OGH 1Ob178/23t

OGH1Ob178/23t16.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der S*, vertreten durch den gerichtlichen Erwachsenenvertreter Mag. Ernst Lehenbauer, Rechtsanwalt in Enns, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des gerichtlichen Erwachsenenvertreters gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 14. September 2023, GZ 1 R 60/23a‑110, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00178.23T.1116.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Rechtsmittelwerber ist seit Juni 2019 gerichtlicher Erwachsenenvertreter der Betroffenen. Im März 2023 beantragte er seine Enthebung.

[2] Die Vorinstanzen wiesen diesen Antrag übereinstimmend ab, weil nur ein Wechsel in der Person des gerichtlichen Erwachsenenvertreters in Betracht käme, aber keine Umbestellungsgründe vorliegen würden.

[3] In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Rechtsmittelwerber ausschließlich geltend, dass sich der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Frage befasst habe, ob ein Rechtsfreund, der nicht in die Liste der Erwachsenenvertreter eingetragen sei, verpflichtet sei, gegen seinen Willen eine Erwachsenenvertretung fortzuführen, auch wenn – wie hier – keine bzw nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erforderlich seien.

Rechtliche Beurteilung

[4] Das Rechtsmittel ist nicht zulässig.

[5] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 62 Abs 1 AußStrG (RS0112769; RS0112921). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]). Das ist hier der Fall.

[6] 2. In der Entscheidung 7 Ob 79/23b hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass der bereits bestellte Erwachsenenvertreter aus dem in § 275 ABGB statuierten Ablehnungsrecht anlässlich der Übernahme der Erwachsenenvertretung, insbesondere wenn die Besorgung der Angelegenheiten nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert (Z 1), kein (zusätzliches) Recht auf Enthebung ableiten kann. Vielmehr ist die Übertragung einer bestehenden Erwachsenenvertretung auf eine andere Person nach den Voraussetzungen des § 246 Abs 3 Z 2 ABGB zu prüfen, die auf das Wohl des Betroffenen oder eine Unzumutbarkeit für den Erwachsenenvertreter abstellen. Im Allgemeinen ist eine stabile Betreuungssituation wünschenswert, weshalb es nur aus besonderen Gründen zu einer Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung kommen soll (RS0117813 [T10]). Sollten Rechtskenntnisse nicht (mehr) erforderlich sein, könnte sich zwar eine bessere Eignung eines anderen Erwachsenenvertreters ergeben, die allerdings gegen eine allfällige mit einer Umbestellung einhergehende Belastung des Betroffenen und den Grundsatz der Betreuungskontinuität abzuwägen wäre.

[7] 3. Dass die Kriterien des § 246 Abs 3 Z 2 ABGB hier erfüllt wären, behauptet der Revisionsrekurswerber nicht.

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