Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
KStG §24 Abs4
KStG §26a Abs7
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
KStG §24 Abs4
KStG §26a Abs7
Spruch:
Die Worte "Liegt der letzten Veranlagung zur Umsatzsteuer ein Umsatz im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 von mehr als 50 Millionen Schilling zugrunde oder" und der letzte Satz in §24 Abs4 Z2 sowie §26a Abs7 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 - KStG 1988, BGBl. Nr. 401/1988, idF des ArtI des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 70/1997, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden und verlieren ihre normative Kraft auch hinsichtlich aller schon rechtskräftig gewordenen Bescheide; diese Bescheide verlieren ihre Wirkung. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Beim Verfassungsgerichtshof sind neun Beschwerden gegen Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland anhängig, mit welchen den beschwerdeführenden Gesellschaften unter Anwendung des §24 Abs4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 - KStG 1988, BGBl. 401/1988 (im folgenden: KStG) idF des ArtI des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 (im folgenden: KStG idF 1997) Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 1997 und die Folgejahre vorgeschrieben wurden. Den (zu B2195/97, B2207/97, B2254/97, B2255/97 und B2256/97) beschwerdeführenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung wurden Vorauszahlungen von jährlich je S 25.000,--, der (zu B2378/97) beschwerdeführenden Aktiengesellschaft Vorauszahlungen von jährlich S 50.000,--, den (zu B2253/97 und B2388/97) beschwerdeführenden Gesellschaften Vorauszahlungen von jährlich je S 75.000,-- und der (zu B2419/97) beschwerdeführenden Aktiengesellschaft, die ein Versicherungsunternehmen betreibt, Vorauszahlungen von jährlich S 150.000,-- vorgeschrieben.
Aus Anlaß dieser Beschwerdefälle hat der Verfassungsgerichtshof am 15. Oktober 1997 beschlossen, von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §26a Abs7 KStG idF 1997 einzuleiten. Diese Verfahren sind zu G441-449/97 protokolliert. Ferner hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlaß der Beschwerdefälle zu B2253/97 und B2388/97 (die Gesellschaften betreffen, denen jährliche Vorauszahlungen von je S 75.000,-- vorgeschrieben wurden) beschlossen, von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "Liegt der letzten Veranlagung zur Umsatzsteuer ein Umsatz im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 von mehr als 50 Millionen Schilling zugrunde oder" und des letzten Satzes in §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 einzuleiten; diese Verfahren sind zu G441,442/97 protokolliert.
2. Die in Prüfung genommenen Bestimmungen stehen in folgendem Zusammenhang:
Nach §1 Abs1 und 2 KStG sind juristische Personen des Privatrechts, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie unter bestimmten, in §3 leg.cit. genannten Voraussetzungen auch andere Einrichtungen körperschaftsteuerpflichtig. Sie sind, wenn sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Bei solchen unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Personen wird die Körperschaftsteuer nach dem Einkommen bemessen; sie beträgt seit 1. Jänner 1994 gemäß §22 Abs1 KStG idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818, 34 %.
Unabhängig von der sich aus diesen Regeln ergebenden Höhe der Steuerschuld haben alle unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften eine Mindeststeuer zu entrichten. Diese betrug für die Kalenderjahre 1994 und 1995 gemäß §24 Abs4 KStG 1988 idF des ArtIV Z4 des Abgabenänderungsgesetzes 1994, BGBl. 680, jährlich S 15.000,--, seit der durch die Z12 des Art41 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, erfolgten Novellierung dieser Bestimmung für das Jahr 1996 zunächst S 50.000,-- p.a. und nach der rückwirkend wirksamen Aufhebung der novellierten Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1997, G388-391/96, wiederum S 15.000,-- p.a.
Durch ArtI Z1 des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 wurde die Mindeststeuer erhöht. In dieser Fassung bestimmt nunmehr §24 Abs4 KStG (die in Prüfung gezogenen Worte sind hervorgehoben):
"(4) Für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften gilt folgendes:
- 1. Es ist für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in Höhe von 5 % eines Viertels der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals (§7 des Aktiengesetzes 1965, §6 des GmbH-Gesetzes) zu entrichten. Ändert sich die für die Mindeststeuer maßgebliche Rechtsform während eines Kalendervierteljahres, so ist dafür die am Beginn des Kalendervierteljahres bestehende Rechtsform maßgeblich.
- 2. Liegt der letzten Veranlagung zur Umsatzsteuer ein Umsatz im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 von mehr als 50 Millionen Schilling zugrunde oder ist die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft ein Kreditinstitut oder ein Versicherungsunternehmen, so erhöht sich die Mindeststeuer für jedes volle Kalendervierteljahr auf 18 750 S. Maßgebend sind dabei die Verhältnisse zum 30. September.
- 3. Abweichend von Z1 und 2 beträgt die Mindeststeuer für die ersten vier Kalendervierteljahre ab Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht für jedes volle Kalendervierteljahr 3 750 S.
- 4. Die Mindeststeuer ist in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des §45 des Einkommensteuergesetzes 1988 anzurechnen. Die Anrechnung ist mit jenem Betrag begrenzt, mit dem die im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen entstehende tatsächliche Körperschaftsteuerschuld den sich aus den Z1 bis 3 für diesen Veranlagungszeitraum ergebenden Betrag übersteigt."
Hinsichtlich des Wirksamkeitsbeginns dieser Bestimmung normiert der durch ArtI Z3 des Bundesgesetzes BGBl. I 70/1997 dem §26a KStG angefügte Abs7, den der Verfassungsgerichtshof insgesamt in Prüfung genommen hat:
"(7) §24 Abs4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 70/1997 ist erstmals für Zeiträume nach dem 31. Dezember 1996 anzuwenden. Die am 1. Jänner 1997 bestehenden der Mindeststeuer unterliegenden unbeschränkt Steuerpflichtigen haben die für das erste Quartal maßgebenden Beträge am 15. August 1997 nachzuentrichten."
(Das diese Novellierung enthaltende Bundesgesetz wurde mit BGBl. I 70/1997 kundgemacht, das am 11. Juli 1997 ausgegeben wurde.)
3. a) Der Verfassungsgerichtshof nahm an, daß die Beschwerden zulässig seien und daß er die in Prüfung genommenen Bestimmungen, auf die sich die angefochtenen Bescheide explizit und der Sache nach stützen, bei ihrer Behandlung anzuwenden habe.
b) aa) Zur Darlegung seiner Bedenken beschrieb der Verfassungsgerichtshof die Wirkung der Regelung über die Mindestkörperschaftsteuer folgendermaßen (wobei sich der letzte der zitierten Absätze bloß in den Prüfungsbeschlüssen zu G 441,442/97 findet):
"§24 Abs4 Z1 KStG idF 1997 ordnet an, daß Kapitalgesellschaften eine Mindeststeuer von 5 % der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals p.a. zu entrichten haben. Dies entspricht einer Mindeststeuer von S 50.000,-- p.a. für Aktiengesellschaften und von S 25.000,-- p.a. für Gesellschaften m.b.H. Die Mindeststeuer ist dabei unabhängig davon zu entrichten, ob das tatsächliche Grund- oder Stammkapital höher als das gesetzlich geforderte Mindestkapital
(S 1.000.000,-- für Aktiengesellschaften und S 500.000,-- für Gesellschaften m.b.H.) ist, sowie unabhängig davon, ob das Mindestkapital voll oder nur teilweise geleistet ist.
Die Beschwerden beschreiben die Wirkung dieser Mindeststeuer folgendermaßen:
'Die neue Mindestkörperschaftsteuer von S 25.000,-- für GmbHs und von S 50.000,-- für AGs unterstellt bei einem Steuersatz von 34 % ein steuerpflichtiges Einkommen von rund S 73.500,-- p.a. bei GmbHs bzw. von rund S 147.000,-- p.a. bei AGs. Bezogen auf das voll eingezahlte, gesetzlich geforderte Mindestnennkapital bedeutet dies eine Rendite auf das Nominalkapital von rund 14,7 %, bezogen auf die gesetzlich erforderliche Mindesteinzahlung einer GmbH in Höhe von S 250.000,-- sogar eine Rendite von 29,4 %.'
Nach §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 beträgt die Mindeststeuer bei Kapitalgesellschaften mit einem Jahresumsatz von mehr als S 50 Millionen nunmehr S 75.000,-- p.a. Die Beschwerden verweisen darauf, daß dies bei Gesellschaften m.b.H. einer Rendite von 44 % entspricht."
bb) Der Gerichtshof hegte, wie er in den Einleitungsbeschlüssen zu G444-449/97 näher ausgeführt hat, keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §24 Abs4 Z1 KStG idF 1997 und - wie im Einleitungsbeschluß zu G443/97 näher ausgeführt wurde - auch nicht dagegen, daß §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 für Versicherungsunternehmen eine höhere Mindeststeuer vorsieht. Der Gerichtshof hatte jedoch das Bedenken, daß die in Prüfung gezogenen Teile des §24 Abs4 Z2 sowie §26a Abs7 KStG idF 1997 den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz verletzen.
cc) Zu §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 formulierte er in den die Verfahren zu G441,442/97 einleitenden Beschlüssen
"das Bedenken, daß die Festlegung der Höhe der Mindeststeuer für umsatzstarke Kapitalgesellschaften durch die in Prüfung genommenen Einleitungsworte in §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 im Lichte seiner Entscheidung vom 24. Jänner 1997,
G388-391/96, unverhältnismäßig ist.
In dieser Entscheidung hatte der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des §24 Abs4 KStG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, die für Kapitalgesellschaften eine Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von S 50.000,-- vorgesehen hatte, für gleichheitswidrig erachtet, weil sie Ungleiches gleich behandelte, wenn sie, ohne zu differenzieren, alle Einkommen unter rund S 147.000,-- p.a. mit einer gleich hohen Ertragsteuer in der Höhe von S 50.000,-- belastete, ohne daß sich dafür eine sachliche Rechtfertigung finden ließ. Der Verfassungsgerichtshof hielt es für verfassungswidrig, daß durch die damals geltende Regelung im Effekt Kapitalgesellschaften mit geringeren Erträgen relativ höher und solche mit höheren Erträgen relativ geringer besteuert würden. Der Gerichtshof meinte,
'..., daß es noch im Rahmen der Grenzen rechtspolitischer Gestaltungsfreiheit liegt, eine Mindestbesteuerung vorzusehen, die davon ausgeht, daß eine Kapitalgesellschaft eine Mindestrendite in einer Höhe erwirtschaftet, wie sie etwa auch der Verzinsung von längerfristig in Wertpapieren veranlagtem Kapital entspricht. Nun bewirkte die Regelung der Mindestkörperschaftsteuer idF des Abgabenänderungsgesetzes 1994 im Beispielsfall der GesmbH mit voll eingezahltem Mindest-Gesellschaftskapital nur bis zu einer Kapitalrendite von rund 10 % vor Steuer eine überproportionale Belastung, was ... verfassungsrechtlich noch nicht bedenklich ist. Nicht mehr gerechtfertigt werden kann es aber, die Steuerbelastung so anzusetzen, daß davon Kapitalgesellschaften immer dann überproportional getroffen werden, wenn sie ein Mindesteinkommen von S 147.000,-- p.a., also im gewählten Beispiel eine Rendite von 30 % nicht erreichen. Denn eine derartige steuerliche Belastung ist mit der rechtlichen Verfassung der betroffenen Gesellschaften nicht mehr in Einklang zu bringen.'"
Die Bestimmung des §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 führe für umsatzstarke Kapitalgesellschaften zu einer überproportionalen Ertragsbesteuerung, sofern der Ertrag des Unternehmens unter rund S 220.000,-- p.a. bleibt. Gegen die dies bewirkende Rechtsvorschrift hegte der Gerichtshof aus den die eben zitierte Entscheidung tragenden Gründen verfassungsrechtliche Bedenken; freilich bleibe zu prüfen, ob der Umstand, daß die überproportionale Belastung nur umsatzstarke Kapitalgesellschaften treffen soll, geeignet sei, die Regelung zu rechtfertigen.
Dazu wurde in den genannten Einleitungsbeschlüssen insbesondere ausgeführt:
"Der Verfassungsgerichtshof kann vorläufig keine Rechtfertigung dafür erkennen, daß umsatzstarke Unternehmen bei der Besteuerung ihres Ertrags anders behandelt werden als Unternehmen mit nur geringerem Umsatz.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, der Umsatz sei ein Indikator für die Ertragskraft, so dürfte ihr entgegenzuhalten sein, daß die eine überproportionale Belastung bewirkende Mindeststeuer ja gerade jene Kapitalgesellschaften betrifft, deren Einkommen unter rund S 220.000,-- p.a. bleiben, bei denen also zwar ein hoher Umsatz gegeben ist, aber eben nur ein geringes Einkommen erwirtschaftet wird. Es scheint somit der Umstand, daß Kapitalgesellschaften nur dann zur Entrichtung der höheren Mindestertragsteuer verpflichtet sind, wenn sie einen relativ hohen Umsatz erzielen, nicht geeignet zu sein, die überproportionale Belastung jener Unternehmen zu rechtfertigen, die steuerpflichtige Einkommen in einer Höhe von weniger als rund S 220.000,-- p.a. erzielen (vgl. zur Begründung im einzelnen das mehrfach zitierte Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, G388-391/96)."
dd) Zu §26a Abs7 KStG idF 1997, mit dem §24 Abs4 dieses Gesetzes rückwirkend in Geltung gesetzt wurde, umschrieb der Gerichtshof in den Einleitungsbeschlüssen zu G441,442/97 - analoge Ausführungen enthalten die anderen unter I./1. genannten Prüfungsbeschlüsse - seine Bedenken folgendermaßen:
"(N)ach dieser Bestimmung werden Kapitalgesellschaften auch schon für die Zeit vor dem 12. Juli 1997 (d.i. der Tag nach Publikation des die Novellierung des §24 Abs4 KStG enthaltenden Bundesgesetzes) zur (erhöhten) Mindestkörperschaftsteuer herangezogen.
Schon in seinem Prüfungsbeschluß B2909/96-7 ua., mit dem das Gesetzesprüfungsverfahren G388-391/96 eingeleitet wurde, das zur mehrfach zitierten Entscheidung vom 24. Jänner 1997 geführt hat, hat der Gerichtshof Bedenken gegenüber jener Vorschrift geäußert, die die damalige Bestimmung rückwirkend in Kraft gesetzt hatte. Er hegt auch gegen die nunmehr in Prüfung gezogene Bestimmung entsprechende Bedenken:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verletzen nämlich gesetzliche Vorschriften, die nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition des Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern, im allgemeinen den Gleichheitsgrundsatz, wenn der Eingriff von erheblichem Gewicht ist und der Steuerpflichtige in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurde (vgl. etwa VfSlg. 12186/1989, 12416/1990, 13020/1992).
Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, daß durch die rückwirkende Einführung der neuen Mindestkörperschaftsteuer die betroffenen Kapitalgesellschaften in einem berechtigten Vertrauen auf den Bestand der durch das Vorerkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wieder in Kraft gesetzten Rechtslage enttäuscht wurden. Nach dieser mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. 818, eingeführten, seit 1. Jänner 1994 geltenden Rechtslage waren unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften zur Entrichtung einer Mindeststeuer von S 15.000,-- verpflichtet. An dieser Rechtslage, die nach Beseitigung der zwischenzeitig geltenden, durch Art41 Z12 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, eingeführten Mindestkörperschaftsteuer in der Höhe von S 50.000,-- p.a. durch den Verfassungsgerichtshof bis zur Erlassung der Novelle BGBl. I 70/1997 wieder in Geltung stand, konnten sich die zur Entrichtung von Körperschaftsteuer verpflichteten Steuersubjekte in ihrer Geschäftspolitik orientieren.
Das Vertrauen der Steuersubjekte in diese Rechtslage dürfte verfassungsrechtlich insofern geschützt sein, als eine rückwirkende Änderung des Steuersatzes einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, die dem Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht erkennbar ist. Angesichts dessen und weil sich die jährliche Mindeststeuer für umsatzstarke Kapitalgesellschaften von S 15.000,-- auf S 75.000,-- p.a. erhöht hat, was - wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - nicht als geringfügig angesehen werden kann (eine Trennung der Rückwirkungsanordnung hinsichtlich der beiden Typen von Kapitalgesellschaften ist angesichts der legistischen Ausgestaltung dieser Bestimmung nicht möglich), hat der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß die die Rückwirkung anordnende Bestimmung dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht."
c) Abschließend kündigte der Verfassungsgerichtshof in den Einleitungsbeschlüssen an, für den Fall des Zutreffens der Bedenken - angesichts der großen Zahl von bei den Finanzlandesdirektionen anhängigen, noch nicht entschiedenen Berufungen - von der Ermächtigung nach Art140 Abs7 B-VG Gebrauch zu machen; er beabsichtige weiters, die Anlaßfallwirkung nicht nur auf Fälle zu erstrecken, über die von Abgabenbehörden erst entschieden werden wird, sondern auch auf bereits entschiedene Verwaltungssachen.
4. Die Bundesregierung gab innerhalb der ihr gesetzten (fünfwöchigen) Frist, die am 3. Dezember 1997 ablief, keine Äußerung ab. Zwei von der Regierung am 25. November 1997 beschlossene Äußerungen langten beim Verfassungsgerichtshof erst am 9. Dezember 1997 ein und konnten angesichts des Verfahrensstandes nicht mehr berücksichtigt werden.
II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig. In den Verfahren ist nichts vorgebracht worden oder sonst hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, daß die diesbezüglichen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes in den Prüfungsbeschlüssen zutreffen.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Teile des §24 Abs4 Z2 und des §26a Abs7 KStG idF 1997 haben sich als zutreffend erwiesen:
a) Die in Prüfung genommenen Worte des ersten Satzes des §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 entfalten ihre normative Wirkung für jene unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaften, deren Umsatz S 50 Millionen p.a. übersteigt und die einen Ertrag von weniger als rund S 220.000,-- p.a. erwirtschaften. Sobald eine umsatzstarke Kapitalgesellschaft einen höheren Ertrag erwirtschaftet, hat sie - wie eine weniger umsatzstarke Gesellschaft - Körperschaftsteuer in der Höhe von 34 % vom Einkommen zu entrichten. Erwirtschaftet die umsatzstarke Gesellschaft aber ein niedrigeres Einkommen, wird ihre Körperschaftsteuerbelastung überproportional, so daß im Effekt umsatzstarke Kapitalgesellschaften mit geringeren Erträgen relativ höher und solche mit höheren Erträgen relativ geringer besteuert werden. Dieser Effekt tritt ein, solange eine derartige Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Rendite auf das voll eingezahlte Mindestgesellschaftskapital von rund 44 %, in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft von rund 22 % nicht erreicht. Die Verfassungswidrigkeit einer dies bewirkenden Regelung ergibt sich aus der mehrfach zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1997, auf deren ausführliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Der Umstand, daß dies nur umsatzstärkere Unternehmungen trifft, ist nicht geeignet, die aufgezeigte Konsequenz zu rechtfertigen. Vielmehr hat sich auch das Bedenken als zutreffend erwiesen, daß durch die Regelung eine weitere Gleichheitswidrigkeit entsteht: Die in Prüfung stehende Vorschrift bewirkt nämlich, daß umsatzstärkere Unternehmungen immer dann, wenn ihr Gewinn unter rund S 220.000,-- p.a. liegt, mit höherer Ertragsteuer belastet sind als Unternehmungen, die einen gleich hohen Ertrag mit geringerem Umsatz erwirtschaften. Erwirtschaftet etwa eine weniger umsatzstarke Gesellschaft mit beschränkter Haftung einen Gewinn von S 100.000,--, so hat sie eine Körperschaftsteuer in der Höhe von S 34.000,-- zu entrichten. Dasselbe Einkommen ist aber bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die es mit höheren Umsätzen erwirtschaftet, mit S 75.000,-- belastet. Für derartige Differenzierungen ist eine sachliche Rechtfertigung nicht zu finden. Es hat sich daher auch das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes als zutreffend erwiesen, daß es dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht, daß umsatzstarke Unternehmen bei der Besteuerung ihres Ertrages anders behandelt werden als Unternehmen mit nur geringerem Umsatz.
Aus den genannten Gründen waren daher die in Prüfung genommenen einleitenden Worte des §24 Abs4 Z2 KStG idF 1997 als dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend aufzuheben. Aufzuheben war aber auch der letzte Satz in §24 Abs4 Z2 leg.cit., der mit der aufgehobenen Formulierung im ersten Satz dieser Ziffer in untrennbarem Zusammenhang steht; die Belassung dieses Satzes im Rechtsbestand würde ihm einen völlig veränderten Inhalt geben.
b) Auch die in den Prüfungsbeschlüssen ob der Verfassungsmäßigkeit des §26a Abs7 KStG idF 1997 aufgeworfenen Bedenken haben sich als zutreffend erwiesen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verletzen gesetzliche Vorschriften, die nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition des Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern, im allgemeinen den Gleichheitsgrundsatz, wenn der Eingriff von erheblichem Gewicht ist und der Steuerpflichtige in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurde (vgl. etwa VfSlg. 12186/1989, 12416/1990, 13020/1992).
Die in Prüfung genommene Regelung des §26a Abs7 KStG idF 1997 ordnet an, daß §24 Abs4 KStG idF 1997 seine Wirkung ab dem 1. Jänner 1997 entfalten soll. Das die Novelle zum KStG enthaltende Bundesgesetz wurde mit BGBl. I 70/1997 kundgemacht, das am 11. Juli 1997 ausgegeben wurde. Da die Mindeststeuer gemäß §24 Abs4 leg.cit. für jedes volle Kalendervierteljahr zu entrichten ist, würde die gegenüber der früheren Rechtslage erhöhte Mindeststeuer erst ab dem vierten Quartal 1997 Wirkung entfalten, gäbe es die zitierte Inkrafttretensbestimmung nicht. Diese führt daher dazu, daß die Kapitalgesellschaften rückwirkend für drei Quartale einer Mehrbelastung unterliegen.
Seit der erstmaligen Einführung einer Mindestkörperschaftsteuer durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. 818, ab dem 1. Jänner 1994 waren unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften zur Entrichtung einer Mindeststeuer von S 15.000,-- p.a. verpflichtet. An dieser Rechtslage, die nach der rückwirkenden Beseitigung der zwischenzeitig geltenden, durch Art41 Z12 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, eingeführten Mindestkörperschaftsteuer in der Höhe von S 50.000,-- p.a. durch den Verfassungsgerichtshof bis zur Erlassung der Novelle BGBl. I 70/1997 wieder in Geltung stand, konnten sich die zur Entrichtung von Körperschaftsteuer verpflichteten Steuersubjekte orientieren. Ihr Vertrauen in diese Rechtslage wurde durch das rückwirkende Inkrafttreten der nunmehr geltenden Regelung des §24 Abs4 KStG idF 1997 enttäuscht.
Für die ersten drei Viertel des Jahres 1997 bewirkt die rückwirkende Steuererhöhung eine für die Steuersubjekte nicht vorhersehbare Mehrbelastung von zum Teil erheblichem Ausmaß: Nach der früheren Regelung hätte die Mindeststeuer für die ersten drei Quartale insgesamt S 11.250,-- betragen; die Inkrafttretensregelung bewirkt für den Rückwirkungszeitraum für Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Mindeststeuer in der Höhe von S 18.750,--, für Aktiengesellschaften eine Mindeststeuer in der Höhe von S 37.500,-- und für umsatzstärkere Kapitalgesellschaften (gleich welcher Rechtsform) eine Mindeststeuer in der Höhe von
S 56.250,--. Damit wird die Steuerbelastung im fraglichen Rückwirkungszeitraum für Gesellschaften mit beschränkter Haftung um rund 65 % erhöht, was aber absolut bloß einen Betrag von
S 7.500,-- ausmacht. Für Aktiengesellschaften wird die Steuerbelastung mehr als verdreifacht, für umsatzstärkere Kapitalgesellschaften sogar verfünffacht. Das stellt bei Aktiengesellschaften und umsatzstarken Kapitalgesellschaften eine Belastung von erheblichem Gewicht dar, zumal die Steuer im Falle eines geringeren Gewinnes aus der Substanz des Unternehmens gezahlt werden muß.
Auch kann es nicht zweifelhaft sein, daß die betroffenen Kapitalgesellschaften jedenfalls seit Kundmachung des die Vorgängerbestimmung rückwirkend aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes in dem am 30. Jänner 1997 ausgegebenen Bundesgesetzblatt (BGBl. I 18/1997) berechtigt auf die durch das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wiederhergestellte Rechtslage vertrauen konnten (vgl. Erk. VfSlg. 14149/1995, in dem der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß die Aufhebung einer Rechtsvorschrift durch den Gerichtshof eine Vertrauenslage zu schaffen geeignet ist). Nicht von Bedeutung ist es, ob die Steuerpflichtigen angesichts einiger in der politischen Diskussion nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes geäußerter Auffassungen auch die Möglichkeit mit ins Kalkül hätten ziehen können, daß die Ertragsteuerbelastung für Kapitalgesellschaften erhöht würde; denn der Verfassungsgerichtshof hat schon in VfSlg. 12186/1989 dargetan, daß Steuerpflichtige, die sich an der geltenden Rechtslage zu orientieren haben, umgekehrt im Vertrauen auf diese Rechtslage geschützt sind und sich in ihren Dispositionen nicht an Planungen, politischen Vorhaben oder Fachdiskussionen orientieren müssen.
Da der rückwirkende Eingriff von erheblichem Gewicht ist und die Steuerpflichtigen in einem berechtigten Vertrauen auf die bestehende Rechtslage enttäuscht wurden und da auch keine besonderen Umstände erkennbar sind, die die rückwirkende Steuererhöhung verlangten (vgl. VfSlg. 12186/1989), erweist sich die das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Mindestkörperschaftsteuer anordnende Regelung des §26a Abs7 KStG idF 1997 als verfassungswidrig.
3. a) Da eine Ersatzregelung nicht in Betracht kommt, war eine Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmungen nicht zu setzen. Hingegen sah sich der Verfassungsgerichtshof - wie schon in seiner mehrfach zitierten Entscheidung vom 24. Jänner 1997, G388-391/96 (auf deren Begründung auch insoweit verwiesen wird) - veranlaßt, seiner Ankündigung in den Prüfungsbeschlüssen entsprechend von der Ermächtigung des Art140 Abs7 B-VG in der Weise Gebrauch zu machen, daß er aussprach, daß die aufgehobenen Vorschriften nicht mehr anzuwenden sind und ihre normative Kraft auch hinsichtlich schon rechtskräftig entschiedener Verwaltungssachen verlieren. Er sah sich zu diesen Aussprüchen durch den Umstand veranlaßt, daß schon zu Beginn der Gesetzesprüfungsverfahren bei den Finanzlandesdirektionen mehr als 10.000 Berufungen gegen Bescheide anhängig waren, mit denen steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften in Anwendung des aufgehobenen §26a Abs7 KStG idF 1997 und teilweise auch in Anwendung der aufgehobenen Wortfolge im ersten Satz des §24 Abs4 Z2 leg.cit. Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen vorgeschrieben worden waren.
b) Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz
B-VG.
c) Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VerfGG iVm §2 Abs1 Z4 BGBlG, BGBl. 660/1996.
4. Die Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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