OGH 14Os3/24h

OGH14Os3/24h20.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Februar 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. De Rijk in der Strafsache gegen * Z* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * H* und * N* sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 21. November 2023, GZ 19 Hv 78/23z‑105, weiters die Beschwerden des Angeklagten H* und der Staatsanwaltschaft gegen zugleich gefasste Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0140OS00003.24H.0220.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Jugendstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten H* und N* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit hier von Bedeutung – * H* und * N* (dieser iVm § 12 dritter Fall StGB) jeweils mehrerer Verbrechen der schweren Körperverletzung nach „§§ 15, 84 Abs 4 und 5 Z 2“ (richtig [vgl 15 Os 91/22d; RIS‑Justiz RS0132358]: § 83 Abs 1, § 84 Abs 5 Z 2 und §§ 15, 84 Abs 4) StGB (1/b) schuldig erkannt.

[2] Danach haben (zu 1/b) am 10. April 2023 in G* unter anderem H* und N* in verabredeter Verbindung mit den beiden Mitangeklagten (und einer weiteren Person) * L* schwer am Körper zu verletzen versucht, indem einer der Mitangeklagten diesem zunächst zwei wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzte, N* ihn im Zuge der weiteren Auseinandersetzung fixierte und derselbe Mitangeklagte L* zehnmal mit der Faust gegen Kopf und Oberkörper schlug sowie H* diesem in weiterer Folge einen wuchtigen Tritt gegen den Oberkörper und zwei Faustschläge gegen den Kopf versetzte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen von H* aus Z 10, von N* aus Z 5 und 5a, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht im Recht.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H*:

[4] Die (einen Schuldspruch nach § 91 Abs 2 StGB anstrebende) Subsumtionsrüge (Z 10) kritisiert die Feststellung, die Angeklagten hätten (vor der körperlichen Auseinandersetzung) „zumindest schlüssig“ verabredet, eine andere Gruppe anzugreifen und „zumindest einigen deren Mitgliedern“ Körperverletzungen zuzufügen (US 8), unsubstantiiert als „nicht ausreichend“ für die Annahme einer „Willenseinigung vor Beginn der Tatausführung“ (vgl RIS‑Justiz RS0099236), ohne im Einzelnen darzulegen, welche weiteren Konstatierungen für eine Subsumtion nach § 84 Abs 5 Z 2 StGB erforderlich gewesen wären. Sie verfehlt solcherart die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS‑Justiz RS0099620). Weshalb der (ohnehin nur wegen Tatversuchs erfolgte) Schuldspruch – zumal unter Berücksichtigung der weiteren Feststellung zum gemeinschaftlichen Auftreten der Angeklagten in Umsetzung des Tatplans (US 9) – eine konkrete Zuordnung, „welche Tathandlungen der vier Angeklagten die eingetretenen leichten Verletzungen des * L* verursacht haben“, erfordert hätte, wird ebenso wenig erklärt (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0092805, RS0092849; zum Ganzen Burgstaller/Schütz in WK2 StGB § 84 Rz 86 ff).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N*:

[5] Die Mängelrüge nimmt mit dem Einwand fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellung, auch der Beschwerdeführer habe mit den übrigen Angeklagten die Zufügung von Körperverletzungen verabredet und sich in Umsetzung dieser Willensübereinkunft an der Ausführung beteiligt (US 8 f), nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl aber RIS‑Justiz RS0119370). Das Erstgericht stützt sich dabei – ohne Bedenken unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit zu wecken – insbesondere auf die (geständige und die übrigen Angeklagten belastende) Verantwortung des Mitangeklagten * B* und die in der Hauptverhandlung vorgeführte (ON 104, 14 f) Videoaufzeichnung des Vorfalls (US 12 f).

[6] Ein vom Beschwerdeführer monierter „Widerspruch“ (Z 5 dritter Fall) zwischen „den im Hauptverhandlungsprotokoll festgehaltenen Aussagen“ und den Entscheidungsgründen ist nicht Gegenstand des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0117402 [T8 und T16]).

[7] Entgegen dem weiteren Vorbringen (der Sache nach Z 5 vierter Fall) kann sich die Feststellung, ein Mitangeklagter habe die übrigen Angeklagten vor der tätlichen Auseinandersetzung aufgefordert, den anderen (auch L*) „jetzt richtig auf die Goschn“ zu hauen (US 8), sehr wohl auf die Aussage des Angeklagten B* stützen (vgl ON 11a, 4). Die Behauptung, es sei bloß davon gesprochen worden, die andere Gruppe „zur Rede zu stellen“, trifft somit nicht zu.

[8] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) auf das Vorbringen der Mängelrüge verweist, vernachlässigt sie den wesensmäßigen Unterschied der Nichtigkeitsgründe und das daraus folgende Gebot zu deren getrennter Ausführung (RIS‑Justiz RS0115902).

[9] Im Übrigen erschöpft sich die unter diesem Aspekt vorgetragene Kritik darin, der erstgerichtlichen Beweiswürdigung eigenständige, für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen aus – im Übrigen nicht konkret angeführten (vgl aber RIS‑Justiz RS0117446) – Verfahrensergebnissen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung entgegenzustellen.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[11] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 dritter und vierter Satz StPO).

[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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