European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00219.23A.1219.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Der klagende Verein begehrte von der Beklagten als einem ihrer Vereinsmitglieder Mitgliedsbeiträge (zuletzt) in Höhe von 15.000 EUR sA.
[2] Die Beklagte wandte unter anderem ein, dass der ordentliche Rechtsweg mangels Anrufung der in den Vereinsstatuten vorgesehenen Schlichtungsstelle unzulässig sei und das angerufene Bezirksgericht angesichts der 15.000 EUR übersteigenden (aber nur zum Teil eingeklagten) Gesamtforderung sachlich unzuständig sei.
[3] Das Erstgericht sprach aus, dass der Antrag, die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen, abgewiesen und die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verworfen werde. In der Sache selbst erkannte das Erstgericht die Beklagte schuldig, der klagenden Partei 15.000 EUR sA zu zahlen.
[4] Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten insoweit als unzulässig zurück,als sie gegen dieVerwerfung der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit gerichtet war. Im Übrigen gab es der Berufung der Beklagten nicht Folge.
[5] Die Beklagte bekämpfe mit dem in der Hauptsache offen stehenden Rechtsmittel auch den in das Ersturteil aufgenommenen Beschluss, dass der Antrag, die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen, abgewiesen werde.Das Erstgericht habe die Zulässigkeit des Rechtswegs für die Klage jedoch zutreffend bejaht.
[6] Auseinandersetzungen zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern über Ansprüche des Vereins auf Zahlung der Mitgliedsbeiträge seien zwar vorerst vor der Schlichtungseinrichtung iSd § 8 VerG auszutragen.Der Schlichtungswerber sei aber nur insoweit an der gerichtlichen Geltendmachung gehindert, als das Fehlen einer Schlichtungsentscheidung auf einem ihm zurechenbaren Versäumnis beruhe. Nach den Feststellungen des Erstgerichts sei der Versuch des Vorstands, eine den Vereinsstatuten entsprechende Schlichtungsstelle zu konstituieren, an der fehlenden Bereitschaft der Mitglieder gescheitert, die Funktion eines Schiedsrichters auszuüben. Dem Kläger könne daher nicht vorgeworfen werden, dass er die erforderliche Mitwirkung an der Konstituierung der in § 8 Abs 1 VerG vorgesehenen Schlichtungseinrichtung unterlassen habe. Die Anrufung einer Schlichtungsstelle sei daher nicht möglich; somit sei aber auch die in § 8 Abs 1 Satz 2 VerG genannte sechsmonatige Frist ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung nicht einzuhalten. Stehe bereits fest, dass eine Schlichtungseinrichtung mangels Bereitschaft der dafür in Frage kommenden Vereinsmitglieder, die Rolle des Schlichters zu übernehmen, nicht zu Stande komme, sei die Anrufung des Gerichts auch schon vor Ablauf von sechs Monaten möglich.
[7] Die Tatsachen- und Beweisrüge in der Sache selbst sei nicht gesetzmäßig ausgeführt; die Rechtsrüge gehe zum Teil nicht von den getroffenen Feststellungen aus, im Übrigen seien die darin vorgetragenen Argumente nicht stichhältig.
[8] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob eine Partei das Gericht schon vor Ablauf von sechs Monaten anrufen könne, wenn feststehe, dass eine Schlichtungseinrichtung mangels Bereitschaft der dafür in Frage kommenden Vereinsmitglieder, die Rolle des Schlichters zu übernehmen, nicht zu Stande komme, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revision ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[10] 1. Die Vorinstanzen haben – das Berufungsgericht freilich lediglich in der Begründung seiner Entscheidung – übereinstimmend die Zulässigkeit des Rechtswegs für den hier geltend gemachten Anspruch aus dem Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 VerG bejaht. Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und entschied in der Sache selbst. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und schloss sich dabei ausdrücklich den Ausführungen des Erstgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs an, bestätigte also den erstgerichtlichen Beschluss inhaltlich.
[11] Das Berufungsgericht war damit funktionell als Rekursgericht tätig, weshalb sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof nach § 528 ZPO richtet (vgl RIS-Justiz RS0116348 [T6, T10]).
[12] 2. Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss des Erstgerichts zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Die letztgenannte Einschränkung ist auf Aussprüche über die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht anwendbar; insofern bestätigende Beschlüsse sind daher jedenfalls unanfechtbar. Haben die beiden Vorinstanzen die Zulässigkeit des Rechtswegs übereinstimmend bejaht, kann dessen Unzulässigkeit in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RS0046249 [T1]; RS0044536 [T12, T18]; RS0039799 [T4]; vgl auch RS0044538). Dies gilt insbesondere auch in dem Fall, dass die Vorinstanzen die Zulässigkeit des Rechtswegs für einen Anspruch aus einer Streitigkeit aus einem Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 VerG übereinstimmend bejaht haben (RS0046249 [T6]; RS0044536 [T10]).
[13] 3. Das Berufungsgericht und – diesem folgend –die Beklagte begründen die Zulässigkeit der Revision einzig mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit der auf § 8 Abs 1 VerG gestützten Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Da die Vorinstanzen die Zulässigkeit des Rechtswegs für den hier geltend gemachten Anspruch übereinstimmend bejaht haben, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, diese von der Beklagten in ihrer Revision aufgeworfenen Rechtsfragen zu (RS0046249 [T6]; RS0044536 [T10]) beanstanden.
[14] Die Revision der Klägerin war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
[15] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Der Kläger hat zwar die Zurückweisung der Revision beantragt, den wahren Zurückweisungsgrund aber nicht geltend gemacht. Für seine Rechtsmittelbeantwortung steht daher kein Kostenersatz zu (RS0035962 [T6]; RS0035979 [T23]).
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