OGH 504Präs9/24v

OGH504Präs9/24v26.3.2024

Der Präsident des Obersten Gerichtshofs fasst in der Disziplinarsache der Anzeige von Dr. E* V*, Rechtsanwalt, *, AZ * der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer über den Antrag des Einschreiters auf Nichtigerklärung und Delegation den

Beschluss:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:504PRA00009.24V.0326.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2022 richtete der Einschreiter an den Disziplinarrat der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer eine „Beschwerde, Befangenheitsanzeige/Ablehnungsantrag, Anzeige“.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2023 verständigte der Ausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer den Einschreiter davon, dass der Kammeranwalt‑Stellvertreter die Anzeige, soweit das angeführte Schreiben als Disziplinaranzeige zu verstehen sei, gemäß § 22 Abs 2 DSt zurückgelegt habe. Die Zurücklegung sei vom Ausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer in der Sitzung vom 13. Dezember 2023 zur Kenntnis genommen worden. Insgesamt gehe der Kammeranwalt‑Stellvertreter nach Prüfung der aktengegenständlichen Urkunden davon aus, dass keine konkreten Umstände vorliegen, die eine Beantragung der Einleitung von Disziplinarverfahren gegen Funktionäre der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer rechtfertigen würden, weshalb die Disziplinaranzeige gemäß § 22 Abs 2 DSt zurückzulegen gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Jänner 2024 erhob der Einschreiter „Beschwerde“, und zwar ausdrücklich an die „Präsidentin des Obersten Gerichtshofs in Wien“, und stellte den Antrag, die im Schreiben der Rechtsanwaltskammer (gemeint: Vorarlberg) vom 14. Dezember 2023 zu * erwähnten Entscheidungen (Zurücklegung, Kenntnisnahmen) für nichtig zu erklären und seine standesrechtliche Anzeige vom 21. Dezember 2022 an einen unabhängigen Disziplinarrat zwecks Überprüfung des von ihm aufgezeigten Sachverhalts in standesrechtlicher Hinsicht zu übertragen (delegieren).

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag ist unzulässig.

Schon nach der früheren Rechtslage waren die Mitteilung des Kammeranwalts an den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer gemäß § 22 Abs 2 DSt 1990 sowie der Beschluss des Ausschusses, dass kein Anlass zu einer standesbehördlichen Verfügung bestehe, kein Bescheid (ZfVB 1985/3/1108; ZfVB 1986/3/1136). Mangels Bescheidcharakter war daher weder die Anfechtung einer derartigen Mitteilung des Kammeranwalts noch des Beschlusses des Ausschusses durch ein ordentliches Rechtsmittel zulässig (RS0056852). Da die Zurücklegung der Anzeige zur Folge hat, dass kein Disziplinarverfahren eingeleitet und der Disziplinarrat mit der Angelegenheit nicht befasst wird, kommen auch die Bestimmungen des DSt über Rechtsmittel im Disziplinarverfahren (§ 46ff DSt) nicht zur Anwendung (RS0056852). Eine Beschwerde gegen die Zurücklegung einer Anzeige durch den Kammeranwalt und gegen die Mitteilung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer, dass keine Weisung zur Disziplinarverfolgung erteilt werde, ist daher unzulässig (RS0056852 [T1]).

Diese Erwägungen gelten auch für die aktuelle Rechtslage. Die Folge der Zurücklegung einer Anzeige durch den Kammeranwalt (§ 22 Abs 2 DSt) ist, dass kein Disziplinarverfahren eröffnet wird, also der Disziplinarrat mit dem Sachverhalt nicht befasst wird (Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO11 § 22 DSt Rz 4 und § 46 DSt Rz 3).

Zurücklegungen nach § 22 Abs 2 DSt sind weder Erkenntnisse noch Beschlüsse im Sinne des DSt, sodass schon aus diesem Grund die Erhebung eines Rechtsmittels gegen diese Entscheidungen nicht statthaft ist. Mangels Befassung des Disziplinarrats liegt auch keine Entscheidung iSd § 46 DSt vor, sodass auch eine Beschwerde nicht in Betracht kommt.

Aus diesem Grund erweist sich auch der Delegierungsantrag als unzulässig. Weder liegt ein Disziplinarverfahren im Rechtssinne vor, das einer Delegation zugänglich wäre, noch kommt dem Einschreiter diesbezüglich Antragslegitimation zu (RS0113202; RS0055386; Lehner aaO § 25 DSt Rz 1 mwN).

Die Eingabe des Einschreiters war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

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