Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
EStG 1988 §67 Abs8 lita
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
EStG 1988 §67 Abs8 lita
Spruch:
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Landesgericht St. Pölten war zwischen den
mitbeteiligten Parteien ein Rechtsstreit anhängig, bei dem es um die Bezahlung offener Überstundenentgelte ging. In der Tagsatzung vom 7. April 2006 hatten sie einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, wonach sich die damalige Beklagte (Arbeitgeberin) zur Zahlung von € 4.500,-- brutto - gewidmet als Überstundenentgelt - an den Kläger (Arbeitnehmer) verpflichtete.
Mit der Begründung, die Beklagte (des Titelverfahrens) habe als Arbeitgeberin den Vergleichsbetrag von € 4.500,-- brutto nicht entsprechend der Bestimmung des §67 Abs8 lita EStG 1988 "abgerechnet", führt der Kläger des Titelverfahrens (Arbeitnehmer) vor dem Bezirksgericht St. Pölten Exekution. Die Verpflichtete erhob dagegen Oppositionsklage mit der Begründung, der genannte Bruttobetrag sei entsprechend §66 EStG 1988 richtig "abgerechnet" worden. Die in Rede stehende Lohnsteuerdifferenz beträgt - unstrittig - € 833,33.
Die Oppositionsklage wurde vom Bezirksgericht St. Pölten mit der Begründung abgewiesen, dass der Vergleichsbetrag unter dem in §67 Abs8 lita EStG 1988 festgelegten Grenzbetrag liege. Da die Bezahlung der Summe durch gerichtlichen Vergleich vereinbart worden sei und die übrigen Voraussetzungen des §67 Abs8 lita EStG 1988 vorlägen, sei die Oppositionsklage abzuweisen.
Gegen dieses Urteil richtete sich die Berufung der Oppositionsklägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klagsstattgebung. Gleichzeitig regte sie die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof an.
2. Das Landesgericht St. Pölten folgte dieser Anregung und stellt aus Anlass dieses Berufungsverfahrens den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle "gemäß Art140 Abs1 B-VG aussprechen, dass §67 Abs8 lita EStG 1988 idF des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 100/2002 (Art17 Z6 a) als verfassungswidrig aufgehoben wird".
Zu den Verfahrensvoraussetzungen legt das antragstellende Gericht dar, es müsse bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes §67 Abs8 lita EStG 1988 idF des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes anwenden.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung führt das antragstellende Gericht wie folgt aus:
Nach §66 EStG 1988 werde die Lohnsteuer durch die Anwendung des Einkommensteuertarifs auf das hochgerechnete Jahreseinkommen ermittelt. §67 betreffe hingegen die steuerliche Behandlung von Bezügen, die der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn erhält. In §67 Abs8 lita bis g leg.cit. werde die Besteuerung spezieller sonstiger Bezüge geregelt, darunter Vergleichssummen (lita). Lege man den Wortlaut des §67 Abs8 lita EStG 1988 zugrunde, würden sämtliche im Rahmen eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs aus dem Arbeitsverhältnis bezahlten Beträge dem (verminderten) festen Lohnsteuersatz von 6 % unterliegen, unabhängig von der jeweiligen Widmung bzw. dem Rechtsgrund der Forderung im Titelverfahren, solange nur der verglichene Betrag unter dem Schwellenwert von € 7.500,-- brutto liege. Dies sei sachlich nicht gerechtfertigt; der Gesetzgeber müsse an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen. Wörtlich heißt es dazu:
"Wie bereits ausgeführt, kommt es nach der derzeitigen Regelung darauf an, ob Überstundenentgelt während des aufrechten Arbeitsverhältnisses ausbezahlt und versteuert wird (unter Anwendung des §66 EStG 1988), ob das Überstundenentgelt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht und mit Gerichtsurteil zuerkannt wird (auch hier steuerliche Behandlung nach §66 EStG 1988) oder ob das gerichtlich geltend gemachte Überstundenentgelt im Wege eines Vergleichs dem Arbeitnehmer zuerkannt wird. Hier kommt es aber nur dann zu einer günstigeren Versteuerung des Überstundenentgelts, wenn der Schwellenwert von € 7.500,-- brutto nicht überschritten wird. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung ist nicht erkennbar."
3. Die Bundesregierung hat auf Grund ihres Beschlusses vom 21. November 2007 eine Äußerung erstattet, in der sie zwar die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung nicht bezweifelt, jedoch die Auffassung vertritt, die Bedenken seien seitens des antragstellenden Gerichts nicht hinreichend klar und eindeutig dargelegt worden; auch sei der Prüfungsgegenstand nicht richtig abgegrenzt.
In meritorischer Hinsicht bringt die Bundesregierung Folgendes vor:
"1. Vorbemerkung zur Auslegung des §67 Abs8 lita EStG 1988
1.1. Das antragstellende Gericht fasst seine Bedenken gegen die angefochtene Norm auf Seite 6 de[s] Antrags so zusammen: Es komme nach der derzeitigen Regelung darauf an,
1. ob Überstundenentgelt während des aufrechten Arbeitsverhältnisses ausbezahlt und versteuert wird,
2. ob das Überstundenentgelt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht und mit Gerichtsurteil zuerkannt wird, oder
3. ob das gerichtlich geltend gemachte Überstundenentgelt im Wege eines Vergleichs zuerkannt wird.
Nach Ansicht des antragstellenden Gerichts komme es in den ersten beiden Fällen zu einer steuerlichen Behandlung nach §66 EStG 1988, während es im dritten Falle nur dann zu einer günstigeren Versteuerung des Überstundenentgelts komme, wenn der Schwellenwert von 7500 Euro nicht überschritten wird. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung sei für das antragstellende Gericht nicht erkennbar.
Weiters scheint das antragstellende Gericht den Betrag von 7500 Euro in §67 Abs8 lita EStG 1988 so zu verstehen, dass ein Überschreiten dieses Wertes dazu führe, dass der gesamt Betrag und nicht nur der den Wert von 7500 Euro übersteigende Betrag nach dem Tarif zu versteuern wäre.
1.2. Die Bundesregierung möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes §67 Abs8 lita) EStG 1988 teilweise abweichend von der Rechtsansicht des antragstellenden Gerichts interpretieren:
Unter Vergleichssummen im Sinne des §67 Abs8 lita EStG 1988 sind nicht nur Zahlungen auf Grund gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleiche, sondern auch Bereinigungen und Nachzahlungen auf Grund von Gerichtsurteilen oder Bescheiden von Verwaltungsbehörden zu verstehen (vgl. VwGH 21. Jänner 1987, 85/13/0113; VwGH 26. Juli 1995, 92/15/0104). Die Vergleichssummenbesteuerung ist in der Regel vergangenheitsbezogen. Es ist daher nicht erforderlich, dass eine Vergleichssumme neben laufenden Bezügen bezahlt wird. Diese Bestimmung hat den Zweck, solche Lohnbestandteile zu erfassen, die über einen gewissen Zeitraum verteilt zu gewähren gewesen wären, tatsächlich aber nicht oder nicht in voller Höhe zur Auszahlung gelangt sind (VwGH 12. September 1989, 89/14/0077). Zahlungen auf Grund eines Gerichtsurteils werden nicht anders besteuert als Zahlungen auf Grund eines Vergleichs.
Daher macht es keinen Unterschied, ob das Überstundenentgelt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird und mit Gerichtsurteil zuerkannt wird (obiger Fall 2), oder ob das gerichtlich geltend gemachte Überstundenentgelt im Wege eines Vergleichs zuerkannt wird (obiger Fall 3). In beiden Fällen kommt es zu einer Besteuerung gemäß §67 Abs8 lita EStG 1988. Da sich somit bei diesem Vergleichspaar keine unterschiedliche steuerliche Behandlung ergibt, gehen die Bedenken des antragstellenden Gerichts nach Ansicht der Bundesregierung insoweit ins Leere.
Weiters führt eine Überschreitung des Wertes von 7500 Euro nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht dazu, dass die Besteuerung nach dem festen Tarif zur Gänze unanwendbar wäre, wie dies im Antrag angenommen zu werden scheint. Nur der 7500 Euro übersteigende Teil ist nach Tarif zu versteuern (vgl. Rz 1102b der Lohnsteuerrichtlinien 2002, in der Fassung AÖF 2007/22). Diese Rechtsansicht der Finanzverwaltung kann sich auf den Wortlaut des §67 Abs8 lita EStG 1988 (argumento: 'bis zu einem Betrag') stützen und entspricht der Absicht des historischen Gesetzgebers. Auch wäre es in der Tat gleichheitsrechtlich wohl schwieriger zu rechtfertigen, sollte die Überschreitung des Betrages von 7500 Euro um etwa nur einen einzigen Euro dazu führen, dass der gesamte Betrag nach Tarif zu versteuern wäre und nicht nur der übersteigende Anteil davon.
2. Zur Rechtsentwicklung
2.1. Budgetbegleitgesetz 2001
Die Besteuerung von Vergleichsummen, Kündigungsentschädigungen und Nachzahlungen wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, neu geregelt: Nach dem Wortlaut des §67 Abs8 lita erster und zweiter Satz EStG 1988 - der insoweit auch durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2002 nicht wesentlich geändert wurde - sind sonstige Bezüge, die auf einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich beruhen, soweit es sich dabei nicht um Abfertigungen gemäß §67 Abs3 oder Abs6 handelt, gemäß §67 Abs10 EStG 1988 nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern. Dabei ist ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Wie auch die Erläuterungen (ErlRV 311 BlgNR XXI. GP) hervorheben, dient das steuerfreie Fünftel als pauschale Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder steuerbegünstigte sonstige Bezüge, die in der Vergleichszahlung enthalten sind, aber im Rahmen dieser nicht gesondert berücksichtigt werden können. Ebenso soll mit dem steuerfreien Fünftel ein Ausgleich für den Progressionseffekt, der durch die Zusammenballung von Bezügen entsteht, die regelmäßig für einen längeren Zeitraum zustehen, geschaffen werden.
2.2. Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2002
Mit diesem Bundesgesetz wurde das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz - BMVG erlassen und unter anderem auch das EStG 1988 novelliert. Nach der Neuregelung gelten die Bestimmungen der freiwilligen Abfertigung gemäß §67 Abs6 EStG 1988 nur mehr für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaft gegenüber einer Mitarbeitervorsorgekasse besteht. Wenn daher ein Arbeitnehmer dem Regime 'Abfertigung-Neu' unterliegt, können freiwillige Abfertigungen nicht mit dem begünstigten Steuersatz von 6% versteuert werden. Diese Maßnahme bedeutete eine generelle Mehrbelastung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in diesem Bereich und sollte durch eine andere Steuerbegünstigung gemildert werden.
Es wurde daher mit der Einführung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz[es] §67 Abs8 lita EStG 1988 dahingehend ergänzt, dass Vergleichssummen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen und die für Zeiträume ausbezahlt werden, für die eine Anwartschaft gegenüber einer Mitarbeitervorsorgekasse besteht, bis zu einem Betrag von 7500 Euro mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern sind. Dieser Betrag berührt nicht die Sechstelregelung gemäß §67 Abs2 EStG 1988. Die Ergänzung des §67 Abs8 lita EStG 1988 bewirkt, dass Vergleichszahlungen bei oder nach Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Streitbeilegung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (zB Streitbeilegungszahlungen über strittige Überstundenleistungen) bis zu einem Betrag von 7500 Euro dem festen Steuersatz von 6% unterliegen.
3. Sachliche Rechtfertigung des §67 Abs8 lita EStG 1988
Nach Ansicht der Bundesregierung liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers, Vergleichssummen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen, auch in gewissem Umfang steuerlich zu begünstigen. Es muss dem Gesetzgeber unbenommen bleiben, bestimmte Bezüge oder Bezugsbestandteile aus Gründen der Vereinfachung sowie als Ausgleich für verschiedene besondere Umstände im Einzelfall (Liquiditätsnachteil durch spätere Zahlung der Vergleichssumme, Belastung durch gerichtliche oder außergerichtliche Verfahren, Progressionsspitze usw.) begünstigt zu besteuern. Die begünstigte Besteuerung kann hinsichtlich eines bestimmten Betrages auch mit einem festen Steuersatz erreicht werden, wie dies bei freiwilligen Abfertigungen erfolgt, die nicht unter das Regime 'Abfertigung Neu' fallen.
4. Ergebnis
Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit des §67 Abs8 lita des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2002 nicht gegeben ist."
4. Die maßgeblichen Rechtsnormen haben folgenden Wortlaut (die angefochtene Gesetzesstelle ist hervorgehoben):
§66 Abs1 EStG 1988 lautet in der geltenden, zuletzt durch BGBl. I 180/2004 geänderten Fassung:
"Lohnsteuertarif
§66. (1) Die Lohnsteuer wird durch die Anwendung des Einkommensteuertarifes (§33) auf das hochgerechnete Jahreseinkommen (Abs2) ermittelt. Der sich dabei ergebende Betrag ist nach Abzug der Absetzbeträge gemäß §33 Abs4 Z1 und 2, Abs5 und Abs6 durch den Hochrechnungsfaktor (Abs3) zu dividieren und auf volle Cent zu runden."
§67 EStG 1988 lautet (auszugsweise) in der geltenden Fassung BGBl. I 102/2007 (die hier angefochtene lita des Abs8 hat ihre letzte Fassung durch BGBl. I 100/2002 erhalten):
"Sonstige Bezüge
§67. (1) Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), so beträgt die Lohnsteuer, soweit die sonstigen Bezüge innerhalb eines Kalenderjahres 620 Euro übersteigen, 6%. Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit dem festen Steuersatz unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs2 höchstens 2.000 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2.000 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs3 bis 8 und Abs10 nicht zu berücksichtigen.
(2) Soweit die sonstigen, insbesondere einmaligen Bezüge (Abs1) vor Abzug der in Abs12 genannten Beiträge innerhalb eines Kalenderjahres ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge übersteigen, sind sie dem laufenden Bezug des Lohnzahlungszeitraumes zuzurechnen, in dem sie ausgezahlt werden. Bei der Berechnung des Sechstels ist derjenige laufende Bezug, der zusammen mit dem sonstigen Bezug ausgezahlt wird, bereits zu berücksichtigen. Wird ein sonstiger Bezug in einem Kalenderjahr vor Fälligkeit des ersten laufenden Bezuges ausgezahlt, ist dieser erste laufende Bezug in seiner voraussichtlichen Höhe auf das Kalenderjahr umzurechnen. Steuerfreie laufende Bezüge gemäß §3, ausgenommen laufende Einkünfte gemäß §3 Abs1 Z10, 11 und 15 lita, erhöhen nicht das Jahressechstel, steuerfreie sonstige Bezüge gemäß §3, ausgenommen sonstige Einkünfte gemäß §3 Abs1 Z10 und 11, werden auf das Jahressechstel nicht angerechnet.
(3) Die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, wird so berechnet, daß die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes des Abs1 niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen nach dieser Bestimmung. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund
- gesetzlicher Vorschriften,
- Dienstordnungen von Gebietskörperschaften,
- aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst-(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
- eines Kollektivvertrages oder
- der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung
zu leisten ist.
Die vorstehenden Bestimmungen sind auf
- Bezüge und Entschädigungen im Sinne des §14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen auf Grund landesgesetzlicher Regelungen,
- Bezüge und Entschädigungen im Sinne des §5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes,
- Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse auf Grund des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl. Nr. 414/1972
anzuwenden.
Die Lohnsteuer von Abfertigungen sowie von Kapitalbeträgen (§§55 und 67 BMSVG) aus BV-Kassen beträgt 6%. Wird der Abfertigungsbetrag oder der Kapitalbetrag an ein Versicherungsunternehmen zur Rentenauszahlung, an ein Kreditinstitut zum ausschließlichen Erwerb von Anteilen an einem prämienbegünstigten Pensionsinvestmentfonds (§108b in Verbindung mit §17 BMSVG oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften) oder an eine Pensionskasse übertragen, fällt keine Lohnsteuer an. Die Kapitalabfertigung angefallener Renten unterliegt einer Lohnsteuer von 6%. Zusätzliche Abfertigungszahlungen im Sinne dieser Bestimmung für Zeiträume, für die ein Anspruch gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind gemäß Abs10 zu versteuern.
(4) ...
(5) ...
(6) Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von MV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen), sind mit dem Steuersatz des Abs1 zu versteuern, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht übersteigen; Abs2 ist nicht anzuwenden. Über das Ausmaß des ersten Satzes hinaus sind freiwillige Abfertigungen bei einer nachgewiesenen
Dienstzeit von bis zur Höhe von
3 Jahren ............. 2/12 der laufenden Bezüge der letzten
12 Monate
5 Jahren ............. 3/12 der laufenden Bezüge der letzten
12 Monate
10 Jahren ............. 4/12 der laufenden Bezüge der letzten
12 Monate
15 Jahren ............. 6/12 der laufenden Bezüge der letzten
12 Monate
20 Jahren ............. 9/12 der laufenden Bezüge der letzten
12 Monate
25 Jahren ............. 12/12 der laufenden Bezüge der letzten
12 Monate
mit dem Steuersatz des Abs1 zu versteuern; Abs2 ist nicht anzuwenden. Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des Abs3 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des Abs3 kürzen das steuerlich begünstigte Ausmaß. Den Nachweis über die zu berücksichtigende Dienstzeit sowie darüber, ob und in welcher Höhe Abfertigungen im Sinne des Abs3 oder dieses Absatzes bereits früher ausgezahlt worden sind, hat der Arbeitnehmer zu erbringen; bis zu welchem Zeitpunkt zurück die Dienstverhältnisse nachgewiesen werden, bleibt dem Arbeitnehmer überlassen. Der Nachweis ist vom Arbeitgeber zum Lohnkonto (§76) zu nehmen. Soweit die Grenzen des ersten und zweiten Satzes überschritten werden, sind solche sonstigen Bezüge wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Die vorstehenden Bestimmungen zu freiwilligen Abfertigungen gelten nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer MV-Kasse bestehen.
(7) ...
(8) Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:
a) auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, sind, soweit sie nicht nach Abs3, 6 oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des §62 Z3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Fallen derartige Vergleichssummen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer MV-Kasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von 7 500 Euro mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern; Abs2 ist nicht anzuwenden.
b) - g) ...
(9) ...
(10) Sonstige Bezüge, die nicht unter Abs1 bis 8 fallen, sind wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs2.
..."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, dass das antragstellende Gericht bei Lösung des bei ihm anhängigen Rechtsstreites sich als Vorfrage mit der Bedeutung des §67 Abs8 lita EStG 1988 in der Fassung BGBl. I 100/2002 auseinanderzusetzen hat (zur Präjudizialität der bei Beurteilung einer Vorfrage anzuwendenden Norm vgl. zB VfSlg. 13.231/1992; zur Bedeutung der den Lohnsteuerabzug determinierenden Regelungen des EStG 1988 im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vgl. die Judikaturnachweise bei Doralt, EStG-Kommentar Band III, §82 Tz 12). Auch die Bundesregierung bestreitet die Präjudizialität der Vorschrift nicht.
Bei der Darlegung seiner Bedenken bezieht sich das antragstellende Gericht zwar zum Teil auf Ausführungen, die offensichtlich (bloß) in Schriftsätzen der Parteien enthalten sind; der Antrag bringt aber mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck, dass das antragstellende Gericht die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Überstundenentlohnungen (bzw. allgemein von sonstigen Bezügen) je nachdem, ob sie während des aufrechten Arbeitsverhältnisses oder nach seiner Beendigung, bzw. je nachdem, ob sie durch Gerichtsurteil oder im Vergleichsweg zuerkannt werden, für sachlich nicht gerechtfertigt und daher für verfassungswidrig hält. Auch die Bundesregierung fasst die Bedenken des antragstellenden Gerichts in ihrer Äußerung in diesem Sinne zusammen (Seite 3 f.).
Der Antrag ist daher zulässig.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Die Bedenken des antragstellenden Gerichts richten sich im Wesentlichen dagegen, dass (1) der Gesetzgeber im Einkommensteuerrecht Überstundenentgelte, die während des aufrechten Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden, anders behandelt als solche, die bei oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlt werden, und dass er (2) Überstundenentgelte, die nachträglich mit Gerichtsurteil zugesprochen werden, anders behandelt als solche, die auf Grund eines Vergleiches zuerkannt werden.
Die zuletzt genannte Differenzierung trifft offensichtlich nicht zu. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist §67 Abs8 lita EStG 1988 nicht nur auf Zahlungen auf Grund von (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleichen, sondern auch auf Nachzahlungen auf Grund von Gerichtsurteilen oder Bescheiden anzuwenden (VwGH 21.1.1987, 85/13/0113; 26.7.1995, 92/15/0104). Die Finanzverwaltung folgt dieser Auffassung (Rz 1103 LStR 2002). Eine solche Interpretation ist jedenfalls vertretbar.
Im Übrigen sieht §67 Abs8 lita EStG 1988 eine Besteuerung dieser Vergleichssummen, soweit es sich nicht um Abfertigungen handelt, grundsätzlich nach Maßgabe des Abs10 leg.cit. vor, das heißt als laufender Bezug des Auszahlungsmonates. Dabei wird allerdings ein Fünftel steuerfrei belassen. Nach den Materialien zu dieser Vorschrift (RV 311 BlgNR 21. GP) sollen damit in pauschaler Weise einerseits allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder steuerbegünstigte sonstige Bezüge, die in der Vergleichszahlung enthalten sind, andererseits der Progressionseffekt berücksichtigt werden, der durch die Zusammenballung von Bezügen entstehen kann (vgl. auch Doralt/Knörzer, EStG-Kommentar Band III, §67 Tz 77).
Die darüber hinaus in §67 Abs8 lita EStG 1988 enthaltene (begünstigende) Sonderregelung für Vergleichssummen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt werden, insbesondere die Anwendung des festen Steuersatzes von 6 % bis zu einem Betrag von € 7.500,--, kann mit den tatsächlichen Besonderheiten solcher Zahlungen (spätere Entrichtung, Progressionseffekt durch Zusammenballung) gerechtfertigt werden. Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er diese Besonderheiten nicht im Wege einer Durchbrechung des Zuflussprinzips, sondern durch eine begünstigende Sonderbehandlung der zusammengeballt zufließenden Einkünfte berücksichtigt. Die Beschränkung dieser Begünstigung auf Zeiträume, für die eine Anwartschaft gegenüber einer Mitarbeitervorsorge-Kasse besteht, hat hingegen - wie sich aus den Materialien ergibt - ihren historischen Hintergrund in der Umstellung des Abfertigungssystems. In der Begründung zum einschlägigen Abänderungsantrag (StenProtNR 21. GP, 106. Sitzung, 86 ff.) heißt es dazu:
"Die Ergänzung des §67 Abs8 lita EStG 1988 bewirkt, dass Vergleichszahlungen bei oder nach Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Streitbeilegung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (zum Beispiel Streitbeilegungszahlungen über strittige Überstundenleistungen) bis zu einem Betrag von 7 500 Euro weiterhin (also auch im Regime des neuen Abfertigungsrechtes) dem festen Steuersatz von 6 % unterliegen. Inhaltlich wird damit die Regelung des §67 Abs6 EStG 1988 partiell - und in modifizierter Form - weitergeführt. Sollten die Vergleichszahlungen den Betrag von 7 500 Euro überschreiten, käme es insoweit zur bisherigen 'Fünftelbegünstigung'."
Beabsichtigt war somit eine Begünstigung für Arbeitnehmer, die nunmehr dem Regime des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes unterliegen und daher freiwillige Abfertigungen nicht mehr - wie bisher - mit dem begünstigten Steuersatz von 6 % versteuern können, womit offenbar auch die "Streitbeilegungsfunktion" der freiwilligen Abfertigungen beeinträchtigt wurde. Der Gerichtshof kann im Hinblick darauf nicht finden, dass der Gesetzgeber mit dieser Sonderregelung seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte, auch wenn die Personengruppe, die von der neuen Begünstigung Gebrauch machen kann, nicht vollkommen deckungsgleich ist mit jener, für die die bisherige Steuerbegünstigung in Betracht kam. Auch die Begrenzung der Begünstigung mit € 7.500,-- kann der Gerichtshof nicht als unsachlich erkennen, zumal die Begünstigung bei Überschreiten dieses Betrages nicht etwa zur Gänze wegfällt, sondern - beachtet man den Wortlaut der Vorschrift - als Freibetrag weiter zu gewähren ist.
3. Die Bedenken des antragstellenden Gerichts haben sich daher als unzutreffend erwiesen, weshalb der Antrag abzuweisen war. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung beschlossen werden.
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