OGH 8ObA27/24i

OGH8ObA27/24i26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka und Dr. Stefula und die fachkundigen Laienrichter Mag. Elisabeth Schmied (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid‑Wilches (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S* O*, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei C* B*, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in Villach, wegen 17.254,36 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. März 2024, GZ 6 Ra 44/23x‑62, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:008OBA00027.24I.0626.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Nach ständiger Rechtsprechung ist der Arbeitgeber vor dem Austritt in die Lage zu versetzen, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass das Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers möglichst geschützt sind. Diese Obliegenheit des Arbeitnehmers entfällt, wenn dem Arbeitgeber die Gesundheitsgefährdung bereits bekannt ist oder dieser ohnehin nicht Abhilfe schaffen kann (vgl RS0028715; RS0028663; RS0060148; RS0028785; RS0028651). Der Frage, ob der Arbeitnehmer der Obliegenheit im Einzelfall entsprach (bzw sie ausnahmsweise nicht bestand), kommt – abseits einer hier nicht vorliegenden, im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmenden Fehlbeurteilung – keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu. Die Verneinung der Frage durch die Vorinstanz – und damit auch deren Qualifikation des Austritts der Klägerin als unberechtigt – ist jedenfalls vertretbar. Im vorliegenden Fall legte die Klägerin nämlich die Aspekte, die sie psychisch belasteten, dem Beklagten nur rudimentär offen und verunmöglichte es ihm hierdurch, das Verhalten ihrer Kolleginnen auf konkrete und ins Gewicht fallende Missstände zu überprüfen und in weiterer Folge erforderlichenfalls auf ein gedeihliches Arbeitsklima hinzuwirken. Hieran ändert auch nichts, dass die Arbeiterkammer für die Klägerin in einem Schreiben vom 13. 1. 2020, mit dem eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses angeboten wurde, auf den schlechten Gesundheitszustand der Klägerin hinwies, blieb hierdurch doch weiterhin im Dunkeln, welche zahlreichen „Vorfälle“ die Klägerin belasteten.

[2] Aus der bloßen Dauer ihres Krankenstandes ergibt sich im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Klägerin in der außerordentlichen Revision nicht die Berechtigung ihres Austritts. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung berechtigt nach der Rechtsprechung einen Arbeitnehmer erst dann zum Austritt aus einem Dienstverhältnis, wenn zu erwarten ist, dass sie über den in § 139 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum (26 Wochen) andauern und ihn an der Ausübung seiner vertraglich vereinbarten Tätigkeit hindern wird. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass erst in einem solchen Fall dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist (RS0060144). Die Klägerin war bei ihrem Austritt erst rund zwei Monate im Krankenstand. Dass es im Zeitpunkt ihrer Austrittserklärung zu erwarten war, dass der Krankenstand noch zumindest weitere rund vier Monate (und damit 26 Wochen) andauern werde, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.

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