Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
EMRK Art6 Abs1 / Allgemeines
EMRK Art10
BVG-Rundfunk ArtI Abs2
ORF-G §4 Abs5, §10 Abs5, §10 Abs6, §36 Abs1 Z1 lita, litb
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
EMRK Art6 Abs1 / Allgemeines
EMRK Art10
BVG-Rundfunk ArtI Abs2
ORF-G §4 Abs5, §10 Abs5, §10 Abs6, §36 Abs1 Z1 lita, litb
Spruch:
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der ORF strahlte im Frühjahr und Sommer 2007 drei
Diskussionssendungen aus, die den Vertrag der Republik Österreich mit einem Hersteller von Kampfflugzeugen über den Kauf von Abfangjägern ("Eurofighter") für das österreichische Bundesheer zum Gegenstand hatten.
1.1. Die Sendung "Runder Tisch" vom 10. April 2007 hatte den Titel "Eurofighter - kommt der Ausstieg?". Als Diskussionsteilnehmer wurden vom ORF (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) Mag. Norbert Darabos, Dr. Reinhold Mitterlehner, Dr. Peter Pilz, Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletecka, Dr. Jörg Haider und Herbert Scheibner eingeladen. Die beiden Letztgenannten sagten ihre Teilnahme ab.
1.2. Die Sendung "Im Zentrum" vom 22. April 2007 hatte den Titel "Luftkampf um den Eurofighter". Als Diskussionsteilnehmer wurden von der mitbeteiligten Partei Mag. Norbert Darabos, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Franz Fiedler und Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer eingeladen.
1.3. Die Sendung "Runder Tisch" vom 26. Juni 2007 hatte den Titel "Eurofighter im Landeanflug". Als Diskussionsteilnehmer wurden von der mitbeteiligten Partei Dr. Josef Cap, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Peter Pilz, Herbert Scheibner und Erich Speck eingeladen.
2. Wegen aller drei Sendungen erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde nach dem ORF-G an den Bundeskommunikationssenat (im Folgenden: belangte Behörde). In ihrer - auf §36 Abs1 Z1 lita und b ORF-G gestützten - Beschwerde vom 11. Mai 2007 behauptet die beschwerdeführende Partei, in ihren Rechten auf objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität (§4 Abs5 ORF-G), auf umfassende, unabhängige, unparteiliche und objektive Information (§10 Abs5 ORF-G) und auf Berichterstattung über die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen (§10 Abs6 ORF-G) verletzt worden zu sein. Die mitbeteiligte Partei habe zwar Vertreter der Österreichischen Volkspartei, der Sozialdemokratischen Partei Österreich, der Grünen und des Bündnis Zukunft Österreich, jedoch keinen Vertreter der beschwerdeführenden Partei zur Sendung "Runder Tisch" vom 10. April 2007 eingeladen. Da die beschwerdeführende Partei die (wählende) Bevölkerung nicht über ihren politischen Standpunkt zu einem brisanten Thema informieren konnte, wäre der beschwerdeführenden Partei ein Nachteil in der öffentlichen Wahrnehmung entstanden. Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2007 formulierte die beschwerdeführende Partei zwei Eventualanträge auf Feststellung, dass durch die Nichteinladung der beschwerdeführenden Partei zu den Sendungen "Runder Tisch" vom 10. April 2007 und vom 26. Juni 2007 sowie "Im Zentrum" vom 22. April 2007 die §§4 Abs5 und 10 Abs5 und 6 ORF-G verletzt wurden.
3. Mit Bescheid vom 21. Jänner 2008 hat die belangte Behörde die Beschwerde vom 11. Mai 2007 gemäß §36 Abs1 Z1 lita ORF-G zurückgewiesen sowie gemäß §36 Abs1 Z1 litb iVm den §§4 und 10 ORF-G abgewiesen und die Feststellungsanträge vom 29. Juni 2007 gemäß §36 Abs1 Z1 lita und b iVm §36 Abs4 ORF-G zurückgewiesen.
3.1. Zunächst verweist die belangte Behörde darauf, dass die Beschwerdelegitimation nach §36 Abs1 Z1 lita ORF-G die Behauptung einer unmittelbaren Schädigung voraussetze, welche zumindest im Bereich des Möglichen liegen müsse. So könne eine politische Partei unmittelbar geschädigt sein, wenn sie behauptet, dass die Unterlassung der Berichterstattung ihre Wahlaussichten verringere. Da die beschwerdeführende Partei keine unmittelbare materielle Schädigung behauptet habe, käme allenfalls ein immaterieller Schaden in Betracht. Die belangte Behörde habe in der Behauptung, in politischer Arbeit und politischen Erfolgen geschädigt worden zu sein (BKS 20.1.2005, 611.936/0001-BKS/2005), sowie in Bezug auf Nachteile bei Meinungsumfragen oder Wahlen (BKS 25.4.2005, 611.938/0004-BKS/2005) die grundsätzliche Möglichkeit eines immateriellen Schadens als für gegeben erachtet. Dieser müsse aus der konkreten Rechtsordnung unmittelbar ableitbare rechtliche Interessen betreffen, denen der Gesetzgeber Rechtsschutz zuerkannt hat. Derartige rechtlich geschützte Interessen würden jedoch im vorliegenden Fall nicht bestehen. Zwar könne in der medialen Präsenz einer politischen Partei ein Vorteil liegen, doch wäre es nicht Aufgabe der mitbeteiligten Partei, die öffentliche Wahrnehmung politischer Parteien aktiv zu fördern. Das ORF-G binde den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Ausführung des ArtI Abs2 BVG Rundfunk an einen Programmauftrag, welcher in den §§4 und 10 ORF-G näher ausgeführt werde. Diesen Regelungen zufolge wäre die mitbeteiligte Partei lediglich zur Ausgewogenheit der Berichterstattung im Rahmen ihres Programms verpflichtet. §36 Abs1 Z1 lita ORF-G wäre nicht schrankenlos. Eine allzu weite Auslegung des Schadensbegriffes in lita würde die Beschwerdelegitimationen nach den litb und c leg.cit. ihres Anwendungsbereiches entheben.
3.2. Die Beschwerdelegitimation nach §36 Abs1 Z1 litb ORF-G sei jedoch gegeben, da die Beschwerde von 152 weiteren, die Rundfunkgebühr entrichtenden Rundfunkteilnehmern unterstützt werde. Inhaltlich führt die belangte Behörde aus, dass sich das Objektivitätsgebot bei Diskussionsveranstaltungen vor allem über eine entsprechend journalistisch sachlich begründete Auswahl des Kreises der Teilnehmenden an der Diskussion realisiere. Der mitbeteiligten Partei komme im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ein weiter Beurteilungsspielraum zu, nach welchen journalistischen Kriterien Diskussionsrunden zusammenzusetzen seien. Bei der Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zur umfassenden Information müsse die Vielfalt der Meinungen in einem Programm in seiner Gesamtheit zum Ausdruck kommen. Es bestehe jedoch grundsätzlich kein Anspruch einer politischen Partei oder einer Interessenvertretung auf Präsenz in einer bestimmten Sendung. Nach Ansicht der belangten Behörde wäre die Zusammensetzung des Diskutantenkreises in der Sendung "Runder Tisch" vom 10. April 2007 sachlich gerechtfertigt, da es sich bei den Teilnehmern um in der Sache wesentliche Entscheidungsträger sowie einen unabhängigen Rechtsexperten gehandelt hätte. Thema der Sendung wäre nicht die Darstellung der verschiedenen parteipolitischen Standpunkte zum "Eurofighterkauf", sondern Inhalt und Abwicklung des "Eurofightervertrags" gewesen. Schließlich könne die mitbeteiligte Partei dem Objektivitätsgebot nicht nur durch die Veranstaltung von Live-Diskussionssendungen, sondern auch im Rahmen einer anderen Berichterstattung angemessen nachkommen. Zur Beurteilung wäre daher das gesamte Sendungsspektrum heranzuziehen. Eine regelmäßige Unterrepräsentation habe die beschwerdeführende Partei nicht behauptet. Der mitbeteiligten Partei könne weder die unterbliebene Einladung der beschwerdeführenden Partei noch die konkrete Zusammensetzung des Diskutantenkreises als rechtswidriges Verhalten, vor allem im Hinblick auf die §§4 und 10 ORF-G, vorgeworfen werden.
3.3. Zu den Eventualanträgen vom 29. Juni 2007 führt die belangte Behörde aus, dass das nachträgliche Ausdehnen des einer Beschwerde zugrunde gelegten Beobachtungszeitraums unzulässig sei, weshalb diese Vorbringen als eigenständige Beschwerden zu werten seien. Da jedoch die Vorbringen der beschwerdeführenden Partei weder geeignet seien, eine unmittelbare Schädigung darzutun, noch eine ausreichende Anzahl an Unterstützungserklärungen vorliege, würde es an der nach §36 Abs1 Z1 lita und b ORF-G erforderlichen Beschwerdelegitimation fehlen.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Meinungs- und Medienfreiheit sowie auf ein faires Verfahren behauptet, die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheids sowie - für den Fall der Abweisung oder Ablehnung - die Abtretung der Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt werden.
4.1. Zur behaupteten Verletzung des gesetzlichen Richters bringt die beschwerdeführende Partei vor, dass die Aktivlegitimation nach §36 Abs1 Z1 lita ORF-G gegeben sei und die belangte Behörde zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert habe. Die beschwerdeführende Partei habe dargetan, dass ihr durch den Ausschluss aus den genannten ORF-Sendungen ein Nachteil in der öffentlichen Wahrnehmung und somit ein unmittelbarer Schaden in ihrer politischen Arbeit und in ihrem politischen Erfolg entstanden sei. Die beschwerdeführende Partei müsse das Vorliegen der Rechtsverletzung nicht beweisen, die bloße Behauptung reiche aus. Die belangte Behörde verkenne die Rechtslage, wenn sie davon ausgehe, dass die Aktivlegitimation politischer Parteien nur dann vorliege, wenn die Unterlassung der Berichterstattung ihre Wahlaussichten verringere.
Die belangte Behörde hätte Art83 Abs2 B-VG zudem durch die Zurückweisung der Eventualanträge vom 29. Juni 2007 verletzt. Während nach Ansicht der belangten Behörde materiellrechtlich erst mehrere ORF-Sendungen zu einer Verletzung der §§4 und 10 ORF-G führen könnten, sei es verfahrensrechtlich unzulässig, im Rahmen einer Beschwerde auf weitere Sendungen Bezug zu nehmen. Diese Argumentation sei widersprüchlich und rechtswidrig.
4.2. Durch die Abweisung der Beschwerde nach §36 Abs1 Z1 litb ORF-G habe die belangte Behörde den §§4 Abs5 und 10 Abs5 und 6 ORF-G einen denkunmöglichen Inhalt unterstellt. Aufgrund dieser Bestimmungen wäre es entscheidend, dass es allen nennenswerten politischen Kräften möglich ist, ihre Meinungen darzulegen. Die Ansicht, dass kein Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung bestehe, sei zwar grundsätzlich richtig. Die beschwerdeführende Partei wäre jedoch von der mitbeteiligten Partei systematisch von Sendungen mit enorm hoher politischer Brisanz ausgeschlossen worden, zu der sämtliche andere politische Parteien eingeladen worden wären. Diese hätten beispielsweise in der Sendung "Runder Tisch" vom 10. April 2007 die Möglichkeit gehabt, ihren politischen Standpunkt zum Ausstieg aus dem "Eurofightervertrag" darzulegen. Die erforderliche Sachkompetenz wäre auch bei Vertretern der beschwerdeführenden Partei vorgelegen. Die konkrete Zusammensetzung des Diskutantenkreises wäre somit sachlich nicht gerechtfertigt.
4.3. Die beschwerdeführende Partei behauptet zudem, dass das Verfahren von der belangten Behörde derart mangelhaft durchgeführt worden sei, dass Willkür vorliege. Da auch die Zurückweisung der Beschwerde als willkürlich angesehen werden müsse, werde die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, Meinungs- und Medienfreiheit sowie ein faires Verfahren verletzt.
5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten sowie Aufzeichnungen der unter Punkt 1. genannten Sendungen auf Datenträgern vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
6. Die mitbeteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Ablehnung der Beschwerdebehandlung, in eventu die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den
Österreichischen Rundfunk (ORF-G), BGBl. 379/1984, zuletzt geändert durch BGBl. I 102/2007, lauten:
"Programmauftrag
§4. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß §3 verbreiteten Programme zu sorgen für:
- 1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;
- 2. die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens;
- 3. die Förderung der österreichischen Identität im Blickwinkel der europäischen Geschichte und Integration;
- 4. die Förderung des Verständnisses für die europäische Integration;
- 5. - 16. [...]
- 17. die Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge;
- 18. die Förderung des Verständnisses für Fragen der europäischen Sicherheitspolitik und der umfassenden Landesverteidigung.
(2) In Erfüllung seines Auftrages hat der Österreichische Rundfunk ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen.
(3) - (4) [...]
(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen weiters für
- 1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;
- 2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;
- 3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität zu sorgen.
(6) Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.
(7) [...]
[...]
Programmgrundsätze
Allgemeine Grundsätze und Jugendschutz
§10. (1) Alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.
(2) Die Sendungen dürfen nicht zu Hass auf Grund von Rasse, Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion und Nationalität aufreizen.
(3) Das Gesamtprogramm hat sich um Qualität, Innovation, Integration, Gleichberechtigung und Verständigung zu bemühen.
(4) Die umfassende Information soll zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Dienste des mündigen Bürgers und damit zum demokratischen Diskurs der Allgemeinheit beitragen.
(5) Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen.
(6) Die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ist angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten.
(7) Kommentare, Analysen und Moderationen haben sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen.
(8) - (14) [...]
[...]
Rechtliche Kontrolle
Rechtsaufsicht
§35. (1) Die Aufsicht des Bundes über den Österreichischen Rundfunk beschränkt sich auf eine Aufsicht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof. Die Rechtsaufsicht obliegt dem Bundeskommunikationssenat, der über behauptete Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu entscheiden hat. Ferner entscheidet der Bundeskommunikationssenat über Einsprüche gemäß §33 Abs6.
(2) [...]
Beschwerden und Anträge
§36. (1) Der Bundeskommunikationssenat entscheidet neben den in §11a KOG genannten Fällen gemäß §35 Abs1 - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes
1. auf Grund von Beschwerden
- a) einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;
- b) eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird;
- c) - d) [...]
2. [...]
(2) Die Unterstützung einer Beschwerde gemäß Abs1 Z1 litb ist durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Personen, die die Beschwerde unterstützen, festgestellt werden kann.
(3) [...]
(4) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
(5) Der Österreichische Rundfunk hat von allen seinen Sendungen Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen aufzubewahren. Im Falle einer Aufforderung des Bundeskommunikationssenats hat er diesem die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies hat er jedermann, der daran ein rechtliches Interesse darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.
(6) - (10) [...]"
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Die beschwerdeführende Partei behauptet eine Verletzung im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, weil die belangte Behörde §4 Abs1 Z1 und §6 (gemeint: §10) Abs5 und 6 ORF-G dadurch einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe, dass sie darin, dass die mitbeteiligte Partei nur Vertreter der übrigen im Parlament (gemeint: Nationalrat) vertretenen Parteien, nicht aber einen Repräsentanten der beschwerdeführenden Partei zu Diskussionssendungen über den so genannten "Eurofightervertrag" eingeladen habe, keine Verletzung der zuvor angeführten Gesetzesbestimmungen finde, womit die beschwerdeführende Partei den - nicht substantiierten - Vorwurf der Willkür verbindet.
1.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
1.3. Die beschwerdeführende Partei ist mit ihrem Vorwurf nicht im Recht.
Die gesetzlichen Vorschriften, deren Verletzung behauptet wird, ergingen in Umsetzung der Gebote u.a. der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme nach ArtI Abs2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (BVG Rundfunk, BGBl. 396/1974). Diese konkretisieren solcherart die verfassungsrechtlichen Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes für den Bereich des Rundfunkrechts und sind bei der Beantwortung der Frage, ob die Behörde dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, zu berücksichtigen.
Der beschwerdeführenden Partei ist einzuräumen, dass die in Bezug genommenen Vorschriften des ORF-G der mitbeteiligten Partei eine rechtliche Schranke auch für die Einladung von Personen zu einer Diskussionssendung setzen. Dabei kommt ihr jedoch, wie die belangte Behörde zutreffend annimmt, ein weiter journalistischer Entscheidungsspielraum zu. Die - auch verfassungsgesetzlich gebotene - Meinungsvielfalt hat die mitbeteiligte Partei durch ihr Programm insgesamt zu erfüllen, ein Anspruch einer politischen Partei auf Präsenz in einer bestimmten Sendung besteht dagegen nicht. Vielmehr ist maßgeblich, dass alle politischen Kräfte, die eine nennenswerte Bedeutung haben (und dazu gehören jedenfalls die im Nationalrat vertretenen Parteien), die Möglichkeit haben, ihren Standpunkt zu einer Frage im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalters darzulegen (vgl. auch VwGH 26.7.2007, 2006/04/0175).
1.4. Diesen Anforderungen hat die belangte Behörde entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei Genüge getan. Zwar hat die mitbeteiligte Partei neben Experten nur Vertreter der Regierungsparteien, zu zwei der drei Diskussionssendungen auch Vertreter der beiden anderen Oppositionsparteien, eingeladen. Dabei durfte sie den Umstand berücksichtigen, dass eine Regierungspartei und eine eingeladene Oppositionspartei (als Befürworter des "Eurofighterkaufs") zum Zeitpunkt des Abschlusses des "Eurofightervertrages" Regierungsverantwortung getragen haben, die andere Regierungspartei zum Zeitpunkt der Sendung den Verteidigungsminister stellte und der Vertreter der anderen eingeladenen Oppositionspartei in der öffentlichen Wahrnehmung im Vorfeld und während der Tätigkeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Thema als Gegner des "Eurofighterkaufs" wahrgenommen wurde.
Dass die beschwerdeführende Partei in der Berichterstattung zur Abwicklung des "Eurofightervertrages" im Programm der mitbeteiligten Partei insgesamt unterrepräsentiert gewesen wäre, wird in der Beschwerde weder behauptet noch belegt.
Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob es dem Objektivitätsgebot entsprochen hätte oder gar unter journalistischen Gesichtspunkten zweckmäßiger gewesen wäre, auch einen Vertreter der beschwerdeführenden Partei zu den Diskussionssendungen einzuladen, sondern nur die Frage zu beantworten, ob die belangte Behörde dadurch, dass sie bei einer Gesamtbetrachtung der Programmgestaltung zum Thema einschließlich der in Beschwerde gezogenen Diskussionssendungen eine Verletzung der einfachgesetzlichen Objektivitäts-, Vielfalts- und Ausgewogenheitsgebote verneint hat, eine in die Verfassungssphäre reichende Rechtsverletzung begangen hat. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den die verfassungsgesetzlichen Gebote der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung sowie der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme konkretisierenden gesetzlichen Bestimmungen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat. Auch ein Fall von Willkür liegt nicht vor.
2.1. Die beschwerdeführende Partei behauptet eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter dadurch, dass die belangte Behörde einerseits zu Unrecht eine Sachentscheidung nach §36 Abs1 Z1 lita ORF-G verweigert und andererseits die Eventualanträge vom 29. Juni 2007 rechtswidrig zurückgewiesen habe.
2.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen, ob die Zurückweisung der Beschwerde gemäß §36 Abs1 Z1 lita ORF-G sowie die Zurückweisung der Eventualanträge vom 29. Juni 2007 dem Gesetz entsprachen. Die belangte Behörde entscheidet gemäß §36 Abs1 Z1 lita leg.cit. auf Grund von Beschwerden einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet, wobei eine Schädigung nicht auf den Kreis der in §1330 ABGB umschriebenen Rechtsgüter beschränkt ist, sondern vielmehr bloß immaterieller Natur sein kann (VfSlg. 11.958/1989). Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeitsvoraussetzung einer Beschwerde nach der - inhaltlich vergleichbaren - Vorgängerregelung des §27 Abs1 Z1 lita RFG in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass "(nur) die Behauptung einer entsprechenden Rechtsverletzung [...], einer Verletzung, die freilich nicht von vornherein ausgeschlossen sein darf, vielmehr den Umständen nach zumindest im Bereich der Möglichkeit liegen muss" erforderlich ist, um die Beschwerdelegitimation zu begründen (vgl. VfSlg. 12.125/1989). Die beschwerdeführende Partei behauptet, durch die geltend gemachte Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein, da die Bevölkerung und somit die Wähler nicht über ihren politischen Standpunkt informiert wurden. Abgesehen davon, dass sie allein mit diesem Vorbringen nicht darzulegen vermochte, worin der durch die Nichteinladung zu den Diskussionssendungen verursachte, materielle oder immaterielle Schaden bestanden habe, kann die innerhalb des journalistischen Entscheidungsspielraumes liegende Vorgehensweise der mitbeteiligten Partei die behauptete Verletzung der §§4 und 10 ORF-G (und die in weiterer Folge behauptete Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten) nicht bewirken. Daraus folgt, dass die belangte Behörde die Beschwerdelegitimation gemäß §36 Abs1 Z1 lita ORF-G insoweit zu Recht verneint hat.
2.4. Ebenso wenig liegt in der Zurückweisung der Eventualanträge vom 29. Juni 2007, die von der belangten Behörde als "eigenständige Beschwerden" gewertet wurden, eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter vor. Soweit die Beschwerden auf §36 Abs1 Z1 lita ORF-G gestützt werden, fehlt die Behauptung einer zumindest möglichen Rechtsverletzung; soweit die Beschwerden auf litb leg.cit. gestützt werden, mangelt es an der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanzahl von 120 Unterstützungserklärungen. Die belangte Behörde hat daher auch im Zusammenhang mit den von der beschwerdeführenden Partei gestellten Eventualanträgen das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §36 Abs1 Z1 lita und b ORF-G zu Recht verneint.
3. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit dadurch verletzt, dass ihr durch die Nichteinladung zu den Diskussionssendungen über den "Eurofightervertrag" die Möglichkeit genommen worden sei, ihre Meinung, konkret ihren politischen Standpunkt, zu einem aktuellen Thema darzulegen.
3.1. Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, worin die behauptete Verletzung in der Meinungsäußerungsfreiheit der beschwerdeführenden Partei bestehen sollte. Wenn die belangte Behörde zutreffend annimmt, dass aus dem in §10 Abs6 ORF-G enthaltenen Programmgrundsatz der angemessenen Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen nicht abzuleiten ist, dass Vertreter aller politischen Parteien zu einer bestimmten Sendung einzuladen sind, und die mitbeteiligte Partei nur politische Mitbewerber einlädt, beschränkt sie die Freiheit der Meinungsäußerung der beschwerdeführenden Partei nicht. Das Unterbleiben der Einladung der beschwerdeführenden Partei zu den genannten Sendungen stellt daher unter den Umständen des vorliegenden Falles keinen Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung dar.
4. Die beschwerdeführende Partei behauptet - ohne nähere Begründung - eine Verletzung in ihrem Recht auf ein faires Verfahren.
4.1. Art6 Abs1 EMRK findet auf Verfahren über Streitigkeiten über "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" sowie auf Verfahren über die "Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage" Anwendung. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass "es im Administrativverfahren [...] weder um 'zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen' noch um die Stichhaltigkeit einer 'strafrechtlichen Anklage' im Sinne der genannten Verfassungsvorschrift, sondern ausschließlich um die der RFK (als der die Rechtsaufsicht über den ORF ausübenden Behörde) gesetzlich übertragenen Nachprüfung über behauptete Verletzungen des Objektivitätsgebots [...] geht" (VfSlg. 15.126/1998 mwN).
4.2. Die beschwerdeführende Partei machte im Verfahren vor der belangten Behörde eine Verletzung der §§4 Abs5 und 10 Abs5 und 6 ORF-G, somit insbesondere eine Verletzung des Objektivitätsgebotes, geltend. Art6 EMRK ist daher nicht anwendbar. Eine Verletzung in diesem Recht kann daher schon aus diesem Grund nicht vorliegen.
5. Die behaupteten Verletzungen der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, Meinungsfreiheit und ein faires Verfahren haben somit nicht stattgefunden.
6. Da das verfassungsgesetzliche Beschwerdeverfahren auch nicht ergeben hat, dass die beschwerdeführende Partei in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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