OGH 11Os145/23t

OGH11Os145/23t13.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. De Rijk als Schriftführerin in der Strafsache gegen * A* und * S* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten A* gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 28. September 2023, GZ 13 Hv 79/23f‑31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00145.23T.0213.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten A*werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten A* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des * S* enthält, wurde der Angeklagte * A* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 20. Juli 2023 in W* „im vorsätzlichen Zusammenwirken“ mit * S* * P* als Angestellte der Trafik H* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in nicht näher bekannter Höhe, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich oder einen Dritten durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem zunächst A* – gemäß dem zuvor gemeinsam gefassten Tatplan – in der Trafik Zigaretten kaufte und sodann S* bei Öffnen der Kassenlade durch die Trafikantin die Trafik betrat und P* unter Vorhalt eines Messers zur Übergabe von Bargeld aufforderte, wobei es infolge der Weigerung und der Alarmauslösung von P* beim Versuch blieb, zumal die beiden Angeklagten aus Angst vor der Polizei flüchteten.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*.

 

[4] Die Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter und vierter Fall) verliert sich darin, von den Tatrichtern ohnehin berücksichtigte Verfahrensergebnisse eigenständig zu bewerten und daraus insbesondere unter Berufung auf die Verantwortung des Beschwerdeführers andere Schlüsse zu ziehen als (US 5 ff – maßgeblich gestützt auf die Aussage des Mitangeklagten S*, Videoaufzeichnungen und das Verhalten des Beschwerdeführers vor, während und nach der Tat) das Erstgericht. Damit wird jedoch bloß die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 283 Abs 1 StPO) bekämpft.

 

[5] Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass Mittäter beim Raub nur derjenige ist, der vom gemeinsamen Vorsatz getragene Ausführungshandlungen setzt. Das festgestellte Mitwirken des Angeklagten A*, und zwar das gemeinsame Fassen des Tatentschlusses, das Aufhalten der Eingangstüre und das Erwirken der Öffnung der Kassenlade durch einen Zigarettenkauf, stellt hingegen einen sonstigen Tatbeitrag gemäß § 12 dritter Fall StGB dar (RIS‑Justiz RS0090497 [T1]). Aufgrund der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen besteht aber – worauf bereits die Generalprokuratur zutreffend hinweist – zu einer amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO kein Anlass (RIS‑Justiz RS0117604).

[6] Ebenso mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bleibt schließlich – erneut im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – betreffend das (erkennbar dem Angeklagten S* zuzuordnende) Konfiskationserkenntnis anzumerken, dass die Tatrichter aus dem Gesamtkontext hinreichend deutlich (vgl US 4 und 8; ON 30 S 3 f) zum Ausdruck brachten (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19), dass das zur Tatbegehung verwendete Messer zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Alleineigentum (vgl Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 19a Rz 28) des genannten Angeklagten stand.

 

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A* war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über dessen Berufung wird das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

[8] Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass auch der Mitangeklagte S* eine Berufung gegen das vorliegende Urteil (ON 31) erhoben hat (ON 34).

[9] Diese wurde vom Erstgericht in Verkennung der ausnahmsweisen (bis zu einem allfälligen Vorgehen nach § 285i StPO zumindest temporären) Kompetenz des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung über mit einer Nichtigkeitsbeschwerde eines Angeklagten verbundene Berufungen auch von Mitangeklagten (vgl §§ 285i, 290, 296 StPO; Ratz, WK‑StPO § 280 Rz 3, § 285i Rz 1, § 296 Rz 1; RIS‑Justiz RS0100545, RS0100543) mit gesondertem Vorlagebericht an das Oberlandesgericht Linz übermittelt (ON 35; vgl aber § 179 Geo), welches mittlerweile bereits mit Urteil vom 9. Jänner 2024, AZ 8 Bs 155/23k (ON 38.1 der Hv‑Akten), über diese Berufung entschieden hat. Auf Grund der dadurch eingetretenen Sperrwirkung (vgl RIS‑Justiz RS0100471) hatte eine Zuweisung der Akten an das Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten S*(§ 285i StPO) zu entfallen.

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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