OGH 13Os13/24x

OGH13Os13/24x24.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Flickinger in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. September 2023, GZ 9 Hv 78/23a‑55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00013.24X.0424.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (1), jeweils eines Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (2), der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (3) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (5) sowie mehrerer Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (4) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zur Rechtzeitigkeit:

[3] Entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur erweist sich die Ausführung der – rechtzeitig angemeldeten (ON 49) – Nichtigkeitsbeschwerde als ebenfalls rechtzeitig. Wurde sie doch am 2. Jänner 2024, somit binnen vier Wochen (§ 285 Abs 1 StPO) nach der mit Wirksamkeit (§ 89d Abs 2 GOG) vom 6. Dezember 2023 erfolgten Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verfahrenshilfeverteidiger (von einer Substitutin [ON 58] desselben) eingebracht (ON 59).

[4] Daran ändert nichts, dass das Urteil schon zuvor, nämlich am 30. November 2023, der damaligen, mit Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 2. November 2023 (ON 53) bestellten Verfahrenshilfeverteidigerin zugestellt worden war (vgl ON 1.48). Denn deren nachfolgende Enthebung aus einem der in § 45 Abs 4 RAO genannten Gründe („Interessenkollision“, vgl § 10 Abs 1 erster Satz zweiter Halbsatz und zweiter Satz RAO) mit Bescheid jenes Ausschusses vom 4. Dezember 2023 (ON 56) hatte zur Folge, dass die Ausführungsfrist durch die Zustellung des Urteils an den – an ihrer Statt bestellten – nunmehrigen Verfahrenshilfeverteidiger neu zu laufen begonnen hat (RIS‑Justiz RS0072335, RS0111614, insbesondere [zu § 63 StPO idgF] 11 Os 17/19p, 18/19k, 33/19s, sowie Soyer/Schumann, WK‑StPO § 63 Rz 17 und 22).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

[5] Weder nach dem Anklagevorwurf (ON 35) noch nach den Urteilsfeststellungen (US 4 bis 11) wurde (irgend‑)eine der vom Schuldspruch umfassten (Gewalt‑)Taten des Angeklagten zum Nachteil dessen Partnerin begangen.

[6] Der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf „nochmalige Einvernahme der Zeugin * V* zum Beweis dafür, dass der Angeklagte in der Beziehung nicht gewalttätig war, wie von der Zeugin * W* heute angegeben“ (ON 54 S 22), ließ – hiervon ausgehend – keinen Konnex zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage erkennen.

[7] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) verfiel er daher zu Recht der Abweisung (RIS‑Justiz RS0118444).

[8] Im Rechtsmittel nachgetragenes, den Antrag ergänzendes Vorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

[9] Die von der Mängelrüge vermisste (Z 5 vierter Fall) Begründung der den Schuldspruch 3 (mit‑)tragenden Feststellungen (US 6 und 9) zu gefährlichen Drohungen des Angeklagten gegenüber * S* (einem seiner „Subdealer“) findet sich auf der US 16. Mit dem Vorwurf, das Erstgericht hätte dabei „Beweisergebnisse unrichtig gewürdigt“, verfehlt die Rüge den Anfechtungsrahmen.

[10] Ob und in welcher Höhe der Beschwerdeführer aus den vom Schuldspruch 1 umfassten Suchtgiftüberlassungen Verkaufserlöse erzielt hat, ist – weil § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG darauf nicht abstellen – weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage bedeutsam, somit nicht entscheidend.

[11] Indem sie die Feststellung eines „insgesamt“ erzielten „Erlös[es]“ von „zumindest EUR 738.950,00“ (US 9) bekämpft, geht die weitere Mängelrüge (Z 5) schon deshalb ins Leere (RIS‑Justiz RS0106268).

[12] Sollte der Einwand als Kritik an der Tatsachengrundlage für das Verfallserkenntnis (US 3) aufzufassen sein, macht er keine Nichtigkeit (allenfalls Z 11 erster Fall iVm Z 5) geltend. Vielmehr wird – durch Anstellen eigenständiger Beweiswerterwägungen – bloß ein Berufungsvorbringen erstattet (vgl RIS‑Justiz RS0114233).

[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[14] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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