OGH 21Ds6/23d

OGH21Ds6/23d26.4.2024

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 26. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Leb MBA und Dr. Fetz als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, über die Beschwerde des Kammeranwalts gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 15. Februar 2023, GZ D 127/22‑12, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0210DS00006.23D.0426.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Standes- und Disziplinarrecht der Anwälte

 

Spruch:

Der Beschwerde des Kammeranwalts wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass Grund zur Disziplinarbehandlung in mündlicher Verhandlung hinsichtlich des Verdachts besteht, Rechtsanwalt * habe es im März 2022 in der Kaufvertragssache der Käuferin R* H* OG und des Verkäufers A* M* als Vertragserrichter und Treuhänder unterlassen, die für die Wirksamkeit und Durchführung des Vertrags erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung einzuholen, die Vertragsparteien über die Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien zu belehren und die Treuhandschaft dem „Elektronischen Anwaltlichen Treuhandbuch (eATHB)“ zu melden.

Zur Durchführung des weiteren Verfahrens werden die Akten dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien zugeleitet.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Beschluss sprach der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien aus, dass kein Grund zur Disziplinarbehandlung von Rechtsanwalt * wegen des Vorwurfs vorliege, „er habe in der Kaufvertragssache R* H* OG / M*, abgeschlossen im März 2022, als Vertragserrichter und Treuhänder fungiert, aber diesen Kaufpreis nicht über das eATHB abgewickelt, wobei das laut Seite 4 des Kaufvertrags angeführte Konto beim eATHB der Rechtsanwaltskammer Wien nicht elektronisch gesichert registriert wurde und auch eine (versuchte) Meldung einer Treuhandschaft mit Untersagungserklärung nicht vorliegt“.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der dagegen vom Kammeranwalt erhobenen, die Fassung eines Einleitungsbeschlusses begehrenden Beschwerde kommt aus nachstehenden Erwägungen Berechtigung zu:

[3] Dem Verfahren liegt eine – zunächst von der Abteilung Berufsüberwachung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (AZ *) behandelte – Eingabe des A* M* vom 8. Juni 2022 über Probleme bei der Abwicklung eines Kaufvertrags durch den Vertragserrichter und Treuhänder Rechtsanwalt * zugrunde (vgl ON 1 = KA 223/22). Der in Rede stehende – von A* M* und in der Folge auch von * der Abteilung Berufsüberwachung übermittelte – Kaufvertrag zwischen der R* H* OG als Käuferin und A* M* als Verkäufer über eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft in der Katastralgemeinde Ha* wurde von den Vertragsparteien am 25. Februar bzw 9. März 2022 unterfertigt. Hinsichtlich des Kaufpreises von insgesamt 105.000 Euro wurde vereinbart, dass die Käuferin diesen „zu treuen Handen dem Treuhänder Rechtsanwalt *“ auf das im Vertrag genannte Treuhandkonto zu bezahlen hat (Punkt III./2./ und 3./). In Punkt IV./ „Treuhandauftrag“ wurde für die Abwicklung des Kaufpreises Rechtsanwalt * zum Treuhänder bestellt und dessen im Rahmen der Treuhandschaft zu besorgenden Aufgaben festgelegt.

[4] In seiner Äußerung an die Abteilung Berufsüberwachung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer vom 15. Juni 2022 erklärte Rechtsanwalt *, dass die Käuferin den Kaufpreis bislang nicht auf sein Treuhandkonto überwiesen und lediglich einen Teilkaufpreis in Höhe von 35.000 Euro direkt an den Verkäufer bezahlt habe; als Treuhänder könne er in dieser Situation nichts unternehmen. Mit Schreiben vom 9. Juli 2022 gab * bekannt, dass es laut Mitteilung des Käufers zu einer Leistungsstörung gekommen sei; er werde die Treuhandschaft zur Sicherheit dem eATHB melden. Mit Schreiben vom 15. Juli 2022 erklärte er, dass er von beiden Seiten in die Leistungsabwicklung „hineingezogen“ worden sei, A* M* wegen Nichtbezahlung des Kaufpreises unzählige Male in seiner Kanzlei angerufen habe, es zu einem Vertrauensverlust gekommen sei und er die Treuhandschaft daher zurückgelegt habe, wobei auf seinem Konto nie Treuhandgeld „in dieser Sache“ gelegen sei (vgl KA 223/22).

[5] In seiner Stellungnahme an den Untersuchungskommissär vom 23. Oktober 2022 verwies der Disziplinarbeschuldigte auf seine bisherigen Stellungnahmen und betonte, dass er zu keinem Zeitpunkt Treuhandgelder in seinem Gewahrsam gehabt, somit keine Gefahr für Treuhandgelder bestanden und er auch nicht die Absicht gehabt habe, eine Treuhandschaft ohne das eATHB der Rechtsanwaltskammer Wien abzuwickeln (ON 5).

[6] A* M* teilte dem Untersuchungskommissär in zwei Telefonaten am 11. November 2022 (ON 6) und am 14. Dezember 2022 (ON 9) ua mit, dass er von der Treuhandeinrichtung bei der Rechtsanwaltskammer nichts gewusst habe und der Betrag von 35.000 Euro als Anzahlung vom Käufer direkt an ihn geflossen sei; an Rechtsanwalt * sei kein Treuhandgeld geflossen. Er habe den von diesem errichteten Kaufvertrag beim Notar unterzeichnet; * habe dann verabsäumt, den Vertrag bei der Grundverkehrsbehörde zur Genehmigung anzuzeigen, sei völlig untätig geblieben und auch nicht mehr erreichbar gewesen. Der gesamte Vertrag sei dann beim Notar neu aufgesetzt und von diesem zufriedenstellend abgewickelt worden.

[7] Im angefochtenen Beschluss ging der Disziplinarrat in tatsächlicher Hinsicht davon aus (BS 2), dass Rechtsanwalt * im Frühjahr 2022 von A* M* mit der Errichtung eines Kaufvertrags einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft in Niederösterreich beauftragt wurde. Im „Kaufvertragsentwurf“ war vorgesehen, dass der Disziplinarbeschuldigte die Treuhandschaft zur Abwicklung eines „Teilkaufpreises“ übernehmen soll (Punkt IV./ des Kaufvertrags). Der Disziplinarbeschuldigte habe A* M* nicht darüber informiert, dass im Bereich der Rechtsanwaltskammer Wien das eATHB existiert und Treuhandkonten über dieses abzuwickeln sind. A* M* habe „zu erkennen“ gegeben, dass er überhaupt keine Aufklärung hinsichtlich der treuhändischen Abwicklung erfahren habe. Der vom Disziplinarbeschuldigten verfasste, von den Vertragsparteien am 9. März 2022 unterfertigte Kaufvertrag samt Treuhandauftrag sei tatsächlich nie rechtswirksam zustande gekommen, weil der Disziplinarbeschuldigte es unterlassen habe, den bedingt abgeschlossenen Kaufvertrag einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft grundverkehrsbehördlich genehmigen zu lassen.

[8] Der Disziplinarrat gelangte zur Überzeugung, „dass im Licht des § 212 Z 2 StPO idF BGBl I 2004/19 (§ 77 Abs 3 DSt) das vorliegende Tatsachensubstrat vorerst keinen Grund zur Annahme bietet, dass seine Dringlichkeit und sein Gewicht ausreichen, um eine Verurteilung des Disziplinarbeschuldigten auch nur für möglich zu halten, und von weiteren Ermittlungen im Vorverfahren eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist“. Allein das Säumnis des Disziplinarbeschuldigten, den bedingt abgeschlossenen Vertrag grundverkehrsbehördlich genehmigen zu lassen, gereiche diesem letztendlich zum Vorteil, als ihm nicht vorgeworfen werden könne, er habe eine „übernommene Treuhandschaft“ nicht über das eATHB abgewickelt.

[9] In seiner Äußerung zur Beschwerde des Kammeranwalts (ON 15) brachte der Disziplinarbeschuldigte vor, dass er nicht von A* M*, sondern von D* R* mit der Errichtung des Kaufvertrags beauftragt worden sei und diesen unentgeltlich erstellt habe. Er sei von keiner der Parteien mit der Einholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung beauftragt worden. Die Treuhandschaft habe er in der Folge gekündigt.

[10] Ergänzend führte der Disziplinarbeschuldigte in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur unter Anschluss einer Erklärung des D* R* vom 4. Oktober am 16. Oktober 2023 aus, dass er entgegen der Behauptung des Anzeigers nicht mit Errichtung des Kaufvertrags beauftragt worden sei und diesen auch nicht kenne.

[11] Mangels Beauftragung durch eine der Parteien könne er mit der Einholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auch nicht in Verzug gewesen sein. D* R* hätte sich vorbehalten, welche Person er mit der Einholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung beauftragen wolle.

[12] Abgesehen davon wäre der beabsichtigte Kauf samt Treuhandauftrag infolge diesbezüglicher Säumnis des D* R* noch nicht wirksam gewesen. Die Einholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wäre nicht Aufgabe des Disziplinarbeschuldigten gewesen. Nach den Schlussfolgerungen des Disziplinarbeschuldigten wäre der beabsichtigte Kauf zivilrechtlich noch nicht wirksam gewesen, sodass auch der beabsichtigte Treuhandauftrag noch nicht entstanden sei. Zur Treuhandschaft selbst führte der Disziplinarbeschuldigte ferner aus, dass er sich unentgeltlich als Treuhänder zur Verfügung gestellt hätte und die Verzögerung der Abwicklung allein aufgrund der Liquiditätsengpässe auf Seiten des D* R* erfolgt sei. Er hätte es abgelehnt, hier noch weiter tätig zu werden (auch im Zusammenhang mit einer drittfinanzierenden Bank) und in der Folge seinen Rücktritt von der zunächst vorgesehenen Treuhandschaft lange vor der Funktion als wirksam bestellter Treuhänder des Kaufvertrags und vor der ersten Verfügung erklärt. Es hätte demnach noch ausreichend Zeit vor Wirksamwerden und somit vor Übernahme des Treuhandauftrags bestanden, die Vertragsparteien auch im Detail über die Bestimmungen des Statuts aufzuklären.

[13] Ein Beschluss, dass kein Grund zur Disziplinarbehandlung vorliegt (Einstellungsbeschluss), darf vom Disziplinarrat nur gefasst werden, wenn nicht einmal der Verdacht eines ein Disziplinarvergehen begründenden Verhaltens des angezeigten Rechtsanwalts vorliegt (vgl RIS‑Justiz RS0056969, RS0057005).

[14] Vom – eine Verfahrenseinstellung rechtfertigenden – Fehlen eines solchen Verdachts ist (im Lichte des § 212 Z 2 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) nur dann auszugehen, wenn das vorliegende Tatsachensubstrat Grund zur Annahme bietet, dass Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Beschuldigten auch nur für möglich zu halten, und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist. Diese Beurteilung ist Sache der Beweiswürdigung des Senats gemäß § 28 DSt, während dem erkennenden Senat gemäß § 30 DSt die Prüfung vorbehalten ist, ob sich der Verdacht zum Schuldbeweis verdichtet hat (RIS‑Justiz RS0056973 [T5]).

[15] Kaufverträge über land‑ und forstwirtschaftliche Grundstücke in Niederösterreich bedürfen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (§ 4 Abs 1 NÖ GVG 2007). Der entsprechende Antrag ist innerhalb von drei Monaten ab Vertragsabschluss bei der Grundverkehrsbehörde zu stellen (vgl § 10 Abs 1 NÖ GVG 2007). Solange die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erteilt wurde, darf gemäß § 25 NÖ GVG 2007 das zugrundeliegende Rechtsgeschäft nicht durchgeführt werden; die Parteien sind jedoch an das Rechtsgeschäft gebunden (vgl zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung als Suspensivbedingung: RIS‑Justiz RS0038627, RS0061101).

[16] § 9 Abs 1 RAO verpflichtet den Rechtsanwalt, die übernommenen Vertretungen mit Eifer zu betreiben und die nach der Rechtsordnung für die Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks – etwa für die Wirksamkeit und Durchführung eines von ihm errichteten Vertrags – erforderlichen Schritte – wie etwa die Einholung notwendiger behördlicher Genehmigungen – zu veranlassen (vgl auch § 11 Abs 1 RAO); eine schuldhafte Vernachlässigung dieser Diligenzpflicht begründet eine Berufspflichtenverletzung (Lehner in Engelhart et al, RAO11 § 1 DSt Rz 35; RIS‑Justiz RS0055801; vgl auch RIS‑Justiz RS0038724). Wird ein Rechtsanwalt – wie hier – von beiden Parteien eines (unter seiner alleinigen Intervention abgeschlossenen [vgl hiezu: Rohregger in Engelhart et al, RAO11 § 10 RAO Rz 22; RIS‑Justiz RS0054994]) Kaufvertrags als Treuhänder bestellt und beauftragt, so hat er die Interessen beider Treugeber zu wahren (vgl RIS‑Justiz RS0010415 [T6, T7, T19]; Vitek in Engelhart et al, RAO11 § 10a RAO Rz 5; Rohregger in Engelhart et al, RAO11 § 10 RAO Rz 24).

[17] Die den Rechtsanwalt bei Übernahme und Abwicklung einer Treuhandschaft treffenden Pflichten sind in § 10a RAO sowie in den gemäß § 27 Abs 1 lit g RAO erlassenen Richtlinien der jeweiligen Rechtsanwaltskammer für die Errichtung und Führung der Treuhandeinrichtung geregelt, fallbezogen somit im Statut 2019 der Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien „Elektronisches Anwaltliches Treuhandbuch (eATHB)“ in der – hier relevanten – ab 1. Mai 2019 geltenden Fassung (im Folgenden: Statut). Ein Verstoß gegen die Vorschriften dieses Statuts stellt eine Berufspflichtenverletzung dar (vgl 20 Ds 3/19z mwN).

[18] Im Fall einer – wie hier – über die Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer zu sichernden Treuhandschaft (vgl § 10a Abs 2, § 23 Abs 6 RAO; vgl Punkt 6.2. des Statuts) treffen den Rechtsanwalt ua Belehrungs‑ und Meldepflichten: So hat der Rechtsanwalt gemäß Punkt 9. des Statuts den Vertragsparteien vor Übernahme des Treuhandauftrags dieses Statut nachweislich zur Kenntnis zu bringen und sie darüber zu informieren, dass die Treuhandschaft nach den Bestimmungen dieses Statuts abgewickelt wird. Gemäß Punkt 10.2.1. ist der Rechtsanwalt verpflichtet, jede unter das Statut fallende Treuhandschaft dem eATHB der Rechtsanwaltskammer zu melden (vgl auch Punkt 15.1.). Punkt 8.3.1. des Statuts verpflichtet den Rechtsanwalt, die vom Treuhandmodul generierte und von den Vertragsparteien sowie vom Rechtsanwalt unterfertigte (vgl Punkt 8.2.1.) Zusammenfassung der für den Zahlungsverkehr relevanten Daten („Kammermeldung“; vgl Punkt 5.8.) spätestens (vgl Punkte 8.2.1. und 15.1.) vor der ersten Verfügung über den Treuhanderlag zu übermitteln (vgl auch § 10a Abs 4 erster Satz RAO).

[19] Die Beschwerde des Kammeranwalts zeigt ausreichend deutlich auf, dass aus dem Blickwinkel des § 28 DSt genügend Anhaltspunkte für den Verdacht vorliegen, Rechtsanwalt * habe im März 2022 nach Unterfertigung des von ihm errichteten Kaufvertrags – unter Missachtung der ihn nach § 9 Abs 1 RAO treffenden Diligenzpflicht – die erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht eingeholt sowie – entgegen den Bestimmungen des Statuts 2019 – die im – zwar der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfenden, die Parteien jedoch bindenden – Kaufvertrag übernommene Treuhandschaft nicht dem „Elektronischen Anwaltlichen Treuhandbuch (eATHB)“ gemeldet (und im Übrigen die Vertragsparteien auch nicht über die Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien und die Abwicklung der Treuhandschaft über das „Elektronische Anwaltliche Treuhandbuch [eATHB]“ belehrt).

[20] Da demnach – auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Disziplinarbeschuldigten vom 16. Oktober 2023 – die Möglichkeit eines disziplinarrechtlichen Fehlverhaltens nicht auszuschließen ist und über allfällige Zweifel an dessen disziplinärer Verantwortlichkeit nur in einer mündlichen Disziplinarverhandlung entschieden werden kann (vgl Lehner in Engelhart et al, RAO11 § 28 DSt Rz 10; RIS‑Justiz RS0110142, RS0057005), erweist sich der Einstellungsbeschluss nach § 28 Abs 3 DSt als verfehlt.

[21] Der Beschwerde des Kammeranwalts war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Beschuldigten Folge zu geben und der angefochtene Beschluss dahin abzuändern, dass Grund zur Disziplinarbehandlung in mündlicher Verhandlung hinsichtlich des Verdachts besteht, Rechtsanwalt * habe es im März 2022 in der Kaufvertragssache der Käuferin R* H* OG und des Verkäufers A* M* als Vertragserrichter und Treuhänder unterlassen, die für die Wirksamkeit und Durchführung des Vertrags erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung einzuholen, die Vertragsparteien über die Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien zu belehren und die Treuhandschaft dem „Elektronischen Anwaltlichen Treuhandbuch (eATHB)“ zu melden.

[22] Zur Durchführung des weiteren Verfahrens waren die Akten dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien zuzuleiten.

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