VfGH V21/09

VfGHV21/0925.2.2010

Gesetzwidrigkeit von Regelungen der Satzung der Salzburger Gebietskrankenkasse 2004 betreffend den Anspruch auf einen erhöhten Kostenzuschuss für psychotherapeutische Behandlung durch einen Psychotherapeuten mit besonderem Erfahrungsnachweis

Normen

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
ASVG §31 Abs9a, §131, §131a, §131b Abs1
PsychotherapieG §2 ff
Satzung 2004 der Sbg Gebietskrankenkasse Anhang 6
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
ASVG §31 Abs9a, §131, §131a, §131b Abs1
PsychotherapieG §2 ff
Satzung 2004 der Sbg Gebietskrankenkasse Anhang 6

 

Spruch:

Absatz 1 lite des Anhanges 6 der "Satzung 2004" der Salzburger Gebietskrankenkasse in der Fassung ihrer 1. Änderung, Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 59/2004 (www.avsv.at ), sowie Absatz 1 litb des Anhanges 6 der "Satzung 2004" der Salzburger Gebietskrankenkasse in der Fassung ihrer 3. Änderung, Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 186/2005 (www.avsv.at ), waren gesetzwidrig.

Absatz 7 lita und b des Anhanges 6 der "Satzung 2004" der Salzburger Gebietskrankenkasse in der Fassung ihrer 1. Änderung, Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 59/2004 (www.avsv.at ), und ihrer 3. Änderung, Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 186/2005 (www.avsv.at ), waren gesetzwidrig.

Der Bundesminister für Gesundheit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Mit seinem auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag vom

17. Februar 2009 beantragte das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht festzustellen, dass Abs1 lite und Abs7 lita und b des Anhanges 6 der "Satzung 2004" der Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden: Satzung 2004) in der Fassung ihrer 1. Änderung (Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 59/2004, www.avsv.at ) sowie Abs1 litb und der erste Satzteil des Abs7 des Anhanges 6 der "Satzung 2004" in der Fassung ihrer 3. Änderung (Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 186/2005, www.avsv.at ) gesetzwidrig waren.

Die 1. Änderung der Satzung 2004 wurde von der Generalversammlung der Salzburger Gebietskrankenkasse am 19. April 2004 beschlossen und von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen mit Bescheid vom 14. Juni 2004, Z96.430/32-I/B/10/04, genehmigt sowie am 9. Juli 2004, 04.00 Uhr, verlautbart (Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 59/2004, www.avsv.at ; vgl. §455 Abs1 ASVG). Gemäß §52 der Satzung ist die 1. Änderung der Satzung 2004 am 1. Juli 2004 in Kraft getreten. Die 3. Änderung der Satzung 2004 wurde von der Generalversammlung der Salzburger Gebietskrankenkasse am 21. November 2005 beschlossen und von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen mit Bescheid vom 7. Dezember 2005, Z BMGF-96430/0060-I/B/10/2005, genehmigt sowie am 22. Dezember 2005, 04.00 Uhr, verlautbart (Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 186/2005, www.avsv.at ). Gemäß §54 Abs1 der Satzung 2004 ist diese

3. Änderung am 1. Jänner 2006 in Kraft getreten.

In diesen angefochtenen Bestimmungen der Satzung 2004 sind die Kostenzuschüsse für psychotherapeutische Behandlungen geregelt, die danach differenzieren, ob der entsprechende Psychotherapeut einen in der Satzung näher geregelten besonderen Erfahrungsnachweis besitzt oder nicht. Der Kostenzuschuss für eine 60-minütige (idF der 1. Änderung der Satzung 2004) bzw. für eine mindestens 50-minütige Sitzung (idF der 3. Änderung der Satzung 2004) beträgt nach diesen Regelungen im hier maßgeblichen Zeitraum EUR 21,80 für eine Behandlung durch einen Psychotherapeuten ohne besonderen Erfahrungsnachweis und EUR 31,80 für eine Behandlung durch einen Therapeuten mit besonderem Erfahrungsnachweis.

1.2. Dem Rechtsstreit vor dem antragstellenden Gericht liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ist Versicherte des beklagten Krankenversicherungsträgers und hat sich in psychotherapeutischer Behandlung befunden. Die behandelnde Psychotherapeutin verfügte nicht über einen "besonderen Erfahrungsnachweis" in der Behandlung psychisch schwerkranker Patienten iS der Abs1 und 7 des Anhanges 6 der Satzung 2004 (sowohl idF der 1. als auch der 3. Änderung) der beklagten Partei. Daher hat die Klägerin von der beklagten Partei gemäß Anhang 6 Abs1 lita (idF der 1. und der 3. Änderung) der Satzung 2004 der beklagten Partei einen Kostenzuschuss von EUR 21,80 je Therapiestunde erhalten. Bei Vorliegen eines "besonderen Erfahrungsnachweises" wäre gemäß Anhang 6 Abs1 lite (idF der 1. Änderung) bzw. litb (idF der 3. Änderung) der Satzung 2004 der beklagten Partei ein Kostenzuschuss von EUR 31,80 je Therapieeinheit geleistet worden. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 10. Juli 2007 wurde der Antrag auf Nachzahlung von EUR 900,-- wegen der Gewährung eines Kostenzuschusses von EUR 21,80 je Therapiestunde anstatt von EUR 31,80 je Therapiestunde für die Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung abgewiesen. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der beklagten Partei, der Salzburger Gebietskrankenkasse, die Bezahlung von EUR 900,-- für in Anspruch genommene psychotherapeutische Behandlungen im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 1. März 2007 aus dem Titel des Kostenzuschusses. Dieser Betrag entspricht der Differenz zwischen dem regulären Kostenzuschuss und dem im Fall des Vorliegens eines besonderen Erfahrungsnachweises des Psychotherapeuten gebührenden Zuschuss.

1.3. Das antragstellende Gericht legt seine Bedenken gegen die angefochtenen Satzungsbestimmungen wie folgt dar:

"Verstoß gegen das Psychotherapiegesetz(PThG):

Die angefochtene Verordnung sieht in ihrem Anhang 6 Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen vor. Die hierfür relevante Gesetzesgrundlage ist §131b ASVG.

Abs1 des Anhanges 6 der Satzung 2004, in der Fassung der 1. und 3. Änderung, normiert einen 'normalen' Kostenzuschuss von € 21,80 und unter der Voraussetzung eines besonderen Erfahrungsnachweises (iSd Abs1 lite iVm Abs7 des Anhanges 6 der 1. Änderung der Satzung 2004 sowie des Abs1 litb iVm Abs7 der 3. Änderung der Satzung 2004) des behandelnden Psychotherapeuten einen 'erhöhten' Kostenzuschuss von € 31,80. Diese Differenzierung verstößt gegen das Gesetz.

Aufgrund des Bundesgesetzes über die Ausübung der Psychotherapie (Psychotherapiegesetz) vom 7. Juni 1990 idF BGBl. I Nr. 98/2001 sind Psychotherapeuten ex lege zur psychotherapeutischen Krankenbehandlung berufen, wobei dieses auch die hierfür erforderlichen Qualifikationen normiert. Mit der Erfüllung dieser Voraussetzungen und der Eintragung in die Psychotherapeutenliste ist das Recht verbunden, unabhängig von der Schwere der Erkrankung sämtliche Fälle - somit auch die so genannten 'schweren' Fälle - psychotherapeutisch zu behandeln. Das Psychotherapiegesetz geht somit davon aus, dass Psychotherapeuten ohne Erfahrungsnachweise für den Umgang mit schwer kranken Menschen mit psychiatrischen und sonstigen schweren Krankheitsbildern geeignet sind. Ein besonderer Erfahrungsnachweis wird nicht verlangt. Dieses Qualitätsurteil des Gesetzgebers ist für die Krankenversicherungsträger insofern verbindlich, als sie keine weitere Differenzierung erlaubt.

Welche 'Erfahrungen' der Psychotherapeut hat, ist auch nach dem ASVG für den Anspruch auf Kostenzuschuss und seine Höhe ohne Bedeutung. Das Gesetz schließt zwar grundsätzlich unterschiedliche Festsetzungen des Kostenzuschusses - etwa hinsichtlich einer unterschiedlichen Ausgestaltung von Dauer der Sitzung oder Anzahl der betroffenen Patienten - nicht aus, es kennt aber keine Differenzierung nach Qualifikation bzw Erfahrung des jeweiligen Therapeuten. Nach dem Gesetz ist die Psychotherapie jedes eingetragenen Psychotherapeuten gleichwertig. Es kennt somit nur einen Kostenzuschuss in einer einheitlichen Höhe. Differenzierte Kostenzuschüsse sind vom Gesetz nicht vorgesehen. Darin ist die angefochtene Satzung, welche eine Verordnung darstellt, gebunden.

Zudem sind die Kriterien für die Bemessung des Kostenzuschusses im Gesetz abschließend festgelegt. §131b ASVG normiert, dass der Versicherungsträger 'das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten festzusetzen' hat. Die in der gegenständlichen Satzung angewandte Differenzierung nach der Qualifikation oder der Erfahrung des behandelnden Psychotherapeuten ist vom Gesetz nicht gedeckt und die Verordnung somit gesetzwidrig.

Verfassungsrechtliche Bedenken:

Verstoß gegen Art7 B-VG:

Bei der Differenzierung hinsichtlich der Höhe des gewährten Kostenzuschusses zwischen Psychotherapeuten mit und ohne besonderen Erfahrungsnachweis ist kein sachlich begründeter Zusammenhang zwischen der Behandlung und der Qualifikation der Psychotherapeuten erkennbar. Patienten von Psychotherapeuten mit besonderem Erfahrungsnachweis erhalten den erhöhten Kostenzuschuss nämlich auch in den so genannten 'leichten' Fällen, in welchen ein besonderer Erfahrungsnachweis nach den Intentionen der Regelung - nämlich der Verbesserung der Behandlung psychisch schwer kranker Patienten (...) - nicht erforderlich ist. Trotz gleicher Leistung und hinsichtlich der Art der Behandlung und der Diagnose gleicher Qualifikation wird eine Differenzierung vorgenommen, welche unsachlich und sowohl für Psychotherapeuten ohne Erfahrungsnachweis als auch für deren Patienten diskriminierend ist.

Verstoß gegen Art6 StGG:

Ein Eingriff in das Grundrecht der freien Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG muss verhältnismäßig sein. Somit ist in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu prüfen, ob das Ziel der Regelung von Kostenzuschüssen iHv € 31,80 bei besonderem Erfahrungsnachweis im öffentlichen Interesse liegt. Gegenständlich wird das Ziel verfolgt, das Vorliegen entsprechender, zur allgemeinen Ausbildung zusätzlich erlangter Erfahrungen unter besonderen Schutz zu stellen, und dies mit höheren Kostenzuschüssen 'zu rechtfertigen'. Allgemein gilt hinsichtlich des Kostenelements für psychotherapeutische Behandlungen der Grundsatz des 'Wirtschaftlichkeitsgebotes' genauso, wie die Berücksichtigung der 'Betroffenheitsintensität'. Die unterschiedliche Berufsausbildung stellt nach Meinung des EuGH allgemein ein wesentliches Kriterium für die Unterschiedlichkeit der Arbeit dar. Unterschiedliche Vergütungen sind für identische Verrichtungen jedenfalls zulässig. Gegenständlich wird umgekehrt differenziert zwischen identer Ausbildung mit oder ohne zusätzlich erlangte[n] Erfahrungen. Dies wird nicht etwa in Relation zum Grad der psychischen Erkrankung gestellt, was dem Grundsatz der 'Betroffenheitsintensität' eher entsprechen würde. Psychotherapeuten ohne Erfahrungsnachweis müssen ihren Patienten bei Geltendmachung des Kostenvorschusses mitteilen, dass sie über keinen 'besonderen Erfahrungsnachweis' iSd Abs7 des Anhanges 6 der Satzung 2004, in der Fassung der 1. und 3. Änderung, der beklagten Partei verfügen. Es wird somit der Eindruck erweckt, dass diese über keine ausreichenden Erfahrungen verfügen und eine Psychotherapie von lediglich minderer Qualität anbieten würden, obwohl sie gemäß dem Psychotherapiegesetz sämtliche Behandlungen vornehmen dürfen. Auch Psychotherapeuten mit langjährigen Erfahrungen im Bereich der niedergelassenen Psychotherapie mit ausgezeichneten Qualifikationen werden hierdurch in unverhältnismäßiger Weise benachteiligt bzw diskriminiert. Es ist davon auszugehen, dass dies eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung bzw eine sittenwidrige Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition von Psychotherapeuten ohne Erfahrungsnachweis darstellt. Somit muss ausgeschlossen werden, dass der Schutz besonderer Erfahrungsnachweise im öffentlichen Interesse steht, womit eine unsachliche und unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit vorliegt. In der Lehre wird weiters bezweifelt, dass ein Therapeut, welcher eng mit dem klinisch-psychiatrischen Bereich zusammengearbeitet und dort Erfahrungen gesammelt hat, eine qualifiziertere und wirksamere Psychotherapie anbietet. Danach hängt die Qualität der psychotherapeutischen Behandlung nur sehr eingeschränkt von solchen Erfahrungen ab (...)."

1.4. Die Salzburger Gebietskrankenkasse als beklagte Partei des Anlassverfahrens erstattete - durch ihren Obmann in Anwendung des §453 Abs2 ASVG iVm §6 der Satzung 2007 der Salzburger Gebietskrankenkasse und mit nachherigem Beschluss durch die Generalversammlung - schriftliche Äußerungen; darin tritt sie den dargelegten Bedenken entgegen und begehrt, den vorliegenden Verordnungsprüfungsantrag abzuweisen.

Sie legt zunächst eingehend die Rahmenbedingungen für die derzeitige Salzburger Psychotherapieregelung dar und führt sodann im Konkreten aus, dass das "Effizienzprinzip der Bundesverfassung" und das in der "Bedachtnahmeformel" des §131b ASVG zum Ausdruck kommende Wirtschaftlichkeitsgebot dafür spreche, bei der Festlegung von satzungsmäßigen Kostenzuschüssen auch Qualitätskriterien berücksichtigen zu dürfen.

Die in der angefochtenen Satzungsbestimmung festgelegten Kriterien wären auch sachlich:

"Während nach dem Psychotherapiegesetz die Berufstätigkeit der Psychotherapeuten (einschließlich Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung) alle therapeutischen Tätigkeiten, die der Erzielung eines vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens dienen, umspannt, ist die sozKV nur für Krankenbehandlung zuständig. Das Berufsbild des Psychotherapeuten (und damit auch deren Ausbildung!) hebt sich ganz bewusst (so ausdrücklich die Erläuternden Bemerkungen, 1256 dB 17. GP, 14) von der Krankenbehandlung ab.

Der in der Satzung der SGKK für einen erhöhten Kostenzuschuss (und parallel in der zivilrechtlichen Leistungsvereinbarung Psychotherapie für die Teilnahme an der Sachleistungsversorgung für schwer Erkrankte) geforderte spezifische Erfahrungsnachweis ist auf das spezifische Leistungsangebot für schwer, in der Regel psychiatrisch erkrankte Patienten zugeschnitten, während das Berufsrecht der Psychotherapeuten eine breit gestreute Tätigkeit auch, und keineswegs zuletzt, an sozialversicherungsrechtlich Gesunden vorsieht. Der spezifische Erfahrungsnachweis verlangt insbesondere eine klinische Erfahrung in psychiatrischen Behandlungseinrichtungen, weil man dort die angestrebte Erfahrung in der psychiatrisch-psychotherapeutisch vernetzten Behandlung schwer Erkrankter (im Sinne der angesichts der begrenzt zur Verfügung stehenden Beitragsmittel primär zu versorgenden Zielgruppe) erwerben kann.

Vergleicht man solche psychiatrische Einrichtungen mit jenen, die vom Gesundheitsministerium im Bundesland Salzburg auch für die Psychotherapieausbildung zugelassen sind, wird die Diskrepanz augenfällig: Es finden sich auf dieser Liste das Referat für Familienangelegenheiten der Salzburger Landesregierung, die Beratungsstelle für Frauen und Männer - Jung und Alt, das Wohnprojekt der Bewährungshilfe, der Bereich 'Soziale Arbeit' der Caritas, das Projekt 'Wohnen und Förderung' des Diakoniezentrums. Es ist nahe liegend, dass die dort gewonnene Erfahrung jener in psychiatrischen Abteilungen und Behandlungseinrichtungen nicht gleicht.

Hinsichtlich der geforderten psychotherapeutischen Erfahrung in der Krankenbehandlung knüpft die Satzung an einer Kostentragung eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung an, weil die Kostenübernahme durch einen solchen Träger das Vorliegen einer Krankenbehandlung beweist.

Es entspricht nicht nur der Erfahrung und Einschätzung der SGKK als größtem KVTr des Bundeslandes, sondern auch der Ansicht der Ärztekammer für Salzburg, dass eine einschlägige Berufserfahrung in institutionellen psychiatrischen Einrichtungen und eine länger dauernde praktische Erfahrung in der Krankenbehandlung wesentliche Qualitätskriterien darstellen, deren Sicherstellung zur Erreichung der Versorgungsziele sachadäquat ist.

Rund ein Drittel der in Salzburg tätigen Psychotherapeuten hat bisher den spezifischen Erfahrungsnachweis gemäß der angefochtenen Satzungsregelung erbracht. Die Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit der SGKK rechtfertigt es auch aus ökonomischer Sicht, eine Anhebung des sonst (weiter) geltenden Kostenzuschusses um € 10,00 an besondere (sachliche) Voraussetzungen zu binden."

1.5. Auch die Klägerin im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht erstattete eine Äußerung, in der sie im Wesentlichen ausführt, dass nach dem Gesetz die Psychotherapie jedes eingetragenen Psychotherapeuten gleichwertig und eine Differenzierung nach dem Grad der Qualifikation eines Psychotherapeuten nicht vorgesehen sei. Die gesetzlichen Kriterien für die Bemessung des Kostenzuschusses seien einerseits die finanzielle Leistungsfähigkeit des Krankenversicherungsträgers und andererseits das wirtschaftliche Bedürfnis des Versicherten. Unter Heranziehung beider Kriterien und in Anbetracht der konkreten wirtschaftlichen Situation der Salzburger Gebietskrankenkasse wäre es dieser möglich, höhere Zuschüsse zu gewähren.

1.6. Die Salzburger Gebietkrankenkasse erstattete eine Replik.

2. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

2.1. §131, §131a und §131b des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. 189/1955, haben - soweit hier relevant - in der im vorliegenden Zusammenhang anzuwendenden Fassung (BGBl. I 155/2005 bzw. - im Hinblick auf §131b ASVG - BGBl. I 171/2004) folgenden Wortlaut:

"Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung

§131. (1) Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§338) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Wird die Vergütung für die Tätigkeit des entsprechenden Vertragspartners nicht nach den erbrachten Einzelleistungen bestimmt, hat die Satzung des Versicherungsträgers Pauschbeträge für die Kostenerstattung festzusetzen.

(2) - (6) ...

Kostenerstattung bei Fehlen vertraglicher Regelungen mit denÄrzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen (Dentisten/Dentistinnen)oder mit den Gruppenpraxen

§131a. Stehen Vertragsärzte/Vertragsärztinnen, Vertragszahnärzte/Vertragszahnärztinnen (Vertragsdentisten/Vertragsdentistinnen) oder Vertrags-Gruppenpraxen infolge des Fehlens einer Regelung durch Verträge (§338) nicht zur Verfügung, so hat der Versicherungsträger dem Versicherten für die außerhalb einer eigenen Einrichtung in Anspruch genommene Behandlung (den Zahnersatz) die Kostenerstattung in der Höhe des Betrages zu leisten, der vor Eintritt des vertragslosen Zustandes bei Inanspruchnahme eines/einer Wahlarztes/Wahlärztin, Wahlzahnarztes/Wahlzahnärztin (Wahldentisten/Wahldentistin) oder einer Wahl-Gruppenpraxis zu leisten gewesen wäre. Der Versicherungsträger kann diese Kostenerstattung durch die Satzung unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten erhöhen.

Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen

§131b. (1) Stehen andere Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung, so gilt §131a mit der Maßgabe, daß in jenen Fällen, in denen noch keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger den Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. Der Versicherungsträger hat das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten festzusetzen.

(2) ..."

Gemäß §135 Abs1 Z3 ASVG ist im Rahmen der Krankenbehandlung (§133 Abs2 ASVG) eine psychotherapeutische Behandlung der ärztlichen Hilfe gleichgestellt, die durch Personen erfolgt, die gemäß §11 des Psychotherapiegesetzes, BGBl. 361/1990, zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt sind, wenn nachweislich vor oder nach der ersten, jedenfalls vor der zweiten psychotherapeutischen Behandlung innerhalb desselben Abrechnungszeitraumes eine ärztliche Untersuchung (§2 Abs2 Z1 des Ärztegesetzes 1998) stattgefunden hat.

2.2. Die Bestimmung des §37 sowie die Abs1 und 7 des Anhanges 6 der Satzung 2004 (Letztere in der Fassung der mit 1. Juli 2004 [vgl. §52 der Satzung 2004] in Kraft getretenen 1. Änderung) der Salzburger Gebietskrankenkasse lauteten wie folgt (die in Prüfung stehenden Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen (§131b ASVG)

§37. (1) Stehen Vertragspartner für

1. die der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen (§135 Abs1 Z1 bis 4 ASVG),

2. die medizinische Hauskrankenpflege (§151 ASVG),

3. den Beistand durch diplomierte Kinderkranken- und Säuglingsschwestern aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft (§159 ASVG),

4. die Versorgung mit Heilbehelfen oder Hilfsmitteln

auf Rechnung der Kasse nicht zur Verfügung, weil Verträge nicht zustande gekommen sind, leistet die Kasse Kostenzuschüsse nach der Regelung im Anhang 6 zur Satzung.

(2) Stehen mangels vertraglicher Regelung mit Vertragspartnern einzelne Leistungen der ärztlichen Hilfe nicht als Sachleistung zur Verfügung und ist deren Privatverrechnung vertraglich zulässig, leistet die Kasse einen Kostenzuschuss nach der Regelung im Anhang 6 zur Satzung.

...

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