VfGH G66/83,G67/83,G74/83

VfGHG66/83,G67/83,G74/83G66/83,G67/83,G74/83G66/83,G67/83,G74/8314.6.1985

Art140 Abs1 B-VG; Antrag 1. der BVA und 2. von 76 NR-Abgeordneten auf Aufhebung der ArtIII der 11. und 12. B-KUVG-Nov., BGBl. 592/1981 und BGBl. 78/1983, mit denen die BVA jeweils zur Leistung bestimmter Beträge an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger verpflichtet wurde; Zulässigkeit des Antrages der BVA; Zulässigkeit des Antrages der NR-Abgeordneten im Hinblick auf §62 Abs1 und 2 VerfGG

11. und 12. B-KUVG-Nov. ArtIII; Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger ein Sondervermögen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger; Geldleistungen an diesen keine Abgaben iS des F-VG; kein persönlicher und kein sachlicher Zusammenhang zwischen der Sozialversicherung nach dem B-KUVG und der Pensionsversicherung nach dem ASVG; Versicherungsgemeinschaft in der Sozialversicherung reicht nur so weit, als einer Beitragsverpflichtung im Prinzip ein Leistungsanspruch gegenübersteht; in den ArtIII getroffene gesetzliche Anordnung der Überweisung von Geldbeträgen durch die BVA an den Ausgleichsfonds mit Rücksicht auf §447g ASVG sachlich nicht gerechtfertigt

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z4
B-VG Art13
B-VG Art137 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-KUVG-Nov 11., BGBl 592/1981 ArtIII
B-KUVG-Nov 12., BGBl 78/1983 ArtIII
ASVG-Nov 38., BGBl 647/1982 ArtIX Abs7
ASVG §32 Abs1
ASVG §447g
VfGG §62 Abs1, §62 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z4
B-VG Art13
B-VG Art137 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-KUVG-Nov 11., BGBl 592/1981 ArtIII
B-KUVG-Nov 12., BGBl 78/1983 ArtIII
ASVG-Nov 38., BGBl 647/1982 ArtIX Abs7
ASVG §32 Abs1
ASVG §447g
VfGG §62 Abs1, §62 Abs2

 

Spruch:

ArtIII des BG vom 9. Dezember 1981, BGBl. 592, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird, und ArtIII des BG vom 3. Feber 1983, BGBl. 78, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im BGBl. verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (im folgenden "BVA" genannt) stellte gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG die Anträge, a) ArtIII des BG vom 9. Dezember 1981, BGBl. 592/1981, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wurde (im folgenden "11. B-KUVG-Nov." genannt), und b) ArtIII des BG vom 3. Feber 1983, BGBl. 78/1983, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wurde (im folgenden "12. B-KUVG-Nov." genannt), zur Gänze kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben (G66, 67/83).

Die Anträge sind hinsichtlich ihrer Zulässigkeit wie folgt begründet:

Die BVA werde durch ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. unmittelbar kraft Gesetzes verpflichtet, bestimmte Beträge an einen unselbständigen Fonds (des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger) zu überweisen. Das Gesetz selbst regle die Beträge und die Fälligkeit eindeutig und sehe keine Ausnahmen und Befreiungsmöglichkeiten vor. Daher seien die genannten Bestimmungen "ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden". Die Antragstellerin sei aktuell und unmittelbar durch die beiden gesetzlichen Bestimmungen in ihrem Recht auf Nichtentzug ihres Vermögens beeinträchtigt. Ein für die Antragstellerin iS der Rechtsprechung des VfGH "zumutbarer Umweg" zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der sie in ihren Rechten beeinträchtigenden gesetzlichen Bestimmungen sei nicht gegeben. Weder das B-VG noch die Bestimmungen über den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) ermächtigten zu behördlichen Entscheidungen in Angelegenheiten der vorliegenden Art.

2. Die Antragstellerin erhob gegen den Bund gemäß Art137 B-VG beim VfGH auch Klage auf Rückersatz der durch die beiden angefochtenen Gesetzesstellen ihr zur Überweisung an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger vorgeschriebenen 623 Millionen Schilling (A33/83). Diese Klage wurde vom VfGH mit Erk. VfSlg. 10279/1984 abgewiesen.

3. In einem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehren 76 Abgeordnete zum NR, ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. als verfassungswidrig aufzuheben.

4. In der Begründung wird ausgeführt, nach den angefochtenen Gesetzesbestimmungen habe die BVA an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) aus den Mitteln der von ihr durchgeführten Krankenversicherung Beträge zu überweisen, und zwar

im Jahre 1982 gemäß ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. einen Betrag von 23 Millionen Schilling, der am 20. September 1982 fällig geworden sei, und

im Jahre 1983 gemäß ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. einen Betrag von 200 Millionen Schilling, der am 20. April 1983 fällig geworden sei, und einen Betrag von 400 Millionen Schilling, der am 20. September 1983 fällig geworden sei.

Aus den Mitteln der BVA als Träger der Krankenversicherung, die aus den Zwangsbeiträgen der nach dem B-KUVG Krankenversicherten gebildet würden, seien insgesamt 623 Millionen Schilling an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger der nach dem ASVG Pensionsversicherten zu überweisen. Ein besonderer materieller Rechtsgrund für diese gesetzlichen Anordnungen bestehe nicht. Als Motiv sei in der RV zur 12. B-KUVG-Nov. lediglich die Entlastung des Bundeshaushaltes angegeben. Dazu sei folgendes in Erinnerung zu rufen: Gemäß §80 Abs1 ASVG habe der Bund jährlich in einem bestimmten - in den letzten Jahren stets verringerten - Maße den Abgang der Pensionsversicherung nach dem ASVG zu finanzieren. §447g Abs7 ASVG bestimme jedoch, daß bei der Ermittlung des Bundesbeitrages nach §80 ASVG die Überweisungen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) als Erträge gelten. Dies bedeute, daß die Leistungspflicht des Bundes umso geringer sei, je größer die im Rahmen des Ausgleichsfonds, aus welchen Quellen auch immer, verteilten Mittel seien. Damit habe der Bund durch "Abzweigung" von Mitteln der BVA seine eigene Leistungspflicht gegenüber den Pensionsversicherungsträgern nach dem ASVG um insgesamt 623 Millionen Schilling vermindert.

5. Im übrigen sind die Begründungen der beiden Anträge der BVA und der 76 Abgeordneten nahezu wörtlich gleich. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im folgenden die Begründung des Antrages der BVA wiedergegeben:

"1. Die Finanzen der BVA

A. Aufbringung

Die Mittel zur Bestreitung der Aufwendungen in der Krankenversicherung nach dem B-KUVG werden nach seinen §§18 und 22 grundsätzlich je zur Hälfte von den Pflichtversicherten und von deren Dienstgebern geleistet.

Darüber hinaus hat der Dienstgeber gemäß §22 Abs3 B-KUVG einen Zuschlag zu diesen Beiträgen zur Bestreitung von Auslagen der erweiterten Heilbehandlung zu entrichten.

Pflichtversicherte sind gemäß §1 Abs1 B-KUVG in erster Linie 'die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, einem Bundesland, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde stehenden Dienstnehmer'. Als Dienstgeber gilt gemäß §13 Abs1 B-KUVG vor allem 'die Körperschaft, die den Bediensteten angestellt hat'.

Über die Dienstgeberbeiträge hinausgehende Zuschüsse oder Beiträge von seiten des Bundes erhält die BVA nicht.

B. Verwendung

Die auf diese Weise aufgebrachten Mittel dürfen gemäß §27 Satz 1 B-KUVG 'nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden'.

Dabei handelt es sich um folgendes:

a) Im Vordergrund der Verwendung der Mittel der Krankenversicherung stehen die Leistungen der Krankenversicherung gemäß §52 B-KUVG:

Gesundenuntersuchungen

Ärztliche Hilfe

Heilmittel

Heilbehelfe

Zahnbehandlung

Zahnersatz

Anstaltspflege

Mutterschaftsleistungen

Bestattungskostenbeitrag

Fahrtspesen und Transportkosten

b) Weiters kann die BVA gemäß §79 B-KUVG, unter Bedachtnahme auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit und die ihr im Rahmen der erweiterten Heilbehandlung zur Verfügung stehenden Mittel gemäß den §§70a und 70b Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit und Maßnahmen der Rehabilitation gewähren'.

Diese und weitere Bestimmungen des Gesetzes (zB §§51 Abs2, 54 Abs2, 72 B-KUVG) ermächtigen zur Erbringung bestimmter 'freiwilliger Leistungen'.

c) Überdies ist die BVA ermächtigt, bestimmte gemeinnützige Einrichtungen zu fördern und zu unterstützen, soweit dadurch ihre Aufgabenerfüllung nicht gefährdet wird (§51 Abs3 B-KUVG).

d) Durch die Verweisung auf die einschlägigen Bestimmungen des ASVG erwachsen Rechte und Pflichten zur Abdeckung des Verwaltungsaufwandes (einschließlich des Personalaufwandes, der satzungsmäßigen Beiträge an den Hauptverband, der Aufsichtskosten, der schiedsgerichtlichen Verfahrenskosten udgl.) und des Kontroll- und Verrechnungsaufwandes.

e) Zu den zulässigen Zwecken gehören gemäß §27 Satz 2 B-KUVG 'auch die Aufklärung und Information im Rahmen der Zuständigkeit der Versicherungsanstalt'.

f) Weiters darf die BVA einen Unterstützungsfonds für Notfälle anlegen (§§28 und 29 B-KUVG).

g) Aufgrund der §§447 f und 322a ASVG ist die BVA schließlich verpflichtet, zur Krankenanstaltenfinanzierung beizutragen.

C. Verwendung von Gebarungsüberschüssen

Soweit sich im Rahmen dieser Gebarung Überschüsse ergeben, regelt das Gesetz ihre Verwendung:

a) Überschüsse bei den Mitteln der erweiterten Heilbehandlung sind gemäß §151 Abs3 B-KUVG einer 'gesonderten Rücklage' zuzuführen. (FN 1)

b) Aus §29 Abs1 B-KUVG ist zu erschließen, daß aus dem Gebarungsüberschuß im Bereich der Krankenversicherung nur ein begrenzter Betrag dem Unterstützungsfonds zugewiesen werden darf.

c) Im übrigen fließen Überschüsse in die 'allgemeine Rücklage', deren Mittel nach den näheren Bestimmungen des §152 B-KUVG anzulegen sind.

Da es in diesem Zweig der Sozialversicherung keine den §§80 Abs1 ASVG, 34 Abs2 GSVG und 31 Abs4 BSVG vergleichbare 'Ausfallhaftung' des Bundes gibt und da sich der Kreis der satzungsmäßigen Leistungen (§54 Abs2 B-KUVG) nach dem finanziellen Spielraum bestimmt, ist die BVA verpflichtet, nach Möglichkeit solche Reserven zu halten (vgl. zu den 'Grundsätzen einer rationellen und vorsorgenden Gebarung' bereits VfSlg. 4072/1961).

Über diese Gebarung ist ein Jahresvoranschlag aufzustellen. Die Rechnungsabschlüsse sind dem Bundesminister für soziale Verwaltung vorzulegen (§§150, 151 B-KUVG).

Für die derzeitige finanzielle Situation der BVA im Bereich der Krankenversicherung ist die Entwicklung seit dem Jahr 1977 maßgebend. Der Gesetzgeber hat die Beiträge in der Krankenversicherung mit der Novelle BGBl. 707/1976 mit Wirkung vom 1. März 1977 von 5,7 vH auf 6 vH angehoben und mit Wirkung vom 1. Jänner 1978 mit 6,4 vH der Beitragsgrundlage festgesetzt. Gleichzeitig wurden damals weitere für eine Erhöhung des Beitragsaufkommens wirksame Maßnahmen ergriffen. Grund für diese Novelle war die Notwendigkeit einer Sanierung der finanziellen Situation der BVA (vgl. 285 BlgNR XIV. GP), da es in den Jahren 1975 und 1976 im Bereich der Krankenversicherung zu Ausgabenüberhängen gekommen war. Diese - von den Beitragspflichtigen getragenen - Sanierungsmaßnahmen wurden als erster Schritt verstanden, da es 'deutlich erkennbar' schien, 'daß die vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen für spätere Jahre nicht mehr ausreichen werden'. Dennoch erreichte die BVA infolge äußerst sparsamer Gebarung in der Folge positive Jahresabschlüsse, obgleich sie durch die Novelle BGBl. 648/1977 zur Beitragsleistung für die Krankenanstaltenfinanzierung verpflichtet wurde.

In einer späteren Novelle ergriff der Gesetzgeber weitere gebarungswirksame Maßnahmen (zB mehrmalige Erhöhung der Rezeptgebühr, Verringerung des Aufwandes für Heilbehelfe, Verringerung des Aufwandes an Bestattungskostenbeiträgen).

Aus alledem ergaben sich in den Jahren nach 1977 bei der BVA Überschüsse (vgl. dazu 1313 BlgNR XV. GP S 5).

Diese haben nicht zuletzt für das derzeit im Bau befindliche neue Amtsgebäude der Hauptgeschäftsstelle sowie für den Neubau eines Rehabilitationszentrums Bedeutung - für Projekte, für die bereits gemäß §153 Abs1 B-KUVG die Genehmigung des Bundesministers für soziale Verwaltung vorliegt.

Erstmals in ArtIII der 11. B-KUVG Novelle, BGBl. 592/1981, sah sich der Bundesgesetzgeber veranlaßt, Mittel aus diesen gesetzmäßigen und zweckgewidmeten Rücklagen (FN 2) für die Zwecke der Pensionsversicherung nach dem ASVG 'abzuzweigen'. Die Regierungsvorlage (911 BlgNR XV. GP S 4 ff.) begründete dies mit der 'Entlastung des Bundeshaushaltes' und wies darauf hin, daß diese 'finanzielle Maßnahme eine Begleitmaßnahme zum Bundesvoranschlag 1982 darstellt'.

War der damals zweckentfremdete Betrag von 23 Millionen Schilling für die BVA als einmalige Leistung noch verkraftbar gewesen, so hat der Gesetzgeber mit der nunmehr vorgeschriebenen 'Abzweigung' von 600 Millionen Schilling (ArtIII der 12. B-KUVG Novelle, BGBl. 78/1983) jede eigenständige Gebarung und längerfristige Finanzplanung der BVA unmöglich gemacht und gleichzeitig die Geschäftsstellen der BVA für ihre sparsame Gebarung, für die Sorgfalt bei der Prüfung von Anspruchsvoraussetzungen und für die Zähigkeit bei der Eintreibung von Außenständen 'bestraft'. Die verfassungsrechtlich verankerte Selbstverwaltung der BVA, die auch ein Minimum an autonomer Finanzplanung umfaßt, ist dadurch essentiell beeinträchtigt.

Für die Pflichtversicherten bedeuten diese Maßnahmen, daß mit ihren - sanierungsbedingt hoch festgesetzten - Krankenversicherungsbeiträgen Pensionsleistungen anderer Personen finanziert werden. Es ist wohl sachlich gerechtfertigt, wenn Pensionsleistungen aus allgemeinen Budgetmitteln - und damit nach gleichen Maßstäben von der Allgemeinheit der Steuerzahler - mitfinanziert werden. Es ist aber nicht einzusehen, warum gerade der Kreis der nach dem B-KUVG krankenversicherten Personen im Jahre 1983 knapp 1000 S pro Beitragspflichtigem für die ASVG-Pensionen zahlen soll.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß die Mittel der Krankenversicherung der BVA zur Gänze auf Beiträge der Dienstnehmer und der Dienstgeber zurückgehen. (FN 3)

Von den zirka 300000 bei der BVA krankenversicherten Personen sind nur zirka 60 vH Bundesbeamte, während knapp 40 vH Landes- und Gemeindebedienstete sind. Da der Dienstgeber, wie gezeigt, die um einen Zuschlag vermehrte Hälfte der Beitragspflicht zu tragen hat, stammen somit 20 vH dieser Mittel der Krankenversicherung aus den Haushalten der Länder und der Gemeinden. Für die Länder und Gemeinden bedeutet dies, daß aus ihren 'Lohnnebenkosten' Leistungen des Bundes für Personen finanziert werden, zu denen sie in keinem Beitragspflichtverhältnis stehen.

2. Die kompetenzrechtliche Beurteilung

A. 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs1 Z11 B-VG)

Der VfGH hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 2841/55 festgestellt, daß 'es schon im Wesen der Sozialversicherung selbst liegt, daß zur Beitragsleistung ein bestimmter Personenkreis, der sich nach generellen und objektiven Merkmalen bestimmt, herangezogen wird, und daß zumindest theoretisch, wiederum auch jeder aus diesem Personenkreis unter bestimmten objektiven Voraussetzungen auch in den Genuß dieser Versicherungsprämie ... kommen kann. Nun ist selbstverständlich auch der Gesetzgeber bei der Abgrenzung des versicherungspflichtigen Personenkreises wie auch bei der Festsetzung der Bedingungen, bei deren Zutreffen die Versicherungsprämie zu gewähren ist, an die im Art7 B-VG normierten Grundsätze gebunden'.

Im Erkenntnis VfSlg. 3721/1960 betont der Gerichtshof, 'daß alle Pflichtversicherten eine Riskengemeinschaft darstellen', so daß innerhalb des jeweiligen Versicherungssystems zu prüfen sei, ob Beitragsdifferenzierungen sachlich gerechtfertigt sind (vgl. auch VfSlg. 3723/1960). Diese Berufsgruppenbezogenheit rechtfertigt allein die Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht zwischen den einzelnen Versicherungssystemen (VfSlg. 3721/1960, 4238/1962, 4714/1964, G25, 75/81 vom 12. März 1982 ua.). Im Erkenntnis VfSlg. 4714/1964 stellt der Gerichtshof fest, 'daß die Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen wird, daß die Angehörigen eines Berufsstandes eine Riskengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt ... Über den individuellen Sonderinteressen stehen die gemeinsamen Interessen der in der Pflichtversicherung zusammengeschlossenen Personen. Die Riskengemeinschaft ist eine Solidaritätsgemeinschaft. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist für die Sozialversicherung typisch und wesentlich' (vgl. auch VfSlg. 6947/1972, 7047/1973).

Auch in weiteren Erkenntnissen betont der VfGH (VfSlg. 5241/1966, 6015/1969), daß die Angehörigen der einzelnen Sozialversicherungsgemeinschaften jeweils eine Riskengemeinschaft bilden.

Aus dieser Judikatur wird deutlich, daß zum ersten das Sozialversicherungsrecht durch eine Pluralität von Riskengemeinschaften charakterisiert ist, und daß zum zweiten der Kreis der Pflichtversicherten jeweils im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe sachlich (Art7 B-VG) umschrieben sein muß.

Dementsprechend hält auch der vom Hauptverband herausgegebene 'Schulungsbehelf für die Verwaltungsangestellten bei den Sozialversicherungsträgern', Band 1, Seite 25 f., fest: 'Das Wesen der Sozialversicherung besteht in der Schaffung von Riskengemeinschaften, die die gegenseitige Verbundenheit des einzelnen und der Gemeinschaft und ihr Eintreten füreinander in den Wechselfällen des Lebens bezwecken ... Die Sozialversicherung ... ist eine Sicherung besonderer Art, bei der neben dem Riskenausgleich von entscheidender Bedeutung der soziale Ausgleich ist. Beiträge und Leistungen werden nach sozialen Gesichtspunkten gestaffelt. Die Höhe der Beiträge richtet sich in der Regel nicht nach dem zu versichernden Risiko, sondern nach der Leistungsfähigkeit des einzelnen Versicherten ... Ein für die Sozialversicherung typisches Merkmal ist der Versicherungszwang. Die Riskengemeinschaft kommt erst durch einen Akt des Gesetzgebers zustande, in dem dieser die von gleichartigen Gefahren bedrohten Personen zu einer organisierten Versichertengemeinschaft zusammenschließt und den hiefür zuständigen Versicherungsträger bestimmt.'

Tatsächlich erweist eine Analyse der Rechtslage zum Versteinerungszeitpunkt (1. Oktober 1925) das Nebeneinanderbestehen jeweils eigener Versicherungen für die einzelnen Berufsgruppen. Die Rechtslage des Jahres 1925 (vgl. die Rechtsquellenübersicht bei Ladislav 1. ÖJT, S 13 f.) regelte die einzelnen Versicherungsgemeinschaften als je und je finanziell autonome Einrichtungen, die jeweils eigene Rücklagen zu halten hatten. Hinsichtlich der gebotenen Reservenbildung bestand nur insofern ein Unterschied, 'als die Träger der Krankenversicherung zwar über ein ihre laufenden Ausgaben deckendes Einnahmenbudget verfügen müssen, im übrigen aber mangels festübernommener Zukunftsverpflichtungen auf eine stärkere Reservenbildung verzichten können. Wenn einzelne gut geführte Kassen dennoch Rücklagen vornehmen, so geschieht dies nur vorsichtsweise, um Krisenzuständen gegenüber einen Rückhalt zu gewinnen. Anders steht es bei der Rentenversicherung, wo auch beim Aufwandsdeckungsverfahren Schwankungsreserven gebildet werden müssen, die dazu bestimmt sind, das Ansteigen der Beiträge zu mildern' (Lederer, Grundriß des österreichischen Sozialrechtes, Wien 1929, S 511).

Nach dem ein Jahr später erlassenen AngVG waren die Überschüsse aus der Jahresgebarung aus der Krankenversicherung dem Reservefonds, die Überschüsse aus der Jahresgebarung der Unfall- und Pensionsversicherung dem Fonds zur Sicherstellung der Reserven und Anwartschaften (Deckungsreserven) zuzuweisen. Lederer (aaO S 575) bemerkte dazu: 'Durch diese Reservenbildung werden solide Unterlagen für die Vermögensgebarung der Versicherungsträger geschaffen, ohne daß, wie dies beim früheren Kapitaldeckungsverfahren der Fall war, der Volkswirtschaft allzu bedeutende Geldmittel entzogen werden'.

Es ist hier festzuhalten, daß das am 1. Oktober 1925 geltende Sozialversicherungsrecht keinen Finanzausgleich zwischen den berufsgruppenspezifischen Versicherungssystemen, insbesondere keine Überweisungen aus Reservemitteln einer Solidaritätsgemeinschaft zugunsten einer anderen Solidaritätsgemeinschaft kannte.

Finanzielle Transaktionen waren in dem vom Verfassungsgesetzgeber vorgefundenen Sozialversicherungsrecht nur in den folgenden Zusammenhängen vorgesehen:

a) Die Krankenkassen erhielten aus der Arbeitslosenversicherung eine Entschädigung für den Verwaltungsaufwand, der ihnen aus der Einhebung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge erwuchs.

b) 'Überweisungen' waren nach dem damals geltenden Recht lediglich im Zusammenhang mit dem Wechsel eines Versicherungsträgers durch einen Versicherten bekannt.

c) Letztlich sahen die Gesetze auch die Möglichkeit vor, daß sich mehrere Kassen zu Verbänden für die einheitliche und zweckmäßige Besorgung gemeinsamer Angelegenheiten (zB Heilmittelankauf, Betrieb gemeinsamer Anstalten und Heime, Anstellung gemeinsamer Beamter und Kontrollorgane ua.) zusammenschließen.

d) Gemeinsame finanzielle Einrichtungen, wie die Unterstützungsfonds der Träger der Angestelltenversicherung zu Sozialhilfezwecken, wurden erstmals 1929 geschaffen. Sie waren allerdings noch immer berufsgruppenspezifisch umschrieben.

Es ist in diesem Zusammenhang auch interessant festzuhalten, welche Bedeutung der Gesetzgeber der berufsgruppenspezifischen Riskentrennung beimaß. Als sich nämlich aufgrund von Berechnungen über die gemeinsame Stellenlosenversicherung der Arbeiter und der Angestellten ergab, daß die Angestellten benachteiligt würden, faßte der Nationalrat anläßlich der Beratungen über die II. Novelle zum AngVG einstimmig eine Resolution, in der die Bundesregierung aufgefordert wurde, für eine vollständige Riskentrennung zwischen der Stellenlosenversicherung der Angestellten und der Arbeitslosenversicherung der Arbeiter vorzusorgen (Text bei Kerber,

Das Angestelltenversicherungsgesetz, Wien 1929, S 102; vgl. dazu Lederer aaO S 513 sowie Kerber aaO S 97 f.).

Im Hinblick auf die Sonderstellung der Krankenversicherung der öffentlich-rechtlich Bediensteten ist noch erwähnenswert, daß ArtVII der Novelle BGBl. 429/1923 zum Krankenversicherungsgesetz der Staatsbediensteten ausdrücklich anordnete, daß eine gegenseitige Vergütung für gewährte Versicherungsleistungen zwischen der Krankenversicherungsanstalt der Bundesangestellten, den nach dem Krankenversicherungsgesetz eingerichteten Kassen und den Krankenfürsorgeinstituten nicht stattfinden soll.

Aus alledem ist ersichtlich, daß die vom Verfassungsgesetzgeber vorgefundene Rechtslage des 'Sozialversicherungswesens' auf je und je gesondert umschriebenen und betriebenen berufsgruppenspezifischen Risken- und Solidaritätsgemeinschaften aufbaut, zwischen denen ein die Berufsgruppen übergreifender Finanzausgleich nicht stattfinden sollte. Der Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs1 Z11 B-VG) ermächtigt daher den Bundesgesetzgeber nicht zu Finanztransaktionen, die die Riskengemeinschaften als Solidaritätsgemeinschaften nachgerade zerstören.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der VfGH ua. gerade anhand dieses Kompetenztatbestandes betont hat, daß die Anwendung der 'Versteinerungstheorie' bei der Auslegung der Kompetenztatbestände die 'intrasystematische Fortentwicklung' der gesetzlichen Materien nicht ausschließen. In diesem Sinn kann zB die Einbeziehung neuer Personengruppen in die Systeme der Sozialversicherung (VfSlg. 3670/1960, 4072/1961) oder die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsrechtes eine zulässige Neugestaltung des Sozialversicherungsrechtes sein (vgl. dazu Winkler in Tomandl (Hg), Sozialversicherung: Grenzen des Leistungsrechts, Wien 1975, S 8 ff.). Es kann aber die 'Abzweigung' von Mitteln eines Krankenversicherungsträgers zugunsten der Pensionsversicherung anderer Berufsgruppen keinesfalls als eine 'intrasystematische Fortentwicklung' des vom Verfassungsgesetzgeber vorgefundenen Sozialversicherungsrechtes gedeutet werden; vielmehr ist eine solche Maßnahme systemzerstörend.

Dazu kommt noch ein weiteres: In seinem Erkenntnis VfSlg. 3670/1960 (bestätigt in VfSlg. 7047/1973) hat der VfGH ausdrücklich festgehalten, daß sich eine Bestimmung, die zur Folge hat, 'daß Personen, die außerhalb der Pflichtversicherung stehen, verpflichtet sind, an der Aufbringung der Mittel für (eine andere Sozialversicherung) teilzunehmen,' nicht auf den Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z11 B-VG stützen könne. Genau dieser Sachverhalt ist jedoch im vorliegenden Zusammenhang gegeben: Ein Versicherungsträger und die darin zusammengefaßte Personengemeinschaft werden durch die vorliegende Bestimmung verpflichtet, zur Finanzierung der Leistungen an Angehörige einer anderen Versicherungsgemeinschaft beizutragen, ohne daß sie auch nur theoretisch (vgl. dazu VfSlg. 2841/1955, 3723/1960, 6015/1969, 7047/1973) in den Genuß einer Gegenleistung kommen können. Die vorliegenden Bestimmungen können sich daher nicht auf den Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' in Art10 Abs1 Z11 B-VG stützen.

Diesem Ergebnis können auch nicht die Erkenntnisse VfSlg. 3846/1960 und 4072/1961 entgegengehalten werden, in denen der VfGH ausgesprochen hat, daß Vorschriften, die 'die Deckung des Aufwandes eines Sozialversicherungsträgers zum Gegenstand haben,' unter den Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' einzuordnen seien.

Diese Aussagen können wohl nicht schlechthin gelten, unabhängig davon, wie und von wo die fraglichen Mittel herkommen. In der Tat ging es in den genannten Erkenntnissen um Vorschriften über die Beitragspflicht der Versicherten zur Unfallversicherung. Und 'dieser Beitragsleistung steht die für die Unfallversicherung typische Gegenleistung gegenüber, nämlich die Abnahme des Risikos ... Dieser Umstand macht den entscheidenden Unterschied (gegenüber dem Erkenntnis VfSlg. 3670/1960) aus'! Im vorliegenden Zusammenhang wird der BVA und dem in ihr zusammengeschlossenen Personenkreis jedoch keinerlei Risiko abgenommen. Daher gilt in Übereinstimmung mit dem Erkenntnis VfSlg. 3670/1960 der Befund, daß sich die vorliegenden Bestimmungen der jüngsten Novellen zum B-KUVG nicht auf Art10 Abs1 Z11 B-VG stützen können.

Schließlich könnte gegen dieses Ergebnis noch vorgebracht werden, daß der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 eine Bestimmung, derzufolge Mittel der Unfallversicherung an andere, auf Grund desselben Gesetzes errichtete Versicherungsträger zu überweisen waren, nicht als verfassungswidrig aufgehoben hat. Dem Erkenntnis lag allerdings eine Beschwerde eines Dienstgebers zugrunde, der die vorgeschriebenen Versicherungsbeiträge als überhöht rügte. Der Gerichtshof erachtete die gesetzliche Regelung über die Beitragshöhe als nicht unsachlich, auch wenn sich dadurch Überschüsse ergaben, die aufgrund einer anderen Gesetzesbestimmung zum Teil an andere Versicherungsträger nach dem ASVG zu überweisen waren. Da das ASVG verschiedene Beitragspflichten kenne, 'wäre ja auch eine andere Aufteilung der Beiträge auf den Versicherten und den Dienstgeber möglich,' um den gebotenen finanziellen Ausgleich zu bewirken.

Im vorliegenden Zusammenhang braucht zu diesem Erkenntnis nur festgehalten zu werden, daß der VfGH darin wohl auch einige andere Fälle von Finanztransaktionen nach dem Jahre 1948 erwähnte, gewissermaßen um darzutun, daß es sich um keinen isolierten Fall handle, daß er aber die Vereinbarkeit der Regelung mit der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung nicht geprüft hat und nach dem Beschwerdevorbringen auch nicht zu prüfen brauchte. Zum zweiten lag diesem Erkenntnis, wie noch im einzelnen darzulegen ist, ein gänzlich anders gearteter Fall zugrunde, nämlich ein berufsgruppeninternes Inkassomandat. Und zum dritten ist gerade das zentrale Argument, die Möglichkeit einer anderen Regelung der Beitragssätze, im Verhältnis zwischen den B-KUVG-Versicherten einerseits und den ASVG-Versicherten andererseits ebensowenig anwendbar wie im Falle einer Überweisungspflicht von der Pensionsversicherung der Notare an die Krankenversicherung der Bauern. Selbst wenn man also - wie in den vom VfGH aufgezählten Fällen - von der Zulässigkeit einer Überweisungspflicht zwischen verschiedenen Versicherungsträgern für Angehörige derselben Berufsgruppe ausgehen wollte, fände die vorliegende Überweisungspflicht zugunsten anderer Personengemeinschaften doch keine kompetenzrechtliche Deckung im Art10 Abs1 Z11 B-VG, da sie als eine die Berufsgruppenspezifität der Versicherungsgemeinschaften zerstörende Regelung mit dem vom VfGH rekonstruierten 'Wesen der Sozialversicherung' schlechthin unvereinbar wäre.

B. 'Öffentliche Abgaben' (Art10 Abs1 Z4 iVm. Art13 B-VG)

Bedenkt man, daß die Regierungsvorlagen zu den vorliegenden Bestimmungen expressis verbis von einer 'Entlastung des Bundeshaushaltes' sprechen, so liegt die Annahme nahe, daß es sich bei den vorliegenden Bestimmungen um Abgabenregelungen handelt. Tatsächlich liegt in wirtschaftlicher Betrachtungsweise folgender Sachverhalt vor:

1. aus den Krankenversicherungsbeiträgen jedes einzelnen B-KUVG-Versicherten erhält der Bund im Jahre 1983 jeweils knapp 1000 S;

2. aufgrund des §80 Abs1 ASVG hat der Bund den Abgang der Pensionsversicherungsträger nach ASVG abzudecken;

3. angesichts der Sondervorschrift des §447g Abs7 ASVG hat der Bundesgesetzgeber nunmehr diesen Kreislauf kurzgeschlossen, indem die BVA zur Entlastung des Bundeshaushaltes die fraglichen Teile der Krankenversicherungsbeiträge unmittelbar an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger überweisen soll.

Dieser 'Kurzschluß' ändert aber nichts daran, daß die fraglichen Mittel 'für den Bund' geleistet werden. Geldleistungen der vorliegenden Art sind jedenfalls, wie der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 3670/1960 betont hat, 'in Wahrheit Abgaben im wirtschaftlichen Sinn'.

Diese Aussage beinhaltet allerdings noch keine kompetenzrechtliche Qualifikation. Wie der VfGH im selben Erkenntnis ausgesprochen hat, sind solche 'Abgaben im wirtschaftlichen Sinn' keine sozialversicherungsrechtlichen Beiträge aufgrund des Art10 Abs1 Z11 B-VG, denn 'diese Beiträge haben ihre Wurzel in Mitgliedschaftsrechten'; sie sind aber auch keine 'Abgaben' im Sinne des F-VG. Denn der Gerichtshof hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 3670/1960 betont, daß Geldleistungspflichten, die einem Sozialversicherungsträger, und damit einer von einer Gebietskörperschaft verschiedenen Körperschaft des öffentlichen Rechtes mit eigener Rechtspersönlichkeit zugute kommen, sich nicht auf das F-VG stützen können. Dementsprechend erklärte er die Geldleistungspflicht für unzuständigerweise erlassen und damit für verfassungswidrig. Im Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 hat der Gerichtshof - angesichts einer Geldleistungspflicht der AUVA an andere Versicherungsträger - ebenfalls die Betrachtung in den Vordergrund gestellt, daß 'nicht Mittel der Unfallversicherung für Verpflichtungen des Bundes verwendet' würden, sondern 'daß Mittel der Unfallversicherung an andere Sozialversicherungsträger zu überweisen sind'. Dementsprechend hätten diese Bestimmungen 'keinen Inhalt, der die Annahme rechtfertigen ließe, daß Sozialversicherungsbeiträge in Wahrheit einer Gebietskörperschaft zufließen'. Der behauptete 'Verstoß gegen die Finanzverfassung (sei) daher nicht gegeben'.

Freilich ging es damals um eine direkte Leistung an bestimmte Versicherungsträger, während nunmehr die Leistung an einen Ausgleichsfonds vorgeschrieben ist, dessen Aufkommen nach der zwischenzeitlich erlassenen ausdrücklichen Bestimmung des §447g Abs7 ASVG die Beitragspflicht des Bundes entsprechend mindert. Angesichts dieses Umstandes und angesichts der unmißverständlichen Formulierungen in den Regierungsvorlagen zur 11. und zur 12. B-KUVG-Novelle ('Entlastung des Bundeshaushaltes') ist daher bei den nunmehr vorliegenden Bestimmungen die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß die Beiträge doch 'in Wahrheit einer Gebietskörperschaft zufließen'.

Deutet man daher die vorliegenden Bestimmungen als Abgabenregelungen im Sinne des F-VG, so sind sie verfassungswidrig: zum einen fehlt die Einordnung nach den §§6 und 7 Abs2 F-VG, zum anderen fehlt die bundesfinanzgesetzliche Verfügung gemäß Art51 B-VG. Dazu träte die Gleichheitswidrigkeit einer konfiskatorischen Individualbesteuerung.

C. 'Enteignung' (Art10 Abs1 Z6 B-VG)

Will man dagegen die vorliegenden Geldleistungspflichten aus formalen Erwägungen, die allerdings einer Umgehung der Finanzverfassung Tür und Tor öffnen würden, (FN 4) nicht als Abgaben im Sinne des F-VG deuten, so käme letztlich nur mehr der Kompetenztatbestand der Enteigung in Betracht. Auch eine solche Deutung stößt allerdings auf große Probleme. Zunächst stünde einer solchen Deutung nach der Judikatur wohl nicht entgegen, daß die Abtretungspflicht die BVA als juristische Person des öffentlichen Rechts trifft, da auch Körperschaften des öffentlichen Rechts von Enteignungen betroffen sein können (VfSlg. 1853/1949, 4570/1963, 7720/1975). Dieser Deutung stünde wohl auch nicht entgegen, daß die enteigneten Mittel letztlich einem Dritten (einer Nicht-Gebietskörperschaft) zugute kommen, da unter dem historisch zu verstehenden Enteignungsbegriff gegebenenfalls auch solche Fälle mitzubegreifen sind.

Als Vorschriften einer Legalenteignung gedeutet, wären die vorliegenden beiden Bestimmungen der 11. und der 12. B-KUVG Novelle allerdings verfassungswidrige 'Sonderopfer' (vgl. VfSlg. 6884/1972, 7234/1973, 7278/1974).

In Wahrheit ist aber mit dem Erkenntnis VfSlg. 4086/1961 festzuhalten, 'daß unter dem historisch auszulegenden Enteignungsbegriff nach §365 ABGB, Art5 StGG und Art10 Abs1 Z6 B-VG niemals Geldleistungen an die öffentliche Hand, wie Steuern, öffentlich-rechtliche Mitgliedsbeiträge und Sozialversicherungsbeiträge verstanden worden sind und demnach auch nicht zu verstehen sind'. Dagegen könnte nach dem oben Ausgeführten eingewendet werden, daß die vorliegenden Geldleistungspflichten gerade nicht dem traditionellen Begriff der Sozialversicherungsbeiträge entsprechen, sodaß das zitierte Erkenntnis darauf nicht anwendbar ist. Der VfGH hat aber in seinem Erkenntnis VfSlg. 5369/1966 noch deutlicher dargetan, daß 'von einer Enteignung nicht gesprochen werden kann, wenn die Maßnahme keinem bekannten Enteignungsfall in der österreichischen Rechtsordnung rechtsähnlich ist'.

Der österreichischen Rechtsordnung des Jahres 1925 waren aber Verpflichtungen von Selbstverwaltungskörpern zur Überweisung von Teilen ihres Verwaltungsvermögens an andere Selbstverwaltungskörper, soweit ersichtlich, gänzlich unbekannt.

Insgesamt gesehen ist daher der Auffassung der Vorzug zu geben, daß sich die beiden vorliegenden Bestimmungen nicht auf den Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z6 B-VG ('Enteignung zum Zwecke der Sozialversicherung') stützen können. Da auch kein anderer einschlägiger Kompetenztatbestand in Frage kommt, bedeutet dies, daß der Bundesgesetzgeber überhaupt nicht zuständig ist, Bestimmungen der vorliegenden Art zu erlassen (vgl. auch VfSlg. 3670/1960).

Die beiden vorliegenden Bestimmungen sind daher schon aus diesem Grund verfassungswidrig.

3. Die Bestimmungen als diskriminierende Individual- und Maßnahmegesetze

Unabhängig von der Frage der kompetenzrechtlichen Beurteilung erweisen sich die vorliegenden Bestimmungen auch inhaltlich als unsachlich und damit als dem verfassungsgesetzlichen Gleichheitssatz widersprechend. Diese Unsachlichkeit zeigt sich aus verschiedenen Blickrichtungen, die im folgenden in jeweils eigenen Abschnitten beleuchtet werden sollen.

Die vorliegenden beiden Bestimmungen der 11. und der 12. B-KUVG Novelle verpflichten einen Selbstverwaltungskörper, an einen Ausgleichsfonds anderer Versicherungsträger bestimmte einmalige Geldleistungen zu erbringen. Es handelt sich somit um Individual- und Maßnahmegesetze. Der VfGH hat zwar betont, daß im österreichischen Verfassungsrecht der Begriff des 'Gesetzes' nicht expressis verbis in der Bedeutung des 'allgemeinen Gesetzes' verankert sei. Dies schließt jedoch nicht aus, daß Individualgesetze grundsätzlich mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz unvereinbar sind.

Beispielsweise hat der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 7720/1975 festgestellt, daß eine Sonderbestimmung damals 'lediglich mit Rücksicht auf die Person des Betroffenen' erlassen wurde und daß dies schon für sich 'sachlich nicht gerechtfertigt ist'. Der Gerichtshof hat auch schon früh hervorgehoben, daß es ebensowenig verfassungswidrig ist, wenn der Gesetzgeber einen konkreten Fall zum 'Anlaß' für eine gesetzliche Regelung nimmt, wie wenn diese gesetzliche Regelung 'zunächst und in erster Linie diesen Einzelfall treffen sollte, solange das Gesetz auch alle gleichen Fälle treffen kann und will'. Verfassungswidrig ist es aber, 'wenn die Formulierung des Gesetzes ausschließlich auf den Einzelfall abgestellt ist' (VfSlg. 2470/1953). Schließlich hat der Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 5854/1968 eine Individualregelung mit den Worten für verfassungswidrig erklärt: 'Das Unterscheidungsmerkmal ist also rein subjektiv; daher ist es unsachlich'.

Diese Judikatur ist gerade auch für die vorliegenden Bestimmungen von Bedeutung. Der Gesetzgeber hat nicht einmal den Versuch unternommen, das angestrebte finanzpolitische Ziel einer Entlastung des Bundeshaushaltes mittels eines allgemeinen Programms, das Leistungspflichten nach allgemeinen und dem Gleichheitssatz entsprechenden Gesichtspunkten umschreibt, zu erreichen. Statt dessen hat er isolierte konfiskatorische Maßnahmen ergriffen, die einen einzelnen Selbstverwaltungskörper diskriminieren. Weder die Notarversicherung noch - außer der BVA - ein anderer Krankenversicherungsträger sind verhalten, einen Beitrag zum Ausgleichsfonds der ASVG-Pensionsversicherung zu leisten. Eine derartige punktuelle Konfiskation von Mitteln eines Selbstverwaltungskörpers ist Willkür.

4. Die Unsachlichkeit der Regelung aus dem Blickwinkel des B-KUVG

Das B-KUVG regelt die Kranken- und Unfallversicherung von bestimmten öffentlich-rechtlichen Bediensteten.

Bei der Umschreibung des Kreises der pflichtversicherten Personen merkt der zitierte Schulungsbehelf (Band 2 S 69) an:

'Vorweg ist zu beachten, daß die nach dem B-KUVG Versicherten von der Vollversicherung nach dem ASVG ausgenommen sind.

Im allgemeinen handelt es sich um einen Personenkreis, dem drei dienstrechtliche Merkmale gemeinsam sind:

a) die Unkündbarkeit des Dienstverhältnisses (pragmatisches Dienstverhältnis);

b) die Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse (Pensionsanspruch);

c) der Anspruch auf Weiterzahlung der Dienstbezüge im Erkrankungsfalle durch mindestens 6 Monate'.

Die von den Dienstgebern und Dienstnehmern aufzubringenden Mittel sind für die in diesem Gesetz geregelten Leistungen zu erbringen. Bundesmittel erhält die BVA daher nur insoweit, als der Bund für seine Beamten wie jeder Dienstgeber Dienstgeberbeiträge zu leisten hat. Bundesbeiträge nach der Art des §80 Abs1 ASVG oder des §447a ASVG erhält die BVA nicht.

Wenn der Bund daher nunmehr durch die Konzeption der Ausfallshaftung für einen anderen Zweig der Sozialversicherung, nämlich für die Pensionsversicherung eines anderen Personenkreises in finanzielle Schwierigkeiten kommt, so liefert dies keinerlei sachliche Begründung dafür, die Mittel eines beliebigen Selbstverwaltungskörpers zu seiner eigenen Entlastung zu konfiszieren.

Dazu kommt noch ein weiteres:

Die im B-KUVG zusammengefaßte Berufsgruppe ist nur zum Teil in das Sozialversicherungssystem eingebunden: der Ruhegenuß ist bei diesen Personen im öffentlich-rechtlichen Dienstrecht geregelt. Diese Vorsorgungssysteme stützen sich kompetenzrechtlich auf Art10 Abs1 Z16 B-VG und Art21 B-VG; sie sind historisch und strukturell mit dem Sozialversicherungsrecht nicht vergleichbar.

Der VfGH hat daher zu Recht jeden Vergleich zwischen diesen Systemen abgelehnt: 'Beim öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und bei der Materie des Sozialversicherungswesens handelt es sich um tiefgreifend verschiedene Rechtsgebiete. Dies gilt auch für die Pensionen (Renten)' (VfSlg. 5241/1966).

Das bedeutet, daß die im B-KUVG zusammengeschlossenen Personen von vornherein nicht in die Sozialversicherung einbezogen sind. Aus diesem Grund kommen zB wechselseitige 'vertikale Finanzhilfen' zwischen der Kranken- und Unfallversicherung einerseits und der Pensionsvorsorge andererseits - wie dies zB bei der Sozialversicherung der Bauern geschieht - bei diesem Personenkreis nicht in Betracht. Daher entfällt auch das in VfSlg. 6039/1969 ausschlaggebende Argument, daß es nur eine Frage des rechtspolitischen Ermessens des Gesetzgebers sei, ob er in den einzelnen Versicherungen die Beitragspflichten entsprechend modifiziert oder ob er einen direkten Finanztransfer vorsieht. Vielmehr sind die Beitragssätze nach dem B-KUVG ausschließlich auf die Bedürfnisse der Kranken- und Unfallversicherung dieser Personengruppen hin bemessen. Sollten Veränderungen im Leistungsrecht und Erhöhungen bei anderen Einnahmen (zB Rezeptgebühren) die Zwangsbeiträge als überhöht erscheinen lassen, so wird es im Sinne der 'Prognose'-Judikatur des VfGH (VfSlg. 8212/1977) Aufgabe des diese Beitragshöhen festsetzenden Gesetzgebers sein, sie aufgrund neuer Erfahrungen sachgemäß zu modifizieren. Da eine 'Umschichtung' von Mitteln der Krankenversicherung zugunsten der Pensionsvorsorge derselben Personengruppe aber von vornherein ausgeschlossen ist, ist eine Umschichtung dieser Mittel zugunsten der Pensionsversicherung anderer Personengruppen grob unsachlich.

Für die Versicherten bedeutet die vorliegende Transaktion eine rechtsgrundlose Zweckentfremdung ihrer Krankenversicherungsbeiträge, die im Ergebnis eine Zusatzsteuer für öffentlich-rechtliche Bedienstete bedeutet, da ihnen diese einmal geleisteten Mittel bei keiner denkmöglichen Betrachtung wieder zugute kommen können.

Für die Länder und Gemeinden bedeutet die Verpflichtung zu einer überhöhten Beitragsleistung bei faktischer Weiterverweisung eines Teiles des Aufkommens eine verschleierte Veränderung des Finanzausgleiches, da sie nunmehr insofern nicht in ihrer Eigenschaft als Dienstgeber für ihre Dienstnehmer Leistungen erbringen, sondern Aufgaben des Bundes (Art10 Abs1 Z11 B-VG) mitfinanzieren. Da allerdings ihre Beitragspflicht in dieser Hinsicht nach der Zahl ihrer Beamten bemessen ist - ein Kriterium, das zum bundesstaatlichen Finanzausgleich in keinerlei sachlichem Zusammenhang steht - widerspricht auch diese Inpflichtnahme der Länder und Gemeinden dem Gleichheitssatz.

5. Die Gleichheitswidrigkeit aus dem Blickwinkel des ASVG

Im Vordergrund der Bestimmungen des ASVG steht die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung der unselbständig Erwerbstätigen. Mit der Vollziehung dieses Gesetzes sind mehrere Versicherungsträger betraut (§§26 ff. ASVG):

Mit dem ASVG hat die BVA, sieht man von einigen lückenfüllenden Verweisungen vor allem in organisatorischen Fragen ab, dagegen nichts zu tun.

Die nach dem ASVG eingerichteten Versicherungsträger sind in einzelnen Fonds zusammengefaßt. Es ist festzuhalten, daß die BVA in keinen einzigen dieser Fonds einbezogen ist.

Im Jahre 1961 wurde ein Krankenkassenausgleichsfonds errichtet, der die strukturellen Einkommensunterschiede in der Krankenversicherung zwischen den Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ausgleichen soll. An diesem Ausgleichsfonds war und ist die BVA nicht beteiligt. Der Fonds dient einer Unterstützung der negativgebarenden Krankenversicherungsträger. Diese Unterstützung soll allerdings sowohl nach der historischen Konzeption als auch nach der geltenden Rechtslage nicht im Wege eines Finanzausgleichs, sondern im Wege einer Dotierung durch den Bund aus Mitteln der Tabaksteuer erfolgen (188 BlgNR IX. GP; der Antrag 112/A zu 334 BlgNR IX. GP spricht von einem Bundesbeitrag von 50 Millionen Schilling gegenüber Eigenleistungen der begünstigten Sozialversicherungsträger in der Höhe von insgesamt 15 Millionen Schilling).

Ein weiterer Grund für die Ausklammerung der BVA aus diesem System kommt auch in den Materialien zur 19. ASVG-Novelle zum Ausdruck: Es wurden ua. auch solche Krankenversicherungsträger nicht einbezogen, deren 'satzungsmäßige Mehrleistungen den Bundesdurchschnitt der beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger erheblich übersteigen' (286 BlgNR XI. GP). Auch aus diesen Gründen der Sonderstellung im Leistungsrecht stand die Einbeziehung der BVA in den Krankenkassenausgleichsfonds nie ernsthaft in Diskussion.

Erwähnenswert ist die im Zuge der 31. ASVG-Novelle getroffene gesetzliche Klarstellung ('als Träger der Krankenversicherung'): In 1286 BlgNR XIII. GP wird dazu hinsichtlich der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues ausdrücklich betont, 'daß Mittel des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nicht auch für Zwecke der von dieser Anstalt durchzuführenden Pensionsversicherung verwendet werden dürfen'.

Aus dieser Übersicht zeigt sich, daß erstens der Krankenkassenausgleichsfonds kein Instrument eines berufsgruppenübergreifenden Finanzausgleichs zwischen Versicherungsträgern, sondern ein technisches Mittel zur Verteilung von Bundeszuschüssen ist, daß zweitens der Fonds insofern gleichheitskonform ausgestaltet ist, als alle beteiligten Versicherungsträger in gleichem Maße die Chance haben, in den Genuß der gesetzlich vorgesehenen Zuschüsse, Zuwendungen, Zweckzuschüsse und Darlehen aus diesem Fonds zu gelangen, und daß drittens die strikte Trennung der Bereiche der Krankenversicherung von den Bereichen der Pensionsversicherung hervorgehoben wird.

Im Jahre 1978 wurde zusätzlich die Zusammenarbeit mit Bund und Ländern im sogenannten 'Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds' (BGBl. 454/1978) statuiert. Dieses Gesetz verpflichtet die Träger der Krankenversicherung zur Erbringung von Beiträgen an diesen Fonds. Die Einsammlung der Beiträge erfolgt verwaltungstechnisch im Wege des Krankenkassen-Ausgleichsfonds: §447 f ASVG sieht formal 'Überweisungen' an diesen Fonds vor, doch sind diese Mittel getrennt vom sonstigen Vermögen des Fonds zu verwalten (§447 f Abs6 ASVG). An diesem System der Mittelaufbringung der Krankenanstaltenfinanzierung ist auch die BVA als Krankenversicherungsträger beteiligt (§447 f Abs5 ASVG).

Im Rahmen dieser Mittelaufbringung sind alle Krankenversicherungsträger getrennt und gleich behandelt: sie müssen jeweils 3,75 vH ihrer - näher umschriebenen - Erträge an Beiträgen zur Krankenversicherung überweisen. (FN 5)

Im Zuge der Einführung dieser Krankenanstaltenfinanzierungsmaßnahmen hat der Gesetzgeber im §28 Abs5 der Krankenanstaltengesetz-Novelle BGBl. 456/1978 allerdings auch einen Automatismus eingeführt, nämlich die vom prozentuellen Ausmaß der Erhöhung der Beitragseinnahmen aller Krankenversicherungsträger abhängige Ex-lege-Erhöhung der Pflegegebührenersätze. Dieser Automatismus würde, für sich genommen, zu ungleichen Belastungen führen, da die Krankenversicherungsträger mit überdurchschnittlichem Beitragswachstum entlastet und jene mit unterdurchschnittlichem Beitragswachstum belastet würden (vgl. 1084 BlgNR XV. GP S 48).

Aus diesem Grund wurde in das ASVG ein neuer §322a aufgenommen, der mittels eines Verrechnungskontos einen Belastungsausgleich vorsieht, demzufolge die individuellen Beiträge wieder dem tatsächlichen individuellen Beitragswachstum angepaßt werden.

Auch mit dieser Maßnahme war der Gesetzgeber somit bemüht, einer De-facto-Umverteilung zwischen einzelnen Krankenversicherungsträgern entgegenzuwirken und damit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz zu entsprechen.

Ein umfassender, die einzelnen Riskengemeinschaften übergreifender 'Finanzausgleich' zwischen den Trägern der Krankenversicherung ist dem geltenden Sozialversicherungsrecht in Übereinstimmung mit der kompetenzrechtlichen Grundlage des Art10 Abs1 Z11 BVG und in Übereinstimmung mit dem Sachlichkeitsgebot des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes somit bis heute fremd.

Aufgrund des Sozialversicherungsänderungsgesetzes 1977 wurde im Jahre 1978 auch ein Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger errichtet, dessen Vermögen gesondert vom Vermögen der anderen Fonds zu verwalten ist (§447g Abs1 ASVG). An diesem Fonds sind - was für die verfassungsrechtliche Beurteilung von Bedeutung ist - ausschließlich die nach dem ASVG errichteten Pensionsversicherungsträger beteiligt, das sind:

die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter,

die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten,

die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues.

Nicht beteiligt sind daher:

die Sozialversicherungsanstalt der Bauern nach BSVG,

die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nach GSVG,

die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariats nach dem NVG.

Naturgemäß nicht beteiligt sind die nicht als Sozialversicherungssysteme eingerichteten Pensionsvorsorgen für die öffentlich-rechtlichen Bediensteten. Naturgemäß nicht beteiligt sind auch - was im Hinblick auf die vorliegenden Regelungen erwähnenswert ist - die Krankenversicherungsträger.

Auch dieser Ausgleichsfonds ist insofern dem Gleichheitssatz entsprechend ausgestaltet, als jeder der beteiligten Pensionsversicherungsträger die Chance hat, in den Genuß der vorgesehenen Beiträge aus dem Fonds zu kommen:

'Maßgebend für die Ermittlung des Schlüssels ist der jeweilige Unterschiedsbetrag zwischen den Aufwendungen und den Erträgen des Pensionsversicherungsträgers' (64/A NR XIV. GP S 38). Hervorzuheben ist aber gerade in diesem Zusammenhang, daß der Gesetzgeber - in Übereinstimmung mit der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung und in Übereinstimmung mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz - nur einen Finanzausgleich innerhalb des Kreises der ASVG-Versicherten angestrebt hat: 'Die unterschiedliche Aufteilung des von allen Versicherten in gleicher Weise erbrachten Beitragsaufkommens entspricht dem die Sozialversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip, nach welchem innerhalb der Riskengemeinschaft ein sozialer Ausgleich stattfindet'.

Im Widerspruch zu dieser Konzeption soll nach den nunmehr vorliegenden Bestimmungen eine einseitige finanzielle Unterstützung durch eine andere Riskengemeinschaft erfolgen. Dies ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Letztlich sei noch auf den 'Finanzausgleich zwischen der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter' gemäß ArtVIII des Sozialrechts-Änderungsgesetzes, BGBl. 684/1978, hingewiesen, der die eine nach dem ASVG eingerichtete Anstalt zu Überweisungen an eine andere nach dem ASVG eingerichtete Anstalt verpflichtet. Die Regierungsvorlage führte damals aus:

Da es in den Jahren nach 1972 in großer Zahl zu Ummeldungen von Arbeitern als Angestellte gekommen war und da für diese umgemeldeten Versicherten nach derzeitigem Recht die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter noch durch 6 1/4 Jahre leistungszuständig bleibt und damit das Risiko eines Pensionsanfalles zu tragen hat, erscheint es gerechtfertigt, daß die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter für die Dauer ihrer Leistungszuständigkeit von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, die bereits die Beiträge einnimmt, einen gewissen finanziellen Ausgleich erhält' (181 BlgNR XIV. GP S 94). Die Höhe dieser Überweisungen wurde exakt nach der Zahl der ermittelbaren Ummeldungen berechnet.

Es zeigt sich also, daß auch dieser, vom Gesetzgeber sogenannte 'Finanzausgleich' keine Enteignung fremder Mittel darstellt, sondern zur Herstellung einer Entsprechung von Beitragseinnahmen und Leistungspflichten sachlich gerechtfertigt ist.

Insgesamt ergibt sich somit, daß der Gesetzgeber für die Krankenversicherung nach dem ASVG und für die Pensionsversicherung nach dem ASVG jeweils gesonderte Fonds errichtet hat und daß die BVA - ebenso wie die Notarversicherung - wegen der Unterschiede des bei ihr versicherten Personenkreises und wegen der Unterschiede im Leistungsrecht an keinem dieser Fonds beteiligt ist. Im Rahmen der finanziellen Regelungen des ASVG findet die BVA vielmehr nur an einer Stelle Erwähnung, an jener nämlich, die die Sammlung von Beiträgen sämtlicher Krankenversicherungsträger zur Krankenanstaltenfinanzierung - also für eine sozialversicherungsfremde Leistung - regelt.

Eine Überweisungspflicht für die BVA zugunsten der Pensionsversicherungsträger nach dem ASVG ist somit auch aus dem Blickwinkel des ASVG sachlich nicht gerechtfertigt.

6. Die Bedeutung des Erkenntnisses VfSlg. 6039/1969 im vorliegenden Zusammenhang

Es bleibt somit noch zu prüfen, was es mit dem im Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 angesprochenen 'Abzweigen' von Mitteln eines Versicherungsträgers zugunsten eines anderen auf sich hat. Der historisch erste der vom VfGH in diesem Erkenntnis zitierten Fälle eines 'Abzweigens' ist der ArtI Z19 der 3. Novelle zum SV-ÜG, BGBl. 115/1949. Damals hat der Gesetzgeber angeordnet:

'Von dem mit dem Hundertsatz 2.0. festgesetzten, auf die Zeit ab 30. Mai 1949 entfallenden Unfallversicherungsbeitrag für Personen, die auch der Invalidenversicherung oder der knappschaftlichen Rentenversicherung unterliegen, hat der einhebende Versicherungsträger ein Viertel dem Träger der Invalidenversicherung bzw. der knappschaftlichen Rentenversicherung zusammen mit dem Beitrag zu diesen Versicherungen abzuführen.'

Die Bedeutung dieser Bestimmung lag somit darin, daß

erstens der Beitrag zur Unfallversicherung für die betreffenden Personen gesenkt wurde;

zweitens die Träger der Unfallversicherung als Inkasso-Mandatare für die begünstigten anderen Versicherungsträger fungieren sollten, und zwar nicht als einmalige 'Feuerwehrmaßname', sondern auf Dauer;

drittens dieses Inkasso in zweifacher Hinsicht personenspezifisch umgrenzt war, da es nur bei Personen in Betracht kam, die nicht nur bei einer der begünstigten Versicherungen, sondern eben auch bei dem Unfallversicherungsträger versichert waren!

Dementsprechend spricht auch die vom Gerichtshof im genannten Erkenntnis zitierte Regierungsvorlage (895 BlgNR V. GP S 2) - angesichts der Identität des Personenkreises zutreffend - von einem 'finanziellen Ausgleich innerhalb des Gesamtversicherungsbeitrages' des einzelnen! Von einem die Riskengemeinschaften übergreifenden Finanzausgleich konnte keine Rede sein. (FN 6)

Im Unterschied zu dieser Bestimmung der 3. SV-ÜG-Novelle sollen mit den vorliegenden Bestimmungen die Beiträge nicht gesenkt, sondern es sollen als 'Feuerwehrleistungen' Mittel für Riskengemeinschaften schlechthin geleistet werden, die zur Gänze nicht bei der BVA versichert sind.

Das Modell der 3. SV-ÜG-Novelle wurde in den Novellen BGBl. 190/1951 (ArtI Z7) und 137/1955 (§2) fortgeschrieben und fand, worauf der VfGH ebenfalls hinweist, letztlich auch Eingang in das ASVG. §51 Abs1 Z2 litb ASVG behielt die bewährte Konstruktion bei und berief die Unfallversicherungsträger zu Inkasso-Mandataren für die Pensionsversicherungsträger, soweit eine doppelte Versicherungszugehörigkeit gegeben war:

'Von diesem (Unfallversicherungs-)Beitrag hat der Träger der Unfallversicherung für die Jahre 1956 bis 1960 0,4 vH der allgemeinen Beitragsgrundlage an den in Betracht kommenden Pensionsversicherungsträger abzugeben.'

Im ArtIV Abs3 der 13. ASVG-Novelle (BGBl. 320/1963) beschritt der Gesetzgeber einen verwaltungstechnisch vereinfachten Weg. Er ordnete an, daß die AUVA der PVA der Arbeiter für das Jahr 1963 einen Betrag von 194,5 Millionen Schilling und der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues einen Betrag von 5,5 Millionen Schilling überweisen sollte. Bei dieser scheinbar neuen Regelung handelte es sich in Wahrheit nur um eine Pauschalierung. Die Regierungsvorlage (289 BlgNR X. GP S 13) führte damals aus:

'Hiebei soll aber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ein fester Betrag von 200 Millionen Schilling aus den Mitteln der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt an die Pensionsversicherungsträger überwiesen werden, die die bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt versicherten Arbeiter in der Pensionsversicherung versichert halten, das sind die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues.' Nach wie vor handelte es sich also um ein Inkasso, nach wie vor lag dem - pauschalierten - Betrag rechnerisch das tatsächliche Inkassoaufkommen zugrunde, und nach wie vor legte der Gesetzgeber Wert darauf, daß die der Berechnung zugrunde liegenden Versicherten sowohl in der AUVA als auch in der in Frage kommenden Pensionsversicherungsanstalt versichert sein müßten.

Bedenkt man nun, daß die Bestimmung, die dem VfGH im Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 zur Beurteilung vorlag (ArtI Abs1 der 21. ASVG-Novelle, BGBl. 303/1968), lediglich eine Nachfolgebestimmung dieser Pauschalierungslösung des Jahres 1963 war, so zeigt sich die Berechtigung des zentralen Begründungselementes dieses Erkenntnisses:

'Es wäre ja auch eine andere Aufteilung der Beiträge auf den Versicherten und den Dienstgeber möglich'.

Gleichzeitig offenbart sich der tiefgreifende Unterschied zu den nunmehr vorliegenden Bestimmungen der beiden letzten B-KUVG-Novellen:

Es zeigt sich somit, daß das Erkenntnis des VfGH VfSlg. 6039/1969 einen gänzlich anders liegenden Fall zum Gegenstand hat und daß es dem hier gewonnenen Ergebnis der Gleichheitswidrigkeit der ArtIII der

11. und der 12. B-KUVG-Novelle nicht entgegensteht.

7. Die Unsachlichkeit im Vergleich zwischen B-KUVG und ASVG

Es blieb somit der Regierungsvorlage zu der nunmehr vorliegenden Bestimmung des ArtIII der 12. B-KUVG-Novelle, BGBl. 78/1983 (1313 BlgNR XV. GP S 5), vorbehalten,

die nur aus Finanznöten des Bundes geborene Figur eines 'alle Zweige der Sozialversicherung umfassenden Solidaritätsprinzips' zu erfinden und dieses verfehlte Prinzip in den nunmehr vorliegenden Bestimmungen sogleich wieder zu einem diskriminierenden Individualgesetz zu pervertieren.

Demgegenüber hat der VfGH bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 3670/1960 festgehalten, 'daß zwischen der Höhe der Beiträge und der Höhe der Versicherungsleistungen durchgehend ein Zusammenhang besteht. ... Dieser funktionelle Zusammenhang zwischen Renten- und Beitragshöhe ist ein Grundgedanke der österreichischen Sozialversicherungsgesetzgebung'. Der Gerichtshof hat dies dahingehend präzisiert, daß es verfehlt wäre 'anzunehmen, daß der Grundsatz der Äquivalenz für die Sozialversicherung zu gelten hätte'. Es müßten vielmehr auch 'schlechte Risken' aufgenommen werden (VfSlg. 3670/1960). Auch müsse es 'in Kauf genommen werden, daß in manchen Fällen trotz bestehender Versicherungspflicht wegen der Verschiedenheit der Lebensverhältnisse, zB wegen des Lebensalters, zu keinem Rentenanfall kommt' (VfSlg. 3723/1960 ua.).

Aus diesem Grund schränkte der Gerichtshof in weiteren Erkenntnissen weiter ein: Die Vorstellung eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen Beiträgen und Leistungen in der Sozialversicherung sei verfassungsrechtlich verfehlt. Vielmehr bildeten die Angehörigen eines Berufsstandes eine Riskengemeinschaft, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht (VfSlg. 4714/1964, 6947/1972, 7047/1973).

Der funktionelle Zusammenhang bedeutet aber doch so viel, daß es verfassungswidrig ist, wenn 'Personen, (FN 8) die außerhalb der Pflichtversicherung stehen, verpflichtet sind, an der Aufbringung der Mittel (für eine andere Sozialversicherung) teilzunehmen', denn die sozialversicherungsrechtlichen Beiträge 'haben ihre Wurzel in Mitgliedschaftsrechten' (VfSlg. 3670/1960). Genau diese Verfassungswidrigkeit ist im vorliegenden Zusammenhang gegeben.

Der funktionelle Zusammenhang von Beiträgen und Leistungen bedeutet weiters, daß jedes Versicherungssystem für sich zu beurteilen ist. Der VfGH hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 3721/1960 betont: 'Wenn eine Differenzierung von Versicherungsbeiträgen auf ihre sachliche Rechtfertigung untersucht wird, ist stets von der vorliegenden Versicherungseinrichtung auszugehen und zu prüfen, ob innerhalb ihres Systems die Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist'.

Daher konnte er auch zB im Erkenntnis VfSlg. 4238/1962 feststellen, 'daß zwischen dem Personenkreis, der unter das GSPVG fällt, und dem Personenkreis, der unter das ASVG fällt, Unterschiede im Tatsächlichen bestehen (vor allem ist es der Unterschied zwischen der selbständigen Erwerbsbetätigung einerseits und der unselbständigen andererseits), aus denen die verschiedene sozialversicherungsrechtliche Behandlung, wie sie im GSPVG einerseits und im ASVG andererseits getroffen wurde, ableitbar ist'.

Aus diesem Grund war es im Erkenntnis G25, 75/81 vom 12. März 1982 bei einer Gegenüberstellung von FSVG und GSVG ausschlaggebend, daß 'die Unterschiedlichkeit im Leistungsrecht von solchem Gewicht ist, daß sie die Unterschiedlichkeit im Beitragsrecht der betreffenden Sozialversicherung an sich rechtfertigt', wie es auch im Rahmen einer Prüfung des B-KUVG ausschlaggebend war, 'daß der vermehrten Beitragspflicht auch eine erhöhte Leistung gegenübersteht' (VfSlg. 6181/1970).

Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß zwischen dem B-KUVG und dem ASVG erhebliche Unterschiede im Tatsächlichen bestehen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Beitragspflicht als auch im Hinblick auf das Leistungsrecht, wobei alle diese Unterschiede auf Unterschieden der aufgrund der beiden Gesetze versicherten Personenkreise und ihrem Berufsrecht gründen. Es ist noch einmal hervorzuheben, daß es nicht zuletzt diese Unterschiede im Leistungsrecht waren, die dazu geführt haben, daß die BVA von vornherein nicht in den Krankenkassen-Ausgleichsfonds gemäß §447a ASVG einbezogen wurde.

Die Besonderheiten im Leistungsrecht der Krankenversicherung nach dem B-KUVG gründen - wie auch die Besonderheiten im Dienstrecht und im Pensionsrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten - zum großen Teil auf dem öffentlichen Interesse an einer standesgemäßen Absicherung der den Staat repräsentierenden Beamten (und der seinen 'guten Ruf' mitprägenden Angehörigen) (FN 9):

Angesichts dieser Mehrleistungen besteht ein erhöhter Finanzierungsbedarf:

Weitere Unterschiede ergeben sich aus den Besonderheiten des öffentlichen Dienstrechts, insbesondere aus der gesetzlich vorgesehenen Gehaltsfortzahlung:

Schließlich ergeben sich Unterschiede aus den Besonderheiten des nach B-KUVG zusammengefaßten Personenkreises (zB keine Jugendlichenuntersuchungen) und aus der einheitlichen Organisation der BVA (zB Fehlen einer Vorleistungspflicht der Krankenversicherung gegenüber der Unfallversicherung).

Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber nicht nur, Gleiches gleich zu behandeln, sondern er verpflichtet ihn auch, Ungleiches entsprechend seinen Eigenarten ungleich zu behandeln (VfSlg. 2956/1956, 5397/1966, 8028/1977).

Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Versicherungssystemen, nach dem B-KUVG einerseits und nach dem ASVG andererseits, ist es dem Gesetzgeber unter dem Gleichheitssatz daher verwehrt, diese Systemunterschiede durch die Erfindung der Figur eines 'alle Zweige der Sozialversicherung umfassenden Solidaritätsprinzips' zu überspielen. Die beiden vorliegenden individuellen Verwaltungsmaßnahmen in Gesetzesform sind daher auch bei dieser Betrachtungsweise verfassungswidrig.

8. Die BVA als Selbstverwaltungskörper

Die BVA ist ein Versicherungsträger, der vom Gesetzgeber (§32 ASVG) als 'Körperschaft des öffentlichen Rechts' mit Rechtspersönlichkeit eingerichtet ist. Eine nähere Analyse der organisatorischen und funktionellen Zusammenhänge (vgl. oben S 3 sowie jüngst Korinek aaO S 443 ff.) zeigt, daß sie als Selbstverwaltungskörper ausgestaltet ist (vgl. auch VfSlg. 3708/1960, 8215/1977).

Den verfassungsrechtlichen Rahmen der Selbstverwaltung unter dem B-VG hat der VfGH in seinem grundlegenden Erkenntnis VfSlg. 8215/1977 dadurch umschrieben, daß zum einen 'das sich aus Art7 B-VG ergebende Sachlichkeitsgebot' eingehalten werden müsse und daß zum anderen 'einer Selbstverwaltungskörperschaft zur eigenverantwortlichen, weisungsfreien Besorgung nur solche Angelegenheiten überlassen werden dürfen, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zur Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefaßten Personen gelegen und geeignet sind, durch diese Gemeinschaft besorgt werden'.

Mit der verfassungsmäßigen Entscheidung für eine Krankenversicherung der öffentlich-rechtlichen Bediensteten in der Form der Selbstverwaltung hat der Gesetzgeber eine Systementscheidung zugunsten einer weisungsfreien Wahrnehmung dieser Sozialversichung durch eigene Organe und mit eigenen Mitteln getroffen. Insoweit ist damit auch eine Systementscheidung dafür getroffen, daß die in dem Selbstverwaltungskörper zusammengefaßte Personengemeinschaft durch ihre eigenen Organe über ihre eigene Gebarung entscheidet. Der zuständigen Gesetzgebung ist es wohl nicht verwehrt, 'allgemeine' (vgl. Art116 Abs2 B-VG) Bestimmungen über die Einhebung der Mitgliedsbeiträge und über die Gebarung mit diesen Mitteln zu treffen. Eine punktuelle Konfiskation einzelner Mittel eines Selbstverwaltungskörpers ist aber stets verfassungswidrig.

Aus der Umschreibung des Selbstverwaltungsbegriffes im Erkenntnis VfSlg. 8215/1977 folgt noch ein weiteres: Essentiell für die Wahrnehmung von Aufgaben in Selbstverwaltung ist die finanzielle Selbständigkeit.

Denn nur nach Maßgabe der eigenen finanziellen Möglichkeiten können Angelegenheiten 'geeignet sein, von einer Gemeinschaft eigenverantwortlich besorgt zu werden'. Daher hat Korinek (aaO S 450 unter Hinweis auf Merkl) zu Recht hervorgehoben:

'Der Grundsatz der finanziellen Selbständigkeit der Selbstverwaltungskörper ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil in ihm eine der stärksten Stützen für die Unabhängigkeit der Selbstverwaltung gelegen ist'; denn in dieser finanziellen Selbständigkeit gründet die Zuständigkeit der Sozialversicherungsträger, 'die Einnahmen und Ausgaben in einem Voranschlag nach eigenem Ermessen festzusetzen'. Der Gesetzgeber hat dementsprechend der BVA die Zuständigkeit eingeräumt, in der Form der Satzung Versicherungsleistungen vorzusehen, die über die gesetzlichen Pflichtleistungen hinausgehen. Die Festsetzung dieser 'freiwilligen Leistungen' ist im Rahmen der Gesetze ausschließlich die Aufgabe des Selbstverwaltungskörpers. Auch aus diesem Grund ist ein punktueller Eingriff in die für die satzungsförmige Regelung der Mitgliederrechte ausschlaggebende Finanzautonomie der BVA gleichheitswidrig.

Letztlich ergibt sich aus der verfassungsrechtlichen Ableitung des Selbstverwaltungsbegriffs in VfSlg. 8215/1977 folgendes:

eigene Angelegenheiten sind nur solche, 'die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefaßten Personen gelegen sind'. Daher hat der VfGH schon in seinen Erkenntnissen VfSlg. 5415/1966 und 8277/1977 betont, daß dieser Umschreibung des Kreises der eigenen Angelegenheiten auch eine Schutzfunktion für den Selbstverwaltungskörper vor seiner Überlastung mit fremden Aufgaben zukommt. Dem entspricht, daß schon das Sozialversicherungsrecht zum 'Versteinerungszeitpunkt' ausdrücklich zwischen dem eigenen und dem übertragenen Wirkungsbereich der Versicherungsanstalten unterschied (vgl. zB §146 AngVG).

Es kann nun bei keiner denkmöglichen Betrachtung gesagt werden, daß die Pflicht zur Überweisung von eigenen Mitteln an andere Versicherungsträger, die für andere Personen zuständig sind - eine Verpflichtung, die zudem ausdrücklich mit der 'Entlastung des Bundeshaushaltes' begründet wird -, eine 'eigene' Angelegenheit der in der BVA zusammengefaßten Personen ist. Daher kommt nur in Betracht, eine solche Verpflichtung als 'Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches' zu beurteilen. Damit kommen allerdings Überlegungen zum Tragen, die der VfGH bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 2217/1951 entwickelt hat: 'Im Sinne der leitenden Grundsätze des F-VG' wäre Voraussetzung für eine solche bundesgesetzliche Regelung, daß der Bund für den in Pflicht genommenen Selbstverwaltungskörper gleichzeitig eine entsprechende Kostenabdeckung vorsieht. Beispielsweise hat der Bund im Zusammenhang mit der Einführung einer Versehrtenrente für nichtversicherte Schüler und Studenten (§212 Abs3 ASVG) eine Finanzierung dieser Maßnahmen aus dem Familienlastenausgleich (§39a FLAG) angeordnet.

Im vorliegenden Zusammenhang erfolgt die Inpflichtnahme der BVA als Selbstverwaltungskörper jedoch völlig entschädigungslos. Der BVA wird daher ein verfassungswidriges 'Sonderopfer' auferlegt."

6. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie der Meinung Ausdruck gibt, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen keiner Norm des Bundesverfassungsrechtes widersprechen, und daher den Antrag stellt, diese nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Antrag wird wie folgt begründet:

"I.

Die Bundesregierung hält es für zweckmäßig, zunächst die Motive für die in Prüfung stehende Regelung darzulegen und die allgemeinen Erwägungen aufzuzeigen, die für die sachliche Rechtfertigung im Sinne des Gleichheitssatzes (Art7 B-VG) sprechen (II.), danach wird im einzelnen auf die Argumente der Antragsteller eingegangen werden

(III.).

II.

A. Für die Antragsteller spielt es eine wesentliche Rolle, daß sie als Motiv der in Prüfung stehenden Regelung allein die 'Entlastung des Bundeshaushaltes' zu erkennen vermögen. Tatsächlich entstammt dieser die Sachlage freilich allzu vereinfachende Hinweis aus den 'Vorblättern' der Regierungsvorlagen einer 11. und 12. Novelle zum B-KUVG. Angesichts des Zweckes eines Vorblattes eignet sich dieses Zitat, auch wenn es an zahlreichen Stellen des Antrages wiederholt wird, aber nicht als einzige und erschöpfende Erklärung für die mit den beiden Vorlagen verfolgte Absicht.

Diese ergibt sich vielmehr aus der ausführlichen finanziellen Erläuterung, die die Regierungsvorlage einer 12. Novelle zum B-KUVG enthält, und die die Antragsteller negieren. Darin wird nämlich ausgeführt:

'Die im Rahmen eines alle Zweige der Sozialversicherung umfassenden Solidaritätsprinzips vorgesehene einmalige Überweisung im Jahr 1983 in der Höhe von 600 Millionen Schilling an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) ist aufgrund der günstigen Finanzlage im Zweige Krankenversicherung aus folgenden Gründen vertretbar:

1. Die Anstalt erzielte in der Krankenversicherung in den sechs Geschäftsjahren von 1977 bis 1982 einen Gebarungsüberschuß in der Größenordnung von 2150 Millionen Schilling.

2. Zum 30. Juni 1982 hat die Anstalt an flüssigen Mitteln

kurzfristige Einlagen ................. 883,2 Millionen Schilling

gebundene Einlagen ................... 1690,0 Millionen Schilling

Wertpapiere ........................... 187,0 Millionen Schilling

Kassabestand ............................ 0,1 Millionen Schilling

--------------------------

Summe ................................ 2760,3 Millionen Schilling

--------------------------

Die kurzfristigen Einlagen decken die Aufwendungen für 2 1/2 Monate. Sie sind daher als ausreichend zu bezeichnen.

3. Bereits aus den gebundenen Einlagen kann die Anstalt ohne Schwierigkeiten sowohl die Überweisung von 600 Millionen Schilling als auch die Finanzierung des neuen Amtsgebäudes (Kosten der Errichtung und Einrichtung in einer Größenordnung von 500 Millionen Schilling) bestreiten.'

Grundlegend ist nach Ansicht der Bundesregierung, daß sich die Versicherungsträger bei ihrer Tätigkeit zwar nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu richten haben; eine gesetzliche Verpflichtung, Überschüsse zu erzielen, ist jedoch nirgends normiert. Entstehen solche - in Anbetracht der Ausgaben - und der Einnahmenentwicklung einer Versicherung läßt sich das nicht genau voraussehen -, so ist es Sache der einschlägigen Gesetzesvorschriften, Bestimmungen über deren Verwendung zu treffen.

Die in den zitierten finanziellen Erläuterungen getroffenen Feststellungen unterstreichen auch, daß die Überweisungen nur soweit 'der Entlastung des Bundeshaushaltes' dienen, wie in gleicher Weise jede andere Maßnahme, die im Zweig Pensionsversicherung entweder einnahmensteigernd oder ausgabensenkend wirkt. Der Gesetzgeber hat, wie aus ArtIII der 11. Novelle zum B-KUVG bzw. ArtIII der 12. Novelle zum B-KUVG völlig klar hervorgeht, nicht Mittel der Beamten-Krankenversicherung für Verpflichtungen des Bundes verwendet, sondern normiert, daß Mittel der von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter durchgeführten Krankenversicherung an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger, also für andere Sozialversicherungsträger, zu überweisen sind. (Aus diesem Grund ist übrigens auch die Behauptung der Antragsteller, die Überweisungen seien finanzrechtliche Abgaben, unzutreffend.)

Nach Ansicht der Bundesregierung kann insbesondere auch nicht davon die Rede sein, daß die durch die gegenständlichen Bestimmungen zu überweisenden Mittel im Ergebnis (laut Antrag 'in Wahrheit') einer Gebietskörperschaft zuflössen. Begründet wird dies von den Antragstellern damit, daß die den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger gemäß §447g ASVG zufließenden Mittel die Ausfallshaftung des Bundes reduzieren, sodaß jedenfalls ein wirtschaftliches Interesse des Bundes an dieser Maßnahme gegeben sei. Dem steht aber entgegen, daß gemäß §80 ASVG und den entsprechenden Bestimmungen der sozialversicherungsrechtlichen Parallelgesetze der Bund in der Pensionsversicherung für jedes Geschäftsjahr einen Beitrag in der Höhe des Betrages, um den 101,5 vH (derzeit: 100,5 vH) der Aufwendungen die Erträge übersteigen, leistet. Diese Ausfallshaftung des Bundes ist zweifellos ein unverzichtbares Element der österreichischen Pensionsversicherung. Sie greift jedoch nur insofern, als die Pensionsversicherungsträger durch Beitragseinnahmen ihre Ausgaben nicht decken können. Im §447g Abs7 ASVG ist ausdrücklich angeführt, daß bei der Ermittlung des Bundesbeitrages nach §80 die Überweisungen aus dem Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger als Erträge gelten; somit mindern sie den Bundesbeitrag. Würde man der im Antrag vorgesehenen Ansicht folgen, so wäre jede Norm, die Einnahmen eines Pensionsversicherungsträgers normiert, eine Entlastung des Bundes, weil durch sie Beiträge 'in Wahrheit einer Gebietskörperschaft zufließen'. Dem muß mit aller Entschiedenheit gegenübergestellt werden, daß die Ausfallshaftung des Bundes nur subsidiär Platz greift, was sich schon aus dem verfassungsrechtlichen Begriff der Sozialversicherung ergibt.

B. Die Bundesregierung sieht die sachliche Rechtfertigung der in Prüfung stehenden gesetzlichen Maßnahmen in der Vorstellung eines alle Zweige der Sozialversicherung umfassenden Solidaritätsprinzips. Gesetzliche Maßnahmen zur Herstellung dieser Solidarität liegen nach Ansicht der Bundesregierung im rechtspolitischen Spielraum des Bundesgesetzgebers und bleiben - kompetenzrechtlich gesehen - im Rahmen des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs1 Z11 B-VG). Dies ergibt sich nach Ansicht der Bundesregierung bereits aus der grundlegenden Einsicht, daß bei allen Sozialversicherungszweigen der Schutz des einzelnen vor den Wechselfällen des Lebens in annähernd gleicher Weise im Vordergrund steht und die Schaffung von Vorsorgen, die ausreichende finanzielle Mittel für alle Versicherungszweige gewährleisten, daher eine zulässige Aufgabe des Bundesgesetzgebers im Rahmen des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' sein muß. Diese Aufgabe schließt grundsätzlich sogar die direkte Beteiligung des Bundes an der Mittelaufbringung jedes Sozialversicherungszweiges durch Beiträge aus allgemeinen Steuermitteln ein, sofern es die Lage des betreffenden Zweiges erfordert. Neben dem klassischen Beispiel der Pensionsversicherung ist diesbezüglich besonders auf die Kranken- und Unfallversicherung der Bauern zu verweisen. Umsomehr entspricht diesem Prinzip eine gesetzliche Maßnahme, die einen Transfer von einem Sozialversicherungsträger zu anderen Sozialversicherungsträgern vorsieht.

Demgegenüber meinen die Antragsteller, ausschließlich die auf eine Berufsgruppenangehörigkeit beruhende Riskengemeinschaft sei für die Sozialversicherung typisch. Dieser Auffassung stehen aber sowohl vielfältige Ansätze im geltenden Sozialversicherungsrecht als auch die bisherige Judikatur des VfGH entgegen:

1. Für die Richtigkeit der Annahme einer die einzelnen Riskengemeinschaften überspannenden Solidaritätsgemeinschaft in der Sozialversicherung auf der Basis des geltenden Sozialversicherungsrechtes spricht etwa §447a ASVG über den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger, der eine ausgeglichene Gebarung der Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues und der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft als Krankenversicherungsträger sicherstellen soll. Das gleiche gilt für §447g Abs5 ASVG in der Fassung der 39. Novelle zum ASVG, BGBl. 590/1983, aufgrund dessen Mittel des Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger auch der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zu überweisen sind. Ferner ist in diesem Zusammenhang auch auf ArtIX Abs7 der 38. Novelle zum ASVG, BGBl. 647/1982, zu verweisen, der eine Beteiligung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen als Träger der Krankenversicherung an der Mittelaufbringung für den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger vorsieht. (Diese Regelung übersehen die Antragsteller auch im Zusammenhang mit der Behauptung, die Verpflichtung, Überweisungen an diesen Fonds vorzunehmen, treffe als Krankenversicherungsträger allein die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter.)

2. Die Zusammengehörigkeit der in der Pflichtversicherung der Sozialversicherung erfaßten Personen hat auch der VfGH bereits mehrfach betont, wenn er davon ausgeht, daß alle Pflichtversicherten eine Riskengemeinschaft darstellen und daß es daher dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt ist, die Höhe der Beiträge auch ohne direkte Relation zu den Versicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Pflichtversicherten verschieden hoch festzusetzen (VfSlg. 3721, 3723). Dem steht die Judikatur des VfGH, wonach die Angehörigen der einzelnen Sozialversicherungsgemeinschaften jeweils eine (engere) Riskengemeinschaft bilden, deren unterschiedliche Risken Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht zu rechtfertigen vermögen, nicht entgegen, denn die Versicherungsfälle der Krankheit, des (Arbeits-)Unfalls und des Alters treten zwar bei den einzelnen Riskengemeinschaften differenziert, jedoch grundsätzlich bei allen in der Pflichtversicherung der Sozialversicherung erfaßten Personen auf. Es kann daher dem Gesetzgeber aus diesem Grund nicht verwehrt sein, ein solidarisches Zusammenstehen aller in der Pflichtversicherung der Sozialversicherung erfaßten Personen und damit auch der einzelnen Riskengemeinschaften in begrenztem Umfang zu normieren.

In VfSlg. 5241 anerkennt der VfGH im Zusammenhang mit der Erklärung des Begriffes Sozialversicherung ausdrücklich auch Sozialversicherungsgemeinschaften als solche, ohne Differenzierung nach einer berufsständischen Zugehörigkeit. In gleicher Weise geht VfSlg. 6039 von dieser Auffassung aus, auch wenn dies die Antragsteller in Abrede stellen (vgl. unten III.9.). Ausgangspunkt in diesem Verfahren war - so wie im vorliegenden - die Tatsache, daß durch eine längere Zeit die Gebarung eines Versicherungszweiges im Vergleich zu anderen finanziell günstig und es dadurch möglich war, Mittel für den anderen Versicherungszweig zu verwenden. Angesichts des Umstandes, daß sich die finanzielle Entwicklung in einem Versicherungszweig nicht genau voraussehen läßt, kam der VfGH zum Ergebnis, daß es nicht unsachlich ist, solange sich ein Überschuß ergibt, diesen zur Herbeiführung eines gewissen finanziellen Ausgleiches innerhalb der Sozialversicherung zu verwenden. Nirgendwo teilt der Gerichtshof in dieser Entscheidung die von den Antragstellern vertretene Auffassung, nach der ein finanzieller Ausgleich nur innerhalb einer durch eine bestimmte Berufsgruppe gekennzeichnete Riskengemeinschaft zulässig ist. Ausdrücklich führt der VfGH aus:

'Die im §51 ASVG enthaltene Regelung der Beitragsleistung, wonach in der Unfallversicherung der gesamte Beitrag auf den Dienstgeber, in anderen Versicherungen jedoch ein Teil des Beitrages auf den Versicherten und ein Teil auf den Dienstgeber entfällt, macht einen solchen Ausgleich innerhalb der Sozialversicherung unter dem Gesichtspunkt des Verfassungsrechtes nicht unzulässig.'

Anlaß für die von den Antragstellern bekämpften Überweisungen ist die ungünstige finanzielle Lage der Pensionsversicherung. Wenn nun, wie dargestellt, mit Hilfe dieser Überweisungen ein Ausgleich erfolgt, der die Erfüllung der Aufgaben der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter sowie die finanzielle Lage der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter nicht beeinträchtigt, die Finanzlage der Pensionsversicherung aber verbessert, so hat sich der Gesetzgeber dabei nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen.

III.

Im folgenden wird auf die Behauptungen der Antragsteller näher eingegangen:

1. Die von den Antragstellern dargelegten Erwägungen gehen von einer 'verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung der BVA' aus (S 9), die nach Ansicht der Bundesregierung nicht besteht, und weiters von einer 'essentiellen Beeinträchtigung der autonomen Finanzplanung,' was ebenfalls nicht zutrifft.

Die Antragsteller übersehen, daß von einer verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung nur dort die Rede sein kann,' wo das B-VG bestimmte Verwaltungsbereiche ausdrücklich und zwingend der Selbstverwaltung überantwortet, wie im Falle der Gemeinden (Art115 ff. B-VG). Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde kann als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht qualifiziert werden (Art116 Abs1 B-VG), das freilich die rechtliche Existenz der einzelnen Gemeinde verfassungsrechtlich nicht garantiert (VfSlg. 8108). Von dieser verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung sind jene Fälle zu unerscheiden, in denen der Gesetzgeber im Sinne der neueren Judikatur des VfGH im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung Einrichtungen der Selbstverwaltung schaffen kann. (VfSlg. 8215). In VfSlg. 8644 hat der VfGH die Strukturmerkmale des vom B-VG vorgefundenen Begriffes 'Selbstverwaltung' beleuchtet und damit die Schranken des (einfachen) Gesetzgebers gezogen. Von einem Grundsatz der 'finanziellen Autonomie' ist in diesem Erkenntnis nicht die Rede. Wenn die Antragsteller gegen Ende des Schriftsatzes im gleichen Zusammenhang auf eine Lehrmeinung von Korinek verweisen, derzufolge der Grundsatz der finanziellen Selbständigkeit der Selbstverwaltungskörper besonders bedeutsam sei, so mag dies aus der idealtypisierenden Sicht des allgemeinen Verwaltungsrechtes durchaus zutreffend sein. Die vom positiven Gesetzgeber geregelte konkrete Einrichtung der Selbstverwaltung kann aber hinsichtlich der finanziellen Seite entsprechend verfassungsrechtlich zulässigen rechtspolitischen Vorstellungen gestaltet werden. Demnach ist der Vorstellung einer 'verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung' der BVA entgegenzuhalten, daß die BVA nach Art18 Abs1 B-VG dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip unterworfen ist.

Die Träger der Sozialversicherung - damit auch die BVA - sind zwar als Körperschaften des öffentlichen Rechtes mittelbare und dezentralisierte Einrichtungen, dennoch aber 'Organe des Bundes' (vgl. VfSlg. 4591) und zur Vollziehung der Sozialversicherungsgesetze verhalten. Die den Ausführungen der Antragsteller zu entnehmende Auffassung, nach der die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter bei der Wahrnehmung ihrer Verwaltungsaufgaben grundsätzlich freie Hand habe und damit den Aufwand bestimmen könne, ist durch keinerlei sozialversicherungsrechtliche Norm gedeckt. Nach ihrem Ermessen zu verfahren, ist dem Sozialversicherungsträger nur in den Fällen gestattet, in denen der Gesetzgeber eine solche Vorgangsweise ausdrücklich zuläßt. Diese strenge Bindung der Sozialversicherungsträger an das Gesetz gilt insbesondere auch hinsichtlich der Verwendung der Mittel und der Vermögensverwaltung. So dürfen gemäß §27 B-KUVG die Mittel der Kranken- und Unfallversicherung der Beamten nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden. Für die Verwaltung des Vermögens der Kranken- und Unfallversicherung öffentlich Bediensteter, insbesondere hinsichtlich der Vermögensanlage, treffen die §§150 bis 153 B-KUVG die näheren Anordnungen. §151 Abs2 B-KUVG enthält überdies eine Ermächtigung an das Bundesministerium für soziale Verwaltung, Weisungen für die Rechnungsführung, Rechnungslegung sowie für die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes zu erlassen, von der auch entsprechender Gebrauch gemacht wurde. Die Finanzplanung jedes Sozialversicherungsträgers wird damit in entscheidendem Maß durch den Gesetzgeber bestimmt. Autonom ist ein Versicherungsträger nur in den Fällen, in denen der Gesetzgeber diesen Spielraum ausdrücklich offen läßt. Beispiele für Bereiche, in denen eine autonome Finanzplanung eines Sozialversicherungsträgers zu einem gewissen Grad möglich ist, sind etwa die Errichtung, der Erwerb und der Betrieb der im §9 Abs3 B-KUVG genannten Einrichtungen, die Dotierung des Unterstützungsfonds (§29 B-KUVG) und die Gewährung freiwilliger Leistungen (§54 Abs2 B-KUVG).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die aktuelle finanzielle Lage der BVA hinzuweisen:

Der Stand der liquiden Mittel betrug Ende 1982 rund 2,7 Milliarden Schilling. Da der durchschnittliche monatliche Aufwand der Krankenversicherung und Unfallversicherung im Jahre 1982 rund 353 Millionen Schilling betrug, deckten die liquiden Mittel das 7,9fache des Monatsaufwandes der Anstalt, was weit über dem Durchschnitt der vergleichbaren Kassen liegt.

Für Bauvorhaben wird die Anstalt laut ihrem Finanzierungsplan in den Jahren 1983 bis 1987 rund 700 Millionen Schilling benötigen. Bei Berücksichtigung des Umstandes, daß die Gebarungserfolge der Anstalt in den Jahren 1978 bis 1982 jährliche Überschüsse im Schnitt zwischen 300 bis 500 Millionen Schilling gezeigt haben, ist trotz der Überweisung von rund 600 Millionen Schilling an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (im Jahre 1984: 300 Millionen Schilling) für 1983 im Zweige der Krankenversicherung mit einer ausgeglichenen Gebarung zu rechnen.

Die in den nächsten Jahren geplanten Bauvorhaben der Anstalt werden wegen der vorhandenen hohen liquiden Mittel ohne Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Anstalt finanzierbar sein.

Wenn die Antragsteller behaupten, durch die in der 11. und 12. Novelle zum B-KUVG vorgesehenen Überweisungen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger werde die Finanzplanung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter essentiell beeinträchtigt bzw. unmöglich gemacht, so trifft diese Behauptung aufgrund der erwähnten Tatsachen in keiner Weise zu.

2. Die Antragsteller gehen davon aus, daß das Sozialversicherungsrecht zum 1. Oktober 1925 keinen Finanzausgleich zwischen den berufsgruppenspezifischen Versicherungssystemen enthalten habe und somit Art10 Abs1 Z11 B-VG den Bundesgesetzgeber daher nicht zu derartigen Regelungen ermächtige.

Dem ist entgegenzuhalten, daß der Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs1 Z11 B-VG) den Bund zur Gesetzgebung und Vollziehung der Sozialversicherung schlechthin berufe und nicht nur hinsichtlich einzelner Teilbereiche wie der Kranken- und Unfall- oder Pensionsversicherung (sowie Arbeitslosenversicherung), und auch nicht nur zur Regelung der Sozialversicherung für bestimmte Riskengemeinschaften wie etwa Pensionsversicherung der Arbeiter oder aber Sozialversicherung der Bauern.

Darüber hinaus hat der VfGH wiederholt dargetan, daß sich der Inhalt des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' nicht in der Gesamtheit der am Tage seines Wirksamwerdens (1. Oktober 1925) geltenden Gesetze erschöpft; vielmehr sind nach den Ausführungen des VfGH auch Neuregelungen zulässig, sofern sie nur nach ihrem Inhalt systematisch dem Kompetenzgrund angehören (VfSlg. 3670). Aus all dem ergibt sich nach Ansicht der Bundesregierung insbesondere, daß der Gesetzgeber durch keine verfassungsrechtliche Norm gehalten ist, die Organisation der Sozialversicherung in der bestehenden Form zu belassen. Daß insbesondere auch eine enge Verbindung zwischen dem finanziellen Gesichtspunkt (und zwar gerade im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit) und organisatorischen Maßnahmen besteht, zeigt etwa schon das Gesetz vom 6. Feber 1919 betreffend Maßnahmen auf dem Gebiete der Krankenversicherung der Arbeiter, StGBl. 86/1919 (vgl. insbesondere §1 Abs2 und 3 leg. cit.). Aus der jüngsten Zeit ist etwa auf die 29. Novelle zum ASVG, BGBl. 31/1973, hinzuweisen, mit der der Bundesgesetzgeber die Landwirtschaftskassen in die in Betracht kommenden Gebietskrankenkassen eingegliedert und die Land- und forstwirtschaftliche Sozialversicherungsanstalt aufgelöst hat, wobei deren bisherige Zuständigkeit auf die PVA der Arbeiter, auf die SVA der Bauern und auf die AUVA übergegangen ist. Es stünde aber dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen auch frei, die Sozialversicherung durch andere Behörden, allenfalls auch durch Bundesbehörden (im organisatorischen Sinn) versehen zu lassen.

3. Die Argumentation der Antragsteller geht weiters dahin, daß die BVA bzw. die in ihr zusammengefaßte Personengemeinschaft verpflichtet würden, zur Finanzierung der Leistungen an Angehörige einer anderen Versicherungsgemeinschaft beizutragen, ohne daß sie auch nur theoretisch in den Genuß einer Gegenleistung kommen können. Dies sei keine Maßnahme der Sozialversicherung und in Art10 Abs1 Z11 B-VG daher nicht kompetenzrechtlich gedeckt.

Im Zentrum der in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen steht der Hinweis der Antragsteller auf das Erkenntnis VfSlg. 3670.

Scheinbar wörtlich zitieren die Antragsteller aus diesem Erkenntnis:

'daß' Personen, die außerhalb der Pflichtversicherung stehen, verpflichtet sind, an der Aufbringung der Mittel für (eine andere Sozialversicherung) teilzunehmen'. Der Bundesregierung erscheint es wesentlich, darauf hinzuweisen, daß die für die Argumentation der Antragsteller wesentliche Wortfolge 'eine andere Sozialversicherung' im Text des Erkenntnisses Slg. 3670 nicht enthalten ist. Vielmehr heißt es dort: 'Diese Regelung hat zur Folge, daß Personen, die außerhalb der Pflichtversicherung stehen, verpflichtet sind, an der Aufbringung der Mittel für die landwirtschaftliche Zuschußrentenversicherung teilzunehmen.' Die von den Antragstellern vorgenommene Veränderung des Zitates ist durchaus von Bedeutung: In VfSlg. 3670 ist es nämlich um eine gesetzliche Konstruktion gegangen, die zu einer Vermengung von steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Elementen geführt hat. Durch die steuerrechtliche Konstruktion der Beitragsseite wurden zB auch juristische Personen beitragspflichtig, die als solche einer Sozialversicherung niemals angehören können.

Im gegenständlichen Erkenntnis ist somit gerade nicht der Fall einer finanziellen Transaktion zwischen Einrichtungen der Sozialversicherung in Frage gestanden. Da die Bundesregierung ihre Argumentation - wie einleitend ausgeführt - wesentlich auf dem Prinzip der übergreifenden Solidarität aufbaut, ist festzuhalten, daß VfSlg. 3670 nicht einschlägig ist.

4. Dem Vorbringen der Antragsteller ist die Behauptung zu entnehmen, daß bei Deutung als Vorschriften über Abgaben die in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Hinblick auf die §§6 und 7 F-VG und Art51 B-VG verfassungswidrig wären.

Die Bundesregierung hat jedoch bereits in den einleitenden Ausführungen (unter II.) dargelegt, daß durch die in Frage stehenden Bestimmungen weder unmittelbar noch mittelbar Zuwendungen für den Bund geleistet werden. Finanzielle Transaktionen zwischen Einrichtungen der Sozialversicherung sind aber - wie immer man ihre sonstige verfassungsrechtliche Zulässigkeit beurteilt - jedenfalls nicht 'öffentliche Abgaben' im Sinne des Art10 Abs1 Z4 B-VG (vgl. VfSlg. 6039). Es ist daher nicht zielführend, die in Frage stehenden gesetzlichen Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit den §§6 und 7 Abs2 F-VG und Art51 B-VG zu prüfen.

5. Weiters geht das Vorbringen der Antragsteller dahin, eine Deutung als 'Enteignung' sei nicht möglich. Art10 Abs1 Z6 B-VG biete deshalb keine kompetenzrechtliche Grundlage für die angefochtenen Gesetzesstellen.

Auch in diesem Zusammenhang ist ähnlich wie zum vorstehenden Argument festzuhalten, daß sich die Bundesregieurng von der Auffassung leiten läßt, die in Frage stehenden Bestimmungen seien dem Kompetenztatbestand 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs1 Z11 B-VG) zuzuordnen. Auf die im Zusammenhang mit der Figur der Enteignung angestellten Überlegungen der Antragsteller ist daher nicht weiter einzugehen. Auf VfSlg. 7593 ist hinzuweisen.

6. Die Antragsteller bringen ferner vor, es handle sich bei den angefochtenen Gesetzesbestimmungen um diskriminierende Individual- und Maßnahmebestimmungen ('punktuelle Konfiskationen'), die im Widerspruch zu Art7 B-VG stehen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, daß der Begriff des 'Individual- oder Maßnahmegesetzes' im Zusammenhang mit gesetzlich errichteten juristischen Personen überhaupt kein Abgrenzungskriterium schaffen kann, da bei dieser Sicht dann ja weite Teile des geltenden Sozialversicherungsrechtes - bezogen auf die Sozialversicherungsträger - als 'Individual- oder Maßnahmegesetze' anzusehen wären, was offensichtlich einem sinnvollen Gebrauch dieser Begriffe entgegenläuft. Nach Ansicht der Bundesregierung kann lediglich die Frage aufgeworfen werden, ob die in Rede stehende Maßnahme sachlich gerechtfertigt ist. Es wurde bereits einleitend dargelegt, daß es eben die günstige Finanzlage der BVA ist, die die Heranziehung gerade dieses Versicherungsträgers vertretbar macht. Darin allein kann die Bundesregierung weder 'Willkür' noch die 'Diskriminierung' der BVA erblicken (vgl. im übrigen die unter II. aufgezeigten Fälle der Heranziehung auch anderer Versicherungsträger im Rahmen des die einzelnen Riskengemeinschaften überspannenden Solidaritätsprinzips).

7. Die Antragsteller führen auch aus, aus dem Blickpunkt des B-KUVG gesehen, liege eine verschleierte Veränderung des Finanzausgleichs und eine gleichheitswidrige Inpflichtnahme der Länder und Gemeinden vor.

Es kann nicht bestritten werden, daß zwischen sozialversicherungsrechtlichen und dienstherrlichen Konstruktionen der sozialen Vorsorge erhebliche Unterschiede bestehen. Die Grenzlinie zwischen diesen beiden Konstruktionen verläuft aber eben nicht so, daß die soziale Vorsorge der öffentlich-rechtlichen Bediensteten schlechthin dienstherrlich konstruiert wäre. Vielmehr ist die Unfall- und Krankenvorsorge der öffentlich-rechtlichen Bediensteten nach dem Grundsatz der Sozialversicherung konstruiert, wie es sich eben aus dem B-KUVG ergibt. Diese Feststellung ist der Behauptung der Antragsteller entgegenzusetzen, 'daß die im B-KUVG zusammengeschlossenen Personen von vornherein nicht in die Sozialversicherung einbezogen sind'.

Das B-KUVG zieht zwischen den Versorgungssystemen im übrigen eine subtile Grenze und nimmt im §2 Abs1 Personen, die in gleichwertigen dienstherrlichen Krankenfürsorgeanstalten versorgt sind, von der Pflichtversicherung nach dem B-KUVG aus. Die Argumentation der Antragsteller wäre aber überhaupt nur dann erheblich, wenn die in Rede stehende Maßnahme nicht nur die Mittel der BVA, sondern auch die Mittel jener dienstherrlichen Einrichtungen erfassen würde. Diesfalls läge möglicherweise eine Vermengung von sozialversicherungsrechtlichen und dienstrechtlichen Konstruktionselementen vor. Dies ist aber bei der vorliegenden Maßnahme gerade nicht der Fall.

Was die behauptete 'verschleierte Veränderung des Finanzausgleiches' und eine gleichheitswidrige 'Inpflichtnahme der Länder und Gemeinden' anlangt, ist folgendes zu bemerken:

Der aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht stammende Begriff der 'Inpflichtnahme' bezieht sich auf eine Form der Dezentralisation und somit die Besorgung öffentlicher - in der Regel: hoheitlicher - Befugnisse (vgl. Adamovich - Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht 1980, S 280). Nicht bezeichnet man als 'Inpflichtnahme' die unter Umständen mit einem bestimmten finanziellen Aufwand verbundene Wahrnehmung subjektiver Rechte und Pflichten. Soweit der Bund, die Länder und die Gemeinden Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung der öffentlich-rechtlichen Bediensteten leisten, kommen sie damit einer subjektiven öffentlichen Pflicht nach.

8. Nach dem Vorbringen der Antragsteller sei aus dem Blickpunkt des ASVG die BVA bisher in keinem einzigen gemeinsamen Fonds einbezogen, insbesondere auch nicht in den Krankenkassenausgleichsfonds. Ein 'Finanzausgleich zwischen Trägern der Krankenversicherung' widerspräche Art7 (und Art10 Abs1 Z11) B-VG.

Die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente lassen nach Ansicht der Bundesregierung nicht die Schlußfolgerung zu, daß eine nunmehrige rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, auch die BVA an der 'übergreifenden Solidarität' zu beteiligen, verfassungswidrig wäre. Es ist in diesem Zusammenhang auf die allgemeinen Ausführungen der Bundesregierung unter II. hinzuweisen.

9. Der Gesetzesprüfungsantrag versucht ausführlich zu begründen, warum das Erkenntnis VfSlg. 6039 entgegen dem Anschein doch nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar sein soll. Nach Ansicht der Bundesregierung sind diese Überlegungen unzutreffend:

Sowohl in den in diesem Erkenntnis zitierten Fällen als auch im vorliegenden Fall handelt es sich um die Überweisung von Mitteln eines Versicherungsträgers (AUVA) an andere Versicherungsträger eines anderen Versicherungszweiges (PV). Der Personenkreis der in der AUVA Pflichtversicherten deckt sich dabei nur zum Teil mit dem in der PV Pflichtversicherten, da nach den damals maßgebenden Bestimmungen Mittel der AUVA nur an die PVA der Arbeiter und an die VA des österreichischen Bergbaues überwiesen wurden, nicht jedoch an andere Pensionsversicherungsträger, deren Pflichtversicherte in der Unfallversicherung ebenfalls bei der AUVA unfallversichert sind (zB PVA der Angestellten, SVA der gewerblichen Wirtschaft). Der Personenkreis der in der AUVA Versicherten war daher weitaus größer als der bei den begünstigten Pensionsversicherungsträgern Versicherten. Darüber hinaus hat der VfGH in diesen Fällen auch vom Beitragsaufkommen her keinen Anlaß zur Überprüfung dieser Regelung gesehen, obwohl in der AUVA die Beiträge ausschließlich durch die Dienstgeber aufgebracht werden, die auf eine Leistung aus der Pensionsversicherung der Unselbständigen naturgemäß niemals Anspruch haben.

10. Ein Vergleich zwischen dem ASVG und dem B-KUVG zeige nach Auffassung der Antragsteller derartige 'Unterschiede im Tatsächlichen', daß der Schluß auf eine gleichheitswidrige gesetzliche Maßnahme gezogen werden müßte.

In diesem Zusammenhang werden von den Antragstellern zwei Argumente ins Spiel gebracht: Zum einen geht es wieder um die isolierte Betrachtung der einzelnen Riskengemeinschaften und um den Versuch, den Eindruck zu vermitteln, als ob der einzelne nach dem B-KUVG versicherte öffentlich-rechtliche Bedienstete für die Angehörigen eines anderen Berufsstandes aufzukommen hätte. Dazu ist zu sagen, daß durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen weder das Leistungs- noch das Beitragsrecht der BVA geändert werden. Die Versicherten haben, ohne deswegen höhere Beiträge zahlen zu müssen, weiterhin den gleichen Anspruch auf Pflichtleistungen wie auch auf Ermessensleistungen; in diesem Zusammenhang ist ja darauf hinzuweisen, daß die Anstalt derzeit immer noch über mehr als 2 Milliarden Schilling an Rücklagen verfügt. Die behaupteten 'Sonderopfer' würden allenfalls in der - von den angefochtenen Bestimmungen nicht berührten - Höhe der Beiträge für die Pflichtversicherten ihre Grundlage haben. Daß jedoch die Beibehaltung eines Beitragssatzes, der zu einer finanziell günstigen Gebarung führt, keine sachlich ungerechtfertigte Regelung sei, hat der VfGH schon in VfSlg. 6039 mit der Begründung, daß sich die finanzielle Entwicklung (dort: der Unfallversicherung) nicht genau vorhersehen läßt, dargetan.

Zum anderen läuft die Argumentation der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf hinaus, daß bei den Systemen des B-KUVG einerseits und des ASVG andererseits so erhebliche Unterschiede im Tatsächlichen bestünden, daß es dem Gesetzgeber nach dem Gleichheitssatz verwehrt sei, diese Systemunterschiede durch die Figur eines 'alle Zweige der Sozialversicherung umfassenden Solidaritätsprinzips' zu überdecken.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß Unterschiede allerdings mehr oder weniger zwischen allen Riskengemeinschaften bestehen. Gerade das gibt erst die sachliche Rechtfertigung dafür ab, es bei der gegenwärtig bestehenden Organisation zu belassen. Dessenungeachtet handelt es sich aber eben stets um Einrichtungen der 'Sozialversicherung', und es hat der Gesetzgeber gerade beim Versorgungsrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten zwischen Konstruktionen der Sozialversicherung und anderen Systemen der sozialen Vorsorge eine klare Grenzlinie gezogen. Die unter diesem Punkt angestellten Überlegungen der Antragsteller erscheinen der Bundesregierung daher nicht zutreffend.

IV.

Zusammenfassend ist die Bundesregierung somit der Auffassung, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen keiner Norm des Bundesverfassungsrechtes widersprechen. Insbesondere stehen sie im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art7 B-VG) und finden ihre kompetenzrechtliche Deckung in Art10 Abs1 Z11 B-VG. Die Bundesregierung stellt daher den

Antrag,

der VfGH wolle die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufheben."

II. Der VfGH hat zur Zulässigkeit der Anträge erwogen:

1. Die von den Antragstellern als verfassungswidrig bekämpften gesetzlichen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

ArtIII der 11. B-KUVG-Nov.:

"Die Versicherungsanstalt hat im Jahre 1982 an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) aus den Mitteln der von ihr durchgeführten Krankenversicherung einen Betrag von 23 Millionen Schilling zu überweisen. Dieser Betrag ist am 20. September 1982 fällig."

ArtIII der 12. B-KUVG-Nov.:

"Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter hat im Jahre 1983 an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) aus den Mitteln der von ihr durchgeführten Krankenversicherung einen Betrag von 200 Millionen Schilling, der am 20. April 1983 fällig ist, und einen Betrag von 400 Millionen Schilling, der am 20. September 1983 fällig ist, zu überweisen."

2. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. In einem solchen Antrag ist gemäß §62 Abs1 letzter Satz VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976 auch darzutun, inwieweit das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Die Antragslegitimation setzt auch voraus, daß für den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim VfGH zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 9285/1981).

3. Durch ArtIII der 11. Nov. zum Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (im folgenden B-KUVG genannt), BGBl. 592/1981, wurde die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) verpflichtet, mit Fälligkeit vom 20. September 1982 23 Millionen Schilling, und durch ArtIII der 12. Nov. zum B-KUVG, BGBl. 78/1983, wurde die BVA verpflichtet, mit Fälligkeit vom 20. April 1983 200 Millionen Schilling und mit Fälligkeit vom 20. September 1983 400 Millionen Schilling an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu überweisen.

Daß durch diese gesetzlichen Bestimmungen in die Rechtssphäre der antragstellenden BVA eingegriffen wird, ist offensichtlich.

Der VfGH hat aber iZm. nach Art139 und 140 B-VG gestellten Anträgen mehrfach ausgeführt, daß dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das dem von einem Gesetz oder einer V Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den VfGH bietet, nur bei Vorliegen besonderer außergewöhnlicher Umstände der Partei das Recht zur Einbringung eines V- oder Gesetzesprüfungsantrages eingeräumt sei; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (vgl. VfSlg. 8890/1980).

Diese Überlegungen gelten auch für einen Fall wie den vorliegenden. Die antragstellende BVA brachte beim VfGH auch eine Klage gegen den Bund gemäß Art137 B-VG auf Rückersatz der von ihr aufgrund des ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und des ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. an den oben genannten Ausgleichsfonds gezahlten 623 Millionen Schilling saA ein. Diese gegen den Bund von der BVA angestrengte Klage wurde vom VfGH mit Erk. vom 30. November 1984, A33/1983, abgewiesen, wobei der VfGH in der Begründung der Entscheidung ausführte, daß er bei Schöpfung dieses Erk. die ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und der 12. B-KUVG-Nov. nicht anzuwenden hatte. Der Weg der Klage gemäß Art137 B-VG gegen den Bund steht daher der BVA zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der bekämpften Gesetzesstellen nicht zur Verfügung.

4. Diese Klage war aber gegen den Bund gerichtet. Der VfGH hatte daher weiters zu prüfen, ob der BVA die Möglichkeit offengestanden wäre, die von ihr behaupteten vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den durch ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. gegenüber der BVA berechtigten Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im ordentlichen Rechtsweg, durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde oder mittels Klage nach Art137 B-VG geltend zu machen. Der VfGH hat bereits in der Begründung seines Erk. VfSlg. 10279/1984 ausgeführt, daß die von der BVA gegen den Bund geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden könnten, weil es sich um öffentlich-rechtliche Ansprüche handle, und daß sie auch nicht im Verwaltungsweg geltend gemacht werden könnten, weil das Gesetz den Verwaltungsweg nicht einräume. Die dort angeführten Gründe für den Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges und des Verwaltungsweges gelten auch für den Fall, daß die Ansprüche gegen einen Dritten, zB den genannten Ausgleichsfonds, erhoben würden. Eine Klage der BVA zur Geltendmachung der genannten vermögensrechtlichen Ansprüche der BVA gegenüber dem Ausgleichsfonds gemäß Art137 B-VG an den VfGH müßte schon daran scheitern, daß der Anspruch nicht an den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband gerichtet wäre. Der Ausgleichsfonds ist nämlich gemäß §447g Abs1 zweiter Satz ASVG ein Sondervermögen des Hauptverbandes. Letzterem kommt gemäß §32 Abs1 ASVG Rechtspersönlichkeit zu; er verwaltet sein Vermögen unter Aufsicht des Bundes selbständig (Abschn. V und VI des ASVG). Ein Anspruch an den Ausgleichsfonds stellt also keinen Anspruch gegenüber dem Bund dar. Der BVA steht demnach kein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit des ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und des ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. zur Verfügung.

Da auch die übrigen Verfahrensvoraussetzungen vorliegen, sind die zu den Zahlen G66, 67/83 gestellten Anträge der BVA zulässig.

5. Die 76 Antragsteller zu G74/83 verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des NR. Die im Art140 Abs1 zweiter Satz B-VG idF der Nov. BGBl. 302/1975 enthaltene Voraussetzung der Antragslegitimation wird daher erfüllt.

Die Antragsteller haben einen Rechtsanwalt zur Einbringung und Vertretung des Antrages bevollmächtigt. Die Voraussetzung des §62 Abs2 VerfGG ist gegeben.

Im Antrag werden - dem §62 Abs1 VerfGG entsprechend - die gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen bundesgesetzlichen Bestimmungen sprechenden Bedenken - ebenso wie im Antrag der BVA - im einzelnen ausführlich dargetan.

Da auch die übrigen Verfahrensvoraussetzungen gegeben sind, ist auch der Antrag der Mitglieder des NR G74/83 zulässig.

III. Der Gerichtshof hat in der Sache erwogen:

1. Die Antragsteller behaupten, daß es sich bei den der BVA durch die bekämpften Gesetzesstellen auferlegten Leistungen in Wahrheit um Abgaben iS des Art10 Abs1 Z4 iVm. Art13 B-VG handle. Sie räumen zwar selbst ein, der VfGH habe im Erk. VfSlg. 6039/1969 angesichts einer Geldleistungspflicht der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt an andere Versicherungsträger die Betrachtung in den Vordergrund gestellt, daß "nicht Mittel der Unfallversicherung für Verpflichtungen des Bundes verwendet" würden, sondern "daß Mittel der Unfallversicherung an andere Sozialversicherungsträger zu überweisen sind". Dementsprechend hätten diese Bestimmungen "keinen Inhalt, der die Annahme rechtfertigen ließe, daß Sozialversicherungsbeiträge in Wahrheit einer Gebietskörperschaft zufließen". Der behauptete Verstoß gegen die Finanzverfassung sei daher nicht gegeben. Damals sei es freilich um eine direkte Leistung an bestimmte Versicherungsträger gegangen, während nunmehr die Leistung an einen Ausgleichsfonds vorgeschrieben sei, dessen Aufkommen gemäß §447g Abs7 ASVG die Beitragspflicht des Bundes entsprechend mindere. Angesichts dieses Umstandes und angesichts der unmißverständlichen Formulierung in den RV zur 11. und zur 12. B-KUVG-Nov. ("Entlastung des Bundeshaushaltes") sei bei den nunmehr vorliegenden Bestimmungen die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß die Beträge doch "in Wahrheit einer Gebietskörperschaft zufließen". Deute man daher die vorliegenden Bestimmungen als Abgabenregelungen iS des F-VG, so seien sie verfassungswidrig. Zum einen fehle die Einordnung nach den §§6 und 7 Abs2 F-VG, zum anderen fehle die bundesfinanzgesetzliche Verfügung gemäß Art51 B-VG. Dazu träte die Gleichheitswidrigkeit einer konfiskatorischen Individualbesteuerung.

Der VfGH versteht die Ausführungen der Antragsteller dahingehend, daß diese selbst einräumen, daß die der BVA nach den angefochtenen Bestimmungen auferlegten Geldleistungen nicht einer Gebietskörperschaft, sondern einem Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zufließen, der - wie schon ausgeführt - ein Sondervermögen des Hauptverbandes darstellt, aus dem Geldbeträge vermöge des §447g ASVG ausschließlich an Pensionsversicherungsträger fließen. Die Geldleistungen fließen daher nicht dem Bund zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß bei der Ermittlung des Bundesbeitrages zur Pensionsversicherung nach §80 ASVG, nach §34 Abs2 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes bzw. nach §31 Abs4 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes die Überweisungen aus dem Fonds an die einzelnen Sozialversicherungsträger für diese als Erträge gelten, daher die Beiträge des Bundes vermindern und für diesen einen wirtschaftlichen Vorteil bedeuten. Die Geldleistungen der BVA nach ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. fließen trotzdem nur dem Ausgleichsfonds und in weiterer Folge den im §447g ASVG genannten Pensionsversicherungsträgern zu. Diese Geldleistungen sind daher keine Abgaben iS des F-VG. Den von den Antragstellern in dieser Hinsicht geäußerten Bedenken kommt daher keine Berechtigung zu.

2. a) Die von den Antragstellern hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesstellen geäußerten Bedenken gehen weiters dahin, daß sie dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 Abs1 B-VG bzw. Art2 StGG widerstreiten.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH entspricht ein Gesetz dann nicht dem Gleichheitssatz, wenn die in Betracht kommende Regelung sachlich nicht gerechtfertigt ist. Jede unsachliche Unterscheidung ist unter dem Blickwinkel des Gleichheitsrechtes verfassungswidrig.

c) Nach der Meinung der Bundesregierung kann es dem Gesetzgeber nicht verwehrt werden, ein solidarisches Zusammenstehen aller in der Pflichtversicherung der Sozialversicherung erfaßten Personen und damit auch der einzelnen Riskengemeinschaften in begrenztem Umfang zu normieren. Anlaß für die von den Antragstellern als verfassungswidrig bekämpften Vorschriften des ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und des ArtIII der 12. B-KUVG-Nov., mit denen der BVA zu bestimmten Zeiten die Überweisung von Geldbeträgen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger vorgeschrieben wurde, sei die ungünstige Lage der Pensionsversicherung. Wenn durch diese Überweisung ein finanzieller Ausgleich zwischen der BVA und Pensionsversicherungsträgern erfolge, der die Erfüllung der Aufgaben der BVA sowie die finanzielle Lage der Krankenversicherung der öffentlich Bediensteten nicht beeinträchtige, die Finanzlage der Pensionsversicherung aber verbessere, so habe sich der Gesetzgeber hiebei nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen.

d) Der VfGH ist aus folgenden Erwägungen der Auffassung, daß eine Leistungspflicht, die eine so verstandene Solidarität aller Sozialversicherten unterstellt, sachlich nicht gerechtfertigt ist und damit dem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG widerspricht:

aa) Zutreffend geht die Bundesregierung davon aus, daß die Höhe der Beiträge in der Sozialversicherung auch ohne direkte Relation zu den Versicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Pflichtversicherten verschieden hoch festgesetzt werden kann (VfSlg. 3721 und 3723/1960) und daß dem auch die Rechtsprechung des VfGH nicht entgegensteht, wonach die Angehörigen der einzelnen Sozialversicherungsgemeinschaft - auch jener, die ohne Bedachtnahme auf eine berufsständische Zugehörigkeit eingerichtet sind (VfSlg. 5241/1966) - jeweils eine (engere) Riskengemeinschaft bilden, deren unterschiedliche Risken Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht zu rechtfertigen vermögen. Der VfGH hat allerdings in VfSlg. 9365/1982 zur Frage der sachlichen Rechtfertigung einer Differenzierung der Versicherungsbeiträge auch ausgeführt: "Dabei sind verschiedene Rechtfertigungen einer unterschiedlichen Beitragshöhe denkbar (vgl. VfSlg. 3721/1960, 4714/1964). Auch die unterschiedliche Gestaltung des Leistungsrechtes in verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung ist geeignet, eine Differenzierung des Beitragsrechtes in diesen Versicherungszweigen sachlich zu rechtfertigen."

bb) Die Bundesregierung meint, der VfGH habe auch in VfSlg. 6039/1969 die in VfSlg. 5241/1966 geäußerte Auffassung vertreten. Ausgangspunkt in diesem Beschwerdeverfahren, in dem es um die sachgerechte Beitragshöhe in der Unfallversicherung ging, sei - wie im vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren - die Tatsache gewesen, daß durch eine längere Zeit die Gebarung eines Versicherungszweiges (Unfallversichrung) im Vergleich zu anderen (Pensionsversicherung) finanziell günstig gewesen und es dadurch möglich geworden sei, Mittel für einen anderen Versicherungszweig zu verwenden. Angesichts des Umstandes, daß sich die finanzielle Entwicklung in einem Versicherungszweig nicht genau voraussehen lasse, kam der VfGH zu dem Ergebnis, es sei nicht unsachlich, solange sich ein Überschuß ergebe, diesen zur Herbeiführung eines gewissen finanziellen Ausgleichs innerhalb der Sozialversicherung zu verwenden. Der VfGH teile daher - so die Bundesregierung - keineswegs die von den Antragstellern vertretene Auffassung, nach der ein finanzieller Ausgleich nur innerhalb einer durch eine bestimmte Berufsgruppe gekennzeichneten Riskengemeinschaft zulässig sei. Die Bundesregierung stellt ferner zutreffend fest, daß auch im damaligen Beschwerdefall das Gesetz die Überweisung von Mitteln eines Versicherungsträgers (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt - AUVA) an andere Versicherungsträger der Pensionsversicherung angeordnet habe, wobei sich der Personenkreis der in AUVA Versicherten nur zT mit dem Personenkreis der begünstigten Pensionsversicherungsträger deckte.

cc) Die Bundesregierung übersieht aber, daß in dem damaligen Beschwerdefall die Pensionsversicherten, zu deren Gunsten die Überweisung der AUVA an die oben genannten Pensionsversicherungsträger erfolgte, für den Versicherungsfall des Unfalls bei der AUVA versichert waren. Auch die im Erk. VfSlg. 6039/1969 angeführten Präzedenzfälle der durch Gesetz angeordneten Überweisung von Geldern eines Sozialversicherungsträgers an einen anderen, beginnend mit der 3. Nov. zum Sozialversicherungs-Überleitungsgesetz, BGBl. 114/1949 (ArtI Z19), zeichneten sich dadurch aus, daß es sich beim Personenkreis der begünstigten Sozialversicherungsträger um einen solchen handelte, der auch - wenn auch nur indirekt durch die Beiträge der Dienstgeber - Beiträge für den belasteten Sozialversicherungsträger zu leisten hatte. Zwischen den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger bestand daher eine Versicherungs(Risken)gemeinschaft im weiteren Sinn. Hierin liegt die Begründung, daß die Überweisungen damals vom VfGH als sachlich gerechtfertigt angesehen wurden.

dd) Eine solche Versicherungsgemeinschaft im weiteren Sinn besteht zwischen den in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem B-KUVG Versicherten und den Versicherten in der Pensionsversicherung nach dem ASVG nicht. Die nach dem B-KUVG Versicherten haben unmittelbar gegenüber ihrem Dienstgeber den Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)bezüge. Sie sind deshalb von der Pensionsversicherung ausgeschlossen. Zwischen der Sozialversicherung nach dem B-KUVG und der Pensionsversicherung besteht daher kein persönlicher und kein sachlicher Zusammenhang. Insbesondere fehlt auch jeder Zusammenhang zwischen den Beiträgen der Angehörigen der einen Versicherungsgemeinschaft und dem Leistungsanspruch der Angehörigen der anderen Versicherungsgemeinschaft. Unzutreffend ist jedoch die Vorstellung der Bundesregierung von einem alle Sozialversicherten umfassenden Solidaritätsprinzip. Die Versicherungsgemeinschaft in der Sozialversicherung reicht jedenfalls nur soweit, als einer Beitragsverpflichtung im Prinzip ein Leistungsanspruch gegenübersteht. Gemäß §447g ASVG können aus dem Ausgleichsfond der Pensionsversicherungsträger nur Pensionsversicherungsträger nach dem ASVG Überweisungen erhalten. Unter diesen Umständen läßt sich aber jedenfalls eine gesetzliche Anordnung der Überweisung von Geldbeträgen durch die BVA an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger nach §447g ASVG sachlich nicht rechtfertigen. Die ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. sind daher gleichheitswidrig.

ee) Daran vermag auch der von der Bundesregierung geltend gemachte Umstand nichts zu ändern, daß gemäß ArtIX Abs7 der 38. Nov. zum ASVG, BGBl. 647/1982, die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen als Träger der Krankenversicherung für die im §472 ASVG bezeichneten Personen im Jahre 1983 an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger einen Betrag von 4 Millionen Schilling zu überweisen hatte, obwohl der im §472 ASVG bezeichnete Personenkreis auch nicht für den Versicherungsfall des Alters sozialversichert ist. Der VfGH hat jedoch in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, ob ArtIX Abs7 der 38. Nov. zum ASVG mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist.

ff) Die ArtIII der 11. B-KUVG-Nov. und ArtIII der 12. B-KUVG-Nov. waren aus den angeführten Gründen gemäß Art140 Abs1 B-VG und §64 Abs1 VerfGG als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Auf die weiteren von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen, ob in dem Antragsfall diskriminierende Individual- und Maßnahmegesetze oder eine Enteignung vorliegen und ob die getroffene Regelung den Kompetenzvorschriften des B-VG widerspreche, war unter diesen Umständen nicht mehr einzugehen.

4. Der Ausspruch über die Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art140 Abs5, der Ausspruch, daß früher in Geltung gestandene gesetzliche Vorschriften nicht wieder in Wirksamkeit treten, auf Art140 Abs6 B-VG.

1) Die gemäß §151 Abs4 B-KUVG bestehende "gesonderte Rücklage" ist gemäß ArtII der B-KUVG-Novelle, BGBl. 78/1983 per 1. Jänner 1983 aufzulösen.

2) Die Formulierungsunterschiede zwischen der Regierungsvorlage und dem letztendlich beschlossenen Gesetzestext haben offenbar eine rein buchhaltungstechnische Bedeutung: Es sollen nicht zuerst Rücklagen gebildet und dann die Beiträge überwiesen werden, sondern die Überweisungen sollen aus der laufenden Gebarung erfolgen.

3) Jedenfalls trifft das zugunsten des Mitteltransfers innerhalb der Sozialversicherung der Bauern vorgebrachte Argument, daß die Reserven ohnehin aus Bundesmitteln angesammelt wurden, bei der BVA nicht zu.

4) Der Gesetzgeber könnte zB die Vermögensteuer dadurch zu einer "Nicht-Abgabe" machen, daß er anordnet, daß sie an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger zu leisten ist.

5) Während jedoch bei den Gebiets- und Betriebskrankenkassen noch ein aufkommensspezifischer Ausgleich vorzunehmen ist, entfällt bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und bei der BVA - wegen ihrer bundesweiten Zuständigkeiten (663 BlgNR XIV. GP S 2) - ein solcher interner Ausgleich.

6) Wenn der Gerichtshof dagegen auch die darüber hinausgehende Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Stüber (43. Sitzung NR VII. GP S 1853) zitiert, so muß dies verwundern: Dr. Stüber war der einzige Abgeordnete der 'Unabhängigen Partei' und der einzige Abgeordnete im Nationalrat, der gegen das in Frage stehende Gesetz stimmte. Es ist daher äußerst kühn, sein Votum als Ausdruck des 'Willens des Gesetzgebers' zu werten!

7) Die vernachlässigbar kleine Zahl der pragmatisierten Kammer- und BVA-Angestellten kann hier außer Betracht bleiben.

8) Scilicet die BVA bzw. die B-KUVG-Versicherten.

9) Vgl. insbesondere den Berichterstatter Steinegger in der 94. Sitzung der Konst.NV, St.Prot. S 3060 f.

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