European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00067.24D.0919.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG berechtigt den Arbeitnehmer zur Anfechtung der Kündigung, sofern der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer kündigt.
[2] Der von § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG verfolgte Zweck des Schutzes der arbeitsrechtlichen Stellung des Arbeitnehmers bezieht sich nur auf den Schutz des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Das Bestreben des Arbeitnehmers, nicht gekündigt zu werden, stellt aber angesichts der im österreichischen Arbeitsrecht geltenden Kündigungsfreiheit keinen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis dar, der durch § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG geschützt ist. Der Arbeitgeber stellt daher mit einer Eventualkündigung für den Fall des Erfolgs der Anfechtung der ersten Kündigung nicht einen offenbar nicht unberechtigten Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis in Frage (RS0128404).
[3] 2. Diese vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsauffassung wird vom Kläger in seiner Revision nicht in Zweifel gezogen. Er argumentiert jedoch damit, dass nach der Entscheidung 8 ObA 59/23v dann, wenn Motiv für die Eventualkündigung nur die Bestätigung der ersten Beendigung des Dienstverhältnisses sei, welche zweifelhaft sei, es für die Anfechtung der Eventualkündigung wegen eines verpönten Motivs nach § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG auf die Motivation für den Ausspruch der ersten Kündigung ankomme, wenn vom Arbeitgeber nicht iSd § 105 Abs 5 ArbVG glaubhaft gemacht werde, dass wegen zwischenzeitig aufgetretener Umstände ein anderes Motiv ausschlaggebend gewesen sei.
[4] Diese Rechtsprechung sei auf Fälle zu übertragen, in denen der Eventualkündigung keine Kündigungserklärung vorangegangen sei, jedoch eine sonstige Handlung des Dienstgebers, die auf eine Beendigung des Dienstverhältnisses gerichtet gewesen sei. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte auf eine Beendigung des Dienstverhältnisses durch Fristablauf beharrt, obwohl tatsächlich infolge unzulässiger Kettenbefristungen bereits ein unbefristetes Dienstverhältnis vorgelegen sei.
[5] 3. Dabei übergeht der Kläger jedoch, dass die Auffassung der Beklagten, dass das Dienstverhältnis durch den vereinbarten Fristablauf endet, kein verpöntes Motiv iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG darstellt. Es handelte sich um keine Reaktion auf die Geltendmachung von Rechten durch den Kläger, sondern um eine andere Rechtsauffassung darüber, ob das Dienstverhältnis durch die vereinbarte Befristung beendet wurde oder nicht.
[6] Darauf, ob der Umstand, dass der Arbeitgeber von einer Beendigung durch Fristablauf ausgeht, eine „Handlung des Dienstgebers, die auf eine Beendigung des Dienstverhältnisses gerichtet ist“, darstellt, kommt es daher nicht an.
[7] 4. Davon, dass die Beklagte die Rechtsauffassung des Klägers, dass aufgrund mehrerer unzulässiger Befristungen bereits ein unbefristetes Dienstverhältnis vorliegt, nicht teilte, sind die Vorinstanzen ohnehin ausgegangen. Ein sekundärer Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
[8] 5. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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