European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00099.24D.0924.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten S* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche der Angeklagten * C*, * Ce* und * Se* enthält, wurde * S* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB (III/A/1/) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (III/A/2/) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit hier von Belang –
III/ in St*
A/ vorschriftswidrig Suchtgift in einer insgesamt das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar Cannabiskraut mit einem Reinsubstanzgehalt von zumindest durchschnittlich 0,88 % Delta-9-THC und 11,49 % THCA
1/ erzeugt und zu erzeugen versucht, indem er eine Cannabis-Indoor-Plantage im Umfang von jeweils 180 bis 190 Pflanzen aberntete und abzuernten versuchte, woraus er nach Abschluss des Trocknungsprozesses pro Erntevorgang zumindest 4.000 g Cannabiskraut gewann oder zu gewinnen versuchte, und zwar
a/ im Zeitraum von Februar 2022 bis Herbst 2023 in vier Ernten, davon drei Ernten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * C*, insgesamt 16 kg Cannabiskraut;
b/ am 17. und 18. Februar 2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * C* 4 kg Cannabiskraut, wobei es aufgrund des Einschreitens von Polizeibeamten teilweise beim Versuch blieb;
2/ anderen überlassen, und zwar aus der zu III/A/1/ beschriebenen Erzeugung
a/ * C* und * Ce* pro Erntevorgang jeweils 1,5 kg, insgesamt sohin zumindest 6 kg Cannabiskraut;
b/ unbekannten Abnehmern zumindest 10 kg Cannabiskraut.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * S*.
[4] Voranzustellen ist, dass sowohl Mängel- (Z 5) als auch Tatsachenrüge (Z 5a) eine Anfechtung des Urteils nur in Bezug auf entscheidende Tatsachen erlaubt. Entscheidend ist eine Tatsache nur dann, wenn die Feststellung ihres Vorliegens oder Nichtvorliegens in den Urteilsgründen (aus Sicht des Rechtsmittelgerichts) entweder die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder – im Fall gerichtlicher Strafbarkeit – darüber beeinflusst, welche strafbare Handlung begründet wird (vgl RIS-Justiz RS0117264, RS0106268). Keine entscheidenden Tatsachen betreffen Einwände zu Reinsubstanzgehalt und/oder Menge des Suchtgifts, wenn selbst die Annahme einer vom Beschwerdeführer diesbezüglich reklamierten Abweichung zu keiner Änderung der vom Erstgericht vorgenommenen Subsumtion führen würde (vgl RIS-Justiz RS0120681).
[5] Die Beschwerde reklamiert vorliegend – aus Z 5 und Z 5a – Abweichungen im Sinn einer Reduktion sowohl des vom Erstgericht jeweils angenommenen Reinsubstanzgehalts (von 0,88 % auf 0,73 % Delta-9-THC und von 11,49 % auf 9,5 % THCA) als auch der Mengen, und zwar des erzeugten Suchtgifts von 20 kg auf 10 kg und des überlassenen Suchtgifts von 16 kg auf 6 kg.
[6] In Ansehung des erzeugten Suchtgifts (III/A/1/) ergäben sich selbst ausgehend von dem jeweils geringeren Reinsubstanzgehalt in Verbindung mit der geringeren Menge Quantitäten, die rechtlich gesehen dem 23,75-Fachen der für THCA und dem 3,65-Fachen der für Delta-9-THC festgelegten Grenzmenge (§ 28b SMG) entsprächen, demnach insgesamt weiterhin das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigen würden. In Bezug auf den Schuldspruch zu III/A/1/ scheitern Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) also schon daran, dass keine entscheidenden Tatsachen angesprochen werden.
[7] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zum Schuldspruch zu III/A/2/ hat sich das Erstgericht ohnedies mit dem weiteren Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamts (ON 40.3 [= ON 39]) auseinandergesetzt, aber die Werte des von ihm zur Fundierung herangezogenen Berichts (ON 36) für repräsentativer befunden, weil – nicht denkunrichtig und damit begründungstauglich – das untersuchte Cannabis aus einer Ernte der Angeklagten stammte, die Abnehmer dem gekauften Cannabiskraut „gute Qualität bzw eine zufriedenstellende Wirkung“ attestierten und das sichergestellte Cannabiskraut der letzten teilweisen Ernte im Februar 2024 sogar teils qualitativ noch hochwertiger war (s US 12). Dass auch andere Folgerungen denkbar – und nach Ansicht des Beschwerdeführers „naheliegender“ – wären, begründet keine Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0114524, RS0098400).
[8] Die Aussage des Zeugen * V*, der Angeklagte habe ihm erzählt, dass er seinem „Schwager ein bisschen was gegeben“ habe [aber welche Mengen wisse er nicht], und [auf Nachfrage] der Angeklagte habe ihm „nicht gesagt, dass er noch jemand anderem was gegeben“ habe (ON 56.4 S 14), steht – der Beschwerde (nominell Z 5a, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider – der vom Erstgericht festgestellten Weitergabe an Schwager und Schwägerin im Ausmaß von 1,5 kg und an unbekannte Abnehmer im Umfang von 2,5 kg Cannabiskraut (jeweils von pro Ernte produzierten 4 kg Cannabiskraut) nicht erörterungsbedürftig entgegen.
[9] Auch die von der Beschwerde (erneut nominell Z 5a, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) – isoliert hervorgehobene und als übergangen gerügte Aussagepassage des Zeugen * W*, wonach er glaube, dass es „kleiner angefangen“ und „immer mehr“ geworden sei (ON 56.4 S 18), steht der festgestellten Menge der abgeernteten und als Cannabiskraut überlassenen Pflanzen (anfangs 180 Stk, später 190 Stk; vgl US 8 f) nicht entgegen, weshalb sie keiner gesonderten Erörterung bedurfte (vgl RIS‑Justiz RS0098646).
[10] Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern (RIS‑Justiz RS0118780).
[11] Mit dem Verweis auf die Verantwortung des Angeklagten, wonach er „zunächst weniger und dann sukzessive mehr Cannabispflanzen“ angebaut und das erzeugte Cannabiskraut ausschließlich * Ce* und * C* überlassen habe, sowie darauf, dass die von ihm genannte Menge der zuletzt angebauten Pflanzen von der Zeugin * H* bestätigt worden sei, gelingt es der Rüge nicht, erhebliche Bedenken im bezeichneten Sinn an der konstatierten Menge des überlassenen Suchtgifts zu wecken.
[12] Auch das (erneute) Vorbringen der weitere – zur Probe 1 Reinsubstanzgehalte von 9,5 % THCA und 0,73 % Delta-9-THC ausweisende – Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamts (ON 39 bzw ON 40.3) sei aussagekräftiger, weil jenes Suchtgift als letzte Ernte beim Angeklagten sichergestellt worden sei, während die vom Erstgericht zugrunde gelegten Untersuchungsergebnisse Cannabiskraut beträfen, das bei den anderen Angeklagten sichergestellt worden sei, zeigt ein lebensfremdes Ergebnis erstgerichtlicher Beweiswürdigung nicht auf.
[13] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[14] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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