European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:018ONC00001.24B.0806.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Schiedsverfahrensrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Zum Schiedsrichter wird *, Rechtsanwalt, *, bestellt.
Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Antragstellern binnen 14 Tagen die mit 5.668,10 EUR (darin 550,51 EUR USt und 2.365 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Bestellungsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Antragsteller haben mit dem Zweit- und dem Drittantragsgegner (und anderen nicht am Verfahren beteiligten Rechtsanwälten) am 16. 2. 2010 eine GmbH gegründet, deren Firma kurz darauf in * GmbH (FN 3*) geändert wurde (Historischer Firmenbuchauszug Blg ./2). Bis 2017 waren die Antragsteller und die Zweit‑ und Drittantragsgegner geschäftsführende Gesellschafter dieser GmbH.
[2] Zur Regelung ihres Verhältnisses zueinander schlossen die Antragsteller und die Zweit- und Drittantragsgegner am 30. 9. 2015 einen Syndikatsvertrag (Syndikatsvertrag Blg ./3). Alle damaligen Gesellschafter der Gesellschaft trafen am 30. 9. 2015 zudem eine Schiedsvereinbarung für die verschiedenen Vereinbarungen, die ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten als Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft regeln (Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015, Blg ./4).
[3] Der (Teil-)Betrieb „Rechtsanwaltskanzlei“ der * GmbH ging aufgrund der mit dem Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 27. 2. 2017 vereinbarten und am 4. 4. 2017 im Firmenbuch eingetragenen Spaltung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erstantragsgegnerin über, dies bei gleichzeitiger Änderung der Firma der Erstantragsgegnerin in * GmbH (FN 4*; Historischer Firmenbuchauszug Blg ./1).
[4] Die Antragsteller und die Zweit- und Drittantragsgegner waren bis zum Ausscheiden der Antragsteller mit 31. 1. 2020 geschäftsführende Gesellschafter der „neuen“ * GmbH (Historischer Firmenbuchauszug Blg ./1).
[5] Die Antragsteller machen im Zusammenhang mit ihrem Ausscheiden aus der „neuen“ Gesellschaft gegenüber den Antragsgegnern Ansprüche auf Rückzahlung geleisteter Finanzierungsbeiträge, auf Abfindung des Wertes ihrer Geschäftsanteile, auf Zahlung der Entgelte für die Geschäftsführung und auf Abfindung für den Bilanzgewinn sowie Ansprüche aus der Verrechnung der Partner Akonti geltend. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche haben die Antragsteller am 20. 1. 2023 den Antragsgegnern eine gegen sie gerichtete Schiedsklage überreicht, einen Rechtsanwalt als Schiedsrichter namhaft gemacht und die Antragsgegner aufgefordert, ihrerseits einen Schiedsrichter zu bestellen (Schiedsklage Blg ./6; Bestellung Blg ./8).
[6] Die Antragsgegner haben diese Schiedsklage als unzulässig zurückgewiesen und die Bestellung eines Schiedsrichters verweigert (Schreiben vom 17. 2. 2023; Blg ./9 und ./10).
[7] Die Antragsteller stellen den Antrag, der Oberste Gerichtshof möge für das mit der Schiedsklage der Antragsteller vom 20. 1. 2023 gegen die Antragsgegner eingeleitete Schiedsverfahren an Stelle der Antragsgegner einen Schiedsrichter bestellen.
[8] Die Zuständigkeit eines ad-hoc-Schiedsgerichts gemäß §§ 577 ff ZPO für die in der Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Erstantragsgegnerin vom 29. 3. 2017 und aus einer – von den Gesellschaftern abgeschlossenen – Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015. Die Antragsteller hätten einen Rechtsanwalt als Schiedsrichter namhaft gemacht und die Antragsgegner aufgefordert, ihrerseits einen Schiedsrichter zu bestellen. Die Antragsgegner seien dieser Aufforderung entgegen ihrer Verpflichtung nach § 587 Abs 2 ZPO nicht nachgekommen.
[9] Die Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegnerbeantragen in ihrer gemeinsamen Äußerung, den Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters abzuweisen. Für die von den Antragstellern mit Schiedsklage behaupteten Ansprüche bestehe keine rechtsgültige Schiedsvereinbarung, die von den Antragstellern genannten Schiedsgerichtsvereinbarungen kämen nicht zur Anwendung. Die Antragsgegner hätten daher die Bestellung eines Schiedsrichters zu Recht verweigert.
[10] Für den Fall, dass der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis gelangen sollte, dass die Zuständigkeit eines ad‑hoc‑Schiedsgerichts für den Gegenstand der Schiedsklage rechtswirksam vereinbart sei, oder ein solches zumindest zunächst (wenn auch nur zur Überprüfung der eigenen Zuständigkeit – „Kompetenz-Kompetenz“) zu errichten sei, machten die Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegner, unter dem Vorbehalt der Unzuständigkeitseinrede vor einem solchen Schiedsgericht, einen namentlich genannten Rechtsanwalt als von ihnen zu bestellenden Schiedsrichter namhaft.
[11] Der Drittantragsgegnergab – in ausdrücklicher Bestreitungder Zuständigkeit des Schiedsgerichts, dessen Bestellung die Antragsteller mit ihrem wegen des Fehlens einer wirksamen Schiedsvereinbarung unzulässigen und auch ansonsten formell nicht berechtigten Antrag begehre, – denvon der Erstantragsgegnerin und dem Zweitantragsgegner hilfsweise namhaft gemachten Rechtsanwalt als den von ihm namhaft zu machenden Schiedsrichter bekannt. Der Drittantragsgegner ersuchte den Obersten Gerichtshof, diesen nach § 587 Abs 2 Z 4 ZPO zu dem „von den unzulässig schiedsbeklagten Parteien namhaft gemachten Schiedsrichter“ zu bestellen.
Rechtliche Beurteilung
[12] Dem Antrag ist stattzugeben.
[13] Auf der Grundlage des – im Wesentlichen bereits eingangs dargestellten – Sachverhalts, der nach dem Parteivorbringen ohnedies unstrittig ist und/oder sich aus den hinsichtlich ihrer Echtheit unbedenklichen Urkunden zweifelsfrei ergibt, ist ein Schiedsrichter zu bestellen.
[14] 1. Die Parteien können das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter frei vereinbaren (§ 587 Abs 1 ZPO). Fehlt eine Vereinbarung über das Verfahren zur Bestellung, so gilt in Schiedsverfahren mit drei Schiedsrichtern, dass jede Partei einen Schiedsrichter bestellt. Diese beiden Schiedsrichter bestellen den dritten Schiedsrichter, der als Vorsitzender des Schiedsgerichts tätig wird (§ 587 Abs 2 Z 2 ZPO).
[15] Hat eine Partei einen Schiedsrichter nicht binnen vier Wochen nach Empfang einer entsprechenden schriftlichen Aufforderung durch die andere Partei bestellt oder empfangen die Parteien nicht binnen vier Wochen nach der Bestellung der Schiedsrichter von diesen die Mitteilung über den von ihnen zu bestellenden Schiedsrichter, so ist der Schiedsrichter auf Antrag einer Partei durch das Gericht zu bestellen (§ 587 Abs 2 Z 4 ZPO).
[16] Die schriftliche Aufforderung zur Bestellung eines Schiedsrichters hat auch Angaben darüber zu enthalten, welcher Anspruch geltend gemacht wird und auf welche Schiedsvereinbarung sich die Partei beruft (§ 587 Abs 4 ZPO).
[17] Die Bestellung erfolgt im Außerstreitverfahren (§ 616 Abs 1 ZPO), die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs ergibt sich aus § 615 ZPO (18 ONc 2/20v). Wenn noch vor Entscheidung erster Instanz die Bestellung erfolgt und eine Partei dies nachweist, ist der Antrag abzuweisen (§ 587 Abs 7 ZPO).
[18] 2.1. Abgesehen von der Erfüllung der relevanten Tatbestandsmerkmale des § 587 ZPO setzt die gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters eine Schiedsvereinbarung (Schiedsklausel) voraus. Zu prüfen sind also die Gültigkeit und der Umfang der Schiedsvereinbarung (Schiedsklausel) iSd §§ 577 ff ZPO. Die Entscheidung, mit der ein Schiedsrichter bestellt wird, hat freilich keine Bindungswirkung hinsichtlich dieser Frage der (Un-)Zuständigkeit des so bestellten Schiedsgerichts (18 ONc 2/20v mwN).
[19] Aus dem Umstand, dass der Entscheidung über die Schiedsrichterbestellung nach § 587 ZPO keine Bindungswirkung in Bezug auf die als Vorfrage zu prüfende Zuständigkeit des Schiedsgerichts zukommt, lässt sich ableiten, dass die Gültigkeit der Schiedsklausel nur eingeschränkt und summarisch zu prüfen ist (18 ONc 2/20v).
[20] 2.2. Die Antragsteller berufen sich zum einen auf die Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag der Erstantragsgegnerin vom 29. 3. 2017 und zum anderen auf die Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015.
[21] Die Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag der Erstantragsgegnerin vom 29. 3. 2017 (Blg ./5) lautet wie folgt:
„§ 12
Schiedsgerichtsbarkeit:
Alle Streitigkeiten aus dem Vertrag sind ausschließlich durch ein dreigliedriges Schiedsgericht zu entscheiden. Schiedsrichter dürfen nur Rechtsanwälte sein. Die §§ 577 ff ZPO sind anzuwenden.“
[22] Die Schiedsklausel in der von den (allen) Gesellschaftern der „alten“ * GmbH (FN 3*) abgeschlossenen Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015 (Blg ./4) lautet:
„Alle Streitigkeiten aus diesem und im Zusammenhang mit diesem Vertrag, einschließlich über dessen Zustandekommen und wirksamen Bestehen, sowie überhaupt alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung der Parteien an der Gesellschaft und allen Verträgen im Zusammenhang damit, sind ausschließlich durch ein dreigliedriges Schiedsgericht zu entscheiden. Schiedsrichter dürfen nur Rechtsanwälte sein. Die §§ 577 ff ZPO sind anzuwenden.“
[23] 2.3. Die Bestimmungen des Vierten Abschnitts des Sechsten Teils der ZPO über das Schiedsverfahren (§§ 577 ff ZPO) finden gemäß § 581 Abs 2 ZPO sinngemäß auf Schiedsgerichte Anwendung, die in gesetzlich zulässiger Weise durch Statuten angeordnet werden. Unter Statuten sind sowohl die Satzungen juristischer Personen (zB GmbH, AG und Genossenschaft) als auch die Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften (OG und KG) als auch Vereinsstatuten zu verstehen, sofern sie echte Schiedsgerichte nach §§ 577 ff ZPO vorsehen (18 ONc 2/20v).
[24] Eine solche statutarische Schiedsklausel gilt, wenn die Schiedsvereinbarung formgerecht in den Statuten festgelegt wurde, für die Gesellschaft und für alle Gesellschafter (Kalss in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 22.12). Auch die Gesellschaft selbst ist an den in der Satzung zum Ausdruck kommenden Willen der Mitglieder und somit auch an die darin enthaltene Schiedsanordnung gebunden (Koller in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht Band I Rz 3/348 mwN). Dabei ist es irrelevant, dass die Gesellschaft nicht selbst Partei der Schiedsvereinbarung im Gesellschaftsvertrag ist. Die Bindung der am Gesellschaftsvertrag nicht beteiligten GmbH an dessen Vorgaben ist ein dem Verbandsrecht wesensimmanentes Phänomen, das auch Schiedsklauseln erfasst (Trenker/Demetz, Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, wbl 2013, 3 mwN).
[25] Die Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegner behaupten auch gar nicht, dass die Erstantragsgegnerin selbst nicht unmittelbar an die Schiedsklausel „ihres“ Gesellschaftsvertrags gebunden sei. Sie machen vielmehr geltend, dass diese Schiedsklausel auf die hier mit Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche nicht zur Anwendung komme, weil sich diese Schiedsvereinbarung nur auf Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrag beziehe, der Gesellschaftsvertrag aber keine Bestimmung enthalte, auf die die nunmehr mit Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche gestützt seien.
[26] Welche Streitigkeiten von einer Schiedsklausel umfasst sind, ist grundsätzlich aufgrund ihres – auszulegenden – Inhalts zu ermitteln. Bestimmungen in Satzungen sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wie generelle Normen nach den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen. Maßgebend ist daher der objektive Sinn der Bestimmungen. Unklare oder eine mehrfache Deutung zulassende Bestimmungen sind in vernünftiger und billiger Weise so auszulegen, dass ihre Anwendung im Einzelfall brauchbare und vernünftige Ergebnisse zeitigt. Lässt der Wortlaut der Erklärung zwei gleichwertige Auslegungsergebnisse zu, so gebührt jener Auslegung der Vorzug, die die Gültigkeit der Schiedsklausel favorisiert (18 ONc 2/20v mwN).
[27] Die Ansprüche, die die Antragsteller als ausscheidende Gesellschafter gegenüber den Antragsgegnern mit ihrer Schiedsklage geltend machen, stehen in einem engen Zusammenhang mit deren (ehemaliger) Stellung und Funktion als geschäftsführende Gesellschafter. Sie gründen diese Ansprüche dementsprechend zwar vornehmlich, aber nicht ausschließlich auf den Syndikatsvertrag vom 30. 9. 2015.
[28] Nach dem Vorbringen der Antragsteller enthalte dieser Syndikatsvertrag in seinem Punkt 9. freilich Regelungen für die geltend gemachten Ansprüche. Die Zweit- und Drittantragsgegner als verbleibende Gesellschafter der Erstantragsgegnerin seien demnach zur Abrechnung dieser Ansprüche binnen drei Monaten nach Ausscheiden der Antragsteller aus der Gesellschaft verpflichtet gewesen. Trotz laufender Mahnung hätten diese mit fast drei Jahren Verspätung lediglich eine inhaltlich falsche Abrechnung gelegt und keine Zahlungen geleistet. Nach Punkt 9.5.7. des Syndikatsvertrags vom 30. 9. 2015 sollten alle Ansprüche ausscheidender Partner zwar Ansprüche gegen die Gesellschaft sein und die verbleibenden Partner sollten (nur) verpflichtet sein, an der Umsetzung mitzuwirken. Diese Bestimmung normiere jedoch einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, der, soweit sich Ansprüche dem Grunde nach gegen Gesellschafter richteten, nicht wirksam sei. Wegen des Verbots der Einlagenrückgewähr könnten die Verbindlichkeiten der Gesellschafter nicht auf die Gesellschaft übertragen werden. Diese Bestimmung entbinde daher die Parteien des Syndikatsvertrags nicht von der von ihnen darin übernommenen Verpflichtungen. Die Ansprüche der Antragsteller auf Abfindung der Werte ihrer Geschäftsanteile richteten sich ihrer Natur nach eben gegen die Zweit- und Drittantragsgegner als Mitgesellschafter und Syndikatspartner, die Ansprüche auf Rückzahlung der Finanzierungsbeiträge, den Anteil am Bilanzgewinn und die Entgelte für Geschäftsführung jedoch unmittelbar gegen die Erstantragsgegnerin als Gesellschaft. Nach Auffassung der Antragsteller hafteten dabei alle Antragsgegner für alle Ansprüche solidarisch. Mit dem Hauptbegehren ihrer Schiedsklage machten sie daher diese solidarische Haftung geltend. Als erstes Eventualbegehren machten sie hingegen die Haftung der Erstantragsgegnerin für die Zahlung und die Haftung der Zweit- und Drittantragsgegner für die Umsetzung in der Gesellschaft geltend, als zweites Eventualbegehren die Haftung der Zweit- und Drittantragsgegner nach Köpfen und mit dem dritten Eventualbegehren die Haftung der Zweit- und Drittantragsgegner für jeweils die Hälfte der Abfindung der Werte der Geschäftsanteile der Schiedskläger, die Haftung der Erstantragsgegnerin für die restlichen Ansprüche und die Haftung der Zweit- und Drittantragsgegner für die Umsetzung (Schiedsklage Blg ./6).
[29] Rechtsgrund der von den Antragstellern im Schiedsverfahren verfolgten Ansprüche ist demnach nicht ausschließlich der Syndikatsvertrag vom 30. 9. 2015, dessen Vertragspartei die Erstklägerin nicht ist. Vielmehr machen die Antragsteller gegenüber der Erstantragsgegnerin ausdrücklich Ansprüche unmittelbar aus ihrer (ehemaligen) Stellung und Funktion als deren geschäftsführende Gesellschafter geltend.
[30] Die Beurteilung, dieser Streit zwischen ausgeschiedenen Gesellschaftern und verbliebenen Gesellschaften sowie zwischen (ausgeschiedenen) Gesellschaftern und der Gesellschaft sei – als ein Streit aus dem Gesellschaftsverhältnis und damit aus dem Gesellschaftsvertrag – von der Schiedsklausel des Gesellschaftsvertrags umfasst, hält sich im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung zur Auslegung einer Schiedsvereinbarung; insbesondere folgt sie dem Grundsatz der größtmöglichen geltungserhaltenden Auslegung einer Schiedsvereinbarung. Entgegen der Auffassung der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners ist die objektive Reichweite der Schiedsklausel nicht auf Streitigkeiten über Ansprüche zu beschränken, die ihren Rechtsgrund in einer konkreten Bestimmung des Gesellschaftsvertrags haben soll.
[31] 2.4. Die Bestimmungen der §§ 586 und 587 ZPO sind hier daher (sinngemäß) anzuwenden.
[32] Jedenfalls im Verhältnis der Antragsteller zu den Zweit- und Drittantragsgegnern ergibt sich dies auch aus der Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015. Die zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung in diesem Kontext stehenden Verträge sind in der Beilage ./1 zu dieser Schiedsvereinbarung angeführt; dazu zählen der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft in der jeweils gültigen Fassung und der Syndikatsvertrag vom 30. 9. 2015 (Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015, Blg ./4).
[33] Die Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegner bestreiten die Maßgeblichkeit dieser Schiedsvereinbarung auch nur in Bezug auf die Erstantragsgegnerin. Diese sei schließlich nicht Partei dieser Schiedsvereinbarung; insbesondere habe die mit Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 27. 2. 2017 vorgenommene Spaltung gemäß § 1 Abs 2 2. Fall SpaltG nicht zum automatischen Rechtsübergang der Schiedsvereinbarung, die die übertragende Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern geschlossen habe, auf die aufnehmende Gesellschaft geführt.
[34] Die damit aufgeworfenen Fragen, ob die übertragende Gesellschaft von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung vom 30. 9. 2015 überhaupt umfasst war, und bejahendenfalls, ob diese aufgrund des Spaltungs- und Übernahmsvertrags vom 29. 3. 2017 als Teil des übertragenen Vermögens (Betrieb der Rechtsanwaltskanzlei) im Weg der Gesamtrechtsnachtfolge auf die Erstantragsgegnerin als übernehmende Gesellschaft übergegangen wäre (vgl dazu etwa 6 Ob 140/20m; RS0112576; RS0113261; Kalss in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 22.21), kann in diesem Verfahren im Hinblick auf die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts (auch) im Verhältnis zur Erstantragsgegnerin schon aufgrund der Schiedsklausel in deren Gesellschaftsvertrag dahinstehen. Das gilt noch viel mehr für die Auswirkungen der Spaltung auf die materiell‑rechtliche Berechtigung der von den Antragstellern erhobenen Ansprüche.
[35] 3. Nach beiden Schiedsvereinbarungen hat über die davon erfassten Rechtsstreitigkeiten ein dreigliedriges Schiedsgericht zu entscheiden. Es ist unstrittig, dass die Antragsteller die Antragsgegner zur Bestellung eines Schiedsrichters aufgefordert haben und dass diese säumig geblieben sind. Unstrittig ist auch, dass die schriftliche Aufforderung gemäß § 587 Abs 4 ZPO hinreichende Angaben darüber enthielt, welcher Anspruch geltend gemacht wird und auf welche Schiedsklausel sich die Antragstellerin beruft. Damit sind die Voraussetzungen des § 587 Abs 2 Z 4 ZPO erfüllt.
[36] Eine nachträgliche Benennung, die nach § 587 Abs 7 ZPO zur Abweisung des Antrags führte, ist nicht erfolgt. Die im Verfahren erfolgte Namhaftmachung eines Rechtsanwalts als den von ihnen zu bestellenden Schiedsrichter durch die Erstantragsgegnerin und den Zweitantragsgegner erfolgte (bloß) hilfsweise. Die Namhaftmachung desselben Rechtsanwalts durch den Drittantragsgegner erfolgte zwar nicht ausdrücklich hilfsweise, ist aber mit dem Antrag verknüpft, der Oberste Gerichtshof möge diesen zum Schiedsrichter bestellen. Dies ist im Hinblick darauf, dass auch der Drittantragsgegner den Antrag als „unzulässig und auch ansonsten formell nicht berechtigt“ bezeichnet, im Zweifel nicht als nachträgliche Benennung iSd § 587 Abs 7 ZPO zu verstehen.
[37] 4. Die Auswahl des Schiedsrichters liegt im gebundenen Ermessen des Gerichts. Es hat allerdings alle nach der Parteivereinbarung für den Schiedsrichter vorgesehenen Voraussetzungen angemessen zu berücksichtigen (§ 587 Abs 8 ZPO). Da die Schiedsklauseln dies als besondere Voraussetzungen für den Schiedsrichter vorsieht, ist ein nicht mit der Sache befasster Rechtsanwalt zu bestellen.
[38] Die Antragsgegner haben im wechselseitigen Einvernehmen einen Rechtsanwalt namhaft gemacht. An einen solchen (hilfsweise) gemachten Vorschlag der Parteien ist das Gericht bei der Auswahl des Schiedsrichters freilich nicht gebunden. Jedenfalls im vorliegenden Fall spricht aber auch nichts dagegen, die namhaft gemachte Person zum Schiedsrichter zu bestellen. Es besteht keinerlei Anlass, dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen.
[39] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 616 Abs 1 ZPO iVm § 78 AußStrG. Den erfolgreichen Antragstellern sind die Kosten des Bestellungsverfahrens zuzusprechen (18 ONc 1/22z mwN). Zu berücksichtigen war allerdings, dass den Antragstellern nur ein Streitgenossenzuschlag von 20 % zusteht (§ 15 RATG).
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