European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00143.24S.0923.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1 § 12 VersVG wurde durch die Novelle 1994 tiefgreifend umgestaltet. In dieser grundsätzlichen Neuregelung wurden zunächst (Abs 1 leg cit) die im österreichischen Zivilrecht unbekannten Verjährungsfristen für Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag von zwei bzw (bei der Lebensversicherung) fünf Jahren sowie der dort angeführte Fristbeginn „austrifiziert“. Die Verjährungsfrist beträgt nun einheitlich drei Jahre und ihr Beginn ist nicht mehr im Versicherungsvertragsgesetz speziell geregelt. Nach § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG gilt grundsätzlich die allgemeine Regelung des § 1478 ABGB, wonach für den Versicherungsnehmer die Verjährung mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem das Recht hätte ausgeübt werden können (7 Ob 176/17h mwN), seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht (RS0034343 [T2], RS0034248 [T8]).
[2] 1.2 Im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung beginnt die Verjährung mit der Fälligkeit des Rechtsschutzanspruchs zu laufen. Daher beginnt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Verjährung des Anspruchs aus der Rechtsschutzversicherung nach § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG zu jenem Zeitpunkt, zu dem sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer so konkret abzeichnet, dass er mit der Entstehung von Rechtskosten rechnen muss, deretwegen er die Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen will (vgl 7 Ob 164/19x, RS0054251).
[3] 1.3 Über diesen Zeitpunkt kann keine generalisierende Aussage getroffen werden, er beurteilt sich ausschließlich nach den Umständen des Einzelfalls (7 Ob 98/22w).
[4] 2.1 Der Kläger begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die klageweise Geltendmachung seiner Ansprüche aus dem Kauf des – behauptetermaßen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen – (gebrauchten) PKW Skoda Octavia um 19.100 EUR vom 19. März 2018 gegen die Herstellerin. Bereits am 14. und 15. Mai 2020 ersuchte er die Beklagte um Rechtsschutzdeckung für das gegen die Herstellerin beabsichtigte Verfahren, wobei er gleichzeitig den Zulassungsschein des Fahrzeugs und den Kaufvertrag übermittelte. Die Beklagte lehnte ihre Deckungspflicht mit Schreiben vom 20. Mai 2020 ab. Eine neuerliche Deckungsanfrage des Klägers vom 15. Juni 2023 wurde gleichfalls abgelehnt.
[5] 2.2 Die Vorinstanzen erachteten den Verjährungseinwand der Beklagten als berechtigt. Aus der im Mai 2020 gestellten Deckungsanfrage folge, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass in seinem Fahrzeug ein Motor mit unzulässiger Abschalteinrichtung verbaut ist, er aus diesem Grund eine Klagsführung gegen die Herstellerin beabsichtigte und er daher mit dem Entstehen von Rechtskosten rechnete. Nicht erheblich sei dabei, ob er damals irrig dachte, es sei ein Motor EA189 (statt EA288) verbaut. Die Klagseinbringung im November 2023 sei verspätet.
[6] 2.3 Gegen diese jedenfalls vertretbare Rechtsansicht bringt der Kläger weder von den Vorinstanzen noch nicht berücksichtigte noch beachtenswerte neue Argumente, sondern unterstellt ohne Weiteres die Irrelevanz der ursprünglichen Deckungsanfrage, weil sie irrtümlich gestellt worden und unschlüssig gewesen sei.
[7] 3.1 Die Auslegung des Parteienvorbringens und damit die Beantwortung der Frage, ob eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus und begründet daher – vom Fall krasser Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0042828 [T35]).
[8] 3.2 Das Berufungsgericht vertritt, allein das Vorbringen im erstgerichtlichen Verfahren, die Beklagte habe vor Ablehnung der erneut – und nach bereits abgelaufener Verjährungsfrist – gestellten Deckungsanfrage im Juni 2023 nach weiteren Daten gefragt, sei nicht als Einwand, die Verjährungseinrede verstoße wegen der Aufnahme von Verhandlungen gegen Treu und Glauben zu qualifizieren. Seine erstmalige Erhebung in der Berufung verstoße gegen das Neuerungsverbot. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig.
[9] 4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
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