European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00111.23X.1121.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig,
a) der erstbeklagten Partei die mit 2.711,04 EUR (darin enthalten 451,84 EUR USt)
b) der zweitbeklagten Partei die mit 2.259,10 EUR
bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger macht gegen die erstbeklagte Verkäuferin und die zweitbeklagte Herstellerin eines von behaupteten Abgasmanipulationen betroffenen Autos Ansprüche aus Gewährleistung, Irrtum und Arglist sowie Schadenersatz geltend.
[2] Nachdem das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen hatte, hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil wegen sekundärer Feststellungsmängel auf. Den Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ließ es zu, weil eine abschließende Stellungnahme zum Drittschaden bei Leasingfinanzierung „in den Prozessen zur Abgasmanipulation“ noch nicht vorliege und es an Rechtsprechung zur Zurechnung des Herstellers gegenüber dem Vertragshändler fehle.
Rechtliche Beurteilung
[3] Der nur vom Kläger gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobene Rekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung eines solchen Rekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO; RS0043691):
[4] 1. Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hatte, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, das Rechtsmittel dann aber nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist der Rekurs trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RS0102059).
[5] Die vom Berufungsgericht genannten Zulassungsfragen thematisiert der Kläger in seinem Rekurs nicht. Er wendet sich ausschließlich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur Erforderlichkeit einer Mängelrüge nach § 377 UGB. Damit zeigt er aber aus folgenden Erwägungen keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[6] 2. Nach § 377 Abs 1 UGB hat der Käufer dem Verkäufer Mängel der Ware, die er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang nach Ablieferung durch Untersuchung festgestellt hat oder feststellen hätte müssen, binnen angemessener Frist anzuzeigen, wenn der Kauf für beide Teile ein unternehmensbezogenes Geschäft ist (vgl zum Erfordernis einer Mängelrüge beim Autokauf 2 Ob 145/21v).
[7] 2.1. Der Kläger argumentiert, dass er einen Rechtsmangel wegen fehlender Rechtsbeständigkeit geltend mache und § 377 UGB den Rechtsmangel nicht erfasse. Mit diesen Ausführungen zeigt er schon deswegen keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil der Oberste Gerichtshof im für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel (vgl RS0112921 [insb T5]) bereits klargestellt hat, dass bei (im Zeitpunkt der Übergabe und auch weiterhin) aufrechter EG‑Typengenehmigung deren (befürchtete) fehlende Rechtsbeständigkeit nicht als Rechtsmangel zu qualifizieren ist (3 Ob 40/23p Rz 22 ff; 2 Ob 122/23i Rz 19–21). Die als erheblich bezeichnete Rechtsfrage ist damit nur von theoretisch‑abstrakter Relevanz und vermag die Zulässigkeit des Rekurses nicht zu begründen.
[8] 2.2. Soweit der Kläger argumentiert, dass als Besonderheit zu beachten sei, dass es ein Softwareupdate brauche und sich der Verkäufer nicht mehr auf die Verletzung der Rügepflicht berufen könne, wenn er die Sache zur Verbesserung zurückgenommen habe, ist ihm zu erwidern:
[9] Mit seinen Ausführungen zielt der Kläger – soweit nachvollziehbar – auf einen schlüssigen Verzicht der erstbeklagten Verkäuferin auf die Einrede der Versäumung der Rügefrist ab. Nach der Rechtsprechung bedeutet nämlich eine erfolgte Verbesserungszusage oder ein durchgeführter Verbesserungsversuch „in der Regel“ einen schlüssigen Verzicht des Verkäufers auf die Geltendmachung der Verspätung der Mängelrüge (RS0014264). Einen solchen schlüssigen Verzicht auf die Einrede der verspäteten Erhebung der Mängelrüge erblickt die Judikatur vor allem in einem sachlichen Eingehen auf die Mängelrüge ohne Hinweis auf deren Verspätung (RS0014240 [T1]; 4 Ob 21/21v Rz 21; so im Ergebnis auch die im Rekurs zitierte Entscheidung 1 Ob 26/75 SZ 48/56). Ein schlüssiger Verzicht muss vom insoweit beweisbelasteten Käufer (hier: Kläger) in erster Instanz durch entsprechendes Tatsachenvorbringen geltend gemacht werden (8 Ob 125/08b mwN).
[10] Der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren kein (nachvollziehbares) Tatsachenvorbringen zu einem schlüssigen Verzicht auf den Einwand der Verspätung der Mängelrüge erstattet. Zudem erfolgte das nach den Feststellungen und selbst dem Vorbringen des Klägers nicht von der erstbeklagten Verkäuferin ausgehende „Verbesserungsanbot“ durch Aufspielen des Softwareupdates lange vor dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger erstmals hinreichende Kenntnis vom Vorliegen eines Mangels hatte. Insgesamt zeigt der Kläger damit auch in diesem Punkt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht auf.
[11] 3. Der Rekurswar somit zurückzuweisen.
[12] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 ZPO. Ein Kostenvorbehalt findet im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit eines Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nicht statt. Vielmehr sind den Beklagten, die auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen haben, die jeweiligen Kosten ihrer Rekursbeantwortung zuzusprechen (RS0123222 [T4]).
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