OGH 15Os69/24x

OGH15Os69/24x26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Edermaier‑Edermayr, LL.M. (WU), in der Strafsache gegen * N* wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, AZ 15 U 346/23s des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 5. Dezember 2023 (ON 11) ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00069.24X.0626.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 5. Dezember 2023, GZ 15 U 346/23s‑11, verletzt § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Dieser Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.

 

Gründe:

[1] Mit (seit 16. Juni 2020 rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. Juni 2020, AZ 14 Hv 14/20h, wurde * N* der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, welche unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

[2] Mit dem (gekürzt ausgefertigten) Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 5. Dezember 2023, GZ 15 U 346/23s‑7, wurde N* des am 29. Juli 2023 begangenen Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

[3] Das Bezirksgericht fasste zugleich den auf § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gestützten Beschluss (ON 7, 4 = ON 11), vom Widerruf (unter anderem) der zu AZ 14 Hv 14/20h des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, jedoch die Probezeit zu diesem Verfahren auf fünf Jahre zu verlängern.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dieser Beschluss steht – wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[5] Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit – von der in § 53 Abs 1 letzter Satz StGB normierten, hier nicht aktuellen Ausnahme abgesehen – nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS‑Justiz RS0112811, RS0092019).

[6] Da vorliegend die für den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit zum Anlass genommene Straftat nicht während der im Verfahren AZ 14 Hv 14/20h des Landesgerichts für Strafsachen Wien bestimmten (seit 16. Juni 2020 laufenden) dreijährigen Probezeit, sondern erst nach deren Ablauf (§§ 49, 68 StGB) am 29. Juli 2023 verübt wurde, verletzt der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. Dezember 2023 in diesem Umfang § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

[7] Da die Verlängerung der Probezeit dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, war die Feststellung der Gesetzesverletzung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

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