet wird, ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten.

(4) Nicht gebührenpflichtig nach Abs1 sind

1. Treffer der von inländischen Gebietskörperschaften begebenen Anleihen, die mit einer Verlosung verbunden sind,

2. Differenzgeschäfte.

[...]"

3. §57 GSpG, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 73/2010,

lautet (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Glücksspielabgaben

§57. (1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von §17 Abs2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.

(2) Für Ausspielungen gemäß §12a (elektronische Lotterien), an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video-Lotterie-Terminals im Sinne des §12a Abs2 durchgeführt werden, beträgt die Glücksspielabgabe 40 vH der Jahresbruttospieleinnahmen. Besteht eine Abgabenpflicht nach §17 Abs3, sind Ausspielungen gemäß §12a von der Glücksspielabgabe befreit.

(3) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe - vorbehaltlich Abs4 - 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen.

(4) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (Bundesautomaten- und VLT-Abgabe), wenn sie

Die Regelung von Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bleibt den jeweiligen Finanzausgleichsgesetzen vorbehalten.

(5) Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.

(6) Ausspielungen in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken im Sinne des §21, Warenausspielungen mit Glücksspielautomaten im Sinne des §4 Abs3, sowie Ausspielungen mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib im Sinne des §4 Abs6 sowie Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des §4 Abs2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz sind von der Glücksspielabgabe befreit.

(7) Abweichend von Abs4 gilt für die Glückspielabgabe für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals in den Ländern Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach §14 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 bzw. 31. Dezember 2015 (§60 Abs25 Z2) Folgendes:

1. Wenn das Land keine Bewilligungen gemäß §5

vergeben hat, beträgt der Steuersatz 25 vH.

2. Wenn das Land die höchstzulässige Anzahl von Bewilligungen gemäß §5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 10 vH.

3. Wenn das Land nur einen Teil der gemäß §5

möglichen Bewilligungen vergeben hat, wird der Hundertsatz für den Steuersatz entsprechend dem Anteil der vergebenen möglichen Bewilligungen zwischen 10 und 25 eingeschliffen und halbjährlich nach folgender Formel berechnet: 25 - (15 x vergebene Bewilligungen / Höchstzahl der Bewilligungen).

Der Bundesminister für Finanzen hat die Höhe des aktuellen Steuersatzes dem Konzessionär für das jeweilige Halbjahr bis 1. Februar und 1. August verbindlich mitzuteilen."

§59 GSpG, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 54/2010, lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld

§59. (1) Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§57 und 58:

1. in Fällen des §58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages;

2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien entsteht die Abgabenschuld in dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zwischen Konzessionär und Vertriebsstelle die Abrechenbarkeit der geleisteten Spieleinsätze eingetreten ist. Bei elektronischen Lotterien entsteht die Abgabenschuld mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.

(2) Schuldner der Abgaben nach §§57 und 58 sind

1. bei einer Abgabenpflicht gemäß §57:

2. bei einer Abgabenpflicht gemäß §58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in §58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.

(3) Die Schuldner der Abgaben nach §§57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge vorzulegen. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. §29 Abs3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.

(4) Es haften für die korrekte Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand

a) derjenige, der die Durchführung der Ausspielung in seinem Verfügungsbereich erlaubt;

b) bei Ausspielungen mit Glücksspielautomaten

derjenige, der die Aufstellung eines Glücksspielautomaten in seinem Verfügungsbereich erlaubt sowie andere am Glücksspielautomaten umsatz- oder erfolgsbeteiligte Unternehmer sowie ein etwaiger gesonderter Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (Abs5).

(5) Als Vermittlung gelten jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise.

(6) Für die Bewertung von Waren und geldwerten Leistungen in den Fällen der §§57 und 58 gelten die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des §15 Abs1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des §16 Abs3 des Bewertungsgesetzes 1955 ausgeschlossen ist."

4. §2 des FinStrG, BGBl. 129/1958 idF

BGBl. I 54/2010, lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§2. (1) Abgaben im Sinne dieses Artikels sind:

a) die bundesrechtlich geregelten und die durch unmittelbar wirksame Rechtsvorschriften der Europäischen Union geregelten öffentlichen Abgaben sowie die bundesrechtlich geregelten Beiträge an öffentliche Fonds und an Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht Gebietskörperschaften sind, soweit diese Abgaben und Beiträge bei Erhebung im Inland von Abgabenbehörden des Bundes zu erheben sind;

b) die Grundsteuer und die Lohnsummensteuer.

(2) Die Stempel- und Rechtsgebühren und die Konsulargebühren sind - mit Ausnahme der Wettgebühren nach §33 TP17 Abs1 Z1 GebG 1957 - keine Abgaben im Sinne des Abs1.

(3) Monopole im Sinne dieses Artikels sind das Alkoholmonopol, das Salzmonopol und das Tabakmonopol."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in

sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

Die Anträge erweisen sich als unzulässig.

1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss

VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).

2. Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaften ist ein solcher Weg hier gegeben:

2.1. Gemäß §28 Abs3 iVm §33 TP17 Abs3 GebG ist die Wettgebühr iSd §33 TP17 Abs1 Z1 leg.cit. ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten. Gemäß §59 Abs3 GSpG ist die Glücksspielabgabe iSd §57 leg.cit. vom Abgabenschuldner jeweils für einen Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel zu entrichten. Demnach sind sowohl die Wettgebühr als auch die Glücksspielabgabe vom Abgabepflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten. Eine behördliche Festsetzung ist nicht vorgesehen.

Die antragstellenden Gesellschaften behaupten, ihnen sei die pflichtgemäße Erfüllung dieser Vorschriften nicht möglich, da sie nicht zuverlässig und nachvollziehbar feststellen könnten, ob die Teilnahme an ihren online angebotenen Wetten und Glücksspielen vom Inland aus erfolge oder nicht. Die Anzeige und Entrichtung der Wettgebühren bzw. Glücksspielabgaben wäre daher von Anfang an unrichtig.

2.2. Sowohl Glücksspielabgaben als auch die Wettgebühren unterliegen dem Regime des §201 BAO (zu den Gebühren nach §33 GebG vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2122). §201 BAO bestimmt für den Fall, dass die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, eine erstmalige Festsetzung der Abgabe u.a. dann zu erfolgen hat, "wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."

Die antragstellenden Gesellschaften hätten somit die Möglichkeit, durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde die Erlassung eines Bescheides zu erwirken (vgl. VfSlg. 16.193/2001 mwN). Auch könnten sie der Behörde die unrichtige Selbstbemessung mitteilen oder einen Antrag auf Rückerstattung nach §239 BAO der von ihnen im Wege der Selbstbemessung gemäß §201 BAO in Entsprechung der oben wiedergegebenen - und hier bekämpften - Vorschriften entrichteten Gebühren und Abgaben mit der Begründung stellen, diese hätten sich als unrichtig erwiesen. Bei Beschreitung dieses Weges befänden sich die antragstellenden Gesellschaften, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben und Gebühren nach den zitierten Vorschriften betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, welche im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Steuerbescheiden rügen wollen.

3. Die antragstellenden Gesellschaften können somit entweder (im Falle bereits erfolgter Abfuhr) im Wege eines Rückzahlungsantrages oder aber durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung nach §201 BAO erwirken. Dieser Weg ist zumutbar (vgl. hiezu VfSlg. 13.105/1992, 16.193/2001 mwN). Die antragstellenden Gesellschaften würden sich bei einer solchen Vorgangsweise auch nicht der Gefahr einer finanzstrafrechtlichen Verfolgung aussetzen (vgl. §49 Abs1 lita FinStrG).

Auch der Umstand, dass die zu G21-23/11

antragstellenden Gesellschaften in ihrer Replik auf bereits beim zuständigen Finanzamt eingebrachte Anträge auf Festsetzung der Wettgebühren und Glücksspielabgaben hinweisen, bestätigt das Vorliegen eines solchen Weges. Dass das (Ermittlungs)Verfahren dazu noch nicht abgeschlossen wurde, macht diesen Weg nicht unzumutbar. Im Übrigen unterliegen solche Anträge der Entscheidungspflicht gemäß §311 Abs1 BAO (vgl. dazu auch zB VwGH 25.6.1990, 89/15/0108, wonach auch bei Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der Selbstbemessung der Anspruch auf Erlassung von Bescheiden bejaht wird) und berechtigen in weiterer Folge zur Stellung eines Devolutionsantrages iSd Abs2 leg.cit.

4. Die antragstellenden Gesellschaften haben somit die Möglichkeit, letztinstanzliche Bescheide zu erwirken, in welchen über die Abfuhrpflicht dem Grunde nach abgesprochen wird. Gegen derartige Bescheide könnten sie in der Folge auf Art144 B-VG gestützte Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof erheben und auf diesem Wege ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von ihnen angefochtenen Gesetzesbestimmungen anders als im Wege des - bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten - Individualantrages an den Verfassungsgerichtshof herantragen. Damit kann dahingestellt bleiben, ob eine unmittelbare rechtliche Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaften hinsichtlich §2 Abs2 FinStrG vorliegt.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Anträge waren daher mangels Legitimation zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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