European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00195.23M.0124.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird in Ansehung der Klageforderung von 4.250 EUR sA zurückgewiesen.
In Ansehung der Klageforderungen von 17.000 EUR sA und 6.976,90 EUR sA wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Die Klägerin begehrt Zahlung von 83.226,90 EUR sA. Sie habe dem Beklagten während aufrechter Lebensgemeinschaft vier Darlehen gewährt, nämlich am 18. Juni 2021 über 17.000 EUR, am 29. Juni 2021 über 4.250 EUR, am 6. August 2021 über 55.000 EUR und am 11. August 2021 über 6.976,90 EUR. Nach der Beendigung der Lebensgemeinschaft habe der Beklagte zunächst die Rückzahlung zugesagt. In der Folge habe er diese Zusage jedoch nicht eingehalten.
[2] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[3] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Klägerin erhob dagegen eine außerordentliche Revision, die dem Obersten Gerichtshof vom Erstgericht vorgelegt wurde. Die Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof entspricht nicht der Rechtslage:
[5] 1.1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen, andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung gilt auch für Rechtsmittelverfahren (§ 55 Abs 4 JN) und damit für den Entscheidungsgegenstand (RS0053096). § 55 Abs 1 JN ist als Ausnahme vom Grundsatz der Nichtzusammenrechnung anzusehen. Daher scheidet eine Zusammenrechnung im Zweifel aus (RS0122950). Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RS0042741; RS0106759). Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus lediglich gleichartigen Verträgen findet nicht statt (RS0037648 [T15]).
[6] 1.2. Die Klägerin bringt in der Klage vor, dass eines der Darlehen den in § 49 Abs 1 JN bezeichneten Betrag übersteige, sodass das angerufene Gericht gemäß § 227 Abs 2 ZPO zur Entscheidung über sämtliche Klageansprüche berufen sei. Damit geht sie selbst davon aus, dass die Forderungen aus den behaupteten Darlehensverträgen nicht zusammenzurechnen sind. Die Entscheidungsgegenstände sind somit ebenfalls einzeln zu betrachten.
[7] 2.1. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt.
[8] 2.2. Hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine Revision (die hier nicht vorliegenden Fälle des § 502 Abs 5 ZPO ausgenommen) nur erhoben werden, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt (außerordentliche Revision). Übersteigt der Entscheidungsgegenstand in zweiter Instanz zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR und hat das Berufungsgericht ausgesprochen, die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, so kann eine Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO (nur) einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde.
[9] 2.3. Die außerordentliche Revision ist daher in Ansehung der Klageforderung von 4.250 EUR sA zurückzuweisen. In Ansehung der Klageforderungen von 17.000 EUR sA und 6.976,90 EUR sA übersteigt der maßgebliche Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR. Das Erstgericht hat daher das Rechtsmittel hinsichtlich dieser Klagsforderungen dem Berufungsgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO zu werten sind (RS0109623).
[10] 3. Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen.
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