European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0140OS00049.24Y.0731.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Amtsdelikte/Korruption
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat sie vom 20. September 2022 bis zum 28. Februar 2023 in J* als mit der Zustellung behördlicher Schriftstücke nach dem ZustellG betraute Angestellte der Österreichischen Post AG, mithin als Beamtin im strafrechtlichen Sinn, mit dem Vorsatz, dadurch „Absender und Empfänger von zu eigenen Handen des Empfängers (RSa) bzw. durch Ersatzzustellung (RSb) zuzustellenden Sendungen (§§ 13, 21 ZustellG) in ihrem Recht auf ordnungsgemäße postalische Behandlung und Zustellung behördlicher Schriftstücke zu schädigen“, ihre Befugnis im Namen „des Bundes als dessen Organ“ (vgl aber RIS‑Justiz RS0132645; Nordmeyer in WK2 StGB § 302 Rz 95 [zum für § 302 StGB maßgeblichen funktionalen Beamtenbegriff]) in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass sie in 23, im angefochtenen Urteil einzeln angeführten Fällen, ebenso viele RSa- oder RSb-Sendungen unterschiedlicher (öffentlicher) Rechtsträger an sich nahm und im „Zustellertisch“, im Dienstfahrzeug, in ihrem Rucksack oder in ihrer Wohnung versteckte, anstatt sie den Adressaten zuzustellen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.
[4] Da diese bei deren Anmeldung (ON 13) keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnete, war die Nichtigkeitsbeschwerde schon deshalb bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).
[5] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[6] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
[7] Bleibt mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO anzumerken, dass das vom Erstgericht als Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes festgestellte Recht der jeweiligen (behördlichen) Absender „auf ordnungsgemäße postalische Behandlung und Zustellung behördlicher Schriftstücke“ bloß den für die Tatbestandserfüllung nicht ausreichenden (staatlichen) Anspruch, dass sich der Beamte den Vorschriften entsprechend verhält, somit keinen Befugnismissbrauch begeht, zum Ausdruck bringt (10 Os 117/77 [verst Senat]; RIS‑Justiz RS0096270 [T9, T10, T12, T14 ua]; Nordmeyer in WK2 StGB § 302 Rz 159 ff). Ein – ebenso konstatiertes – subjektives Recht der Adressaten gegenüber Postbediensteten auf Zustellung behördlicher Schriftstücke kommt ebenso wenig als Bezugspunkt in Frage.
[8] Ein amtswegig wahrzunehmender Rechtsfehler liegt gleichwohl nicht vor, weil das Erstgericht – gerade noch deutlich genug – zum Ausdruck brachte, dass sich der Schädigungsvorsatz der Angeklagten auch darauf erstreckte, den Anspruch der jeweiligen Adressaten auf Teilnahme an den jeweiligen (behördlichen) Verfahren zu beeinträchtigen und diese an weiteren subjektiven (absoluten) Rechten (etwa am Vermögen) zu schädigen (US 6 iVm ON 14, 5 und US 7; vgl 17 Os 3/16v).
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