Normen
B-VG Art54
G StGBl 180/1920 über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Tarifen. Gebühren usw
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
FernmeldegebührenO §11 Abs3
FernmeldegebührenO §13 Abs8
FernmeldeG §21 Abs1, Abs3 und Abs5
ÜG 1920 §23
B-VG Art54
G StGBl 180/1920 über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Tarifen. Gebühren usw
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
FernmeldegebührenO §11 Abs3
FernmeldegebührenO §13 Abs8
FernmeldeG §21 Abs1, Abs3 und Abs5
ÜG 1920 §23
Spruch:
Den Anträgen wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zur Zahl 88/03/0152 das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen im Devolutionsweg erlassenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als oberste Fernmeldebehörde) anhängig, mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Neuberechnung der Gesprächsgebühr der Fernmeldegebühren-Rechnung eines bestimmten Monats für einen bestimmten Fernsprechanschluß unter Berufung auf §§11 Abs3 und 13 Abs8 der Fernmeldegebührenordnung, Anlage zum Fernmeldegebührengesetz BGBl. 170/1970 (idF BGBl. 562/1980), abgewiesen wurde. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens stellt der Verwaltungsgerichtshof unter A55/90 den (beim Verfassungsgerichtshof unter G23/90 protokollierten) auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag, §21 Abs1, 3 und 5 des Fernmeldegesetzes, BGBl. 170/1949, sowie §11 Abs3 und §13 Abs8 der Fernmeldegebührenordnung, Anlage zum Fernmeldegebührengesetz BGBl. 170/1970 (idF BGBl. 562/1980), als verfassungswidrig aufzuheben.
Die bezogenen Gesetzesstellen haben folgenden Wortlaut:
Fernmeldegesetz
"§21. (1) Die Entscheidung über die aus den Fernmeldevorschriften entspringenden (gegenseitigen) Rechte und Pflichten der Verwaltung und der Benützer steht den Fernmeldebehörden zu.
...
(3) Gegen die Bemessung oder Vorschreibung von Fernmeldegebühren kann die davon betroffene Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung des Zahlungsauftrages der Fernmeldebehörde I. Instanz bei dieser, wenn aber die Gebühr entrichtet worden ist, ohne daß ein Zahlungsauftrag erlassen wurde, binnen zwei Wochen nach der Entrichtung bei der Dienststelle, die die Gebühr bemessen hat, Einspruch erheben. Wird nicht binnen sechs Monaten nach dem Tag des Einlangens bei der Dienststelle dem Einspruch Folge gegeben, so kann die Partei binnen zwei Wochen die Entscheidung der zuständigen Fernmeldebehörde I. Instanz anrufen. Diese Frist ist von der Zustellung des ablehnenden Bescheides, wenn aber ein Bescheid binnen sechs Monaten nicht erlassen wurde, von dem Tage zu berechnen, an dem die sechsmonatige Frist abgelaufen ist.
...
(5) Gegen die Entscheidung der Fernmeldebehörde I. Instanz kann die Partei, welche die Entscheidung der Fernmeldebehörde angerufen hat, binnen zwei Wochen die Berufung an die oberste Fernmeldebehörde ergreifen."
Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung)
"§11.
...
(3) Wird von Organen der Post- und Telegraphenverwaltung ein Fehler festgestellt, der sich bei der Berechnung der Gesprächsgebühren zuungunsten des Fernsprechteilnehmers ausgewirkt haben könnte, so ist für den entsprechenden Zeitraum die im gleichen Zeitraum des Vorjahres aufgelaufene Gesprächsgebühr oder, wenn eine solche nicht in Betracht kommt, der Durchschnitt der Gebühren der drei vorhergehenden Zeitabschnitte oder, wenn auch dieser nicht in Betracht kommt, der Durchschnitt der Gebühren der drei nachfolgenden Zeitabschnitte der Gebührenberechnung zugrunde zu legen.
§13.
...
(8) Wird von Organen der Post- und Telegraphenverwaltung ein Fehler festgestellt, der sich bei der Berechnung der Gesprächsgebühr zuungunsten des Fernsprechteilnehmers ausgewirkt haben könnte, so gilt die Bestimmung des §11 Abs3."
2. Der antragstellende Gerichtshof nimmt im Rahmen seiner Antragsbegründung auf Schriftsätze des bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens Bezug und führt zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen sowie den verfassungsrechtlichen Bedenken folgendes aus:
"Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichshof, in der der Beschwerdeführer unter anderem vorbrachte:
'Die Anwendung der zit. Bestimmungen wirft allerdings ein weiteres - vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Artikel 140 Abs1 B-VG aufgreifbares - Problem auf: Die Frage der konkreten Höhe einer Fernmeldegebührenrechnung stellt dem Wesen nach eine Streitigkeit über ein - klassisches - ziviles Recht dar, die von Verfassungs wegen (Art6 Abs1 MRK) von einem Tribunal entschieden werden muß, da es sich um das Bestehen bzw. die Höhe eines vermögensrechtlichen Anspruches handelt. Diesem Aspekt kommt nach der Judikatur des EGMR, der der Verfassungsgerichtshof bislang in solchen Fällen regelmäßig gefolgt ist (vgl. z.B. VfSlg. 10921/1984, G68/85, G109/84), tragende Bedeutung zu (vgl. z.B. die Fälle König, Benthem, Pudas und vor allem Deumeland). Nach VfSlg. 7492/75 u. a. hat ein Verfahren dann zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zum Gegenstand, wenn der behördliche Abspruch 'unmittelbar' solche Rechte zum Gegenstand hat und nicht nur 'von Bedeutung' dafür ist. Die innerstaatliche Zuordnung einer Rechtssache zum öffentlichen oder zivilen Recht ist nach der Judikatur des EGMR seit dem Urteil im Fall Ringeisen jedenfalls nur von untergeordneter Bedeutung für die Qualifikation als ziviles Recht. Im vorliegenden Verfahren hat kein Tribunal entschieden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unterliegt der Kernbereich der zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen jedoch jedenfalls den strengen Organisationsgarantien des Artikel 6 Abs1 MRK, die nachprüfende Kontrolle der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts reicht in solchen Fällen nicht aus (VfGH 14.10.87, G181/86 und B267/86, vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 6. Auflage, RZ 1484), die §§11 (3) und 13 (8) FGO sind also insoweit verfassungswidrig, als sie nicht Tribunale zur Entscheidung über einen zivilrechtlichen Anspruch berufen.'
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie zu diesem Beschwerdevorbringen folgendes bemerkte:
'Zum Vorwurf des Beschwerdeführers, die obzitierten Bestimmungen der Fernmeldegebührenordnung seien insoweit verfassungswidrig, als sie nicht Tribunale zur Entscheidung über einen zivilrechtlichen Anspruch beriefen, ist folgendes auszuführen:
Das Bundesgesetz vom 18. Juni 1970, BGBl. Nr. 170/1970, über Fernmeldegebühren (FGG) bestimmt, daß ab 1. Juni 1970 für die durch die Fernmeldebehörden auf Grund des Fernmeldegesetzes 1949 erteilten Bewilligungen und für die Benützung der Fernmeldeanlagen des öffentlichen Verkehrs die in der Anlage (FGO) festgesetzten Gebühren zu entrichten sind. Ua. sind darin in den §§11 Abs3 und 13 Abs8 die Voraussetzungen und die Grundlagen einer Neubemessung oder -vorschreibung von Fernmeldegebühren geregelt. Organisationsrechtliche Normen, wie etwa Bestimmungen über das anzuwendende (Verwaltungs-)Verfahren sind in diesem Gesetz nicht enthalten und wären dort auf Grund der Systematik des Fernmelderechts auch fehl am Platz. Mit der Einbindung von Verfahrensvorschriften, wonach Tribunale zur Entscheidung berufen seien, wären diese beiden zitierten gesetzlichen Bestimmungen 'überfordert', weshalb sie der erhobene Vorwurf der Verfassungswidrigkeit nicht zu treffen vermag.
Wenn der Beschwerdeführer der Ansicht ist, daß das zur Durchführung einer Neuberechnung von Fernmeldegebühren infolge eines Fehlers vorgesehene Verwaltungsverfahren dem Wesen nach eine 'Streitigkeit über ein - klassisches - ziviles Recht' darstelle, so muß dem entschieden entgegengetreten werden: Sowohl die Rechtsnatur der Fernmeldegebühren als öffentlich-rechtliche Gebühren (VfSlg. 5994) als auch die Zuständigkeit der Fernmeldebehörden zur Entscheidung über die aus den Fernmeldevorschriften entspringenden Rechte und Pflichten der Verwaltung und der Benützer - nach den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 - lassen eine Zuordnung der Materie der Fernmeldegebührenangelegenheiten unter den Begriff der 'civil rights' nicht zu. Zwar sind die innerstaatliche Zuordnung zu einer bestimmen Rechtsmaterie (Zivilrecht, öffentliches Recht) und auch die Qualifikation der zur Entscheidung berufenen Behörde nach innerstaatlichem Recht (ordentliches Gericht, Verwaltungsbehörde) nur von geringer Bedeutung für die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, jedoch wendet sich der Verfassungsgerichtshof in einer seiner jüngsten Entscheidungen (VfGH 14. Oktober 1987, B267/86) bereits deutlich gegen eine zu weite Auslegung des Begriffs der 'civil rights' bzw. eine damit verbundene Zuordnung fast aller Bereiche staatlicher Tätigkeiten unter die Entscheidung richterlicher Organe. Die durch das zitierte Erkenntnis eingeleitete neueste Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes grenzt den Begriff der 'civil rights' wieder dadurch klar ein, indem im Sinne des §1 ABGB unterschieden wird, ob Rechte und Pflichten der Bürger unter sich oder ob die Stellung des Einzelnen gegenüber der Allgemeinheit betroffen sind. Nach dieser Unterscheidung fallen Fernmeldegebührenangelegenheiten eindeutig nicht unter den Begriff der 'civil rights'. Da weiters nach der in der Entscheidung dargelegten Meinung des Verfassungsgerichtshofes eine nachprüfende Kontrolle des verwaltungsbehördlichen Handelns durch den Verwaltungsgerichtshof den Anforderungen des Art6 Abs1 MRK genügen müsse, um eine die gesamte Staatsorganisation betreffende - anläßlich des Beitritts Österreichs zur MRK sicherlich nicht gewollte - tiefgreifende bzw. ihr Wesen grundlegend verwandelnde Änderung zu vermeiden, muß die Anregung des Beschwerdeführers, die gegenständliche Fernmeldegebührenangelegenheit im Hinblick auf Art6 Abs1 MRK gemäß Art140 Abs1 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen, nach Ansicht der belangten Behörde, ins Leere gehen.'
Der Beschwerdeführer erstattete eine weitere Äußerung, in der er zur Gegenschrift der belangten Behörde Stellung nahm und darin unter anderem ausführte:
'Wenn die belangte Behörde meint, die §§11 Absatz 3 und 13 Absatz 8 FGO wären durch die Einbindung von Verfahrens- bzw. Organisationsvorschriften 'überfordert', weil die Systematik des Fernmelderechts dies nicht zulasse, so ist ihr folgendes entgegenzuhalten: meine Bedenken gegen die Verfassungskonformität dieser Normen sind prinzipieller Natur: ein Abspruch über ein civil rights unmittelbar betreffendes Rechtsverhältnis erfolgte nicht durch ein Tribunal. Ob der Sitz der Verfassungswidrigkeit das Fernmeldegesetz, die Fernmeldegebührenordnung oder eine andere Norm ist, ist eine zweite, völlig andere Frage. Entscheidend ist, ob die Frage der konkreten Höhe einer Telephonrechnung eine Streitigkeit über ein civil right ist. Bejaht man dies, so ist die Frage, durch welches Gesetz Tribunale eingerichtet werden, eine primär legistische, aber nicht unmittelbar verfassungsrechtlich bedeutsam. Der belangten Behörde ist allerdings in diesem Argument Recht zu geben, als der eigentliche Sitz der Verfassungswidrigkeit §21 Fernmeldegesetz ist (in diesem Zusammenhang insb. die Absätze 1, 3 und 5), und nur sekundär die auf dieser Bestimmung aufbauenden §§11 Absatz 3 und 13 Absatz 8 FGO.
Zur Bestreitung der Streitigkeiten über die Höhe von Fernmeldegebühren als 'klassisch-zivile Rechte' (vgl. zur Problematik insb. Mayer,. Zivilrechtsbegriff und Gerichtszuständigkeit, ZfV 1988, 473; Weh, Der Anwendungsbereich des Art6 MRK, EuGRZ 1988, 433):
Die Fernmeldegebühren wurden vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 5994 als 'öffentlich-rechtlich' qualifiziert. Diese Aussage steht jedoch am Ende von Überlegungen, die in die Richtung gehen, daß Fernmeldegebühren ihrem Wesen nach privatrechtlicher Natur sind, es allerdings dem Gesetzgeber freistehe, bürgerliche Rechtsachen auch anderen Behörden als Gerichten zuzuweisen. Diese Aussage wurde zu einer Zeit (1969) getroffen, da die Auffassung noch vorherrschend war, daß sich durch die innerstaatliche Einführung der MRK 'nichts geändert' habe. Es sei weiters darauf hingewiesen, daß der Verfassungsgerichtshof erst kürzlich ausdrücklich von einem kurz vor VfSlg. 5994 ergangenen, eine ähnliche Problematik berührenden Erkenntnis (VfSlg. 5100; Enteignungsentschädigungen) abgegangen ist (G211/87), sodaß diese 20 Jahre alte Rechtsprechung durchaus überholt sein könnte.
Es sei weiters darauf hingewiesen, daß das fernmelderechtliche Standardwerk Schaginger-Vavra, Das österreichische Fernmelderecht, im Jahr 1965, also zu einer Zeit, da nur von wenigen Juristen die civil-rights-Problematik erahnt wurde, zu §21 FG ausführt (S 66f):
'... im Benützungsverhältnis (tritt) die Verwaltung dem Benützer sozusagen als gleichgeordneter Partner (gegenüber) ...; wenn auch der §21 in seinem Absatz 1 von gegenseitigen Rechten und Pflichten der Verwaltung und der Benützer spricht, so kann das zwischen diesen beiden bestehenden Rechtsverhältnis doch nicht ohne weiters als ein privatrechtliches angesehen werden. ...' (Unterstreichung von mir). Sie weisen weiters auf die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland hin, wo - ungeachtet der Anerkennung des Fernmeldebenützungsverhältnisses als öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis - die ordentlichen Gerichte über Streitigkeiten über die Zahlungspflicht zu entscheiden haben. Es ist eben die Frage der Qualifikation der Rechtsnatur der Streitigkeit über die Höhe einer Telephonrechnung zu trennen.
Der Verfassungsgerichtshof hat kürzlich - somit nach dem unten zitierten Erkenntnis B267/86 - diese Trennung auf Entschädigungen nach dem Wasserrechtsgesetz angewandt und ausgeführt, daß 'der Entschädigungsanspruch im Gefolge einer Enteignung trotz seines Zusammenhanges mit diesem öffentlich-rechtlichen Hoheitsakt zivilrechtlicher Natur ist' (VfGH 24.6.1988, G1,2,74-87/88). Als Indiz dafür wird angeführt, daß der Enteignungswerber 'dem Enteigneten ... grundsätzlich auf gleicher Ebene entgegen(tritt)'; es handle sich um 'eine Regelung der Beziehungen der Bürger unter sich'. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß häufig die öffentliche Hand als Enteignungswerber auftrete. Es sei das Enteignungsverfahren in die Enteignung als solche und in die Festsetzung der Enteignungsentschädigung zu zerlegen. Auf das Verfahren zur Festsetzung der Enteignungsentschädigung sei, da es innerhalb des Kernbereiches der civil rights liege, Artikel 6 Abs1 MRK in vollem Umfang anzuwenden.
Meines Erachtens sind diese Aussagen auf das in Frage stehende Rechtsverhältnis vollinhaltlich übertragbar. Das Fernmeldegebührenamt tritt dem Benützer 'sozusagen als gleichgeordneter Partner gegenüber' (Schaginger-Vavra, Das österreichische Fernmelderecht (1965) 66), 'die Regelung hinsichtlich der Entscheidung über sich allenfalls ergebende Streitigkeiten zwischen den Parteien' trifft nach geltender Rechtslage die Fernmeldebehörde.
Daraus folgt, daß über den gegenständlichen Anspruch, der ein civil right darstellt, ein Tribunal selbst entscheiden muß; diesem muß die selbständige Feststellung und Würdigung der Tat- und Rechtsfrage obliegen. Die nachprüfende Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen durch den Verwaltungsgerichtshof genügt nur dann den Anforderungen des Art6 Abs1 MRK, wenn civil rights lediglich in ihren Auswirkungen betroffen sind (VfGH 24.6.1988, G1,2,74-81/88). Im gegenständlichen Verfahren waren civil rights aber, wie dargelegt wurde, alleiniger Verfahrensgegenstand, die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof genügt daher nicht den Anforderungen des Art6 Abs1 MRK:
Es muß den Ausführungen der belangten Behörde auch bezüglich der Interpretation des Erkenntnisses des VfGH vom 14.10.1987, B267/86 entgegengetreten werden: in diesem Erkenntnis wird die Versagung einer Baugenehmigung als hoheitlicher Eingriff im öffentlichen Interesse qualifiziert, worüber kein Tribunal entscheiden müsse, weil die verwaltungsbehördliche Entscheidung civil rights lediglich in ihren Auswirkungen betreffe. Ungeachtet der Konsequenzen, die sich aus einer entgegengesetzten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergäben (vgl. dazu Mayer, Zivilrechtsbegriff und Gerichtszuständigkeit, ZfV 1988, 473 (481f), kann nicht schlichtweg pauschal gesagt werden, daß sich der VfGH 'gegen eine zu weite Auslegung des Begriffs der civil rights' ausgesprochen hat (vgl. die bei Pichler, Verwaltungsrechtsschutz, Menschenrechtskonvention und der Verwaltungsgerichtshof, JBl 1988, 273 (275f) zusammengefaßten wesentlichen Entscheidungsthesen, die nur den Schluß zulassen, daß nicht jeder Eingriff in eine individuelle Rechtsposition immer ein civil right berühre). Es ging in dem zit. Erkenntnis um die Verweigerung einer Baugenehmigung, im vorliegenden Fall geht es um die Höhe einer Telephonrechnung: die Höhe einer Rechnung, mag sie bei Verwaltungsbehörden oder Gerichten zu bestreiten sein, stellt ihrem Wesen nach - wie ausgeführt - jedenfalls ein civil right dar, da es um das Bestehen bzw. die Höhe eines vermögensrechtlichen Anspruchs geht. Es ist wohl primär von historischen Zufällen abhängig (vgl. 889 BlgNR V. GP), daß eine vermögensrechtliche Streitigkeit als einer Rechtsmaterie so nahestehend betrachtet wurde, daß sie von der Verwaltung quasi mitzuerledigen ist. Dies war vor Einführung der EMRK, als auch zur Zeit der Berufung der Fernmeldebehörden zur Entscheidung über die Höhe von Fernmeldegebühren, auch unbedenklich. Diese historisch zufällige Zuordnung ändert aber nichts an der prinzipiellen Rechtsnatur der Fernmeldegebühren als zu civil right bzw. zur Ziviljustiz gehörigen.
Die Tatsache, daß nach der derzeitgen Rechtslage ein Verwaltungsverfahren durchzuführen ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für die Qualifikation als civil right irrelevant (vgl. zuletzt VfGH 24.6.1988, G1,2,74-81/88), da es nicht auf die innerstaatliche Zurodnung einer Rechtsmaterie ankommt; dies konzediert auch die belangte Behörde. Sie irrt aber, wenn sie meint, durch das zit. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei der civil-rights-Begriff nunmehr 'klar eingegrenzt'; dies läßt sich aus dem Erkenntnis nicht ableiten, abgesehen von der ungeklärten Frage, wie öffentliches und privates Recht überhaupt eindeutig voneinander abgegrenzt werden können. Die belangte Behörde bleibt jede Begründung schuldig, warum nach ihrer Meinung - gemäß der von ihr offenbar gemeinten Interessentheorie - Fernmeldegebührenangelegenheiten eindeutig nicht unter den civil-rights-Begriff fallen; es drängt sich aus dieser Argumentation vielmehr die gegenteilige Lösung auf, da es um 'gegenseitige Rechte und Pflichten der Verwaltung und der Benützer' (§21 Abs1 FMG) geht.
Auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16.12.1987, G129 ua./87, somit eine nach dem von der belangten Behörde als 'Einleitung einer neuen Spruchpraxis' bezeichneten Erkenntnis B267/86 ergangenen Entscheidung, qualifiziert bislang im Jagdrecht als Verwaltungsangelegenheit geregelte Ansprüche (Angelegenheiten der Jagd- und Wildschäden) als ihrer rechtlichen Natur zur Ziviljustiz gehörig. Es kann als zusammenfassend kein prinzipieller Zweifel daran bestehen, daß auch nach B267/86 Streitigkeiten über gewisse civil-rights-Bereiche noch zu Unrecht in Verwaltungsverfahren ohne die Garantien des Artikel 6 Abs1 MRK entschieden werden. Ob dies für Fernmeldegebührenangelegenheiten zutrifft, ist letztendlich vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden; es bestehen aber meines Erachtens zahlreiche gewichtige Anhaltspunkte, die massive Bedenken über die Verfassungskonformität der derzeitigen Zuordnung rechtfertigen.'
Der Beschwerdeführer regte schließlich an, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, §21 des Fernmeldegesetzes 1949, soweit in diesem bei Streitigkeiten über die Bemessung von Fernmeldegebühren die Fernmeldebehörden zur Entscheidung berufen werden (insbesondere die Absätze 1, 3 und 5), sowie die §§11 Abs3 und 13 Abs8 der Fernmeldegebührenordnung als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Entscheidung über die Beschwerde §11 Abs3 und §13 Abs8 der Fernmeldegebührenordnung anzuwenden. Für den Verwaltungsgerichtshof ist ferner im Hinblick auf die von ihm gemäß §41 Abs1 VwGG von Amts wegen zu prüfende Zuständigkeit der belangten Behörde §21 des Fernmeldegesetzes über die Zuständigkeit zur Entscheidung von Streitigkeiten insoweit präjudiziell, als nach dieser Bestimmung die Entscheidung über die aus den Fernmeldevorschriften entspringenden (gegenseitigen) Rechte und Pflichten der Verwaltung und der Benützer, sohin auch die Entscheidung über Streitigkeiten, die sich aus der für die Benützung der Fernmeldeanlagen zu entrichtenden Gebühren ergeben, den Fernmeldebehörden übertragen ist (Abs1 und 3) und gegen die Entscheidung der Fernmeldebehörde I. Instanz die Partei, welche die Entscheidung der Fernmeldebehörde angerufen hat, binnen zwei Wochen die Berufung an die oberste Fernmeldebehörde ergreifen kann (Abs5).
Bei den Fernmeldegebühren handelt es sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes um Preise und Entgelte für die Benützung von Fernmeldeanlagen, sohin ihrem Wesen nach um privatrechtliche Entgelte. Daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Fernmeldegebühren eine öffentlich-rechtliche Regelung vorgenommen hat, steht dieser Beurteilung nicht entgegen (vgl. dazu auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1969, Slg. 5994, und vom 24. Juni 1988, G1,2,74-81/88). Die Regelung der Fernmeldegebühren betrifft demnach ungeachtet dessen, daß im Falle von Streitigkeiten die Fernmeldebehörden zu entscheiden haben, eine zum Kernbereich des Zivilrechtes gehörende Angelegenheit und es stellt die Frage der konkreten Höhe einer Fernmeldegebührenrechnung - hierin pflichtet der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer bei - dem Wesen nach eine Streitigkeit über ein - klassisches - ziviles Recht dar, das gemäß Art6 Abs1 MRK von einem Tribunal entschieden werden muß. Denn bei hiebei auftretenden Streitigkeiten ist über die aus der Benützung der Fernmeldeanlage sich ergebenden zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen selbst (vgl. §21 Abs1 Fernmeldegesetz: '... über die aus den Fernmeldevorschriften entspringenden (gegenseitigen) Rechte und Pflichten ...') zu entscheiden. Die Entscheidung hat solcherart nicht etwa eine Streitigkeit zum Gegenstand, die solche Ansprüche und Verpflichtungen nur in ihren Auswirkungen betreffen würde (vgl. auch dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987, B267/86, und vom 16. Dezember 1987, G129/87).
Der Verwaltungsgerichtshof hat gleich dem Beschwerdeführer das Bedenken, daß die angeführten Bestimmungen in ihrem Zusammenhang insoweit zur verfassungsrechtlichen Garantie des Art6 Abs1 MRK in Widerspruch stehen, als sie (in Verbindung mit §10 des Fernmeldegesetzes) bei Streitigkeiten über die Bemessung von Fernmeldegebühren die Fernmeldebehörden zur Entscheidung berufen und solcherart letztlich über diese dem Bereich der civil rights im Sinne des Art6 Abs1 MRK zuzuordnende Angelegenheit kein Tribunal zu entscheiden hat. Wenngleich die aufgezeigten Bedenken aus Anlaß des vorliegenden Falles nur in diesem Anwendungsbereich bestehen, wird dennoch mangels Trennbarkeit von den sonstigen sich aus den Fernmeldevorschriften ergebenden Streitigkeiten der Antrag gestellt, diese Bestimmungen zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben (vgl. zum letzteren das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1961, Slg. 3971)."
3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung mit dem Begehren, die angefochtenen Gesetzesvorschriften nicht als verfassungswidrig aufzuheben, und brachte folgendes vor:
"1. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seinem, dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Antrag die Auffassung, bei Fernmeldegebühren handle es sich um Preise und Entgelte für die Benützung von Fernmeldeanlagen, sohin um eine zum Kernbereich des österreichischen Zivilrechtes gehörende Angelegenheit. Eine Streitigkeit über die Höhe einer Fernmeldegebührenrechnung sei daher ihrem Wesen nach eine Streitigkeit über ein 'klassisches ziviles Recht' im Sinne des Art6 Abs1 MRK.
2. Im Lichte dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes folgende Argumente entgegenzuhalten:
Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Erkenntnis VfSlg. 11500/1987 eine differenzierende Auslegung der von Art6 Abs1 MRK gestellten Anforderungen an die Art und Weise, in der das von dieser Konventionsbestimmung geforderte 'Tribunal' mit der Sache befaßt sein muß. Demnach sei außerhalb der traditionellen Ziviljustiz, die gewissermaßen einen Kernbereich darstellt und im klassisch römisch-rechtlichen Sinne die Rechte und Pflichten der Bürger unter sich betrifft, ein darüber hinausgehender Bereich typisch öffentlich-rechtlicher Eingriffe in private Rechtsstellungen anzunehmen, der - im Sinne der oben erwähnten Abgrenzung - die Stellung des einzelnen gegenüber der Allgemeinheit betrifft. In diesem Bereich hält der Verfassungsgerichtshof das System der nachprüfenden Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen durch den Verwaltungsgerichtshof mit Art6 MRK für vereinbar.
a) Öffentlich-rechtliche Natur der Fernmeldegebühren:
Auch nach Auffassung der Bundesregierung steht die Tatsache, daß der Gesetzgeber eine Angelegenheit öffentlich-rechtlich geregelt hat, der Beurteilung dieser Angelegenheit als zivilrechtliche Angelegenheit nicht entgegen (VfSlg. 5994/1969, 8420/1978, Erk. VfGH vom 24. Juni 1988, G1,2,74-81/88).
Aus dem Umstand allein, daß es sich bei Fernmeldegebühren um Preise und Entgelte für die Benützung von Fernmeldeanlagen handelt, kann aber nicht zwingend der Schluß gezogen werden, daß es sich bei Streitigkeiten über dessen Höhe um 'klassisches Zivilrecht' im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof zu Art6 Abs1 MRK entwickelten Rechtsprechung handelt (vgl. VfSlg. 11500/1987). Der österreichischen Rechtsordnung ist nämlich auch der Begriff des 'öffentlich-rechtlichen Entgelts' nicht fremd. Wie sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 5994/1969 ergibt, hat der Gesetzgeber vielmehr bei der Festsetzung von Tarifen, Preisen, Bezügen, sowie auch von Gebühren grundsätzlich eine Gestaltungsfreiheit insoferne, als er Streitigkeiten über deren Höhe sowohl als zivilrechtliche Angelegenheit qualifizieren, als auch einer öffentlich-rechtlichen Regelung unterwerfen kann. Dies trifft nach Auffassung der Bundesregierung auf die rechtliche Qualifikation etwa des Programmentgelts des österreichischen Rundfunks (VfSlg. 7717/1975; MAYER, Das Programmentgelt des österreichischen Rundfunks, ÖJZ 1975, 477ff; FUNK, Das Rundfunkrecht im Lichte öffentlich-rechtlicher Grundlehren, ÖJZ 1977, 589, 592) ebenso zu, wie auch auf die Regelung der Fernmeldegebühren. Solche Regelungen scheinen im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann zum 'klassischen Zivilrecht' im Sinne des Art6 Abs1 MRK zu gehören, wenn ein historischer Befund ergibt, daß solche oder gleichartige Regelungen vom Gesetzgeber auch tatsächlich als privatrechtliche Regelungen qualifiziert und diesbezügliche Streitigkeiten den Zivilgerichten zugewiesen worden sind. Nur dann, wenn sich Gebührenschuldner und Gebührengläubiger auf gleicher Ebene entgegentreten, also eine Streitigkeit zwischen natürlichen oder juristischen Personen 'unter sich' besteht und wenn dieses Verhältnis traditionellerweise auch so behandelt wurde, handelt es sich im Sinne des §1 ABGB 'um ein Verhältnis zwischen den Beteiligten selbst', welches dann auch als Angelegenheit des klassischen Zivilrechts qualifiziert werden muß (VfSlg. 9580/1982, 11500/1987, VfGH 24.6.1988, G1,2 und 74-81/88).
Diese Voraussetzung liegt bei den Fernmeldegebühren nicht vor. Gemäß §2 des Fernmeldegesetzes steht das Recht, Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben nur dem Bund zu, der dieses Recht durch eigene Behörden auszuüben hat. Die Errichtung und der Betrieb von Fernmeldeanlagen wird somit vom Bund hoheitlich besorgt. Auch im Verhältnis zum Fernsprechteilnehmer liegt offenbar Hoheitsverwaltung vor. Das Fernmeldegesetz stellt nämlich im §21 Abs1 den Grundsatz auf, daß über sämtliche, sich aus dem Fernmelderecht ergebenden Streitigkeiten zwischen Verwaltung und Benützern ausschließlich die Fernmeldebehörden entscheiden. Es kann also nicht davon gesprochen werden, daß es sich bei dem Verhältnis zwischen Fernsprechteilnehmern und Fernmeldebehörden um ein Verhältnis der Bürger unter sich handle. Es ist in diesem Zusammenhang auch auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Fernmeldegesetzes zu verweisen:
'Das Fernmelderecht ist öffentlich-rechtlicher Natur, es sind daher für Streitigkeiten, die sich daraus sowie aus der Benützung der Fernmeldeanlagen ergeben, ausschließlich die Fernmeldebehörden zuständig. Dadurch wird auch die Einheitlichkeit der Entscheidung in Fernmeldeangelegenheiten am besten gewährleistet.'
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 5994/1969 diese Qualifikation ausdrücklich bestätigt.
b) Historische Entwicklung des Fernmeldegebührenrechts:
Auch eine Betrachtung der Vorläuferbestimmungen zu den vom Verwaltungsgerichtshof als verfassungswidrig bekämpften Gesetzesstellen scheint dieser Einordnung nicht entgegenzustehen.
Seit dem Hofkanzleidekret vom 25. Jänner 1847 Z 2581 Pol. Ges. S. Band 75, S. 12 galt der Betrieb von Fernmeldeanlagen als Bestandteil des Telegraphenregals. Die Verordnung des Handelsministeriums vom 7. Oktober 1887 betreffend die Herstellung und Benützung von Telephonanlagen im Anschlusse an den Staatstelegraphen, RGBl. Nr. 116, enthält in den §§9 ff zwar detaillierte Regelungen betreffend die Höhe und die Einhebung von Gebühren. Eine ausdrückliche öffentlich-rechtliche Regelung betreffend die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde zur Entscheidung von Streitigkeiten über deren Höhe bestand zu dieser Zeit offensichtlich nicht.
Diese Rechtslage hat aber durch die Erlassung des Telegraphengesetzes, BGBl. Nr. 263/1924, eine Änderung erfahren. Gemäß §19 Abs1 dieses Gesetzes wurden zur Entscheidung 'über die aus dem Rechtsverhältnisse zwischen den öffentlichen Telegraphenanstalten und den Anstaltsbenützern entspringenden gegenseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere darüber, ob die Benützungsgebühren richtig bemessen oder vorgeschrieben wurden,' ausdrücklich die Telegraphenbehörden berufen und wurde in dieser Hinsicht der ordentliche Rechtsweg ausdrücklich ausgeschlossen. Bloß für den Fall, daß 'einem Anstaltsbenützer der wegen gar nicht, verspätet oder fehlerhaft erfolgter Ausführung einer Leistung erhobene Ersatzanspruch von der obersten Telegraphenbehörde ganz oder zum Teil aberkannt worden' war, sah §20 Abs1 leg.cit. eine (offensichtlich sukzessive) Zuständigkeit des Gerichtes vor.
c) Vergleich mit anderen Gebührenregelungen:
Streitigkeiten über die Höhe einer Fernmeldegebühr unterscheiden sich auch von Streitigkeiten über Entschädigungen im wasserrechtlichen Entschädigungsverfahren oder von Streitigkeiten über den Ersatz von Wildschäden insoferne, als im Falle der Fernmeldegebühr kein vergleichbarer rechtssystematischer Zusammehang mit Regelungen des klassischen Zivilrechts gegeben sein dürfte, wie er in diesen Fällen etwa mit den Regelungen des Schadenersatzrechts besteht (VfSlg. 11591/1987; VfGH 24.6.1988, G1,2 und 74-81/88). Ein rechtssystematischer Zusammenhang der vom Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bestimmungen scheint vielmehr eher zu vergleichbaren gebührenrechtlichen Regelungen zu bestehen, wie etwa zu Wasseranschluß- oder Wasserableitungsgebühren. Bei Streitigkeiten über deren Höhe sind in den einschlägigen Gesetzen regelmäßig Verwaltungsbehörden zur Entscheidung berufen.
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes über Entscheidungen über die Höhe von Fernmeldegebühren im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu (VfSlg. 11500/1987) Art6 Abs1 MRK dieser Verfassungsbestimmung in ausreichender Weise Rechnung trägt."
II. Zu den Zln. 91/03/0016 und 92/03/0053 sind beim Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen gleichgelagerte Beschwerdesachen anhängig, deren Gegenstand jeweils ein im Instanzenzug ergangener Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als oberste Fernmeldebehörde) über die Abweisung eines Antrags auf Neuberechnung von Fernmeldegebühren-Rechnungen für einen bestimmten Fernsprechanschluß sowie die Vorschreibung eines Gebührenrückstandes bildet. Auch aus Anlaß dieser Beschwerdefälle stellt der Verwaltungsgerichtshof unter A35/91 und A26/92 die (beim Verfassungsgerichtshof unter G149/91 und G71/92 eingetragenen) Anträge, dieselben Gesetzesstellen als verfassungswidrig aufzuheben.
Die Bundesregierung trat diesen Anträgen mit Bezugnahme auf ihre Äußerung zu G23/90 entgegen.
III. 1. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sind, da ihnen keine Prozeßhindernisse entgegenstehen, zulässig; die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken erweisen sich jedoch im Ergebnis als nicht berechtigt.
Die Prozeßparteien, welche sich auf den Boden der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellen, stimmen darin überein, daß der Ausgang der vorzunehmenden Gesetzesprüfung davon abhängt, ob es sich bei Streitigkeiten über Fernmeldegebühren um eine spezifisch zivilrechtliche Angelegenheit, also um einen Anspruch des "klassischen Zivilrechtes" handelt, die sohin - wie es in der Vorjudikatur zum Ausdruck kommt - ihrem Wesen nach in den Kernbereich des Begriffs "civil rights" im Sinne des Art6 Abs1 EMRK fällt (s. dazu grundlegend VfSlg. 11500/1987 sowie VfSlg. 11760/1988, 11762/1988 und 12003/1989).
In vergleichbaren Fällen hat der Verfassungsgerichtshof die Frage nach dem zivilrechtlichen Charakter eines Anspruchs aufgrund einer Analyse des einfachgesetzlichen Rechtsmaterials unter rechtsbegrifflichen, rechtssystematischen und rechtshistorischen Aspekten beantwortet (s. insbesondere VfSlg. 11760/1988 zur Enteignungsentschädigung im Wasserrecht). Ein solches methodisches Vorgehen darf aber nicht gleichsam schematisch auf die vorliegende Gesetzesprüfungssache übertragen werden, weil hier der maßgebende Anspruch auf Verfassungsebene inhaltlich vorgeprägt ist. Der Gerichtshof hat daher bei seiner vorzunehmenden Beurteilung in erster Linie auf diese besondere Verfassungsrechtslage Bedacht zu nehmen, und zwar auf das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Eisenbahntarifen, Post-, Telegraphen- und Telephongebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten, StGBl. 180/1920, welches kraft §23 des Übergangsgesetzes 1920 als das in Art54 B-VG vorgesehene Verfassungsgesetz des Bundes gilt. Zum Verständnis des Verfassungsgesetzes StGBl. 180/1920 weist der Gerichtshof auf sein von beiden Prozeßparteien angeführtes Gesetzesprüfungserkenntnis VfSlg. 5994/1969 hin, an dessen Aussagen er festhält (wobei der Umstand nicht von Belang ist, daß an die Stelle der in Art54 B-VG enthaltenen Wendung "Post-, Telegraphen- und Fernsprechgebühren" zufolge ArtI Z22 der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. 444, die Wortfolge "Post- und Fernmeldegebühren" getreten ist). Gemäß der dort näher dargestellten Verfassungsrechtslage steht es dem einfachen Gesetzgeber frei, Fernmeldegebühren hoheitlich zu regeln, und zwar so, daß das Gesetz entweder selbst einen vollständigen Gebührentarif enthält oder jedoch die Erlassung der Gebührenordnung einer - der Zustimmung des berufenen Nationalratsausschusses bedürftigen - Durchführungsverordnung überläßt. Die andere verfassungsrechtlich vorgesehene Möglichkeit, die im Erkenntnis so genannte "privatrechtliche Lösung", besteht in der Erlassung einer bloßen - ebenfalls der Zustimmung des berufenen Nationalratsausschusses bedürftigen - Vertragsschablone. Sieht nun der Verfassungsgesetzgeber die Regelung ein und desselben Gegenstandes, nämlich die Festsetzung von Preisen und Entgelten für die Benützung von Fernmeldeanlagen, auf derart unterschiedliche Weisen vor, und zwar entweder als Teil einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Benützer oder als Anspruch aufgrund einer generellen Rechtsnorm, welcher der Benützer als Normadressat und Rechtsunterworfener unterliegt (nämlich als Gebührenpflichtiger einer - hier zwar nicht im abgabenrechtlichen Sinn zu verstehenden - Gebühr), so kann von einer spezifisch dem Zivilrecht zuzurechnenden, also einer zivilrechtlichen Regelung im klassischen Sinn unter keinen Umständen gesprochen werden. Es geht hier nämlich nicht etwa darum, daß ein bestimmter - vorgegebener, seiner Natur nach vorweg als zivilrechtlich gewerteter - Anspruch im Streitfall je nach der getroffenen Festlegung als bürgerliche Rechtssache im Sinne des §1 JN der Kognition eines ordentlichen Gerichtes oder - hievon abweichend - kraft eines "besonderen Gesetzes" der Entscheidungsbefugnis einer Verwaltungsbehörde unterliegt, sondern daß der Anspruch selbst schon wegen seiner (potentiell) gebührenrechtlichen Erscheinungsform nicht als ein typisch zivilrechtlicher angesehen werden kann. Liegt aber bereits auf Verfassungsebene keine dem Art6 Abs1 ERMK zu unterstellende Anspruchsregelung vor, so gilt dies auch für die in verfassungskonformer Durchführung getroffene weitere Regelung.
2. Aus diesen Erwägungen folgt, daß den Gesetzesprüfungsanträgen des Verwaltungsgerichtshofs nicht stattzugeben ist.
IV. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen.
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